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25. Auszug aus dem Urteil vom 18. März 1977 i.S. Korn gegen Fischer und Regierungsrat des Kantons Schwyz | |
Regeste |
Verfahren; Art. 97 ff. OG. |
2. Nichteintreten mangels Legitimation nach kantonalem Verfahrensrecht. Sieht ein Kanton für eine Streitigkeit des Bundesverwaltungsrechts, welche mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht weitergezogen werden kann, eine Beschwerdeinstanz vor, so darf er hinsichtlich der Beschwerdebefugnis nicht strengere Anforderungen stellen als sie Art. 103 lit. a OG für die Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorsieht (E. 3). |
3. Art. 103 lit. a OG. Anfechtung einer Baubewilligung durch die Eigentümerin einer benachbarten Liegenschaft. Schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Abänderung der Baubewilligung im konkreten Fall bejaht (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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Margot Korn erhebt gegen den Beschluss des Regierungsrates vom 26. Juli 1976 Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie macht eine Verletzung von Art. 4 BV, Art. 20 GSchG, Art. 26 und 27 AGSchV, Art. 1 und 6 der V über Abwasserleitungen, Art. 4 BMR sowie Art. 3 VV zum BMR geltend. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und Josef Fischer sei die Baubewilligung für das geplante Einfamilienhaus zu verweigern, eventuell sei die Sache zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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a) Schliesst ein auf kantonales Verfahrensrecht gestützter Nichteintretensentscheid die Anwendung von Bundesverwaltungsrecht aus, so behandelt das Bundesgericht eine Beschwerde gegen einen solchen Entscheid als Verwaltungsgerichtsbeschwerde (BGE 100 Ib 370; BGE 99 Ib 394; BGE 98 Ib 336). Dabei kann es aber die Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts nur auf eine Verletzung von Bundesrecht überprüfen (Art. 104 lit. a OG) und nicht auch auf eine solche von kantonalem Recht, weil mit einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Verletzung von kantonalem Recht nicht geltend gemacht werden kann. Dabei fällt praktisch vor allem - wie bei einer staatsrechtlichen Beschwerde - eine Prüfung der Verletzung verfassungsmässiger Rechte und Grundsätze in Betracht, wobei häufig nur die Anrufung von Art. 4 BV in Frage kommt (vgl. BGE a.a.O.; BGE 99 V 185; 56).
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Auch im vorliegenden Fall ist in dieser Beziehung nur zu prüfen, ob der Regierungsrat allenfalls bei der Anwendung und Auslegung von § 37 lit. a VRP in Willkür verfallen ist.
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b) Nach § 37 lit. a VRP sind "Parteien und beiladungsberechtigte Dritte des vorinstanzlichen Verfahrens, die an der Aufhebung oder Änderung einer Verfügung oder eines Entscheides ein eigenes, unmittelbares und schützenswertes Interesse dartun", ![]() | 7 |
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Mit Rücksicht auf die Einheit des Prozesses und im Hinblick auf den Rechtsschutz der Betroffenen rechtfertigt es sich, diese Rechtsprechung allgemein aufzunehmen. Zwar kann der Bund nach geltendem Recht in der Regel von den Kantonen nicht verlangen, dass sie für ein bestimmtes Rechtsgebiet eine kantonale Rechtsmittelinstanz bereitstellen. Es steht demnach den Kantonen auch frei, ob sie insbesondere eine Beschwerdeinstanz vorsehen wollen für Streitigkeiten, die mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vor Bundesgericht gebracht werden können. Hat aber ein Kanton eine Rechtsmittelinstanz für solche Streitigkeiten eingerichtet, so ist er in der Ausgestaltung des Instanzenzuges auch von Bundesrechts wegen an ![]() | 9 |
Demnach hat das Bundesgericht bei einer Beschwerde gegen einen Nichteintretensentscheid mangels Legitimation nach kantonalem Recht diesen Nichteintretensentscheid auch auf eine Verletzung von Art. 103 lit. a OG zu überprüfen. Art. 103 lit. a OG gilt mithin als Minimalvorschrift für das kantonale Rechtsmittelverfahren in Streitigkeiten des Bundesverwaltungsrechts, die der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht unterliegen.
