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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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55. Urteil vom 17. Oktober 1975 i.S. Pri * Molk A.G. gegen Schweizerische Käseunion und Abteilung für Landwirtschaft (AfL) | |
Regeste |
Käsemarktordnung; Abschluss eines Zwischenhändler-Rahmenvertrages. |
2. Es gehört zum Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 ff. VwVG, dass sich der Beschwerdeführer zur Vernehmlassung der verfügenden Instanz muss äussern können, wenn die angefochtene Verfügung nur kurz begründet ist, die Vernehmlassung dagegen über die Gründe, welche zum angefochtenen Entscheid führten, ausführlich Stellung nimmt (E. 3). |
3. Der Abschluss eines Zwischenhändler-Rahmenvertrages setzt unter anderem voraus, dass der Gesuchsteller sowohl von den Mitgliedfirmen der Käseunion als auch von den Importfirmen, welche unionsähnlichen Käse aus dem Ausland einführen, unabhängig ist (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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Erwägungen: | |
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Der angefochtene Entscheid zählt zu derartigen Verfügungen. Er erging von einer Bundesbehörde in Anwendung der Bundesgesetzgebung über die Käsevermarktung (Käsemarktordnung). Die AfL handelte formell als Beschwerdeinstanz nach Art. 47 Abs. 1 lit. c VwVG; die Käsemarktordnung bezeichnet nämlich keine Beschwerdeinstanz und verweist bezüglich des Rechtsschutzes auf die Bestimmungen des VwVG (Art. 13 Käsemarktordnung). Die AfL als Aufsichtsbehörde gemäss Art. 10 der Käsemarktordnung in Verbindung mit dem Beschluss des Bundesrates vom 24. November 1969 hatte somit als Beschwerdeinstanz zu handeln. Gegen diesen Beschwerdeentscheid steht keine vorgängige Beschwerdemöglichkeit an eine eidgenössische Rekurskommission offen. Er kann somit mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 98 lit. c OG).
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Die Käseunion bezweifelt in ihrer Vernehmlassung, dass ihr Schreiben, in dem sie das Gesuch der Beschwerdeführerin um Abschluss eines Rahmenvertrages abwies, als beschwerdefähige Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG zu qualifizieren sei; vielmehr sei anzunehmen, die Käseunion könne im Rahmen ![]() | 5 |
Die Käseunion ist eine Aktiengesellschaft im Sinne des Obligationenrechts, für die jedoch von Bundesrechts wegen (Käsemarktordnung) eine Reihe von Sondernormen gelten, weil den in der Käseunion zusammengeschlossenen Firmen und Verbänden öffentlichrechtliche Aufgaben im Bereiche der Käsevermarktung zugewiesen sind. Anders als eine sich einzig auf der Ebene des Privatrechts bewegende Aktiengesellschaft muss die Käseunion eine Politik der offenen Tür für die Neuaufnahme von Mitgliedern betreiben und alle Mitglieder rechtlich gleich behandeln (Art. 2 der Käsemarktordnung). Verweigert die Käseunion einem Bewerber die Mitgliedschaft, kann dieser seinen tatsächlichen oder vermeintlichen Anspruch mit verwaltungsrechtlicher Klage vor Bundesgericht geltend machen (Art. 11 des vom Bundesrat genehmigten Reglements der Schweizerischen Käseunion in Verbindung mit Art. 116 lit. c OG und Art. 5 Abs. 3 VwVG). Die Rechtsstellung der Zwischenhändler ist jedoch - anders als jene der Mitglieder der Käseunion - in der Käsemarktordnung nicht geordnet. Mit ihr befassen sich die von der Käseunion gestützt auf Art. 6 der Käsemarktordnung erlassenen Grundsätze der Käsevermarktung. Wiewohl nun zwar das Verhältnis zwischen der Käseunion und den einzelnen Inlandgrossisten durch einen Vertrag geordnet wird, der alle Merkmale eines privatrechtlichen Vertrages aufweist (vgl. Botschaft zur Käsemarktordnung in BBl 1968 I 1041), findet doch auch die vertragliche Bindung zwischen Käseunion und Zwischenhändler ihre Grundlage im öffentlichen Recht; sie stellt eine der geeigneten Massnahmen dar, die im Rahmen der Zielsetzungen der Käsemarktordnung im Blick auf eine zweckmässige Käsevermarktung getroffen werden. Die Privatautonomie der Käseunion, die bis zum Inkrafttreten der Käsemarktordnung im Jahre 1969 umstritten war, doch im neuen Recht unter entsprechenden Vorbehalten anerkannt wird (Art. 1 Abs. 3 der Käsemarktordnung) ist nicht nur durch das umfassende Weisungsrecht des Bundes (Art. 10 der Käsemarktordnung) eingeengt, sondern auch durch die den Zielsetzungen der Käsemarktordnung immanenten Grundsätze selbst. Hat die Käseunion einmal gestützt auf Art. 6 der Käsemarktordnung die Grundsätze der Käsevermarktung aufgestellt, so ist sie nicht mehr frei, ![]() | 6 |
Die AfL hat demnach Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie auf die Beschwerde der Pri * Molk AG eingetreten ist und geprüft hat, ob die Feststellung der Käseunion, dass die Beschwerdeführerin nach den Grundsätzen der zielkonformen Käsevermarktung die Voraussetzungen für den Abschluss eines Rahmenvertrages nicht erfüllt, bundesrechtswidrig ist.
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Nach Art. 29 ff. VwVG muss die Beschwerdeführerin die Möglichkeit haben, von der Vernehmlassung der Gegenpartei, in concreto der verfügenden Instanz, Kenntnis zu nehmen. Sie muss sich - namentlich, wenn die angefochtene Verfügung nur kurz begründet ist, die Vernehmlassung dagegen über die Gründe, welche zum angefochtenen Entscheid führten, ausführlich Stellung nimmt - über ihren Inhalt äussern können. Es handelt sich hier nach der Rechtsprechung (vgl. BGE 96 I 606 E. 3) um eine Voraussetzung zur Ausübung des Rechts auf Äusserung, das einen wesentlichen Bestandteil des Anspruches auf rechtliches Gehör bildet.
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Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass ihrem Rechtsvertreter anlässlich der Besprechung vom 7. Februar 1975 die Vernehmlassung der Käseunion zur Kenntnis gebracht und ausgehändigt wurde. Ihr Rechtsvertreter wurde bei dieser Besprechung angehört. Wenn der Vertreter der Beschwerdeführerin sich noch das Recht vorbehalten wollte, nachträglich, ![]() | 10 |
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Durch die Einschaltung der Zwischenhändler wird der Käsegrosshandel zweistufig: Die Grosshandelsmarge muss zwischen der Mitgliedfirma der Käseunion und dem Zwischenhändler aufgeteilt werden. Diese Vermehrung der Handelsstufen dürfte nur ausnahmsweise im Interesse einer möglichst zweckmässigen Käsevermarktung liegen. Grundsätzlich ist es Sache der im Inlandgeschäft tätigen Mitgliedfirmen, im Rahmen der ihnen zukommenden Kontingente den schweizerischen Detailhandel zu beliefern. Die AfL konnte ohne Verletzung von Bundesrecht annehmen, ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit den bereits anerkannten Zwischenhändlern könne jedenfalls nur von solchen Firmen geltend gemacht werden, die sowohl von den Mitgliedfirmen der Käseunion als auch von Importfirmen, die unionsähnlichen Käse aus dem Ausland einführen, unabhängig sind. Diese Unabhängigkeit geht der Beschwerdeführerin ab, da von ihren beiden Verwaltungsräten der eine als Verwaltungsratspräsident der Burger Söhne AG im Käseimportgeschäft tätig ist, der andere offensichtlich eng mit einer Mitgliedfirma der Käseunion verbunden ist. Diese Feststellung der AfL konnte von der Beschwerdeführerin nicht widerlegt werden. Diesbezüglich geht es denn ![]() | 12 |
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