BGE 103 Ib 23 | |||
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6. Urteil des Kassationshofes vom 9. März 1977 i.S. Low gegen Regierungsrat des Kantons Zürich | |
Regeste |
Art. 55 Abs. 2 StGB; probeweiser Aufschub der Landesverweisung. | |
Sachverhalt | |
1 | |
Mit Verfügung vom 9. September 1976 entliess die Justizdirektion des Kantons Zürich Low auf den 18. Oktober 1976 bedingt aus dem Strafvollzug und bestimmte die Probezeit auf 3 Jahre. Der Vollzug der Landesverweisung wurde dagegen nicht probeweise aufgeschoben.
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Low rekurrierte an den Regierungsrat des Kantons Zürich, der den Rekurs am 1. Dezember 1976 abwies.
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Low führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 1. Dezember 1976 sei aufzuheben und der Vollzug der Landesverweisung für die Dauer von 6 Jahren probeweise aufzuschieben.
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Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt die Abweisung, das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement die Gutheissung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Nach Art. 55 Abs. 2 StGB entscheidet die Behörde, die über die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug befindet, auch darüber, ob und unter welchen Bedingungen der Vollzug einer gerichtlich angeordneten Landesverweisung probeweise aufgeschoben werden soll. Bei diesem Entscheid steht der Behörde ein weites Ermessen zu, das sich jedoch im Rahmen sachlich haltbarer Gründe halten muss. Insbesondere darf der Entscheid, ob der Vollzug der Landesverweisung bedingt aufzuschieben sei, nicht auf Überlegungen gestützt werden, die mit dem Sinn und Zweck der bedingten Entlassung unvereinbar sind. Denn die beiden Entscheidungen stehen in engem Zusammenhang zueinander und verfolgen im wesentlichen das gleiche kriminalpolitische Ziel, das darin besteht, dem Verurteilten Gelegenheit zu bieten, während einer Probezeit sich in Freiheit zu bewähren und sich wieder in die Gesellschaft einzuordnen. Massgebend ist somit, ob dieser Zweck durch den Aufschub oder den Vollzug der Nebenstrafe besser erreicht werden kann. Darf mit grösster Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass der Aufschub der Landesverweisung am geeignetsten ist, den Verurteilten vor einem Rückfall zu bewahren, so ist diese Massnahme anzuordnen. Ist dagegen anzunehmen, dass die Aussichten für künftiges Wohlverhalten ebenso gut oder noch besser durch den Vollzug der Landesverweisung verwirklicht werden, oder drängt sich diese Massnahme aus Gründen der öffentlichen Sicherheit auf, so ist der Aufschub zu verweigern. Die Frage, ob die Schweiz oder das Heimatland die günstigeren Voraussetzungen für die Resozialisierung biete, ist im Einzelfall anhand der persönlichen Verhältnisse des Verurteilten, seiner Beziehungen zur Umwelt und seiner Bindung zu beiden Ländern sowie der Arbeitsmöglichkeiten zu prüfen (BGE 100 Ib 365 mit Verweisungen).
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2. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Führung des Beschwerdeführers in der Strafanstalt und die Aussichten auf seine Besserung die bedingte Entlassung rechtfertigen. Die Vorinstanz anerkennt, dass der Beschwerdeführer, der sich seit 1974 in der Schweiz aufhält und seither mit einer Schweizerin verheiratet ist, eine ausreichende Bindung zu seinem Gastland besitzt, anderseits als Malaysier chinesischer Herkunft in seinem Heimatland der Diskriminierung ausgesetzt ist und Schwierigkeiten hätte, dort Arbeit zu finden, während ihm, wie sich aus den Akten ergibt, von seinem früheren Arbeitgeber in Zürich die Weiterbeschäftigung zugesichert wurde. Die Vorinstanz gelangt daher zum Schluss, dass unter den gegebenen Verhältnissen eine Resozialisierung des Beschwerdeführers in der Schweiz besser gelingen könnte als in seinem Heimatland. Trotzdem wird ihm im angefochtenen Entscheid der Aufschub der Landesverweisung verweigert, nicht weil die Vorinstanz davon ausgeht, der Beschwerdeführer gefährde die öffentliche Sicherheit in einem Mass, dass selbst der probeweise Aufschub untragbar wäre, sondern allein mit der Begründung, dass die kantonale Fremdenpolizei Fernhaltemassnahmen vorgesehen habe, weshalb die Resozialisierung in der Schweiz praktisch undurchführbar sei und ein Aufschub der Landesverweisung keinen Sinn hätte.
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Diese Betrachtungsweise widerspricht der Zielsetzung des Art. 55 Abs. 2 StGB und ist daher unhaltbar. Der Entscheid über den bedingten Aufschub der gerichtlich ausgesprochenen Landesverweisung ist strafrechtlicher Art, für den einzig die eingangs erwähnten Kriterien massgebend sind. In Fällen wie dem vorliegenden, wo nicht die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, sondern die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft im Vordergrund steht, bleibt für fremdenpolizeiliche Überlegungen, die auf die Abwehr der Überfremdung und die Vermeidung von Störungen des Arbeitsmarktes sowie auf den Schutz der öffentlichen Ordnung ausgerichtet sind (BGE 98 Ib 89 E. 2 b) und dem Zweck der bedingten Entlassung zuwiderlaufen, kein Raum. Auf die Meinungsäusserung der kantonalen Fremdenpolizei kommt es somit nicht an. Der bedingte Aufschub der Landesverweisung ist in einem solchen Fall auch dann zu gewähren, wenn damit gerechnet werden muss, dass der bedingt Entlassene früher oder später, sei es freiwillig, sei es aus fremdenpolizeilichen Gründen die Schweiz doch noch verlassen wird. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz hätte überdies die nachteilige Folge, dass dem Beschwerdeführer während der Dauer der gerichtlichen Landesverweisung die Einreise in die Schweiz verwehrt bliebe, wogegen ihm im Falle einer bloss fremdenpolizeilichen Wegweisung die Fremdenpolizeibehörde jederzeit eine Bewilligung zur Wiedereinreise erteilen kann.
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3. Hat die Vorinstanz die Voraussetzungen für den bedingten Aufschub der Landesverweisung zwar als gegeben erachtet, diese Massnahme aber aus rechtlich unzutreffenden Gründen verweigert, so ist sie anzuordnen. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, um zu prüfen, ob an den probeweisen Aufschub der Landesverweisung bestimmte Bedingungen im Sinne des Art. 55 Abs. 2 StGB zu knüpfen seien.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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