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34. Urteil vom 10. November 1978 i.S. Inderbitzin gegen Regierungsrat des Kantons Schwyz | |
Regeste |
Gewässerschutz; Art. 9 Abs. 1 GSchG. | |
Sachverhalt | |
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"Das Recht bezieht sich auf den Bau, Betrieb und Unterhalt einer Leitung
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mit 20 bis 50 cm Durchmesser samt den notwendigen Nebenanlagen
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(Schacht). Das Recht gilt vorbehaltlos, namentlich darf Thomas Inderbitzin
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weder die Verlegung der Leitung verlangen noch diese überbauen." ![]() | 5 |
Erwägungen: | |
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"Wenn Gründe des öffentlichen Wohles bestehen, kann die Kantonsregierung
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das Enteignungsrecht selbst ausüben oder Gemeinden, andern
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Korporationen des öffentlichen Rechtes, Zweckverbänden und privaten
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Unternehmungen gewähren, damit sie die zur Errichtung von Anlagen
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und Schutzzonen, die im Interesse des Gewässerschutzes geboten sind,
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erforderlichen dinglichen Rechte erwerben können." Obschon der Kanton Schwyz auf die für Zwecke des Gewässerschutzes notwendigen Expropriationen nicht das eidgenössische, sondern das kantonale Enteignungsverfahren anwendbar erklärt (§ 9 kant. VV/GSchG vom 24. Oktober 1973), ist die hier strittige Gewährung des Enteignungsrechtes doch eine gemäss Art. 9 GSchG zu lösende Frage des Bundesrechts. Die Enteignung des Durchleitungsrechtes erfolgte in Anwendung von Art. 9 GSchG; gegen die letztinstanzliche kantonale Entscheidung in dieser Sache ist daher gemäss Art. 97 ff. OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, weil es sich um eine auf öffentliches Recht des Bundes gestützte Verfügung (Art. 5 VwVG) handelt.
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Die in den zwei Vernehmlassungen des Eidg. Departements des Innern mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck gebrachte Meinung, das Risiko einer spätern Verlegung hätte sich - ohne allzu grosse Kosten - vermutlich durch eine andere Leitungsführung (längs der Parzellengrenze) verringern lassen, ist hier nicht näher zu prüfen. Der Beschwerdeführer hat eine solche ![]() | 14 |
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a) Art. 693 ZGB, der für nachbarrechtliche Durchleitungen einen Verlegungsanspruch vorsieht und damit die Tragweite der Belastung erheblich vermindert, schafft nicht ein unabdingbares, durch Enteignung nicht aufhebbares Recht des mit irgendeiner Durchleitung belasteten Grundeigentümers. Es gibt Leitungen, die aus technischen Gründen nicht verlegt werden können (z.B. Hochspannungsleitungen in der Nähe eines Kraftwerkes oder Unterwerks) oder deren Verlegung so grosse Kosten verursachen würde, dass sie aus finanziellen Gründen nicht in Betracht kommt. Geht der Ersteller einer Leitung mit triftigen Gründen davon aus, er werde das einmal gewählte Leitungstrasse stets beanspruchen und könne das Risiko einer spätern Verlegung nicht auf sich nehmen, so wird er, soweit ihm das Enteignungsrecht zusteht, nicht nur die Durchleitung im Sinne von Art. 691 ff. beanspruchen, sondern die Einräumung einer seinen dauernden Bedürfnissen entsprechenden Dienstbarkeit verlangen. Die Enteignung für die Erstellung einer Durchleitung kann an sich ein Überbauungsverbot umfassen und den Verlegungsanspruch im Sinne von Art. 693 ZGB ausschliessen, sofern diese weitergehende Dienstbarkeit im öffentlichen Interesse ![]() | 16 |
