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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 29. Februar 1980 i.S. Genossenschaft Getreidesammelstelle Thalheim gegen EGV, Bachmann u. Kons. und Eidg. Getreidekommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Ermächtigung zum Betrieb einer regionalen Sammelstelle für Inlandgetreide. Art. 99 lit. d OG. |
2. Voraussetzungen und Bedingungen der Bewilligung im Sinne von Art. 10bis der V 1 zum Getreidegesetz. |
a) Wesen der Ermächtigung zum Betrieb einer Sammelstelle (E. 2 lit. a und b). |
b) Abgrenzung des Einzugsgebietes einer Sammelstelle (E. 2 lit. c). |
c) Anstatt das Einzugsgebiet abzugrenzen, kann die Getreideverwaltung auch die Übernahmekapazität der Sammelstelle beschränken (E. 2 lit. d). | |
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Die Beschwerdegegnerinnen machen geltend, die Ermächtigung zur Errichtung einer Getreidesammelstelle sei eine solche Konzession, es sei daher auf die Beschwerde nicht einzutreten. Auch der angefochtene Entscheid spricht von der strittigen Ermächtigung als von einer Konzession.
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Die Ermächtigung zum Betrieb einer regionalen Sammelstelle gemäss Art. 10bis der V 1 zum Getreidegesetz (SR 916.111.01) ist im Rahmen der Getreideordnung zu sehen. Der Getreide-, insbesondere der Brotgetreideanbau, ist vornehmlich aus Gründen der Sicherung der Landesversorgung aufgrund von Art. 23bis und 31bis Abs. 3 lit. e BV Gegenstand einer einlässlichen Regelung. Die Getreideordnung als Ganzes versucht einerseits die Getreide- und Brotqualität zu fördern (vgl. Art. 17 und 36 des Getreidegesetzes vom 20. März 1959, GetrG, SR 916.111.0), andererseits bezweckt sie namentlich durch die Pflicht des Bundes, gutes Getreide zu interessanten Preisen zu übernehmen, Anreize für den vermehrten Anbau zu vermitteln (Art. 8 ff. GetrG). Der durch die zentrale Stellung der Handels- und Gewerbefreiheit liberal geprägten schweizerischen Wirtschaftsverfassung entsprechend, statuiert Art. 23bis der Bundesverfassung kein Monopol für den Ankauf von Getreide. Die ![]() | 3 |
Fraglich ist eher, ob die Ermächtigung nach Art. 10bis der V 1 zum GetrG als eine sogenannte Konzession des öffentlichen Dienstes anzusprechen sei, welche allerdings gegenüber der eigentlichen Konzession Besonderheiten aufweist. Mit dieser Konzession wird einem Privaten das Recht verliehen, in seinem Namen und auf seine Rechnung eine öffentliche Aufgabe zu versehen (GRISEL, a.a.O., S. 143; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Nr. 157; B. HANHARDT, La concession de service public, étude de droit fédéral et de droit vaudois, thèse 1977, S. 32). Eine derartige Übertragung eigentlicher Verwaltungsbefugnisse auf die Sammelstelle findet hier indessen nicht statt. Art. 10 Abs. 3 der V 1 charakterisiert die Sammelstellen als Unternehmen, die Getreide "im Auftrag der Produzenten behandeln (reinigen, trocknen usw.) und für die Ablieferung an den Bund bereitstellen oder lagern". Der Bund will den Getreideanbau durch Sicherung des Absatzes unterstützen. Nur die Übernahme des Getreides von den Sammelstellen ist daher Bundesaufgabe, nicht hingegen das Sammeln und Bereitstellen des Korns. Die Rechtsstellung der Sammelstelle unterscheidet sich auch grundlegend von derjenigen des Leiters einer Ortsgetreidestelle. Gemäss ausdrücklicher Regelung handelt dieser im Auftrag und als Vertrauensmann der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 der V 1), untersteht einer strengen Verwaltungshierarchie (Art. 3 Abs. 1, 4-6 der V 1), und seine Verantwortlichkeit richtet sich nach dem Verantwortlichkeitsgesetz, ![]() | 4 |
Die Ermächtigung zum Betrieb einer Getreidesammelstelle hat allerdings eine gewisse Ähnlichkeit mit der Bewilligung zum Betrieb einer Milchsammelstelle (Art. 8 des Milchbeschlusses vom 29. September 1953; SR 916.350). In bezug auf diese Bewilligungen nahm das Bundesgericht in BGE 89 I 329 an, es handle sich um eine Konzession, und zwar sinngemäss um eine Konzession des öffentlichen Dienstes. Dies vermag indessen die Verneinung des Konzessionscharakters für die hier strittige Ermächtigung nicht in Frage zu stellen. Der Bund hat auf dem Gebiete der Milchverwertung eine weit straffere Ordnung geschaffen und eine grössere Verantwortung für eine zweckmässige Milchverwertung auf sich genommen als im Bereich der Landesversorgung mit Brotgetreide. Es drängt sich ![]() | 5 |
Die Ermächtigung zur Eröffnung einer Getreidesammelstelle ist daher keine Konzession im Sinne von Art. 99 lit. d OG; auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
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"Zum Betrieb einer regionalen Sammelstelle für Inlandgetreide (Art. 10 Abs. 3) bedarf es der vorgängigen Ermächtigung durch die Verwaltung. Sie kann an Unternehmen erteilt werden, welche über die nötigen Einrichtungen und Räumlichkeiten verfügen, um den in Art. 10 Abs. 3 erwähnten Zweck erfüllen zu können. Die zu schaffende Sammelstelle muss über ein angemessenes Einzugsgebiet verfügen. Die Wahl ihres Standortes unterliegt der Genehmigung durch die Verwaltung. Diese kann das Einzugsgebiet jeder Sammelstelle festsetzen, wobei die beteiligten Kantone anzuhören sind. In der Ermächtigung der Verwaltung wird festgelegt, ob die Sammelstelle das Getreide getrennt für jeden einzelnen Produzenten oder kollektiv abliefert. Die Verwaltung kann die Ermächtigung für den Betrieb einer Sammelstelle widerrufen, wenn sich diese nicht an die gesetzlichen Bestimmungen oder die ihr auferlegten Bedingungen hält."
