BGE 104 Ib 95 | |||
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17. Urteil vom 16. Juni 1978 i.S. F. gegen Regierungsrat des Kantons Luzern | |
Regeste |
Entzug des Führerausweises wegen Verwendung eines Fahrzeugs zu deliktischen Zwecken (Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG). |
2. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für einen zeitlich beschränkten Entzug nach Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG gegeben (Erw. 2 und 3). | |
Sachverhalt | |
F. beteiligte sich an zwei Einbruchdiebstählen und wirkte mehrmals beim Verkauf der Beute mit. Dabei betätigte er sich verschiedentlich als Fahrer, da einige seiner Komplizen keinen Führerausweis besassen. Auch wirkte er - teilweise mit seinem Wagen - beim Transport des Diebesgutes mit. Ein Teil der Beute wurde in seiner Garage gelagert. In der Folge verurteilte das Kriminalgericht des Kantons Luzern F. wegen bandenmässigen Diebstahls und fortgesetzten Betrugs zu 16 Monaten Gefängnis, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren.
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Gestützt auf Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG verfügte das Amt für Verkehr des Kantons Luzern am 21. Januar 1977, F. sei der Führerausweis wegen mehrmaliger Benützung eines Personenwagens zur Begehung von Verbrechen und Vergehen auf unbestimmte Zeit zu entziehen. Als Bedingung zur Wiedererteilung des Ausweises forderte das Amt absolut klagloses Verhalten in jeder Hinsicht während mindestens zwei Jahren und eine neue Führerprüfung nach Erwerb des Lernfahrausweises.
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Diese Verfügung wurde vom Regierungsrat des Kantons Luzern mit Entscheid vom 16. Mai 1977 bestätigt. Der Regierungsrat erachtet den Ausweisentzug vor allem als Sicherungsmassnahme wegen charakterlicher Nichteignung als gerechtfertigt. Er wirft F. einerseits allgemeine Charakterfehler wie Arbeitsscheu und Müssiggang vor. Andererseits folgert er daraus, dass F. ein Fahrzeug zur Mitwirkung bei Einbrüchen verwendet habe, dieser neige auch im Verkehr zu pflichtwidrigem und rücksichtslosem Verhalten.
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Gegen den regierungsrätlichen Entscheid erhob F. am 20. Juni 1977 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Er bestreitet nicht, dass ihm aufgrund seines deliktischen Verhaltens der Führerausweis entzogen werden musste. Indessen macht er geltend, die lange Dauer des Entzuges treffe ihn unverhältnismässig hart, da er inzwischen ein Geschäft aufgebaut habe, für dessen Betrieb er auf die Benützung eines Wagens angewiesen sei. Er bestreitet ferner den Vorwurf der Vorinstanz, dass er wegen Arbeitsscheu und Müssiggangs als Motorfahrzeugführer nicht geeignet sei. Das sei nicht nachgewiesen und treffe auch nicht zu. Er stellt den Antrag, der Führerausweis sei ihm nach Ablauf eines halben Jahres ohne Weiterungen zu erteilen. Eventuell sei ihm der Ausweis nach einem halben Jahr unter Auflage von Bedingungen zu erteilen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Selbst wenn im vorliegenden Fall die Arbeitsscheu des Beschwerdeführers nachgewiesen wäre, liesse sich jedoch daraus nicht schliessen, ihm fehle die charakterliche Eignung zum Führen eines Motorfahrzeuges. Auch aus Verstössen gegen das Strafgesetz kann nicht in verallgemeinernder Weise gefolgert werden, dem Täter fehle die Eignung als Lenker im Verkehr. Aus verübten Straftaten lassen sich zwar Rückschlüsse auf bestimmte Charaktereigenschaften eines Täters ziehen; hinsichtlich dessen Eignung als Motorfahrzeugführer haben sie aber nur die Bedeutung von Indizien. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten wiesen in keiner Weise darauf hin, dass er als Lenker eine Gefahr für den Verkehr darstellen werde. Ein Sicherungsentzug gemäss Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 lit. d SVG war deshalb nicht am Platz.
