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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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21. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Juli 1980 i.S. Shala und Mitb. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
BRV über die Begrenzung der Zahl der erwerbstätigen Ausländer vom 23. Oktober 1978. |
2. Art. 21 Abs. 4 BRV: Die Festsetzung von Mindestlöhnen für Ausländer ist grundsätzlich zulässig (E. 4). Die Höhe des Minimallohnes ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden (E. 5 und 6). | |
Sachverhalt | |
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Erwägungen: I. Eintretensfragen | |
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a) Das Bundesgericht beurteilt Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen letztinstanzliche kantonale Verfügungen, welche sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (Art. 5 VwVG in Verbindung mit Art. 97 und 98 lit. g OG). Beim angefochtenen Entscheid des Regierungsrats des Kantons Zürich handelt es sich um eine solche Verfügung, so dass dagegen grundsätzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergriffen werden kann. Sie ist nach Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG auf dem Gebiete der Fremdenpolizei indessen unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch gibt. Das Bundesrecht stellt den Entscheid über die Zusicherung, Erteilung oder Erneuerung einer Aufenthaltsbewilligung nach Art. 4 ANAG, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, ins freie Ermessen der Behörde; der Ausländer hat somit grundsätzlich keinen Anspruch auf Anwesenheit in der Schweiz, und auch der schweizerische Arbeitgeber hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass einem Ausländer, den er in seinem Betrieb einstellen möchte, eine fremdenpolizeiliche Bewilligung im Sinne von Art. 4 ANAG erteilt werde.
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b) Eine Ausnahme gilt insoweit, als ausländischen Staatsangehörigen durch staatsvertragliche Sonderregelungen das Recht auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eingeräumt wird (BGE 99 Ia 320 f.; BGE 98 Ia 650; BGE 97 I 533). Eine solche Vorzugsstellung lässt sich für die Beschwerdeführer aus dem zwischen der Schweiz und Serbien (heute: Jugoslawien) am 16. Februar 1888 abgeschlossenen Niederlassungs- und Konsularvertrag (SR 0.142.118.181) nicht ableiten. Zwar bestehen aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg teilweise noch heute gültige Niederlassungsverträge etwa mit Frankreich, Deutschland, Österreich und England, die die betreffenden Staatsangehörigen berechtigen, sich auf schweizerischem Staatsgebiet aufzuhalten und sich an jedem beliebigen Ort niederzulassen (vgl. BS 11 S. 615, 629, 653, 722). Wortgleich mit dem zwischen Frankreich und der Schweiz abgeschlossenen Vertrag bestimmt Art. 1 des Niederlassungsvertrages mit Serbien:
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Personen und ihr Eigentum auf dem nämlichen Fusse und auf die gleiche Weise
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aufzunehmen und zu behandeln, wie es die Angehörigen der andern Kantone
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sind oder noch werden sollten. Sie können daher in der Schweiz ab und zu
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gehen und sich daselbst zeitweilig aufhalten, wenn sie den Gesetzen und
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Polizeiverordnungen nachleben." Seit dem ersten Weltkrieg werden diese Vertragsbestimmungen jedoch, meist ohne dass dies in zusätzlichen Abkommen festgelegt wurde, in stillschweigendem gegenseitigem Einverständnis restriktiv ausgelegt und nur noch auf diejenigen Staatsangehörigen der Vertragspartner angewandt, die bereits eine Niederlassungsbewilligung besitzen. Für alle anderen ausländischen Staatsangehörigen gelten die alten Staatsverträge nur unter dem Vorbehalt entgegenstehenden Landesrechts (Urteil vom 27. April 1979 i.S. Milic; Urteil vom 13. Oktober 1972 i.S. Banque de Crédit international = BGE 98 Ib 385, nicht publizierte Erwägung 4; Urteil vom 28. Oktober 1974 i.S. Spendlingwimmer und Mitbeteiligte, Erwägung 2; STOFFEL, Die völkervertraglichen Gleichbehandlungsverpflichtungen der Schweiz gegenüber den Ausländern, 1979, S. 114 f., insbesondere 132; so auch der Bundesrat in VPB 39/1975 Nr. 46). Die Beschwerdeführer haben demnach gestützt auf den Staatsvertrag mit Serbien keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung, so dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde jedenfalls aus diesem Grunde nicht zulässig ist.
