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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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51. Auszug aus dem Urteil vom 29. Oktober 1976 i.S. Genossenschaft Hotelplan, Schweizerischer Reisebüro-Verband und Reisebüro A.K. Bieri AG gegen Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement | |
Regeste |
Beschaffung von Flugscheinen im Ausland. |
2. Art. 99 lit. b OG. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine Verfügung, die in Anwendung eines Tarifs im Einzelfall ergangen ist (E. 3). |
3. Die gemäss Art. 30 LFG vom Eidg. Luftamt genehmigten Tarife sind für die konzessionierten Luftfahrtsunternehmen verbindlich. Darüber hinaus stellt Art. 30 LFG keine Grundlage dar: - für eine umfassende, auch auf Dritte anwendbare Preiskontrolle für Flugscheine; - für ein Verbot der Beschaffung von Flugscheinen im Ausland (E. 6a und b). |
4. Die genehmigten Flugtarife in Schweizerfranken haben nicht den Charakter von Rechtssätzen (E. 6c). |
5. Zwischenstaatliche Abkommen auferlegen der Schweiz keine Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Beförderungen, die in der Schweiz beginnen, stets in der Schweiz zum genehmigten Flugtarif in Schweizerfranken bezahlt werden (E. 7). | |
Sachverhalt | |
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"1. Für Flugscheinverkäufe in der Schweiz sind ausnahmslos die vom Eidgenössischen Luftamt genehmigten und von den Luftverkehrsunternehmen veröffentlichten Tarife in Schweizerfranken und zugehörige Bedingungen anzuwenden.
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2. Ist kein Tarif in Schweizerfranken publiziert, so muss der in einer anderen Währung veröffentlichte Tarif gemäss den Regeln der IATA-Resolutionen in Schweizerfranken umgerechnet werden. Die vom Eidgenössischen Luftamt genehmigten IATA-Resolutionsserien 021 und 022 sowie der schweizerische Vorbehalt dazu sind strikte zu befolgen.
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3. Nicht gestattet sind insbesondere:
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a) der Verkauf oder die Anerkennung von Flugscheinen für Beförderungen, die in der Schweiz beginnen, wenn diese Flugscheine im Ausland zu einem ![]() | 5 |
b) der Verkauf oder die Anerkennung von Flugscheinen, die den Reisebeginn ausserhalb der Schweiz vorsehen, in Wirklichkeit jedoch für eine Beförderung von der Schweiz aus benützt werden sollen, sofern diese Flugscheine im Ausland zu einem anderen als dem in Schweizerfranken publizierten und gemäss den Bestimmungen der IATA-Resolutionsserien 021 und 022 in die Verkaufswährung umgerechneten Tarif ausgestellt wurden.
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Wer vorsätzlich oder fahrlässig in Ungehorsam gegen diese Verfügung den Bestimmungen der IATA-Resolutionsserien 021 und 022 und des schweizerischen Vorbehaltes dazu zuwiderhandelt, wird gemäss Artikel 91 des Luftfahrtgesetzes mit Haft oder mit Busse bis 20'000 Franken bestraft."
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Gegen diese Verfügung reichten verschiedene Reisebüros und der Schweizerische Reisebüro-Verband beim Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) Beschwerde ein. Durch Entscheid vom 24. März 1976 wies das EVED sämtliche Beschwerden ab.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen die Genossenschaft Hotelplan, der Schweizerische Reisebüro-Verband und das Reisebüro A.K. Bieri AG im wesentlichen, der Entscheid des EVED vom 24. März 1976 und die Verfügung des Luftamtes vom 30. Dezember 1974 betreffend Flugscheinverkäufe in der Schweiz seien aufzuheben. Das EVED stellt den Antrag, auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerden sei wegen der Endgültigkeit seines Entscheides nicht einzutreten, eventuell seien sie abzuweisen. Der Präsident der verwaltungsrechtlichen Kammer hat den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuerkannt.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) gegen erstinstanzliche Verfügungen des Eidgenössischen Luftamtes;
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b)..."
