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8. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. März 1979 i.S. Grabowsky gegen Bultot und Obergericht des Kantons Basel-Landschaft (Staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Schweiz.-belgisches Vollstreckungsabkommen vom 29. April 1959. | |
Sachverhalt | |
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Während die ältesten Vollstreckungsabkommen forderten, dass die Parteien gehörig zitiert oder regelrecht geladen wurden (Abkommen mit Frankreich, Art. 17 Abs. 1 Ziff. 2, BS 12 S. 352; mit Spanien, Art. 2 Abs. 2 Ziff. 2, BS 12 S. 379; mit der Tschechoslowakei, Art. 1 Ziff. 2, BS 12 S. 382), präzisieren die übrigen Abkommen, dass dies lediglich für die den Prozess einleitenden Verfügungen oder Ladungen gelte (Abkommen mit dem Deutschen Reich, Art. 4 Abs. 3, BS 12 S. 361; mit Italien, Art. 1 Abs. 1 Ziff. 4, BS 12 S. 364; mit Österreich, Art. 1 Abs. 1 Ziff. 4, AS 1962 S. 266; mit Schweden, Art. 4 Ziff. 5, BS 12 S. 374; mit Liechtenstein, Art. 1 Ziff. 4, AS 1970 S. 79). Der Zweck dieser Bestimmungen besteht darin, dem Beklagten die Garantie zu geben, dass er von der Einleitung des gegen ihn gerichteten ausländischen Prozessverfahrens in einer Weise ![]() | 3 |
b) Gemäss Art. 1 Abs. 1 lit. a des Abkommens muss die Anerkennung der Entscheidung mit der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem die Entscheidung angerufen wird, vereinbar sein, und man kann sich die Frage stellen, ob die Vollstreckung eines belgischen Säumnisurteils gegen den schweizerischen ordre public verstosse, wenn eine zweite Vorladung lediglich mit eingeschriebenem Brief zugestellt wurde. Ein Urteil kann nicht nur wegen seines materiellen Inhalts, sondern auch wegen Verfahrensfehler der öffentlichen Ordnung widersprechen (BGE 103 Ia 201; BGE 102 Ia 313).
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Die staatsvertragliche ordre public-Klausel geht als Spezialnorm dem allgemeinen Begriff des ordre public, wie er unter anderem in den kantonalen Zivilprozessordnungen enthalten ist, vor. Ihr Anwendungsbereich wird in dem Umfang eingeschränkt, als die Voraussetzungen, unter welchen ein ausländisches Urteil zu vollstrecken ist, im Staatsvertrag näher umschrieben sind (BGE 103 Ia 200; 102 Ia 316). Gemäss Art. 7 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. d des Abkommens ergibt sich e contrario, dass ein Säumnisurteil vollstreckt werden muss, wenn die vertraglichen Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere wenn die den Prozess einleitende Verfügung oder Ladung ![]() | 5 |
Auch die schweizerischen Behörden eröffnen Verfügungen in der Regel nicht auf dem Weg der Rechtshilfe sondern fordern von den ausländischen Prozessparteien, dass sie in der Schweiz ein Zustellungsdomizil bezeichnen (Art. 29 Abs. 4 OG und ähnliche Bestimmungen in den kantonalen Verfahrensrechten; BGE 102 Ia 315; BGE 97 I 260). Im weiteren anerkennt die Schweiz, dass bestimmte Verfügungen von ausländischen Gerichten direkt mit der Post an den Adressaten in der Schweiz zugestellt werden (BGE 94 I 245). Man könnte sich allenfalls fragen, ob die ordre public-Klausel verletzt sei, wenn der Beklagte anlässlich einer späteren Verhandlung verurteilt wurde, zu welcher er überhaupt nicht geladen wurde oder die Ladung ihn zumindest nicht erreichte (JELLINEK, a.a.O., S. 210; vgl. BGE BGE 102 Ia 314; BGE 98 Ia 554; BGE 97 I 258). Diese Frage braucht indessen nicht entschieden zu werden, weil dem Beschwerdeführer die zweite Ladung mit eingeschriebenem Brief zugestellt wurde und er auch nicht bestreitet, sie erhalten zu haben. Da der angefochtene Entscheid aus diesen Gründen das Abkommen nicht verletzt, muss die Beschwerde abgewiesen werden.
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