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c) Vorliegend wurde das Gesuch um Zusicherung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 21 der Verordnung des Bundesrates über die Begrenzung der Zahl der erwerbstätigen Ausländer vom 23. Oktober 1978 (Verordnung; SR 823.21) mit der Begründung abgewiesen, die Arbeitgeberfirma wolle dem Ausländer Shala nicht einen orts- und berufsüblichen Lohn auszahlen. Es fragt sich, ob dieser Umstand an der Unzulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde etwas zu ändern vermag. Nach Art. 25 der Verordnung richtet sich das Beschwerdeverfahren nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege; auch der Arbeitgeber ist zur Beschwerde berechtigt. Daraus ist zu schliessen, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch im Rahmen der Anwendung der Verordnung ausgeschlossen ist, soweit die Erteilung oder Verweigerung einer fremdenpolizeilichen Bewilligung, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch gibt, in Frage steht.
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Soweit im Rahmen der Beurteilung eines Gesuches um eine fremdenpolizeiliche Bewilligung die Vorfrage zu entscheiden oder unabhängig von einem konkreten Gesuch ein Feststellungsbegehren zu beurteilen ist, ob ein Betrieb oder ein Ausländer ![]() | 14 |
bb) Alle andern Betriebe und ausländischen Arbeitskräfte unterliegen den in der Verordnung vorgesehenen Zulassungsbeschränkungen. Diese sind wie folgt geordnet:
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Jeder Kanton erhält für Jahresaufenthalter und für Saisonniers ein Kontingent, das er grundsätzlich nicht überschreiten darf (Art. 5 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 sowie Anhang 1 und 2 der Verordnung). Die Bewilligungen, welche das kantonale Kontingent belasten, werden von den kantonalen Fremdenpolizeibehörden ausgestellt (und - soweit es sich um Erteilung oder Zusicherungen, nicht aber um Verweigerungen handelt - vom Bundesamt für Ausländerfragen kontrolliert, Art. 10 Abs. 3 und Art. 19 der Verordnung). Art. 21 enthält arbeitsmarktliche und wirtschaftliche Voraussetzungen für die Erteilung einer kantonalen fremdenpolizeilichen Bewilligung, welche vom zuständigen Arbeitsamt beurteilt werden (Art. 21 Abs. 4). Auch wenn die Voraussetzungen des Art. 21 erfüllt sind, hat weder der Arbeitgeber noch der Ausländer einen Anspruch auf Erteilung der Bewilligung, weil die kantonalen Kontingente nicht überschritten werden dürfen, und weil auch aus den bereits ![]() | 16 |
Neben den kantonalen Kontingenten besteht ein Bundeskontingent sowohl für Jahresaufenthalter wie für Saisonarbeitskräfte (Art. 7, Art. 13 sowie Anhang 1 und 2 der Verordnung). Über dieses Bundeskontingent entscheidet das BIGA (Art. 18 Abs. 2). Auch ihm werden arbeitsmarktliche und wirtschaftliche, aber auch politische Richtlinien für die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen beigegeben (Art. 7 und 13). In bezug auf das Bundeskontingent hat sich das Bundesgericht einmal gefragt, ob ein Anspruch auf Erteilung der Bewilligung bestehe, wenn die Voraussetzungen des Art. 7 (damals Art. 6) erfüllt seien; es hat die Frage indessen verneint (zweiter Meinungsaustausch mit dem Bundesrat vom 4. Juni 1970, S. 5).
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Für Kurzaufenthalter gilt eine analoge Regelung. Auch hier gibt es kantonale Kontingente sowie ein Bundeskontingent, und es werden die Voraussetzungen für die Erteilung von kantonalen und eidgenössischen Bewilligungen in der Verordnung geordnet (Art. 8 und 9 sowie Anhang 3 zur Verordnung).
