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8. Auszug aus dem Urteil vom 4. Februar 1977 i.S. Weisskopf gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt | |
Regeste |
Entzug des Führerausweises der Kategorie b (Taxi) mangels Erfüllung der medizinischen Mindestanforderungen. |
2. Anforderungen an die Verkehrssicherheit gemäss Art. 14 Abs. 2 lit. b SVG (E. 1b). | |
Sachverhalt | |
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Im Anschluss an diesen Vorfall ordnete das Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt eine vertrauensärztliche Untersuchung der Taxichauffeuse an, um abzuklären, ob sie noch über die Fähigkeit verfüge, ein Taxi verkehrssicher zu führen. In der Folge wurde Frau Weisskopf auch noch einer neurologischen sowie einer ophtalmologischen Spezialuntersuchung unterzogen. Prof. Dr. med. R. Wüthrich von der Neurologischen Universitätspoliklinik Basel kam in seinem Gutachten vom 20. Februar 1975 zum Schluss, dass hinsichtlich der von der Patientin beklagten bei Nacht auftretenden Doppelbilder "wahrscheinlich keine neurologische Affektation" verantwortlich sei, und er deshalb aufgrund seiner Untersuchungen keine Veranlassung sehe, der Patientin "aus neurologischer Ursache" das Führen eines Taxis zu verbieten. Dem Gutachten der Basler Universitäts-Augenklinik vom 7. April 1975 ist neben der Diagnose (Dekompensierte Hyperphorie und Esopherie rechts; Astigmatismus mixtus rechts; Myopicus rectus links bei Myopia parva) folgendes zu entnehmen:
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"Die Befunde, insbesondere der Sehschulstatus sind unverändert gegenüber
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der
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letzten Untersuchung vor 1 Jahr, d.h. mit der verordneten Prismenbrille und
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dem Ausgleich des Astigmatismus und der Myopie konnte ein ordentliches
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Binocularsehen erreicht werden.
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Unseres Erachtens ist die Patientin weiterhin als Taxichauffeuse
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arbeitsfähig, doch sollte das Autofahren während der Nacht möglichst
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vermieden werden."
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Gestützt auf diesen Bericht sah der Vertrauensarzt in seiner ärztlichen Begutachtung Frau Weisskopf als tauglich an zur Führung eines Taxis unter der Auflage eines Nachtfahrverbots sowie der jährlichen Wiederholung der Untersuchung durch die Augenklinik.
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Mit Verfügung vom 30. Juni 1975 entzog das Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt Verena Weisskopf den Führerausweis für alle Motorfahrzeugkategorien für unbestimmte Zeit mit Wirkung ab 3. Juli 1975. Als Grund wurde angegeben:
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der medizinischen Mindestanforderungen bezüglich Sehvermögen (Doppelsehen
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bei Nacht)."
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Hiegegen rekurrierte Verena Weisskopf erfolglos an den Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, dessen Entscheid sie mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht weiterzieht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab u.a. aus folgender
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Erwägung: | |
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a) Gemäss Art. 14 Abs. 2 lit. b SVG darf der Führerausweis nicht erteilt werden, wenn der Bewerber "durch körperliche oder geistige Krankheiten oder Gebrechen gehindert ist, ein Motorfahrzeug sicher zu führen". Wird festgestellt, dass die Voraussetzungen zur Erteilung des Ausweises nicht mehr gegeben sind, so ist dieser zu entziehen (Art. 16 Abs. 1 SVG).