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Im vorliegenden Fall geht es um die Anfechtung eines Entscheides, der formell auf Art. 30 LFG gestützt wird. Entscheide auf Grund von Art. 30 LFG sind in Art. 6 Abs. 1 LFG nicht als auf dem ordentlichen Instanzenweg anfechtbar erwähnt. Daraus schliesst das EVED, es handle sich hier um eine der unter Abs. 2 von Art. 6 zu subsumierenden übrigen Beschwerden und die Entscheidung des Departementes sei endgültig.
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Durch die Revision der Art. 97 ff. OG, die im Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 vorgenommen wurde und am 1. Oktober 1969 in Kraft getreten ist, wurde die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in umfassender Weise neu geregelt. Dass unter der frühern Ordnung in einem Spezialgesetz Departementalentscheide als endgültig bezeichnet Waren, um den Weiterzug an den Bundesrat auszuschliessen hat nicht auch die Unzulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss den neuen Bestimmungen von Art. 97 ff. OG zur Folge, sofern gemäss diesen neuen Vorschriften kein Ausschlussgrund besteht. Im gleichen Sinne wurde schon in bezug auf die frühere Fassung von Art. 24 Abs. 2 SVG entschieden, dass die dort seinerzeit vorgesehene Endgültigkeit des Beschwerdeentscheides des EJPD der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97 ff. OG nicht entgegenstehen könne (BGE 96 I 769 /770; vgl. zur analogen Frage im Landwirtschaftsgesetz: BGE 97 I 474). Es besteht kein Grund, dem Art. 6 Abs. 2 LFG eine weitergehende, auch die heutige Verwaltungsgerichtsbeschwerde von vornherein ausschliessende Wirkung beizumessen. - Selbst wenn gestützt auf Art. 30 LFG getroffene Verfügungen durch eine ausdrückliche Bestimmung der Art. 97 ff. OG vom Weiterzug mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgenommen wären, so müsste ein Betroffener wohl trotzdem mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde rügen können, Art. 30 LFG sei auf ihn gar nicht anwendbar und die Verwaltungsbehörden stützten die getroffene Verfügung missbräuchlich auf das LFG. Zu dieser Frage braucht aber nicht abschliessend Stellung genommen zu werden, ![]() | 16 |
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Der angefochtene Entscheid des EVED bezieht sich auf die Einhaltung des Tarifs der Flugpreise. Das Bundesgericht hat im (nicht publizierten) Urteil vom 22. Dezember 1972 i.S. Serapharm S.A. Art. 99 lit. b OG in dem Sinne interpretiert, dass dadurch Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen ausgeschlossen seien, die einen Tarif als Ganzen zum Gegenstand haben, insbesondere gegen Verfügungen über die Genehmigung von Tarifen; hingegen ist nach dieser Rechtsprechung gegen Verfügungen, die in Anwendung eines Tarifs im Einzelfall ergehen, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (BGE 101 Ib 72 f., BGE 100 Ib 330; im gleichen Sinne das Eidg. Versicherungsgericht zu Art. 129 Abs. 1 lit. b OG: BGE 100 V 3 f.). Diese Praxis stimmt mit dem Sinn und Zweck von Art. 99 lit. b OG überein. Die besondern technischen und Bewertungsfragen, die sich bei der Aufstellung und Genehmigung eines Tarifes stellen, wurden vom Gesetzgeber als nicht justiziabel betrachtet. Für die Anwendung des Tarifs im Einzelfall und insbesondere auch für die Frage, ob ein bestimmter Tarif überhaupt auf den konkreten Fall anwendbar ist, trifft diese Begründung des Ausschlusses der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zu. Art. 99 lit. b OG entzieht sinngemäss die Frage der Anwendung eines Tarifs der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht.