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Das Bundesgericht führte sowohl im zweiten Meinungsaustausch mit dem Bundesrat vom 4. Juni 1970 (der erste vom 10. Februar 1970 ist nicht mehr von Bedeutung) und insbesondere auch im dritten Meinungsaustausch vom 10. Dezember 1971 aus, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde innerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung ausgeschlossen sei, weil die dort aufgestellten Regeln weder dem Ausländer noch dem Arbeitgeber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung geben. Das gilt sowohl für das Bundeskontingent als auch für die kantonalen Kontingente. Diese Meinungsaustausche hatten zur Folge, dass die Erteilung oder Verweigerung von Aufenthaltsbewilligungen aus dem Bundeskontingent, welche das BIGA verfügt, zunächst mit Beschwerde beim EVD und anschliessend mit Beschwerde beim Bundesrat angefochten werden können. In der "Verwaltungspraxis der Bundesbehörden" ist eine grosse Anzahl Bundesratsentscheide veröffentlicht, welche sich mit der Anwendung von Art. 7 (Voraussetzungen - auch arbeitsmarktliche und wirtschaftliche - für die Erteilung von Bewilligungen aus dem Bundeskontingent) beschäftigen (vgl. z.B. VPB 38/1974 Nr. 27, Nr. 65, Nr. 66, Nr. 85, Nr. 86; VPB 39/1975 Nr. 5, Nr. 6; VPB 40/1976 Nr. 2). Hingegen gibt es keine Bundesratsentscheide, welche sich mit ![]() | 19 |
3. Zu prüfen bleibt, ob der angefochtene Entscheid Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde bilden kann. Zur Beschwerde legitimiert ist gemäss Art. 88 OG nur der Arbeitgeber oder Ausländer, der durch den Entscheid in seinen eigenen rechtlich erheblichen Interessen berührt wird; wo bloss tatsächliche Interessen geschmälert werd en, fehlt die Beschwerdelegitimation (BGE 99 Ia 321; BGE 98 Ia 651; BGE 95 I 106). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts können sowohl der Ausländer, als auch der schweizerische Arbeitgeber trotz allenfalls fehlender Legitimation in der Sache selber beim Bundesgericht die Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen, sofern dies auf eine Rechtsverweigerung hinausläuft; denn die Befugnis, einen ![]() | 20 |
Fraglich ist indessen, ob auf die staatsrechtliche Beschwerde der Arbeitgeberfirma materiell eingetreten werden muss, weil ihr im Ergebnis die Pflicht auferlegt wird, den ausländischen Arbeitskräften einen Lohn auszurichten, der ihr überhöht erscheint. Eine solche Pflicht könnte die Handels- und Gewerbefreiheit oder andere verfassungsmässige Rechte verletzen. Ob aus diesem Grunde auf die Beschwerde eingetreten werden müsste, kann indessen dahingestellt werden, weil sie ohnehin unbegründet ist, was im folgenden zu prüfen sein wird. II. Materielle Beurteilung
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4. a) Gemäss Art. 16 Abs. 1 ANAG haben die Bewilligungsbehörden bei ihren Entscheidungen die geistigen und wirtschaftlichen Interessen sowie den Grad der Überfremdung des Landes zu berücksichtigen. Im wesentlichen gestützt auf diese Bestimmung hat der Bundesrat in Art. 21 der Verordnung arbeitsmarktliche Vorschriften erlassen und insbesondere in Abs. 4 bestimmt, dass Bewilligungen zum erstmaligen Stellenantritt, zum Stellen- und Berufswechsel und zur Verlängerung des Aufenthaltes nur erteilt werden dürfen, wenn dem Ausländer dieselben orts- und berufsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen ![]() | 22 |
b) Nach Art. 113 Abs. 3 und Art. 114bis Abs. 3 BV ist das Bundesgericht an die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze und allgemein verbindlichen Beschlüsse gebunden. Dagegen kann das Gericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich auf ihre Rechtmässigkeit überprüfen. Es prüft, ob solche Verordnungen sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, prüft das Gericht auch die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnungen (vgl. BGE 97 II 272; BGE 94 I 88). Das Bundesgericht kann mithin uneingeschränkt prüfen, ob die aufgrund der Gesetzesdelegation erlassene Verordnung sich in den Schranken der Delegationsnorm halte. Soweit dies der Fall ist, hat es sich nicht darüber auszusprechen, ob die in der Verordnung getroffene Lösung die zur Erreichung des gesetzlichen Zweckes am besten geeignete sei, da es nicht sein Ermessen an die Stelle jenes des Bundesrates treten lassen kann (BGE 94 I 396). Lediglich gegen Verfassungsverstösse des Verordnungsgebers, die nicht durch die Delegationsnorm gedeckt sind, hat es einzuschreiten (vgl. dazu IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. I S. 383).
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Gestützt auf diese Ordnung ist das Bundesgericht nicht befugt, die Bestimmungen des ANAG auf ihre Verfassungsmässigkeit hin zu überprüfen. Es hat davon auszugehen, dass die Bewilligungsbehörden bei ihren Entscheiden unter anderem die wirtschaftlichen Interessen sowie den Grad der Überfremdung berücksichtigen dürfen, und der Bundesrat ist gestützt auf seine Oberaufsicht über die Handhabung der fremdenpolizeilichen Vorschriften des Bundes und sein Verordnungsrecht in dieser Materie (Art. 25 ANAG) befugt, nähere Bestimmungen zu ![]() | 24 |
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