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b) Art. 10bis der V 1 muss im Zusammenhang mit der Getreideordnung als Ganzes verstanden werden. Die Getreideordnung ![]() | 9 |
Dieser ist bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen Rechnung zu tragen und zwar auch in jenen Bereichen, in denen die Handels- und Gewerbefreiheit vom Einzelnen nicht unmittelbar angerufen werden kann.
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Die technische Entwicklung bedingt eine gewisse Konzentration der Annahmestellen auf leistungsfähige Betriebe, die in der Lage sind, die Nachbehandlung des geernteten Getreides fachmännisch und wirtschaftlich durchzuführen. Die erhöhten Anforderungen an die Sammelstellen ziehen grössere Investitionen nach sich und setzen zugleich einen gesicherten Kundenkreis voraus. Diese Überlegung steht hinter der Voraussetzung des Art. 10bis, dass eine Sammelstelle über ein angemessenes Einzugsgebiet verfügen muss, wenn sie zum Betrieb ermächtigt werden will, und die Standortwahl unterliegt deswegen der Genehmigung durch die Verwaltung. An sich ist es zunächst Sache des Gesuchstellers, nachzuweisen, dass die geplante Sammelstelle in einer Gegend liegt, wo ein Bedürfnis für eine weitere Sammelstelle besteht, ohne dass im Gesuch das in Betracht fallende Einzugsgebiet genau umschrieben zu sein braucht.
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Eine solche Bewilligungspflicht mit Bedürfnisnachweis ist im Lichte von Art. 8 Getreidegesetz gesetzmässig. Diese Bestimmung wurde 1964 neu gefasst, um den schon 1963 erlassenen Art. 10bis der V 1 auf eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu stellen (Botschaft des Bundesrates vom 3. Juli 1964, BBl 1964 II 66). Genügen die bestehenden Ortsgetreidestellen und Sammelstellen im Hinblick auf eine möglichst zweckmässige und kostensparende Ablieferung des Brotgetreides, so kann demnach die Eröffnung einer neuen Sammelstelle verweigert werden; die Getreideverwaltung darf und soll in diesem Zusammenhang Strukturpolitik treiben.
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c) Gemäss Art. 10bis Abs. 1 6. Satz der V 1 kann die EGV, soweit es nötig ist, das Einzugsgebiet jeder Sammelstelle festsetzen, wobei die beteiligten Kantone anzuhören sind. Wo dies geschieht, dürfen die Sammelstellen nur noch Brotgetreide aus dem ihnen zugewiesenen Einzugsgebiet abnehmen.
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d) Anstelle der Festsetzung des Einzugsgebietes kann die Getreideverwaltung unter gewissen Umständen auch die Kapazität einer Sammelstelle beschränken, obwohl dies in der V 1 zum Getreidegesetz nicht ausdrücklich erwähnt wird. Das Bundesgericht hat schon in seinem unveröffentlichten Urteil Suter vom 21. Dezember 1979 ausgeführt, es könnten infolge der Möglichkeit der Sammelstellen, ihre Tätigkeit frei zu entfalten, Verhältnisse entstehen, welche die Abgrenzung eines Einzugsgebietes im Sinne von Art. 10bis der V 1 für neue Sammelstellen jedenfalls ohne gleichzeitige Neuumschreibung der Einzugsgebiete bestehender Sammelstellen ausserordentlich erschweren oder praktisch verunmöglichen. Eine Beschränkung ![]() | 15 |
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