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2. Allerdings bediente sich die frühere Praxis bei Verwendung eines Fahrzeugs zu deliktischen Zwecken regelmässig der Fiktion, beim Täter liege ein Charakterfehler im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. d SVG vor. Auf den erwähnten Tatbestand kamen deshalb jeweils die Bestimmungen über den Sicherungsentzug zur Anwendung. Aus den in Erwägung 1 genannten Gründen war diese Praxis fragwürdig. Dem wollte der Gesetzgeber abhelfen, indem er mit dem Bundesgesetz vom 20. März 1975 (Inkrafttreten am 1. August 1975) den in Art. 16 Abs. 3 SVG aufgezählten Entzugsgründen lit. f neu beifügte. Nach dieser Bestimmung muss der Ausweis entzogen werden, wenn der Führer ein Motorfahrzeug zur Begehung eines Verbrechens oder mehrmals zu vorsätzlichen Vergehen verwendet hat. Mit dieser ausdrücklichen Regelung wurde die frühere Praxis hinfällig.
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Der neu eingefügte Entzugstatbestand dient nicht in erster Linie der Förderung der Verkehrssicherheit, sondern bezweckt eine wirksamere Verbrechensbekämpfung (BBl 1973 II S. 1183). Es handelt sich somit um eine der strafrechtlichen Sanktion ähnliche, aber dennoch von ihr unabhängige Verwaltungsmassnahme, die mit Rücksicht auf ihre Stellung im System der Bestimmungen über den Führerausweisentzug anzuwenden ist (siehe dazu BGE 102 Ib 60 f.). Da nach der neuen Regelung die besonderen Voraussetzungen für den Sicherungsentzug nicht gegeben sein müssen, ist die Massnahme nach Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG auch dann zu verhängen, wenn das Verhalten eines Delinquenten einen Sicherungsentzug nach Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 lit. d SVG nicht rechtfertigt, weil die Straftaten, welche unter Verwendung eines Fahrzeugs begangen worden sind, nicht darauf schliessen lassen, dass eine Neigung zu verkehrsgefährdendem Verhalten vorliege. In solchen Fällen müssen alsdann die Regeln über die zeitlich beschränkten Warnungsentzüge entsprechende Anwendung finden (vgl. BGE 102 Ib 61). Ein Sicherungsentzug bleibt selbstverständlich weiterhin möglich, wenn dessen besondere Voraussetzungen (Art. 14 Abs. 2 lit. d/Art. 16 Abs. 1 SVG) gegeben sind.
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Nach Art. 17 Abs. 1 SVG ist der Entzug auf eine bestimmte Dauer festzusetzen; diese bemisst sich nach den Umständen. Bei deren Würdigung sind insbesondere die Schwere des Verschuldens, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen, zu berücksichtigen (Art. 33 Abs. 2 VZV).
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Da der Beschwerdeführer von Anfang an die Rechtswidrigkeit der gemeinsam mit seinen Komplizen begangenen Taten in ihrer ganzen Tragweite erkennen musste, wiegt sein Verschulden schwer. Anderseits ist zu beachten, dass der Strafrichter dem Beschwerdeführer aufgrund einer gründlichen Prüfung der persönlichen Verhältnisse den bedingten Strafvollzug gewährt hat. Damit stellt ihm der Richter eine günstige Prognose für die Zukunft; der spezialpräventiven Funktion der Strafe wird vorrangige Bedeutung eingeräumt. Da es sich hier um einen Führerausweisentzug wegen der Begehung gemeinrechtlicher Delikte und nicht um einen Entzug wegen Fehlverhaltens im Verkehr handelt, hat sich die Administrativbehörde in erhöhtem Masse vom Strafurteil leiten zu lassen. Wenn der Richter die Rechtswohltat des Strafaufschubs als angemessen erachtet, hat die Behörde dies bei der Festsetzung der Dauer des Ausweisentzugs angemessen zu berücksichtigen. Ausserdem fällt in Betracht, dass der automobilistische Leumund des Beschwerdeführers bisher durch keine verkehrsrechtlichen Massnahmen getrübt worden ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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