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16. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Juni 1979 i.S. Häfliger gegen Regierungsrat des Kantons Luzern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 30 ff. NSG; Art. 5 Abs. 1 VwVG, Art. 97 ff. OG; nationalstrassenbedingte Landumlegung; zulässiges Rechtsmittel. | |
Sachverhalt | |
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Victor Häfliger besitzt Land im Beizugsgebiet. Gegen die Bewertung dieses Landes durch die Schätzungskommission führte er zunächst bei der Schätzungskommission Einsprache. Gegen deren ablehnenden Entscheid rekurrierte er an den Regierungsrat, welcher die von der Kommission vorgenommenen Schätzungen bestätigte. Entsprechend der im Beschwerdeentscheid des Regierungsrates enthaltenen Rechtsmittelbelehrung erhob Häfliger Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. In formeller Hinsicht beanstandet er, dass der Regierungsrat auf seine Rüge, der Präsident der Schätzungskommission sei befangen, nicht eingegangen ist. In der Sache beschwert er sich wegen unrichtiger und unvollständiger Feststellung des Sachverhalts sowie wegen Ermessensmissbrauches. Soweit sein Land als Bauland behandelt worden sei, sei es zu niedrig bewertet worden. Sein übriger Boden bilde Bauerwartungsland und hätte deshalb nach den für Bauland geltenden Massstäben zum Verkehrswert und nicht nach den für Kulturland geltenden Grundsätzen bewertet werden müssen. Hierin liege eine unrichtige Rechtsanwendung, welche zu einer Verletzung der Eigentumsgarantie und der Rechtsgleichheit führe.
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Der Regierungsrat des Kantons Luzern beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Auf seine Ausführungen wird, soweit dies erforderlich ist, in den Erwägungen eingegangen.
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b) Bei der Beurteilung von Sachverhalten, für die teils Bundesverwaltungsrecht, teils kant. Verwaltungsrecht massgebend ist, ergibt sich eine Gabelung des Rechtsweges in denjenigen Kantonen, deren Verwaltungsrechtspflegegesetze vorsehen ![]() | 5 |
c) Schwierigkeiten können sich bei der Beurteilung von Sachverhalten ergeben, auf welche sowohl eine bundesrechtliche Grundsatznorm als auch das kantonale Verwaltungsrecht, das die von der Grundsatzbestimmung erfasste Materie einlässlich ordnet, zur Anwendung gelangen (GYGI, a.a.O., S. 85, MACHERET, La recevabilité du recours de droit administratif au Tribunal fédéral, Revue de droit administratif et de droit fiscal, 1974, Jhg. 30, S. 11 ff.; FISCHLI, Rechtsmittelkonkurrenz, S. 28 ff.; derselbe: Bemerkungen, S. 89 f.; KÖLZ/KOTTUSCH, a.a.O., S. 455 f.; KÖLZ, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, Zürich 1978, N. 13 zu § 49). Entsprechend der Regel, dass für die Rechtsmittel der Bundesverwaltungsrechtspflege nur Raum ist, soweit Bundesverwaltungsrecht zur Anwendung kommt, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben, soweit die Auslegung und Anwendung der Grundsatzbestimmung in Frage steht. Geht es dagegen um die Anwendung des selbständigen kantonalen Rechts, welches die von der bundesrechtlichen Grundsatzgesetzgebung erfasste Materie in eigenständiger Weise regelt, und wird geltend gemacht, die Anwendung dieses Rechts verstosse gegen verfassungsmässige Rechte, so ist diese ![]() | 6 |
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a) Das Nationalstrassengesetz enthält in Übereinstimmung mit dem verfassungsrechtlichen Gebot, bei der Errichtung der Nationalstrassen den wirtschaftlich nutzbaren Boden nach Möglichkeit zu schonen (Art. 36bis Abs. 3 BV), Grundsatzbestimmungen über den Landerwerb und Massnahmen im Interesse der Bodennutzung. Diese geben für den Landerwerb, sofern ein freihändiger Erwerb ausser Betracht fällt, dem Landumlegungsverfahren den Vorzug (Art. 30). Dieses ist in der Form der landwirtschaftlichen Güterzusammenlegung, der Waldzusammenlegung oder der Umlegung von Bauland durchzuführen, wenn es im Interesse