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72. Auszug aus dem Urteil vom 22. November 1974 i.S. Vereinigung Schweizerischer Mahlhafermühlen gegen Coop-Mühle Zürich und Eidg. Volkswirtschaftsdepartement | |
Regeste |
Art. 103 lit. a OG. |
BB vom 17. Dezember 1952/28. Juni 1972 über die Schweizerische Genossenschaftfür Getreide und Futtermittel. |
- Art. 5 Abs. 1 GGF-Statuten: Wann liegt eine unzulässige Kontingentsübertragung vor? (E. 2 a.) |
- Art. 7 GGF-Statuten: Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Erhöhung bestehender Einzelkontingente (E. 2 b). |
- Art. 5 Abs. 2 GGF-Statuten: Zweck der Kontingentsordnung (E. 2 c). | |
Sachverhalt | |
1 | |
Unter der Bezeichnung "Schweizerische Genossenschaft für Getreide und Futtermittel (GGF)" besteht eine Genossenschaft des öffentlichen Rechts. In ihren Aufgabenkreis fällt die Durchführung der Kontingentierung des Imports von Futtermitteln und von Waren, bei deren Verarbeitung Futtermittel anfallen können. Der Vorstand der GGF teilt unter Beachtung allfälliger Weisungen des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes (EVD) gemäss Art. 5-7 der Statuten die Einzelkontingente zu.
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Mit Verfügung vom 3. Juli 1972 sicherte die GGF der Coop-Mühle Zürich (Coop Mühle) im Hinblick auf die Inbetriebnahme einer eigenen Hafer-Verarbeitungsanlage die Eröffnung eines Einfuhrkontingentes für Mahlhafer von 2750 t pro Jahr zu. Das neue Kontingent wurde nach dem Umsatz der "Coop-Schweiz" an Speisehaferprodukten im Jahre 1971 bemessen. Dagegen wurde die Berücksichtigung des bisher der Firma Knorr, Nährmittel AG, Thayngen (Firma Knorr) für die eigene Hafermühle zustehenden Bedarfs abgelehnt, obwohl die Coop-Mühle und die Firma Knorr in diesem Sinne Antrag stellten unter Hinweis darauf, dass die Firma Knorr ihren Bedarf an Haferprodukten von 570 t - was bei der üblichen Ausbeute von 30% einer Rohhafermenge von 1900 t entspricht - inskünftig bei der Coop-Mühle decken werde.
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Auf ein erneutes Gesuch der Coop-Mühle hin lehnte die GGF am 15. Dezember 1972 die Berücksichtigung des Bedarfes der Firma Knorr bei der Festsetzung des Einfuhrkontingentes der Coop-Mühle ab.
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Das EVD hiess die dagegen eingereichte Beschwerde am 10. Januar 1974 gut und sicherte der Coop-Mühle - entsprechend dem Antrag der Handelsabteilung des EVD - das verlangte Sonderkontingent zu. An die Zusicherung wurde die Bedingung geknüpft, dass die Coop-Mühle der Firma Knorr pro Jahr tatsächlich 570 t Haferprodukte für die menschliche Ernährung liefert, und dass die Firma Knorr ihre eigene Hafermühle nicht mehr betreibt.
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Aus den Erwägungen: | |
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Das EVD weist nun darauf hin, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Beteiligung am Gesamtfuttermittelkontingent geht, sondern um die Einfuhr von Mahlhafer für die menschliche Ernährung. Gemäss Art. 5 Abs. 1 bis der GGF-Statuten ist für die Erteilung eines solchen Einfuhrkontingentes vor allem entscheidend, dass der Bewerber, der die übrigen Voraussetzungen erfüllt, die Möglichkeit für den Absatz dieser Produkte als Nahrungsmittel - nicht als Futtermittel - nachzuweisen vermag. Die Erteilung eines Sonderkontingentes an die Coop-Mühle hat - im Gegensatz zu dem dem Urteil BGE 97 I 293 ff. zugrundeliegenden Sachverhalt - nicht zur Folge, dass dadurch die bisherigen Einfuhrquoten der andern Hafermühlen entsprechend herabgesetzt werden. Wirtschaftlich wirkt sich allerdings der vorgesehene Betrieb der Hafer-Verarbeitungsanlage der Coop-Mühle insofern ungünstig auf die andern Hafermühlen aus, als der Eigenbedarf von Coop-Schweiz nicht mehr durch die bestehenden Hafermühlen gedeckt werden kann; beliefert die Coop-Mühle darüberhinaus auch die Firma Knorr, so geht damit den übrigen Hafermühlen zwar nicht ein bisheriger Kunde verloren, da die Firma Knorr bisher selber eine Hafermühle betrieb, faktisch werden sie aber von der künftigen Belieferung eines potentiellen Kunden ausgeschlossen. Das sind an sich nicht Konsequenzen der Kontingentierung, sondern des Wettbewerbs und der zwischen den Beteiligten getroffenen Abmachungen, deren Durchführung ![]() | 8 |
Die Mitglieder der beschwerdeführenden Vereinigung sind durch die angefochtene Verfügung nicht direkt betroffen wie bei der Verteilung eines Gesamtkontingentes, denn ihre eigenen Einfuhrquoten erfahren keine Veränderung. Sie behaupten aber eine Verletzung der GGF-Statuten, und als Konkurrenten sind sie unzweifelhaft an der vorschriftsgemässen Handhabung der für die ganze Branche geltenden und ihre eigene wirtschaftliche Tätigkeit wesentlich beeinflussenden Kontingentsordnung interessiert. Dieses Interesse jedes einzelnen von einer Kontingentsordnung Betroffenen an der richtigen Durchführung des Kontingentierungssystems ist im Sinne von Art. 103 lit. a OG schutzwürdig, auch wenn die.möglichen Zuteilungen nicht durch ein Gesamtkontingent beschränkt sind (vgl. BGE 97 I 593, 98 I b 229 E. 2, 99 I b 107). Die Tatsache der Kontingentierung schafft für alle Konkurrenten eine spezifische Beziehungsnähe, soweit es sich um die Bewilligung von Kontingenten handelt. Durch diese besondere Beziehungsnähe unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Sachverhalt, der dem Urteil BGE 100 I b 331 ff. zugrundeliegt.
