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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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33. Auszug aus dem Urteil vom 30. September 1977 i.S. X. gegen Kantonale Rekurskommission Bern | |
Regeste |
Wehrsteuer; Abgrenzung zwischen abziehbaren Gebäudeunterhaltskosten gemäss Art. 22 Abs. 1 lit. e WStB und nicht abziehbaren Aufwendungen im Sinne von Art. 23 WStB. |
2. Anwendung dieses Grundsatzes auf Aufwendungen zur Behebung von Mängeln, die erst nach Erwerb eines Gebäudes entdeckt wurden (E. 3). |
3. Berufung auf die im Vertrauen auf die Abzugsmöglichkeit der Unterhaltskosten getroffenen Dispositionen. Grundsatz von Treu und Glauben (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Sie wird auch in der Beschwerdeschrift nicht prinzipiell in Frage gestellt. Der Beschwerdeführer macht jedoch für den Abzug von Fr. 439'454.-- zwei besondere Gründe geltend: die Notwendigkeit von sogenannten Notreparaturen wegen verborgener, vor dem Kauf nicht erkennbarer Defekte (unten Erwägung 3) und die Nichtanwendbarkeit der geänderten Praxis auf die vorher im Vertrauen auf die Abzugsfähigkeit der Unterhaltskosten getroffenen Dispositionen (unten Erwägung 4).
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3. Im praktischen Ergebnis vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, als Unterhaltskosten seien nicht nur jene ![]() | 4 |
a) Dass im konkreten Fall zwischen dem bezahlten Kaufpreis von Fr. 785'000.-- und dem objektiven Wert der beiden Liegenschaften wegen verborgener Defekte eine Differenz von Fr. 440'000.-- bestand, ist in keiner Weise belegt. Die projektierten und nachher ausgeführten Ausbau- und Instandstellungsarbeiten kommen finanziell einem Neubau gleich. Der ursprüngliche Kaufpreis dürfte ungefähr dem Bodenwert entsprechen (in diesem Sinne auch Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 8. November 1976 betreffend Staatssteuern S. 9). Dass mit den Fr. 785'000.-- noch ein wesentlicher Gebäudewert abgegolten wurde, ist nach den gesamten Umständen unwahrscheinlich. Wäre die Argumentation des Beschwerdeführers richtig, so hätte er für die beiden Liegenschaften gesamthaft bei objektiver Bewertung unter Berücksichtigung der nachträglich entdeckten Mängel nur Fr. 345'000.-- bezahlen müssen. Obschon ihm bereits im kantonalen Verfahren mit analogen Überlegungen entgegengehalten wurde, der bezahlte Kaufpreis beziehe sich im wesentlichen auf den Bodenwert, hat er das nicht zu widerlegen vermocht. Wer eine Altstadtliegenschaft erwirbt, um sie vollständig um- und auszubauen, nimmt das Risiko verdeckter Schäden und zusätzlicher, nicht von vornherein erkennbarer Kosten in Kauf. Bei der Festlegung des Preises wird regelmässig dieses schwer abschätzbare Risiko berücksichtigt; entscheidend sind Grösse, Lage und allenfalls der ästhetische Wert der Objekte. Dass im vorliegenden Fall ein erheblicher Teil - ja sogar mehr als die Hälfte - des Kaufpreises von der Verwendbarkeit der vorhandenen Bauten bestimmt gewesen sein soll, ist nicht nachgewiesen und nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht anzunehmen.
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b) Selbst wenn der bezahlte Preis wegen verborgener Mängel objektiv zu hoch gewesen wäre, dann könnten trotzdem die Aufwendungen, welche durch erst nachträglich feststellbare ![]() | 6 |
Die steuerrechtliche Gleichstellung desjenigen, der eine Altstadtliegenschaft umbaut und erneuert, mit dem Käufer einer bereits renovierten Liegenschaft oder dem Ersteller einer Neubaute ist zumindest dann gerechtfertigt, wenn die Renovation umfangmässig einem Neubau gleichkommt.
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4. Eine auf sachlichen Gründen beruhende Praxisänderung ist stets zulässig (BGE 102 Ib 46 f; BGE 100 Ib 71; BGE 96 I 376, BGE 94 I 16, BGE 93 I 259 E. 2b). Bei Verfahrensfragen verdient ![]() | 8 |
Der Beschwerdeführer beruft sich auf sein Vertrauen in die ihm bekannte frühere Praxis. Gegen Änderungen der materiellrechtlichen Praxis gibt es keinen allgemeinen Vertrauensschutz. Es bedarf zusätzlich einer behördlichen Zusicherung oder eines sonstigen, bestimmte Erwartungen begründenden Verhaltens der Behörden gegenüber dem betroffenen Bürger, damit er aus dem Grundsatz von Treu und Glauben einen Anspruch ableiten kann (Urteil vom 4. November 1970 E. 3a, ASA 41, 332 ff.; vgl. auch BGE 91 I 136; SAMELI, Treu und Glauben im öffentlichen Recht, ZSR 96/1977 II S. 356, 358 f.). Dem Beschwerdeführer wurden keine bestimmten Auskünfte oder Zusicherungen über die Abzugsfähigkeit eines Teils der Instandstellungskosten erteilt. Seine Situation lässt sich auch nicht mit derjenigen eines Versicherten im Sozialversicherungsrecht vergleichen, welcher im Vertrauen auf die bisherige Leistungszusprache bereits neue Dispositionen getroffen hat (BGE 99 V 151 E. 2; EGLI, Treu und Glauben im Sozialversicherungsrecht, ZBJV 113/1977, S. 392). Es ist im übrigen auch nicht glaubhaft, dass bei einem Bauvorhaben in der Grössenordnung von über 2 Millionen Franken (ohne Bodenerwerb) die Vollendung des begonnenen Werks bzw. der Verzicht auf einzelne Arbeiten nach der Entdeckung gewisser nicht erwarteter Defekte davon abhängig gewesen sei, ob allenfalls ein Betrag von rund Fr. 440'000.-- im Rahmen der Einkommenssteuerveranlagung abgezogen werden könne.
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