des Strassenbaues liegt oder für die bestimmungsgemässe Verwendung und Bewirtschaftung des durch den Strassenbau beeinträchtigten Bodens notwendig ist (Art. 31 Abs. 1 NSG). Das Bundesrecht will damit sicherstellen, dass die Nachteile, welche durch die Anlage der Nationalstrassen für die Verwendung und Bewirtschaftung des umliegenden Bodens entstehen können, möglichst behoben werden (Botschaft des Bundesrates vom 3. Juli 1959, BBl 1959 II, S. 121). Zu diesem Zwecke nennt Art. 31 Abs. 2 NSG einzelne Massnahmen von besonderer Bedeutung, die im Umlegungsverfahren getroffen werden können. Das Gemeinwesen kann Grundstücke in das Landumlegungsunternehmen einwerfen (lit. a), womit erreicht wird, dass weniger Land zu Lasten des privaten Grundbesitzes erworben werden muss. soweit das für den Strassenbau benötigte Land durch angemessene Abzüge vom erfassten Grundeigentum erworben wird, ist es dem Landumlegungsunternehmen zum Verkehrswert zu vergüten (lit. b). Mehrwerte, die durch den Strassenbau mittels ![]() | 8 |
Ausdrücklich beauftragt Art. 32 NSG die Kantone mit dem Landerwerb und der Bestimmung der hiefür anwendbaren Erwerbsart. Abs. 2 legt fest:
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"Sie ordnen im Rahmen der nachstehenden Vorschriften das Verfahren für die Landumlegungen. Für Güter- und Waldzusammenlegungen bleiben die entsprechenden Bestimmungen der Bundesgesetzgebung über die Förderung der
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Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauernstandes sowie der Bundesgesetzgebung betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vorbehalten."
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Die "nachstehenden Vorschriften" enthalten Verfahrensbestimmungen zur Sicherstellung der Koordination von Güter- oder Waldzusammenlegungen mit der Strassenprojektierung (Art. 33 und 34) und zur Wahrung der Interessen des Strassenbaus (Art. 35). Art. 36 ermächtigt die kantonalen Regierungen, die für den Strassenbau notwendigen Landumlegungen zu verfügen, und Art. 37 ermöglicht die vorzeitige Besitzeinweisung zur Sicherstellung der rechtzeitigen Ausführung des Strassenbaues. Art. 38 schliesslich regelt die zu Lasten des Strassenbaus gehende Kostenanrechnung.
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Die wenigen Ausführungsvorschriften zum Landerwerb im Landumlegungsverfahren, welche die Verordnung vom 24. März 1964 über die Nationalstrassen enthält, sichern für die strassenbedingten Güter- und Waldzusammenlegungen die sinngemässe Geltung der bundesrechtlichen Bestimmungen über die Unterstützung von Bodenverbesserungen und über das Forstwesen, insbesondere die Einhaltung der Subventionsvorschriften (Art. 19, 20 und 22). Zur Sicherung des Anspruches der Eigentümer auf volle Entschädigung ermöglicht Art. 21 für die Schätzung des Verkehrswertes des Landes, das für den Strassenbau benötigt wird, sowie von Inkonvenienzen, welche sich nicht bei der Neuzuteilung abgelten lassen, die Anwendung des Bundesgesetzes über die Enteignung vom 20. Juni 1930. Art. 23 gibt dem Eigentümer einen Rechtsanspruch ![]() | 13 |
b) Die einlässliche Regelung der Parzellarordnungsverfahren - land- und forstwirtschaftliche Zusammenlegung, Baulandumlegung, Zonenexpropriation, Grenzbereinigung - ist nach dem Gesagten dagegen Sache des kantonalen Rechts. Diese Verfahren stellen auch dann keine blosse Anwendung von Bundesrecht dar, wenn sie im Interesse eines öffentlichen Werkes des Bundes durchgeführt werden müssen, wie dies im Falle des Nationalstrassenbaues zutrifft, oder wenn sie mit Rücksicht auf gesamtschweizerische öffentliche Interessen vom Bunde unterstützt oder in Grundsatzbestimmungen vorgeschrieben werden, wie dies für land- und forstwirtschaftliche Zusammenlegungen aufgrund der Landwirtschafts- und Forstpolizeigesetzgebung des Bundes und für die Baulandumlegung gemäss den erschliessungsrechtlichen Vorschriften des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes zutrifft.