b) Es besteht im allgemeinen ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass die Sammelleitungen der öffentlichen Kanalisation nicht überbaut werden, damit sie notfalls ohne Schwierigkeiten zugänglich sind. Aus technischen Gründen zur Wahrung optimaler Abflussverhältnisse und auch zur Vermeidung späterer zusätzlicher Kosten sollten die Abwasserleitungen der öffentlichen Kanalisation in der Regel nicht mit einem unbestimmten Verlegungsvorbehalt (Art. 693 ZGB) belastet, sondern auf unbestimmte Zeit gesichert sein. Finanzielle und technische Überlegungen sprechen für eine dauernde rechtliche Sicherung der einmal gewählten Leitungsführung. Das öffentliche Interesse an der Sicherung des einmal gewählten Trasses ist von erheblichem Gewicht und dürfte in der Regel das private Interesse an der uneingeschränkten künftigen Nutzung der betreffenden Parzelle weit überwiegen. Die Gründe des öffentlichen Wohles, die gemäss Art. 9 GSchG die Enteignung rechtfertigen, umfassen auch das Interesse an der Errichtung eines rechtlich gesicherten, leicht zugänglichen und nicht von Verlegungsbegehren bedrohten Netzes von öffentlichen Abwasserleitungen. Zwar ist denkbar, dass in besonderen Fällen der Verlegungsanspruch vorbehalten bleiben muss, weil die künftige Nutzung sich nicht abschätzen lässt und dem Gemeinwesen eine spätere Verlegung nach den für den Grundeigentümer auf dem Spiel stehenden Interessen zuzumuten ist. Grundsätzlich darf aber davon ausgegangen werden, dass die Konstanz und Unveränderlichkeit der Leitungsführung den Vorrang hat. Im übrigen ist es zunächst Sache des Erstellers der Anlage, im konkreten Fall abzuschätzen, ob er das vielleicht eher unwahrscheinliche Risiko einer spätern Leitungsverlegung in Kauf nehmen oder - gegen eine entsprechend höhere Entschädigung - ein unabänderliches Recht zur Durchleitung verbunden mit einem Überbauverbot beanspruchen will. Wird die Enteignung einer weitergehenden Dienstbarkeit zur Sicherung des Leitungstrasses verlangt, so muss von den zuständigen Behörden entschieden werden, ob das öffentliche Interesse für die Expropriation des beanspruchten dauernden Durchleitungsrechtes ausreicht oder ob die besondere Sachlage zur Wahrung des Verlegungsanspruchs des Grundeigentümers führt.
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c) Soweit eine Beeinträchtigung der Überbauungsmöglichkeit sich voraussehen lässt, handelt es sich nach den Akten um einen Eingriff, dessen Folgen sich durch eine Entschädigung angemessen abgelten lassen sollten und in ihrer Tragweite die Kosten einer nachträglichen Leitungsverlegung sicher nicht übersteigen.
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Der Beschwerdeführer befürchtet, der Gemeinderat Schwyz wolle durch das gewählte Vorgehen eine besondere Entschädigung für das dauernde Bauverbot über der Leitung vermeiden. Es ist jedoch unbestritten, dass für das Bauverbot und die Wegbedingung des Verlegungsrechts eine Entschädigung bezahlt werden muss. Über die Höhe dieser Entschädigung ist in einem gesonderten Verfahren zu befinden. Das Bundesgericht hat sich zum Angebot der Gemeinde im vorgeschlagenen Dienstbarkeitsvertrag hier nicht zu äussern. Der Grundsatz der ![]() | 20 |
4. Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die von einem Gemeinwesen verlangte rechtliche Sicherung des Trasses einer öffentlichen Kanalisationsleitung in der Regel durch das Enteignungsrecht gemäss Art. 9 GSchG gedeckt ist, da das öffentliche Interesse am Schutz vor einer Überbauung und vor Leitungsverlegungsbegehren im allgemeinen erheblich grösser ist, als das private Interesse des Grundeigentümers an der nachträglichen Beseitigung der durch die Durchleitung geschaffenen Behinderung der künftigen baulichen Nutzung. Diese grundsätzliche Interessenabwägung trifft auch im konkreten Fall zu. Es lassen sich den Rechtsschriften und den übrigen Akten keine Gesichtspunkte entnehmen, welche eine andere Wertung, d.h. einen klaren Vorrang des privaten Interesses an künftiger ungehinderter Überbauung, zu begründen vermöchten.
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