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56. Auszug aus dem Urteil vom 14. November 1975 i.S. Schweiz. Bund für Naturschutz gegen X., Baufirma Y. und Regierungsrat des Kantons Graubünden | |
Regeste |
Forstpolizei: Widerrechtliche Rodung; Interessenabwägung; Bestimmung der Rechtsfolgen. |
- Bei der Interessenabwägung nach Art. 26 FPolV können nur legitime Privatinteressen, nicht aber vom Gesuchsteller rechtswidrig geschaffene vollendete Tatsachen berücksichtigt werden. |
- ist eine Rodung widerrechtlich vorgenommen worden, schliesst es das materielle Forstpolizeirecht in sich, dass den zuständigen Behörden auch die Kompetenz eingeräumt ist, jene Massnahmen zu treffen, die der Wiederherstellung eines forstpolizeirechtlich konformen Zustandes dienen; die zuständigen Behörden haben sich dabei von den allgemeinen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Grundsätzen leiten zu lassen. | |
Sachverhalt | |
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Aus den Erwägungen: | |
2. b) Die Regierung des Kantons Graubünden misst bei der nach Art. 26 FPolV vorzunehmenden Interessenabwägung ![]() | 2 |
Aus den Akten ergibt sich, dass die Rodung, für welche die Bewilligung nachgesucht wird, im Zeitpunkt der Gesuchstellung bereits vollzogen war. Die Bündner Behörden sahen für dieses rechtswidrige Vorgehen im angefochtenen Bewilligungsentscheid eine Bestrafung des Eigentümers X. vor. Seither, nämlich mit Strafmandat vom 26. Mai 1975, hat das Bau- und Forstdepartement X. wegen Übertretung des FPolG in eine Busse von Fr. 3'000.-- verfällt. Die Bündner Regierung ist jedoch der Meinung, die nachträgliche Bewilligung der Rodung ermögliche die Behebung des vom Eigentümer verschuldeten rechtswidrigen Zustandes. Diese Überlegung als Motivation des angefochtenen Bewilligungsentscheides verletzt offensichtlich Bundesrecht. In die Interessenabwägung nach Art. 26 FPolV können nur legitime Privatinteressen einbezogen werden, nicht aber vom Gesuchsteller rechtswidrig geschaffene vollendete Tatsachen. Die gegenteilige Annahme würde bedeuten, dass rechtswidriges Handeln zu Unrecht belohnt würde. Die Interessenabwägung ist daher unabhängig davon vorzunehmen, ob bereits eigenmächtige Rodungshandlungen stattgefunden haben.
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Der Umstand, dass die nunmehrige Miteigentümerin, die Baufirma Y., gutgläubig gewesen sein soll, vermag keine Berufung auf den Verfassungsgrundsatz des Vertrauensschutzes zu rechtfertigen; denn sie behauptet selber nicht, es sei ihr von einer Forstpolizeibehörde irgendeine Zusicherung gegeben worden.
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Die Tatsache, dass die beiden Parzellen in einer Bauzone liegen gemäss einer Bauzonenordnung, die von der Regierung genehmigt worden ist, rechtfertigt den Einwand des Vertrauensschutzes nicht. Im Urteil vom 11. Oktober 1974 hat das Bundesgericht in Erwägung 4 sich mit diesem Aspekt auseinandergesetzt. Die Grundstücke blieben trotz Einzonung in einer Bauzone forstpolizeirechtlich Waldareal. Die Beanspruchung von Waldareal kann nicht mit der Ortsplanung, sondern nur aufgrund einer von der zuständigen Behörde ausgehenden ![]() | 5 |
Die derzeitige schwierige Lage des Engadiner Baugewerbes sodann kann offensichtlich nicht zu einer Rodungsbewilligung führen. Bei Berücksichtigung solcher Faktoren würde der Zweck der Forstpolizeigesetzgebung weitgehend illusorisch gemacht.
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Unter diesen Umständen muss es bei der in Erwägung 3 des Urteils vom 11. Oktober 1974 vorgenommenen Interessenabwägung sein Bewenden haben. Ein das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis ist nicht dargetan. Dieser Meinung war auch die Bündner Regierung noch am 28. Februar 1975, als sie - im Irrtum über die Zuständigkeit - das neue Rodungsbewilligungsgesuch an das EDI mit dem Antrag auf Ablehnung weiterleitete. Die heutige gegenteilige Annahme verletzt Bundesrecht. Die erteilte Rodungsbewilligung ist daher in Gutheissung der Beschwerde des Schweiz. Bundes für Naturschutz aufzuheben.
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3. Die Verweigerung der Rodungsbewilligung bedeutet, dass Rodungshandlungen auf den fraglichen Parzellen der Gesuchsteller nicht erlaubt waren und sind, weil solche der eidg. ![]() | 8 |
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