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c) Aus dieser Ordnung ergibt sich, dass die in ein nationalstrassenbedingtes Landumlegungsverfahren einbezogenen Eigentümer mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde namentlich geltend machen können, das kantonale Umlegungsverfahren vermöge die Durchsetzung ihrer berechtigten Ersatzansprüche nicht zu gewährleisten (vgl. BGE 100 Ia 82 f. E. 2), der Anspruch auf Verkehrswertentschädigung des für den Strassenbau benötigten Landes werde missachtet (Art. 31 Abs. 2 lit. b NSG) oder Inkonvenienzen würden nicht erfasst (BGE 104 Ib 81 ff. E. 1b und c). Ferner kann die Weigerung des Werkträgers, das Enteignungsverfahren einzuleiten, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden (BGE 102 Ib 59 E. 3b mit Verweisungen). Desgleichen ist gemäss Art. 99 lit. c OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Einspracheentscheide gemäss Art. 27 NSG über das Ausführungsprojekt einer Nationalstrasse im Hinblick auf eine Enteignung oder Landumlegung, welche die Verwirklichung des Projekts nach sich zieht (vgl. BÄNZIGER, Bodenverbesserungen, rechtliche Probleme der landwirtschaftlichen Güterzusammenlegungen und der Gesamtumlegung, Basel, 1978, S. 116 f.).
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Soweit dagegen ein Eigentümer geltend macht, er habe im kantonalen Landumlegungsverfahren nicht wertgleichen Realersatz ![]() | 16 |
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b) Der Beschwerdeführer bringt zur Hauptsache vor, die von der Schätzungskommission durchgeführte Bewertung seines in das Umlegungsverfahren einbezogenen Grundbesitzes, welche die Grundlage für die Ermittlung seines Neuzuteilungsanspruches bildet, sei unrichtig erfolgt. Er vermag jedoch keine bundesrechtliche Vorschrift anzuführen, welche verletzt sein soll, sondern macht einzig geltend, das vom Regierungsrat geschützte Vorgehen der Schätzungskommission führe zu einer Verletzung der Eigentumsgarantie und der Rechtsgleichheit. Diese Rügen sind, da sie allein im Zusammenhang mit der Anwendung kantonalen Rechts erhoben werden, nach dem Gesagten mit staatsrechtlicher Beschwerde ![]() | 18 |
c) Allerdings sieht der Regierungsratsbeschluss vom 25. August 1975, mit welchem die Umlegung angeordnet wurde, ausdrücklich vor, dass der Entscheid der Schätzungskommission an den Regierungsrat und dessen Entscheid mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden können. Doch versteht es sich von selbst, dass ein kantonaler Regierungsratsbeschluss den bundesrechtlichen Rechtsmittelweg nicht abzuändern vermag. Aus der vor dem Erlass des Regierungsratsbeschlusses vom 25. August 1975 eingeholten persönlichen Meinungsäusserung des Präsidenten des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern ergibt sich übrigens keine abweichende Auffassung. Zutreffend wird ausgeführt, "dass gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über Einsprachen, welche Landumlegungen betreffen, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gegeben ist, soweit die Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht wird. Zumindest in diesem Umfange wäre somit eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht ausgeschlossen bzw. die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgerichts gegeben; das müsste m.E. in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich gesagt werden". Dieser Schluss deckt sich mit den dargelegten Erwägungen, wonach die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gegeben ist, soweit die Anwendung der bundesrechtlichen Grundsatzbestimmungen in Frage steht. Sie schliesst jedoch den kantonalen Rechtsmittelweg nicht aus, soweit einzig der Vollzug des kantonalen Umlegungsrechtes umstritten ist. In diesem Sinne scheint denn auch das Luzerner Verwaltungsgericht den § 149 VRG auszulegen (vgl. Max. 1977 II Nr. 3, S. 22).
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d) Keine selbständige Bedeutung kommt der Rüge zu, der Präsident der Schätzungskommission sei befangen. Da die Schätzungskommission in Anwendung kantonalen Rechts gehandelt hat, ist auch diese Rüge im kantonalen Rechtsmittelverfahren zu überprüfen.
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