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10. Urteil vom 14. Mai 1976 i.S. Eidg. Steuerverwaltung gegen Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und X. | |
Regeste |
Wehrsteuer: Kapitalgewinn (Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB). | |
Sachverhalt | |
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Erwägungen: | |
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Das übertragene Wirtschaftsgut enthält bei diesem Procedere vor und nach der Transaktion stille Reserven in der Grössenordnung der Differenz zwischen Buchwert und Verkehrswert (Fr. 431'000.--).
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Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz hält eine steuerfreie Übertragung dieser stillen Reserven für zulässig. Es bezeichnet den Vorgang als wehrsteuerrechtlich erfolgsneutral, weil die stillen Reserven im Falle einer Veräusserung oder Verwertung durch die X. AG besteuert würden. Die EStV betrachtet die Übertragung der Liegenschaft von der Einzelfirma auf die Aktiengesellschaft als eine Realisation der in diesem Wirtschaftsgut steckenden stillen Reserven, welche daher als Kapitalgewinn gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. b WStB zu versteuern seien.
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2. Steuerlich anerkannte stille Reserven sind mit der Einkommens- oder Ertragssteuer zu erfassen, sobald sie realisiert werden. Die in Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB gegebene Umschreibung der steuerbaren Kapitalgewinne mit den Begriffen "Veräusserung" und "Verwertung" ("réalisation", "realizzazione") vermag die für die Besteuerung stiller Reserven entscheidende Grenze nicht klar aufzuzeigen. Steuerrechtslehre und -praxis anerkennen, dass es zahlreiche Formen der Veräusserung und Verwertung von Geschäftsvermögen gibt, ![]() | 5 |
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a) Zwei Gesichtspunkte treten jedoch sowohl in den Entscheidungen als auch in den wissenschaftlichen Stellungnahmen immer wieder als massgebende Kriterien hervor:
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Dispositionen, welche formell diese Voraussetzung erfüllen, aber materiell offensichtlich dazu dienen, die stillen Reserven für den bisherigen Eigentümer verfügbar zu machen - wie insbesondere die Umwandlung einer Einzelfirma in eine Aktiengesellschaft zum Zwecke des nachherigen Verkaufs der Aktien (vgl. ASA 38 S. 497, 42 S. 400; KÄNZIG, N. 100 zu Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB) - werden jedoch als Steuerumgehung qualifiziert, d.h. die übertragenen stillen Reserven werden als realisiert betrachtet und besteuert (kritisch hiezu SCHÄRRER, in Steuer-Revue 1968 S. 482 f.).
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bb) Transaktionen zum Buchwert sind zudem stets nur dann wehrsteuerrechtlich erfolgsneutral und die stillen Reserven dürfen steuerfrei übertragen werden, wenn der übernehmende Betrieb ebenfalls buchführungspflichtig ist und die übertragenen stillen Reserven folglich bei einer künftigen Realisation (durch Veräusserung, Verwertung, Aufwertung oder Liquidation) unvermindert als Kapitalgewinn gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB erfasst werden können.
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Wird ein Wirtschaftsgut, das stille Reserven enthält, hingegen in einen Bereich überführt, in welchem die Einkommens- bzw. Ertragsbesteuerung nicht mehr möglich ist (z.B. vom Geschäftsvermögen ins Privatvermögen), so stellt dies eine Realisation der vorhandenen stillen Reserven dar, welche die Besteuerung zur Folge haben muss.
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b) Diese beiden Gesichtspunkte erlauben eine folgerichtige und sachgerechte Begrenzung des Besteuerungsaufschubs. Die bisherige Praxis beruht weitgehend auf diesen Kriterien, auch wenn dies nicht durchwegs deutlich zum Ausdruck kommt.