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Kann der einzelne Inhaber einer Hafermühle durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Zuteilung eines Kontingentes an einen Konkurrenten anfechten, dann ist auch die sechs Mitglieder umfassende Vereinigung Schweizerischer Hafermühlen dazu legitimiert, gegen eine angeblich unrichtige Zuteilung eines Mahlhafer-Kontingentes Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen (BGE 97 I 593 E. 2, 98 I b 70, 99 I b 55).
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a) Die Statuten der GGF verbieten grundsätzlich die Übertragung von Einzelkontingenten sowie deren Ausnützung für Rechnung Dritter. Nur unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Kontingentsübertragung bewilligt werden (Art. 4 Abs. 4 und Art. 9 Abs. 2 der Statuten). In der Beschwerde wird geltend gemacht, die angefochtene Bewilligung eines ![]() | 12 |
b) Aus Art. 7 der GGF-Statuten lässt sich entnehmen, dass Erhöhungen bestehender Einzelkontingente nur ausnahmsweise ![]() | 13 |
Der Vorstand der GGF hat durch die oben zitierte Mitteilung in der Verfügung vom 3. Juli 1972 klar zum Ausdruck gebracht, dass Einfuhrkontingente zur Herstellung von Produkten für die menschliche Ernährung entsprechend dem ![]() | 14 |
Die Beschwerde der Vereinigung Schweizerischer Hafermühlen richtet sich im übrigen gegen die Erteilung des Sonderkontingentes an sich; es wird nicht geltend gemacht, über die Frage eines Sonderkontingentes sei vorzeitig entschieden worden.
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Diese Vorschrift bezieht sich vor allem auf die Erhaltung der im Futtermittelimport bestehenden Handelsstufen (Ablader, Importeur, Grossist, Detaillist; vgl. BGE 97 I 745). Dieser besondere Schutzzweck spielt im vorliegenden Fall keine Rolle, da es nicht um Futtermittelimporte geht. Ob die Bestimmung - dem sehr allgemein gehaltenen Wortlaut entsprechend - auch bei der Erteilung eines Einfuhrkontingentes für die Nahrungsmittelfabrikation von einschränkender Bedeutung sein kann, ist zweifelhaft. Die Kontingentierung soll - nach Möglichkeit - die Wettbewerbsverhältnisse nicht beeinflussen. Nach dem Grundgehalt unserer Wirtschaftsordnung und dem Zweck der Importkontingentierung ist die in Art. 5 Abs. 2 lit. a der GGF-Statuten aufgestellte Regel eher restriktiv zu interpretieren: Es soll beispielsweise nicht durch die Erteilung neuer Einzelkontingente an Interessenten, welche sich bisher nicht mit dem Import befassten, ein eigentlicher Strukturwandel bewirkt werden. Nicht alle Änderungen, sondern nur erhebliche strukturelle Veränderungen des Wirtschaftszweiges sind zu vermeiden.
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Das EVD konnte im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens ohne weiteres annehmen, die Zuteilung eines Sonderkontingentes von 1900 t zur Herstellung von Haferprodukten für eine Abnehmer-Firma, welche bisher eine eigene Hafermühle betrieb, verändere die Struktur des Wirtschaftszweiges nicht. Der Anteil an der gesamthaft in schweizerischen Hafermühlen verarbeiteten Menge von ca. 46000 t Hafer beträgt nur etwa 4%, und keiner Hafermühle geht ein bisheriger Kunde verloren. Überdies handelt es sich hier nicht um die Erteilung eines neuen Einzelkontingentes, sondern um ein zusätzliches Kontingent. Indem das EVD im vorliegenden Fall Art. 5 Abs. 2 lit. a der GGF-Statuten nicht als Hindernis für die Zuteilung eines Sonderkontingentes betrachtete, hat es Bundesrecht nicht verletzt und sein Ermessen weder überschritten noch missbraucht.
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Ob durch die Gewährung eines (neuen) Grundkontingentes ![]() | 19 |
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