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b) Dem steht auch die Regelung des Art. 1 Abs. 3 VwVG nicht entgegen, wonach auf das Verfahren letzter kantonaler Instanzen, die gestützt auf öffentliches Recht des Bundes nicht endgültig verfügen, nur einige wenige Bestimmungen des VwVG ausdrücklich als anwendbar erklärt werden. Das Eidg. Versicherungsgericht hat bereits in anderem Zusammenhang auf die Lückenhaftigkeit dieser Regelung hingewiesen (BGE 96 V 142 E. 1). Allerdings hat das Bundesgericht diese in einem bestimmten Fall verneint und aus der in Art. 1 Abs. 3 VwVG enthaltenen Aufzählung abgeleitet, dass über die dort genannten Fälle hinaus die Kantone von Bundesrechts wegen nicht verpflichtet seien, einer Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen (BGE 102 Ib 225 f.). Damit lässt sich indessen der vorliegende Fall nicht vergleichen. Aus ![]() | 11 |
c) Schliesslich ist festzuhalten, dass sich die Frage einer erweiterten Anwendung bundesrechtlicher Verfahrensvorschriften auf das kantonale Rechtsmittelverfahren im Rahmen dieser Beschwerde nur inbezug auf Art. 103 lit. a OG stellt. Ob sich allenfalls eine entsprechende Folgerung auch für andere verfahrensrechtliche Bestimmungen oder Begriffe - wie beispielsweise die Kognition - aufdrängt, ist hier nicht zu prüfen und kann daher offenbleiben.
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a) Gemäss Art. 103 lit. a OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt, "wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat". Danach steht die Beschwerdebefugnis ausser Zweifel, wenn der Beschwerdeführer sich gegen eine Verfügung wendet, die ihm selber eine Verpflichtung auferlegt oder ein Recht abspricht. Das Rechtsschutzinteresse des im vorausgegangenen Verfahren benachteiligten Beschwerdeführers liegt dort auf der Hand. Er ist durch derartige Verfügungen berührt und hat ein schutzwürdiges, anerkanntes Interesse an ihrer Anfechtung, weil sie einen praktischen, wirtschaftlichen oder anders gearteten Nachteil für ihn bedeutet. Der Rechtsschutz steht ihm offen, damit er versuchen kann, die Aufhebung oder Änderung der für ihn unvorteilhaften Verfügung zu erreichen (BGE 99 Ib 106 E. 1a mit weiteren Hinweisen). Schwierigkeiten bereitet die Anwendung von Art. 103 lit. a OG aber namentlich dann, wenn jemand - wie hier - eine Verfügung anficht, durch die ein anderer begünstigt wird (vgl. BGE a.a.O.).
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b) Die in Art. 103 lit. a OG gestellten Anforderungen sollen die Popularbeschwerde ausschliessen. Deshalb kann sich auf diese Bestimmung nicht berufen, wer durch die angefochtene Verfügung nicht mehr als irgend jemand oder die Allgemeinheit betroffen wird. Der Beschwerdeführer muss durch die Verfügung in höherem Mass als jedermann besonders oder unmittelbar berührt sein, und sein Interesse an der Aufhebung oder Abänderung der Verfügung muss sich aus einer nahen ![]() | 15 |
c) Nach diesen Grundsätzen würde es im vorliegenden Fall für die Legitimation der Beschwerdeführerin nicht genügen, lediglich auf die Tatsache abzustellen, dass Margot Korn Nachbarin von Josef Fischer ist. Es muss ein zusätzlicher, konkreter Anhaltspunkt vorliegen für einen praktischen Nachteil, der ihr aus der angefochtenen Verfügung erwächst, damit ihr inbezug auf die Anfechtung der in Frage stehenden Verfügung die Beschwerdelegitimation zuerkannt werden kann. Ein solcher Anhaltspunkt ist hier gegeben, indem die Beschwerdeführerin Unterliegerin am Scheidbach ist, in den die Abwässer der geplanten Baute eingeleitet werden sollen. Der Scheidbach führt unmittelbar neben dem Haus "Juch" der Beschwerdeführerin vorbei, und es sind Immissionen - nicht zuletzt durch den Gestank des Baches - nicht auszuschliessen. Der Regierungsrat wendet demgegenüber allerdings ein, die Beschwerdeführerin habe sich im kantonalen Verfahren ausschliesslich auf ihre Eigenschaft als Nachbarin berufen und eine besondere Legitimation nicht dargetan. Dieser Einwand vermag indessen nicht durchzudringen. Zwar ist eine solche Darlegung gemäss § 37 lit. a VRP erforderlich. Inbezug auf Art. 103 lit. a OG ist indessen die Legitimation als Prozessvoraussetzung von Amtes wegen abzuklären. Im übrigen hat der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin anlässlich des vom Regierungsrat durchgeführten Augenscheins ausdrücklich auf die zu befürchtende Überlastung des Scheidbaches hingewiesen, wie dem den kantonalen Akten beigelegten Protokoll zu entnehmen ist.
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Angesichts der praktischen Auswirkung, die die angefochtene Verfügung des Bezirksrates Küssnacht auf die Beschwerdeführerin hat, muss ihr ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Abänderung der Baubewilligung an Josef Fischer zugebilligt werden. Der Regierungsrat ist somit zu Unrecht auf die Beschwerde von Margot Korn nicht eingetreten.
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d) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach gutzuheissen, und die Sache ist zur materiellen Entscheidung an den Regierungsrat zurückzuweisen. Es ist für die Beschwerdebefugnis gemäss Art. 103 lit. a OG und für den Erfolg der Beschwerde unerheblich, ob der Beschwerdeführerin inbezug ![]() | 18 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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