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Im Anhang 2 zum BRB werden die medizinischen Mindestanforderungen an die Fahrzeugführer näher umschrieben. Danach dürfen Taxichauffeure (Kategorie b) und Führer leichter Motorwagen (Kategorie a) nicht unter Doppelsehen leiden; Taxiführer dürfen zudem nicht nachtblind sein (Anhang 2 Ziff. 2). Werden die Anforderungen gemäss Anhang 2 nicht erfüllt, so ist die Erteilung des Führerausweises zu verweigern (Art. 1 Abs. 4 BRB), bzw. - was sich daraus selbstverständlich ergibt - ist ein erteilter Ausweis zu entziehen. Handelt es sich um einen Grenzfall oder lassen sich Zweifel durch ein vertrauensärztliches Zeugnis nicht beheben, so kann eine Spezialuntersuchung angeordnet werden (Art. 1 Abs. 4 BRB). Die mit einer solchen Spezialuntersuchung betrauten Stellen können der Behörde das Ergebnis durch ein begründetes Gutachten bekannt geben (Art. 5 Abs. 3 BRB). Auf Antrag dieser Stellen kann sodann die Behörde "unter Berücksichtigung ![]() | 19 |
Ein Abweichen von den im Anhang 2 zum BRB aufgeführten medizinischen Mindestanforderungen kommt somit nur dann in Frage, wenn durch entsprechende Auflagen und Beschränkungen gewährleistet ist, dass ein Motorfahrzeugführer trotz seines Gebrechens fähig ist, ein Motorfahrzeug im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. b SVG sicher zu führen. Soweit die Verkehrssicherheit im Sinne dieser Vorschrift nicht mehr gewährleistet ist, hat der Entzug des Ausweises aus Sicherheitsgründen zwingend zu erfolgen; eine andere Auslegung des Art. 7 BRB widerspräche dem klaren Zweck des Art. 14 Abs. 2 lit. b SVG. Das bedeutet auch, dass hier kein Raum mehr ist für eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Entfernung eines solchen Motorfahrzeuglenkers aus dem Verkehr und allfälligen entgegenstehenden individuellen Interessen des betreffenden Motorfahrzeugführers. Wenn somit im vorliegenden Fall trotz einer Auflage oder Beschränkung die Gewähr nicht bestehen sollte, dass die Beschwerdeführerin ihr Taxi verkehrssicher zu führen vermag, so muss ihr nach dem Gesagten notwendigerweise der Führerausweis entzogen werden; er könnte ihr auch nicht deshalb noch belassen werden, um sie davor zu bewahren, dass sie ihren Beruf nicht mehr ausüben kann, so sehr eine solche Auswirkung der zu treffenden Massnahme für sie persönlich zu bedauern ist.
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b) Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, wenn sie Taxifahrten nur bei Tag ausführe, bestehe die genügende Gewähr, dass sie ihr Taxi im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. b SVG verkehrssicher führe, weshalb ihr der Ausweis unter der genannten Auflage zu belassen sei.
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Die Frage, ob ein Motorfahrzeugführer fähig ist, sein Fahrzeug sicher zu führen, hängt wesentlich von der Beurteilung der Person und der konkreten Umstände des einzelnen Falles ab, bei deren Überprüfung sich das Bundesgericht gegenüber der Verwaltungsbehörde, die diese Beurteilung vorzunehmen hat, eine gewisse Zurückhaltung auferlegt (vgl. dazu bezüglich ![]() | 23 |
Dem steht auch nicht entgegen, dass z.B. Epileptiker als Motorfahrzeugführer zugelassen werden, welchen der Führerausweis - nach einem genügend langen unfallfreien Intervall - unter Auflagen grundsätzlich erteilt werden kann, wenn sie für die Einhaltung der Auflagen Gewähr bieten (Entscheid des EJPD vom 18. Januar 1974, VPB 39/1/1975 Nr. 22). Zwar erfüllt ein solcher Fahrzeugführer die Mindestanforderungen gemäss Anhang 2 zum BRB ebenfalls nicht; und die Erfüllbarkeit oder Kontrollierbarkeit der Auflagen, unter denen ihm der Ausweis erteilt wird, erscheint auch dort nicht als völlig problemlos - etwa hinsichtlich der Auflage, er habe die verordneten Medikamente vorschriftsgemäss einzunehmen und eine regelmässige Lebensführung zu pflegen (vgl. Entscheid des EJPD a.a.O.). Indes liegt dort verglichen mit dem ![]() | 24 |
Die Vorinstanz durfte daher zu Recht davon ausgehen, dass wegen der nicht durchwegs erfüllbaren Auflage die Sicherheit im Strassenverkehr nicht hinreichend gewährleistet wäre, wenn der Beschwerdeführerin der Führerausweis der Kategorie b (Taxi) weiterhin belassen würde. Es liegt darin keine Verletzung materiellen Bundesrechts, auch nicht in Form einer Ermessensüberschreitung. Die Beschwerde muss deshalb in bezug auf den Entzug des Fahrausweises der Kategorie b abgewiesen werden.
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