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Da im vorliegenden Fall nicht eine Verfügung über den Tarif als Ganzen, sondern ein Entscheid über dessen Anwendbarkeit und Tragweite in bezug auf die Tätigkeit der Reisebüros weitergezogen wird, steht nach unangefochten gebliebener Rechtsprechung Art. 99 lit. b der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht entgegen. Auf die beiden Beschwerden ist daher einzutreten.
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6. In Art. 29 Abs. 1 LFG (Inhalt der Konzession) wird vorgeschrieben, dass in die Konzession von Luftverkehrsunternehmen ![]() | 20 |
a) Nach dem Wortlaut und nach der systematischen Einordnung betreffen diese Bestimmungen die Pflichten der Konzessionäre. Die Luftverkehrsunternehmen sind an die genehmigten Tarife gebunden. Ob die Tarife nur die zulässigen Höchstpreise angeben oder ob auch eine Unterschreitung der Tarifpreise verboten ist, wie das EVED mit guten Argumenten annimmt, ist hier nicht zu untersuchen (vgl. VEB 1955 S. 323); denn streitig ist nicht das Ausmass der Bindung der Konzessionäre an den genehmigten Tarif, sondern die Frage der Drittwirkung der Tarifpreise für Reisebüros. Das EVED leitet aus Art. 30 LFG ab, dem Eidgenössischen Luftamt komme die Befugnis zu einer umfassenden Preiskontrolle zu, soweit es sich um Flugscheine für Beförderungen von der Schweiz aus handle. In einem Gutachten, welches die Justizabteilung 1955 dem Eidg. Luftamt erstattete und in welchem zur Hauptsache die Frage einer Unterbietung des IATA-Tarifs durch ausländische Luftverkehrsunternehmungen behandelt wurde, erklärte die Justizabteilung ohne weitere Erörterung der Frage, auch Reisebüros seien an die genehmigten Tarife gebunden (VEB 1955 S. 325). Zur Begründung der Pflicht zur Einhaltung bestimmter Wechselkurse wurde damals auch auf zwischenstaatliche Zahlungsabkommen Bezug genommen. Ob zwischenstaatliche Abkommen heute für die hier interessierende Frage von Bedeutung sein können, wird in der folgenden Erwägung zu prüfen sein.
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b) Die innerstaatliche schweizerische Gesetzgebung enthält keine Bestimmung, aus welcher sich im Sinne der Argumentation ![]() ![]() | 22 |
c) Das EVED begründet die direkte Verbindlichkeit der genehmigten Tarife in Schweizerfranken für die Flugscheinverkäufe der Reisebüros mit der Feststellung, diese Tarife seien ![]() | 23 |
Aus dem Wortlaut von Art. 30 LFG lässt sich nicht ableiten, dass der vom Konzessionär vorgelegte Tarif mit der Genehmigung durch das Eidg. Luftamt zum allgemein verbindlichen Rechtssatz werde. Wie bereits dargelegt wurde, schreibt Art. 30 lediglich vor, dass der Konzessionär auf Einhaltung eines bestimmten Tarifs zu verpflichten ist. Hinweise auf irgendeine Drittwirkung sind in der Gesetzgebung nicht zu finden. Die Tarife werden auch nicht amtlich publiziert. Dass Art. 107 LFV den Konzessionär anhält, die Tarife wie die Flugpläne "in geeigneter Weise" der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, kann nicht als Ersatz für die bei Rechtssätzen unerlässliche amtliche Publikation betrachtet werden, sondern umschreibt lediglich die Pflicht des Konzessionärs, dafür zu sorgen, dass die Flugkunden über die Leistungen, die er kraft seiner Konzession zu erbringen hat, hinreichend orientiert sind. Wenn der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, den genehmigten Flugtarifen den Charakter von Rechtssätzen zu verleihen, müsste dies deutlich zum Ausdruck kommen; insbesondere wäre die amtliche Publikation unerlässlich. Das Argument, die Tarife seien Rechtssätze, ist somit nicht stichhaltig und kann nicht als Grundlage für die an die Reisebüros gerichtete Verfügung herangezogen werden.
