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29. Urteil vom 22. September 1976 i.S. Genossenschaft Hobel gegen SBB und Eidg. Schätzungskommission 10. Kreis. | |
Regeste |
Art. 19 lit. c EntG, Grundstückgewinnsteuer. | |
Sachverhalt | |
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"Die aus diesem Rechtsgeschäft resultierende Grundstückgewinnsteuer ist von der Expropiatin zu alleinigen Lasten zu übernehmen. Sie behält sich jedoch vor, die von ihr zu bezahlende Grundstückgewinnsteuer als mittelbaren Schaden gegenüber der SBB im laufenden Enteignungsverfahren geltend zu machen."
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Die Stadt Zürich setzte in der Folge die von der Genossenschaft Hobel zu leistende Grundstückgewinnsteuer auf Fr. 93'910.-- fest. Die Genossenschaft war - und ist noch heute - der Auffassung, dass die Steuer in der genannten Höhe geschuldet war, und liess daher die Einschätzung in Rechtskraft erwachsen. Am 30. Januar 1975 meldete sie den Betrag der Steuer als Enteignungsforderung an. Sie wusste zwar, dass das Bundesgericht in BGE 100 Ib 71 ff. bestätigt hatte, dass die anlässlich einer Enteignung erhobenen Grundstückgewinnsteuern nach Art. 19 EntG vom Enteigner nicht zu vergüten sind, hielt aber dafür, dies gelte nur für den Regelfall, dass dem Enteigneten ein Grundstückgewinn in ![]() | 3 |
Der vom Präsidenten der Eidg. Schätzungskommission (ESchK) des 10. Kreises eingeholte Amtsbericht der Finanzdirektion des Kantons Zürich vom 29. Juli 1975 bejahte, dass die der Genossenschaft Hobel auferlegte Steuer tatsächlich geschuldet gewesen sei. Die ESchK entschied darauf, dass die Grundstückgewinnsteuer vom Enteigner nicht zu entschädigen sei, und wies deshalb die Forderung am 11. März 1976 ab. - Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde verlangt die Genossenschaft Hobel die Aufhebung dieses Entscheides und die Zusprechung des Betrages von Fr. 93'910.-- nebst Zins. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, aus folgenden
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Erwägungen: | |
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Wohl kann man sich fragen, ob bei einem Landabtausch im Rahmen eines Enteignungsverfahrens überhaupt im Sinne von § 161 Abs. 1 StG des Kantons Zürich ein "Gewinn erzielt" wird; es mag auch stossend sein, wenn das kantonale Steuergesetz einen zwangsweisen Landabtausch im Rahmen eines Enteignungsverfahrens nicht einer Güterzusammenlegung oder Quartierplanung im Sinne von § 161 Abs. 3 lit. e StG gleichstellt (vgl. dazu ERNST HÖHN, Die Problematik der zürcherischen Grundstückgewinnsteuer, ZBl 59/1958, 218; KUTTLER, Die Bodenversteuerung als Rechtsproblem, ZSR 1964 II 214). Allein für das vorliegende Verfahren ist vom Bestehen der Steuerschuld auszugehen. Kein bundesrechtlicher Grundsatz ![]() | 6 |
Zu prüfen ist vielmehr ausschliesslich, ob in Durchbrechung der Grundsätze von BGE 100 Ib 71 ff. ausnahmsweise der Enteigner für die von der Enteigneten bezahlte Grundstückgewinnsteuer aufzukommen hat, wenn die Enteignete für das enteignete Grundstück kein Geld, sondern ein Ersatzgrundstück in annähernd gleicher Grösse und Lage erhalten hat, auf dem sie ihr Gewerbe weiterführen kann.
