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25. Urteil vom 14. Mai 1976 i.S. M. Holding AG gegen Eidg. Steuerverwaltung | |
Regeste |
Stempelabgaben: Emissionsabgaben auf Beteiligungsrechten, die in Durchführung von Beschlüssen über Fusionen wirtschaftlich gleichkommende Zusammenschlüsse begründet oder erhöht werden (Art. 5 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 lit. a StG). |
- Voraussetzungen für die Annahme fusionsgleicher Verhältnisse. | |
Sachverhalt | |
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a) 248 Aktien der M. & Sohn AG, nominal Fr. 1'000.--, Anrechnungswert Fr. 248'000.--
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b) 500 Aktien der M. & Sohn AG, nominal Fr. 100.--, Anrechnungswert Fr. 50'000.--
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c) 56 Aktien der N. AG, nominal Fr. 1'000.--, Anrechnungswert Fr. 56'000.--
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d) 392 Aktien der O. AG, nominal Fr. 500.--, Anrechnungswert Fr. 196'000.--
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Total Fr. 550'000.--
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Von den Aktien der N. AG gehörten 63 1/3% und von der O. AG 98,25% M. Die Aktien der M. & Sohn AG, einer Gesellschaft, die zwei Wochen nach der M. Holding AG gegründet und deren Kapital von Fr. 300'000.-- durch Einbringung der Firma M. & Sohn voll liberiert wurde, waren zu 99 1/3% in seinem Besitz.
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Im Einvernehmen mit der Eidg. Steuerverwaltung (EStV) wurde der Verkehrswert der Sacheinlagen bei der Kapitalerhöhung festgesetzt. Auf diesem Betrag, abzüglich Beurkundungs- und Handelsregistergebühren, entrichtete die Beschwerdeführerin eine Emissionsabgabe zum Satze von 1%. Sie war der Meinung, Anspruch auf eine Besteuerung nach dem in Art. 9 Abs. 1 lit. a StG vorgesehenen ermässigten Abgabesatz erheben zu können, da die Kapitalerhöhung durch das Einbringen der erwähnten Aktien einen der Fusion wirtschaftlich gleichkommenden Zusammenschluss darstelle. Die EStV dagegen hält dafür, es liege eine gewöhnliche Kapitalerhöhung mit Liberierung durch Sacheinlagen vor, für die eine Emissionsabgabe zum Satze von 2% geschuldet sei. Sie begründete ihre Ansicht in der Veranlagungsverfügung, die sie im Einspracheverfahren bestätigte.
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Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragt dessen Aufhebung unter Entschädigungsfolge.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Die Gesellschaften, deren Aktien M. in die Holding einbrachte, bestehen aber auch nach der Kapitalerhöhung der Holding rechtlich selbständig weiter. Rechtlich liegt beim Vorgang, der die Emissionsabgabepflicht auslöst, eine Kapitalerhöhung einer Holding vor, wobei das neue Kapital durch Sacheinlagen, bestehend in Aktien dreier Gesellschaften, aufgebracht worden ist. Als solche einfache Kapitalerhöhung mittels Apport von Aktien will die EStV den Vorgang auch ![]() | 13 |
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Der Begriff des Zusammenschlusses von Gesellschaften, der wirtschaftlich einer Fusion gleichkommt, wird vom Gesetz nicht näher umschrieben. Sein Inhalt ist durch Auslegung zu gewinnen. Wirtschaftlich kommt der Zusammenschluss von Aktiengesellschaften einer Fusion gleich, wenn er zwar aus irgendwelchen Gründen nicht in einer der Formen nach Art. 748 ff. OR erfolgt, aber wirtschaftlich die gleichen Wirkungen hat wie eine Fusion und ausserdem die Gründe, die zur steuerlichen Privilegierung der Fusion führen, auch auf einen solchen Zusammenschluss zutreffen. Ist eine Fusion im gesetzlichen Sinne erfolgt, wird das Steuerprivileg wirksam, gleichgültig aus welchen Motiven der Zusammenschluss erfolgt und ob der Zweck, der mit der Privilegierung erreicht werden will, tatsächlich auch erreicht wird. Es ist in einem solchen Falle nicht von Bedeutung, ob die Gesellschaften, die sich zusammenschliessen, vorher schon wirtschaftlich zusammengearbeitet haben oder nicht oder ob sie sich wirtschaftlich konkurrenzierten. Das folgt aus dem Prinzip der gesetzmässigen Besteuerung und ist auch von der EStV anerkannt. Die Fusion ist häufig nur der letzte Schritt des Zusammenschlusses von Unternehmungen, die vorher schon in mehr oder weniger enger Verbindung standen. Erfolgt der Zusammenschluss von Gesellschaften auf andere Weise, will die EStV ihn als fusionsgleich nur gelten lassen, wenn vorher voneinander unabhängig arbeitende Gesellschaften ihn vollziehen. Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass eine solche Voraussetzung vom Gesetz gefordert sei und behauptet überdies, dass die drei Gesellschaften, deren Aktien zum überwiegenden Teil in die Holding eingebracht wurden, vorher nicht miteinander verbunden waren, und bietet dafür Beweis an.