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a) Wie im angefochtenen Entscheid zutreffend ausgeführt wird, hat die Schweiz mit zahlreichen Staaten Abkommen über den regelmässigen Luftverkehr geschlossen. Diese zwischenstaatlichen Vereinbarungen enthalten auch Bestimmungen über die Festsetzung der Tarife (vgl. z.B. BBl 1975 II S. 35 f., vier Abkommen über den Luft-Linienverkehr mit Ecuador, Jordanien, Jamaika und Kanada, insbesondere S. 40 Art. 10, S. 50 Art. 10, S. 60 Art. 10, S. 71 Art. 11). In den vertraglichen Abmachungen wird das Verfahren der Tariffestsetzung unter den beteiligten Luftverkehrsunternehmen und die Genehmigung durch die Luftfahrtbehörden der Vertragsparteien ![]() | 26 |
b) Die IATA ist nicht eine zwischenstaatliche Organisation, sondern ein internationaler Verband der Luftverkehrsgesellschaften (vgl. SCHWEICKHARDT, Schweizerisches Lufttransportrecht S. 2 f.; ALEX MEYER, Internationale Luftfahrtabkommen, Köln-Berlin 1953/1955 Bd. I S. 147, Bd. II S. 4; Zeitschrift für Luftrecht und Weltraumrechtsfragen, 1971, S. 153 ff., Text der Allgemeinen Beförderungsbedingungen S. 214 ff.).
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"Veröffentlichung in der Schweiz
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- alle Luftverkehrsunternehmen oder ihre Generalagenten haben die Tarife/Frachtraten für Flugreisen/Luftfrachttransporte, welche in der Schweiz beginnen, in Schweizerfranken zu veröffentlichen. Diese in Schweizerfranken publizierten Tarife und Frachtraten werden von den Basistarifen und Basisraten zu den in der Resolution 217/021b enthaltenen Umrechnungskursen abgeleitet.
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- Für zusätzliche Veröffentlichungen in irgend einer anderen Währung muss ein spezielles Gesuch an das Eidgenössische Luftamt in Bern gerichtet werden.
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Verkauf in der Schweiz
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- Für jeden in der Schweiz getätigten Verkauf von Flugreisen oder Luftfrachttransporten müssen die zur Veröffentlichung genehmigten Tarife/Frachtraten in Schweizerfranken angewendet werden, egal ob die Reise oder der Transport innerhalb oder ausserhalb der Schweiz beginnt. Ist kein Tarif oder keine Frachtrate in Schweizerfranken veröffentlicht, muss der in irgend einer anderen Währung veröffentlichte oder konstruierte Tarif/Frachtrate gemäss den Regeln der Resolutionen 217/021, 217/021a und 217/021b in Schweizerfranken umgerechnet werden.
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- Erfolgt die Zahlung für einen in der Schweiz getätigten Verkauf in irgend einer anderen Währung als Schweizerfranken, muss der Tarif oder die Frachtrate in Schweizerfranken zum lokalen Bankkurs in die Verkaufswährung umgerechnet werden (Checkkurs für Checks, Notenkurs für Banknoten)."
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Aus der Beifügung dieses Vorbehalts lässt sich folgern, dass die IATA-Resolutionen als solche - auch nach Auffassung ![]() | 35 |
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b) Durch die zu beurteilenden Verwaltungsgerichtsbeschwerden wurde geltend gemacht, die angefochtene Massnahme sei gegenüber den Reisebüros mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig. Ob das Luftamt die Luftverkehrsunternehmen als Konzessionäre zur strikten Anwendung des IATA-Tarifs in Schweizerfranken bei Verkäufen von Flugscheinen in der Schweiz verpflichten kann, ist hier nicht zu entscheiden. Die sich aus der Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergebende Aufhebung der Verfügung vom 30. Dezember 1974 bezieht sich ausschliesslich auf deren Wirksamkeit für die Reisebüros.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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