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Die SBB und die ESchK halten jedoch dafür, dass es unerheblich sein müsse, ob der Enteigner dem Enteigneten eine Tauschliegenschaft anbieten kann oder ob der Enteignete selbst ein Ersatzgrundstück suchen muss. In beiden Fällen sei die Enteignung nicht der Rechtsgrund, sondern nur der äussere Anlass zur Besteuerung eines Grundstückgewinnes. Diese Steuer beruhe auf dem Wertzuwachs und sei nur nebensächlich mit der Enteignung verbunden - insofern, als der Wertzuwachs ![]() | 9 |
a) Diese Auffassung hat die logische Konsequenz für sich. Es ist schwer einzusehen, weshalb der Enteigner schlechter gestellt werden soll, wenn er dem Enteigneten ein Ersatzgrundstück anbieten kann, als wenn er lediglich Entschädigung bezahlt und es dem Enteigneten überlässt, selbst ein Ersatzgrundstück zu suchen. Im einen wie im andern Fall hat der Enteigner den Wertzuwachs des enteigneten Grundstücks nicht verursacht, und für den Enteigneten als Inhaber des Gewerbebetriebes besteht grundsätzlich die gleiche Zwangslage. Er kommt durch die Enteignung nicht in den Besitz eines frei verfügbaren Gegenwertes, sondern muss sich ein - in der Regel wertgleiches - Ersatzgrundstück beschaffen. Wirtschaftlich gesehen wird deshalb in beiden Fällen kein frei verfügbarer Gewinn realisiert. Wenn der kantonale Steuergesetzgeber Enteignungen mit Landabtausch nicht den Landumlegungen nach Nationalstrassengesetz gleichstellt, sondern die Grundstückgewinnsteuer erhebt (REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, N. 166 zu § 161 StG), ist nicht einzusehen, weshalb bei Enteignungen mit Landabtausch innerhalb der steuerberechtigten Gemeinde eine Steuerüberwälzung auf den Enteigner stattfinden soll, in allen andern Fällen dagegen nicht. Mit oder ohne Zurverfügungstellen eines Ersatzgrundstückes durch den Enteigner löst die zwangsweise Handänderung die Grundstückgewinnsteuer aus. Die Problematik des Kausalzusammenhangs zwischen der Enteignung und der durch die Steuer verursachten Vermögensverminderung des Enteigneten ist in beiden Fällen die gleiche.
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b) Das Hauptargument der Beschwerdeführerin geht dahin, es sei kein Mehrwert realisiert worden, weil die Beschwerdeführerin ein Grundstück in gleicher Grösse und Lage erhalten habe; wenn ein Steuergesetz so hart sei, dass auch nicht realisierte Mehrwerte versteuert werden müssten, so erscheine die Vermögenseinbusse des Enteigneten als mittelbare Folge der Enteignung. Nach dieser Auffassung ist eine Grundstückgewinnsteuer dann als weiterer Nachteil im Sinne von ![]() | 11 |
c) Entscheidend ist ferner, dass bei voller Überwälzung der Grundstückgewinnsteuer auf die Enteignerin die Enteignete mehr als den blossen Nachteilsausgleich erhielte. Denn durch die Bezahlung wird eine Steuerschuld gelöscht, die ohne Enteignung weiterhin latent auf dem Grundbesitz der Enteigneten gelastet hätte, auch wenn ungewiss ist, wann es zu einer Realisierung des Grundstückgewinnes gekommen wäre.
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d) Aus den zivilrechtlichen Lehren über den adäquaten Kausalzusammenhang lässt sich für die Lösung des vorliegenden Falles nichts gewinnen. Steuern wirken für den Steuerträger immer vermögensmindernd und nach dem in BGE 100 Ib 74 erneut überprüften Willen des Gesetzgebers müssen diese Vermögensminderungen nicht vom Enteigner übernommen werden. Die Beschwerdeführerin kann deshalb keine Ausnahmebehandlung beanspruchen, auch wenn sie auf das Ersatzgrundstück angewiesen war und somit wirtschaftlich gesehen nicht die Möglichkeit hatte, über die Gegenleistung für die enteignete Liegenschaft frei zu verfügen. Selbst wenn die Argumentation, die das Bundesgericht in BGE 100 Ib 74 zur Rechtfertigung der Lösung des Gesetzgebers angeführt hat, im vorliegenden Falle nicht durchgreift, muss es dennoch bei der vom Gesetzgeber gewollten Lösung bleiben. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
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