![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
34. Auszug aus dem Urteil vom 3. Juni 1977 i.S. Bauherrengemeinschaft Altenberg gegen Regierungsrat des Kantons Bern | |
Regeste |
BB vom 17. März 1972 über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung (BMR); Widerruf einer Baubewilligung. |
Widerruf aufgrund nachträglicher Rechtsänderung (neuer Zonenplan); Voraussetzungen (E. 3 - 5). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Durch den am 17. September 1975 öffentlich aufgelegten Plan wurde das provisorische Schutzgebiet II im Bereich der ![]() | 2 |
Die Bauherrengemeinschaft Altenberg zog den Entscheid des Regierungsstatthalters erfolglos an den Regierungsrat weiter. Dieser wies die Beschwerde am 11. August 1976 ab. Er hielt dafür, der Widerruf entspreche dem Sinn und Zweck des BMR. Selbst wenn Art. 7 Abs. 2 KVO nicht bestünde, hätte die Baubewilligung aufgrund der allgemeinen Grundsätze der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum Widerruf von Verwaltungsakten widerrufen werden können.
| 3 |
Die Bauherrengemeinschaft Altenberg erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Bern vom 11. August 1976 sei aufzuheben. Sie hat überdies Einsprache erhoben gegen den Einbezug der betroffenen Parzellen in das provisorische Schutzgebiet I. Der Entscheid über diese Einsprache wurde bis zur Erledigung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ausgesetzt.
| 4 |
Die Baudirektion des Kantons Bern und der Delegierte für Raumplanung schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
| 5 |
Aus den Erwägungen: | |
6 | |
![]() | 7 |
3. Eine formell rechtskräftige Verwaltungsverfügung kann nicht ohne weiteres aufgehoben werden, wenn sie dem öffentlichen Interesse und dem geltenden Recht nicht oder nicht mehr entspricht.... Es ist dabei abzuwägen, ob dem Postulat der richtigen Durchsetzung des objektiven Rechts oder dem Interesse an der Wahrung der Rechtssicherheit der Vorrang gebührt. Das Postulat der Rechtssicherheit geht im allgemeinen dann vor, wenn durch die frühere Verwaltungsverfügung ein subjektives Recht begründet worden ist, oder wenn die Verfügung in einem Verfahren ergangen ist, in dem ![]() | 8 |
Das öffentliche Interesse kann den Widerruf der Bewilligung auch erfordern, wenn diese zwar seinerzeit in Übereinstimmung mit der damals geltenden Gesetzgebung ergangen ist, die gesetzlichen Vorschriften aber seither geändert haben. Allerdings ist dann besonders sorgfältig zu prüfen, ob es den Widerruf wirklich erfordert, erst recht, wenn in bestehende Verhältnisse eingegriffen werden muss, die aufgrund der erteilten Bewilligung entstanden sind (BGE 100 Ib 97). Ein solcher Fall liegt hier vor, da die Baubewilligung infolge der geänderten Rechtslage widerrufen wurde, welche mit dem neuen Zonenplan (provisorisches Schutzgebiet I) eintrat. Es ist somit zu prüfen, ob diese Rechtsänderung den Widerruf der Baubewilligung erforderte.