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Es mag zutreffen, dass die M. & Sohn AG, die N. AG und die O. AG, die sich alle in der Baubranche, vor allem im Spengler- und Installationsgeschäft betätigen, vor der Einbringung der Aktien in die Holding betriebswirtschaftlich voneinander getrennt waren und verschiedene Ziele verfolgten.
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b) Der Sinn eines Gesetzesbegriffs ergibt sich nicht immer eindeutig aus seinem Wortlaut und aus der systematischen Stellung der Norm innerhalb des Gesetzes und der Rechtsordnung. Der unbestimmt gebliebene Begriff lässt sich aber oft von der Zielsetzung der Norm her konkretisieren, wobei die gesetzgeberischen Vorarbeiten hierüber Aufschluss geben können. Das ist vor allem der Fall bei Gesetzen, die wirtschaftspolitische Ziele anstreben und Ausnahmeregelungen enthalten, deren Tragweite nicht von vorneherein offensichtlich ist.
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In einem Motivenbericht der EStV vom Oktober 1971 hat sich die Verwaltung über den Zweck der Halbierung des Abgabesatzes und über die wirtschaftlich den Fusionen gleichzustellenden Zusammenschlüsse ausgesprochen. Dieser Bericht ist von Bedeutung, soweit er vom Bundesrat übernommen und damit dem Gesetzgeber zugänglich gemacht worden ist. In seiner Botschaft zur Revision des StG vom 25. Oktober 1972 (BBl 1972 II 1294 ff.) bezeichnet der Bundesrat den Vorschlag auf Halbierung des Abgabesatzes als einen der wichtigsten Revisionspunkte des neuen Gesetzes. Sie soll Fusionen von Unternehmen erleichtern, um ihre Wettbewerbsfähigkeit, vor allem gegenüber der ausländischen Konkurrenz, zu verbessern und zu erhalten, indem sie eine kostensparende Zusammenlegung sonst getrennter Tätigkeitsbereiche fördert. Da eine zu weit gehende Konzentration staatspolitisch aber auch unerwünschte Nebenfolgen zeitigen kann, soll sie auch nicht zu sehr erleichtert werden. Deshalb wird die Besteuerung von Fusionen nicht gänzlich unterdrückt, sondern nur gemässigt; dies auch, um eine wirtschaftliche Doppelbelastung bei den Aktienemissionen zu verhindern.
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Die fusionsgleichen Sachverhalte werden in der Botschaft mit Beispielen umschrieben: Eine Aktiengesellschaft übernimmt gemäss Art. 181 OR Aktiven und Passiven einer Genossenschaft oder GmbH gegen Ausgabe neuer Beteiligungsrechte, wobei die übernommenen Unternehmen liquidiert werden; Tausch von Beteiligungsrechten aufgrund eines Zusammenschlussvertrages zwischen den beteiligten Gesellschaften. Das letztere Beispiel knüpft an Zusammenschlüsse an, wie sie seinerzeit zwischen den Firmen Sandoz und Wander, Suchard und Tobler vollzogen wurden (VUILLEMIN, Zur Revision des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben, in ASA 42, 114 f.). Es handelt sich aber bei diesen Beispielen keineswegs um eine abschliessende Aufzählung; neben diesen sind nämlich noch andere Formen des Zusammenschlusses denkbar, die wirtschaftlich fusionsähnliche Wirkungen erzielen und auch häufig vorkommen. Die eigentliche Fusion ist denn auch öfters nur die Endphase eines mehr oder weniger langen Konzentrationsprozesses (vgl. BÜRGI, a.a.O., N. 1).
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In den parlamentarischen Beratungen wurde auf den Begriff der wirtschaftlich einer Fusion gleichkommenden Zusammenschlüsse nicht eingegangen; umstritten war dagegen der Grundsatz der Privilegierung der Zusammenschlüsse überhaupt (vgl. Sten.Bull. 1973 N S. 602 ff., S S. 239).
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Da aber grundsätzlich durch die vom Gesetz getroffene Lösung die Fusionen begünstigt werden sollen, ist davon auszugehen, dass in gleicher Weise auch der wirtschaftlich einer Fusion gleichkommende Zusammenschluss zu privilegieren ist. Es rechtfertigt sich daher zwar, an die aus einem solchen Zusammenschluss zu erwartenden Wirkungen keinen strengeren Massstab anzulegen als gegenüber den eigentlichen Fusionen; indes setzt aber die Annahme eines fusionsgleichen Zusammenschlusses doch stets voraus, dass die Intensität der Verbindung rechtlich und tatsächlich nicht völlig integrierter Gesellschaften jener einer eigentlichen Fusion praktisch gleichkommt.
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5. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass wirtschaftliche Gründe, die eine effektive Geschäftsführung ermöglichen, für die Kapitalerhöhung und die Übernahme der Aktienmehrheiten der drei Gesellschaften bestimmend waren; sie führt diesbezüglich den Aufbau einer obersten einheitlichen Geschäftsleitung, die bessere Darstellbarkeit als einheitliches Unternehmen gegenüber den kreditgebenden Banken und den Aufbau eines zentralisierten Verwaltungs- und Rechnungswesens an. Das stellen in der Tat Massnahmen dar, ![]() | 25 |
Rechtlich wäre eine Fusion der drei Gesellschaften mit der Holding möglich gewesen, nachdem die Firma M. & Sohn in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden war. Diese Umwandlung lässt auch die Behauptung der Holding als glaubwürdig erscheinen, dass ursprünglich eine eigentliche Fusion geplant gewesen war, diese aber dann aus besondern Gründen, wie der Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit bei Submissionen, der Vermeidung der Zahlung der Handänderungsabgaben, unterblieben sei. Der weitere Grund, dass bei der O. AG die Absorption habe vermieden werden wollen, weil dort die Risikoverhältnisse besonders gross seien, überzeugt weniger. Doch sind die Gründe, weshalb die Fusion unterbleibt und die Beteiligten sich für einen wirtschaftlich fusionsgleichen Zusammenschluss entscheiden, hinsichtlich der steuerlichen Behandlung des Zusammenschlusses nicht ausschlaggebend. Es kommt vielmehr auf die tatsächliche Intensität der Verbindung an, die sich an den Beherrschungsverhältnissen misst.
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Hinsichtlich der Übernahme der Aktienmehrheiten der M. & Sohn AG und der O. AG lassen die Beteiligungsverhältnisse erkennen, dass eine beinahe 100%ige Beherrschung dieser beiden Gesellschaften durch die Holding besteht. Dies erlaubt die Annahme, dass die Einbringung dieser Gesellschaften in die Holding wirtschaftlich fusionsgleiche Wirkungen erzielt. Anders liegen die Verhältnisse bei der Übernahme der Aktienmehrheit der N. AG. Von dieser Gesellschaft mit einem Aktienkapital von Fr. 90'000.-- wurden 56 Aktien à nom. Fr. 1'000.--, also 62,2% des Aktienkapitals in die Holding eingebracht. Die Holding verfügt demgemäss bei dieser Gesellschaft nicht über die Zweidrittelsmehrheit. Wohl verkörpert eine die Hälfte übersteigende Beteiligung am Kapital in ![]() ![]() | 27 |
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Die Steuerverwaltung wendet weiter ein, wenn der zu beurteilende Sachverhalt als wirtschaftlich fusionsgleicher Zusammenschluss anerkannt werde, sei eine saubere Abgrenzung zwischen fusionsähnlichen Tatbeständen und gewöhnlichen Apportgründungen nicht mehr möglich. Es mag zutreffen, dass sich in der Zukunft gewisse Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben, doch ist jeder Einzelfall gesondert nach den bei ihm gegebenen speziellen Merkmalen zu behandeln. Bei Apportgründungen, ![]() | 29 |
7. Zusammenfassend ist demnach festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Steuerprivilegs nach Art. 9 Abs. 1 lit. a StG hinsichtlich der Einbringung der Aktien der M. & Sohn AG sowie der O. AG in die M. Holding AG erfüllt sind, nicht aber soweit die 56 Aktien der N. AG in die M. Holding AG eingebracht worden sind. Das führt zur teilweisen Gutheissung der Beschwerde und zur Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung und Entscheidung im Sinne der eben angestellten Erwägungen.
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