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So wird etwa aufgrund der beiden Kriterien die oben kurz dargelegte Behandlung der Schenkung von Vermögenswerten eines buchführungspflichtigen Unternehmens erklärbar. Die Regel, der schenkungsweise Übergang eines ganzen Betriebes oder Betriebsteiles sei wehrsteuerfrei möglich, die Schenkung einzelner Objekte eines Geschäftsbetriebes aber stelle eine zu besteuernde Realisation der im Schenkungsobjekt enthaltenen stillen Reserven dar, bedarf allerdings der Präzisierung: Nicht ![]() | 13 |
c) Aufgrund der beiden oben umschriebenen Voraussetzungen des fortgesetzten Besteuerungsaufschubs - Beibehaltung der wirtschaftlichen Funktion, Wahrung der Besteuerungsmöglichkeit einer spätern Realisation - lassen sich auch jene Fälle ohne weiteres erklären, in denen nach der Praxis stille Reserven besteuert werden müssen, obschon eine "Veräusserung" oder eine eigentliche "Verwertung" nicht erfolgt: Wird ein buchführungspflichtiges Unternehmen verkleinert und als nicht mehr buchführungspflichtiger Betrieb weitergeführt, so entfällt damit die Möglichkeit der Besteuerung der künftigen Kapitalgewinne durch Realisation der übertragenen stillen Reserven. Die im Geschäftsvermögen vorhandenen stillen Reserven gehen bei dieser Änderung in einen Bereich über, in dem sie wehrsteuerrechtlich nicht mehr erfasst werden können. Dieser Übergang ist daher eine wehrsteuerrechtlich beachtliche Verwertung. - Der gleiche Grundgedanke führt auch zur Besteuerung der sogenannten Privatentnahme, der Überführung von Werten des Geschäftsvermögens ins Privatvermögen.
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4. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdegegner ein Vermögensobjekt samt den darauf bestehenden stillen Reserven zum Buchwert auf eine von ihm beherrschte Aktiengesellschaft ![]() | 15 |
5. Anders wäre zu entscheiden, wenn die Fabrikliegenschaft nicht zum Buchwert übertragen, sondern als Sacheinlage gegen entsprechende Beteiligungsrechte (Aktien) in die Aktiengesellschaft eingebracht worden wäre. Der hier zu beurteilende Vorgang kann aber nicht als Sacheinlage, als eigentliches Einbringen, qualifiziert werden, sondern stellt wohl im Umfang des Preises von Fr. 240'000.-- einen Kauf und im Umfang der mitübertragenen stillen Reserven eine Schenkung dar. Die unentgeltliche Übertragung der stillen Reserven erfolgte wegen der engen Beziehungen des Beschwerdegegners zur X. AG. Mit einer "fremden" Gesellschaft wäre ein solches Geschäft nicht abgeschlossen worden. Dieser Grund der Transaktion berührt aber die wehrsteuerrechtliche Beurteilung nicht. Entscheidend ist nur, dass eine effektive Realisation nicht erfolgt ist, und dass die stillen Reserven - wie bei der Umwandlung einer Einzelfirma in eine AG oder bei der Aufspaltung ![]() | 16 |
In der Literatur und Rechtsprechung wird manchmal besonders hervorgehoben, dass die Übertragung auf ein Unternehmen erfolgen müsse, das vom Veräusserer/Schenker oder ihm nahestehenden Personen beherrscht werde. Dieser Gesichtspunkt ist jedoch nur insofern von Bedeutung, als die unentgeltliche Übertragung stiller Reserven zu Buchwerten nach allgemeiner Erfahrung eine erhebliche "wirtschaftliche Nähe" zwischen dem Abtretenden und dem Übernehmer voraussetzt; denn auch solche latente Mehrwerte werden ja in der Regel nicht einfach verschenkt. Fehlt eine "wirtschaftliche Nähe", welche die Transaktion verständlich macht, so besteht der Verdacht, dass doch für die stillen Reserven eine Gegenleistung erfolgte oder versprochen wurde, die als Kapitalgewinn zu besteuern wäre.
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Im vorliegenden Fall erscheint es als glaubhaft, dass der 1903 geborene Beschwerdegegner die bisher seinem Einzelunternehmen gehörende Fabrikliegenschaft auf die von ihm beherrschte X. AG übertragen hat, ohne die stillen Reserven zu realisieren. Damit stärkte er die Aktiengesellschaft, erhöhte den innern Wert der Aktien und liess somit auf diesem Wege durch finanzielle Stärkung der X. AG den andern Aktionären wirtschaftlich einen Teil des in der Liegenschaft steckenden Mehrwertes ohne Gegenleistung zukommen, wobei aber dieser Mehrwert als stille Reserve der Aktiengesellschaft gebunden ist und im Falle einer künftigen Realisierung der Wehrsteuer unterliegt. Die Situation ist ähnlich wie beim Einbringen der Aktiven und Passiven einer Einzelfirma zu den Buchwerten in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft (vgl. KÄNZIG, N. 100 zu Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB) und es rechtfertigt sich eine analoge steuerliche Behandlung.
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Im vorliegenden Fall bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Steuerumgehung; insbesondere wird nicht geltend gemacht, der Beschwerdegegner habe die Übertragung der Fabrikliegenschaft zum Buchwert nur vorgenommen, um nachher durch Veräusserung der Aktien der X. AG die unentgeltlich abgetretenen stillen Reserven in Form eines höhern Preises ![]() | 19 |
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