| 9 |
10 | |
b) Die Zone der provisorischen Schutzgebiete I bezweckt hier in Anwendung von Art. 1 und 2 BMR den Schutz der besonderen Schönheit der Flusslandschaft der Aare und die Erhaltung des kleinmassstäblich überbauten, städtebaulich und historisch wertvollen Aaretalhangs der Stadt Bern. Es ist nicht bestritten, dass es sich dabei um ein landschaftlich schützenswertes Gebiet handelt. In Anbetracht des im BMR klar zum Ausdruck gebrachten vordringlichen Schutzes der durch unzweckmässige Überbauungen besonders gefährdeten Landschaften (Art. 1 und 2 BMR), kann es auch nicht zweifelhaft sein, dass ein erhebliches öffentliches Interesse am Schutze dieser Landschaft besteht. Es ist daher davon auszugehen, ![]() | 11 |
Es leuchtet auch ein, dass jede weitere Grossbaute in diesem Gebiet als empfindlicher und nicht wiedergutzumachender Eingriff in die nach wie vor naturgeprägte Aarelandschaft angesehen werden muss, und dass insofern das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Landschaft gefährdet wäre, wenn die Baubewilligung im vorliegenden Fall nicht widerrufen würde. In bezug auf den Widerruf ist es nicht widersprüchlich, dass das Bauvorhaben nur wenige Monate nach Erteilung der Baubewilligung, wie die Beschwerdeführerin einwendet, das öffentliche Interesse in erheblicher Weise gefährden soll, während dies im Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung nicht der Fall gewesen sei. Das im Zeitpunkt des Widerrufs geltend gemachte öffentliche Interesse konnten die Bewilligungsbehörden erst aufgrund des neuen Zonenplans berücksichtigen, in dem es seinen Niederschlag gefunden hatte. Der frühere Zonenplan bot für die ins Feld geführte erhöhte Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets noch keine Rechtsgrundlage. Der Einwand der Beschwerdeführerin geht daher fehl. Allerdings ist damit noch nicht gesagt, dass die Unterstellung der Grundstücke der Beschwerdeführerin unter den neuen Zonenplan in jeder Hinsicht gerechtfertigt war. Dies wird sich im Einspracheverfahren noch erweisen müssen.
| 12 |
13 | |
a) Die Beschwerdeführerin beruft sich in erster Linie darauf, die Baubewilligung habe ihr ein subjektives Recht verschafft. Das Bundesgericht hat zwar in seiner früheren Rechtsprechung gelegentlich angenommen, dass der Inhaber einer Baubewilligung sich auf ein subjektives Recht berufen könne, welches die Rechtsbeständigkeit der Baubewilligung gegenüber einem Widerruf zu begründen vermöge (BGE 78 I 407 oben; vgl. auch BGE 100 Ib 303 E. 3). Es ist aber von dieser Auffassung in der nachfolgenden Praxis abgekommen (BGE 79 I 7 f.; BGE 87 I 511; BGE 89 I 434; BGE 94 I 344 E. 4a; Urteil Gemeinde Landschaft Davos vom 17. Februar 1971, in ZBl 72/1971 S. 473 ff. E. 4b). Es besteht kein Grund, von dieser ![]() | 14 |
b) Es fragt sich somit, ob die Beschwerdeführerin bereits in einer Weise von der Baubewilligung Gebrauch gemacht hat, die es ausschliesst, dass das in Frage stehende öffentliche Interesse berücksichtigt werden kann. Eine Schonung der Interessen der Beschwerdeführerin wird namentlich dann in Frage kommen, wenn sie im Vertrauen auf die Beständigkeit der erteilten Baubewilligung eine Disposition getroffen hat, die sie nicht ohne unzumutbare Einbussen rückgängig machen kann.
| 15 |
Die Beschwerdeführerin hat neben der Regelung der Finanzierung sowie der Räumung der Altbauten im Hinblick auf den bevorstehenden Abbruch vor allem einen Werkvertrag für die Abbruch- und Aushubarbeiten abgeschlossen. Es wurde indessen mit den eigentlichen Bauarbeiten noch nicht begonnen, was für die vorzunehmende Interessenabwägung entscheidend ins Gewicht fällt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der zu erlassenden kommunalen Nutzungsvorschriften eine Überbauung der betreffenden Grundstücke wird vornehmen können. Es lässt sich unter diesen Umständen nicht annehmen, sie könne auf die getroffenen Dispositionen nicht mehr ohne unzumutbare Einbussen zurückkommen. Aus diesem Grund hilft ihr in dieser Hinsicht auch der Einwand nicht weiter, die städtischen Behörden hätten sich ihr gegenüber widersprüchlich verhalten und sie habe sich in guten Treuen auf die erteilte Baubewilligung verlassen können. Der angefochtene Widerruf erscheint daher auch unter diesem Gesichtspunkt als gerechtfertigt.
| 16 |
c) Die Beschwerdeführerin beruft sich weiter darauf, die Baubewilligung sei ihr in einem Verfahren erteilt worden, in dem die Interessen allseitig überprüft und gegeneinander abgewogen worden seien. Der von der Rechtsprechung als Ausschlussgrund ![]() | 17 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |