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31. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. Mai 1980 i.S. Bundesamt für Justiz gegen Indupart Anlagen AG und Regierungsrat des Kantons Luzern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland. |
2. Umfang der den kantonalen Behörden gemäss Art. 23 BewV obliegenden Untersuchungspflicht (E. 2). |
3. Verletzung dieser Untersuchungspflicht bei Verneinung einer beherrschenden finanziellen Beteiligung von Personen im Ausland (E. 3) und der Bewilligungspflicht wegen ungewöhnlicher Finanzierung (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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Am 2. Februar 1978 wurden die Statuten der Aquafood AG revidiert. Die Gesellschaft wurde in Indupart AG umbenannt und der Gesellschaftszweck vom Verkauf von Qualitätsfischen in den Ankauf, Verkauf und die Vermittlung von Firmen oder Geschäftsanteilen, usw., geändert. Ferner wurden die Namenaktien in Inhaberaktien umgewandelt. Am 5. Oktober 1978 wurde erneut eine Statutenänderung vorgenommen. Die Geschäftsfirma lautete neu Indupart Anlagen AG und Geschäftszweck war nunmehr die Anlage von Vermögen in Grundstücken und Wertschriften, ferner der An- und Verkauf und die Vermittlung von Firmen oder Geschäftsanteilen, usw. Schliesslich ![]() | 2 |
Am 26. Mai 1978 schloss die Indupart Anlagen AG (im folgenden: Indupart) einen Kaufvertrag über ein Grundstück in der Stadt Luzern zum Preis von 4,2 Mio Franken ab, zahlbar durch Übernahme der auf Fr. 2'375'000.-- lautenden grundpfändlichen Belastung, durch eine Anzahlung im Betrag von Fr. 50'000.-- bei der Beurkundung, ferner durch Barzahlung von Fr. 1'775'000.-- bei der Eintragung ins Grundbuch. Am 23. Juni 1978 bestätigte die Luzerner Kantonalbank im Anschluss an eine Besprechung mit Werner B. und dem in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften deutschen Staatsangehörigen Dieter K., dass der Indupart ein Hypothekarkredit von 4 Millionen Franken erteilt werde. Ferner gewährte die V. AG, vertreten durch Werner B., der Indupart einen Hypothekarkredit von Fr. 200'000.-- auf 12 Monate zum Zins von 6 1/4%.
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Mit Verfügung vom 4. August 1978 stellte der Regierungsstatthalter des Amtes Luzern fest, dass der Grundstückserwerb nicht bewilligungspflichtig sei. Mit Entscheid vom 29. Dezember 1978 wies der Regierungsrat des Kantons Luzern die vom Bundesamt für Justiz erhobene Beschwerde ab, im wesentlichen mit der Begründung, dass nach Prüfung verschiedener Unterlagen und nach Einvernahme von Werner B. keine Anhaltspunkte dafür beständen, dass die Indupart von Personen im Ausland beherrscht sei. Das Bundesamt für Justiz erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde, im wesentlichen mit der Begründung, der Regierungsrat sei der ihm gemäss Art. 23 BewV obliegenden Untersuchungspflicht nicht in genügendem Masse nachgekommen.
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Erwägungen: | |
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b) Im vorliegenden Fall wurde der angefochtene Entscheid vom Regierungsrat des Kantons Luzern gefällt. Die Beschwerdegegnerin macht in ihrer Vernehmlassung geltend, der Regierungsrat sei eine Kollegialbehörde, die gegenüber der Verwaltung zwar weisungsbefugt, aber nicht weisungsgebunden sei. Er müsse daher als unabhängige Rekurskommission erachtet werden. Diese Auffassung geht fehl. Der Regierungsrat ist offenkundig nicht eine von der Verwaltung unabhängige gerichtsähnliche Instanz, sondern er ist im Gegenteil die an der Spitze der Verwaltung stehende Behörde. Das gilt nicht nur, wenn der Regierungsrat erstinstanzlich verfügt, sondern auch dann, wenn er als Rechtsmittelinstanz im verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren entscheidet. Das Bundesgericht hat denn auch bereits mehrfach, ohne freilich auf die jetzt aufgeworfene - selbstverständliche - Frage näher einzugehen, erklärt, dass es sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht freie Kognition besitze, wenn der angefochtene Entscheid von der kantonalen Regierung gefällt worden sei (vgl. BGE 99 Ib 5 E. 3; BGE 97 I 583).
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c) Ob der angefochtene Entscheid von einer Behörde ausgegangen sei, deren tatsächliche Feststellungen das Bundesgericht frei überprüft, wäre im vorliegenden Fall überdies gar nicht entscheidend. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nämlich nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie geltend ![]() | 8 |
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Nach Art. 23 BewV hat die zuständige Behörde von Amtes wegen festzustellen, ob die als Aktionäre bezeichneten Schweizer über die vollen Aktionärrechte verfügen oder ob sie nur Treuhänder sind. Sobald ein Anlass zu Zweifeln besteht, haben die schweizerischen Aktionäre zu beweisen, dass sie die als Käuferin auftretende Gesellschaft aus eigenem Recht beherrschen, d.h. dass sie die Aktien aus schweizerischen Mitteln zu freiem Eigentum erworben haben. Auch wenn dieser Beweis erbracht ist, haben die Aktionäre zudem Auskunft zu geben, wie der Ankauf der Liegenschaft im konkreten Falle finanziert worden ist, damit die Innehaltung von Art. 2 lit. e BewB bzw. Art. 4 BewV nachgeprüft werden kann (BGE 102 Ib 129). Die Abklärung dieser Fragen verlangt eine Mitwirkung der Organe der Gesellschaft in der Form einer vollständigen Erfüllung ihrer Auskunfts- und Editionspflicht gemäss Art. 15 BewB.
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b) Der Regierungsrat kennt diese Rechtsprechung. Er wendet in der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde jedoch ein, dass die kantonalen Behörden jährlich eine grosse Menge von Fällen zu beurteilen hätten, bei denen sich frage, ob ein bewilligungspflichtiges Rechtsgeschäft vorliege. Die von den kantonalen Behörden verlangten Abklärungen dürften daher ein vernünftiges Mass nicht übersteigen. Namentlich sei es nicht gerechtfertigt, in Einzelfällen Erhebungen zu verlangen, die das normale Mass bei weitem überstiegen.
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Diese Einwendungen sind nicht begründet. Zwar trifft es zu, dass die von der kantonalen Behörden zu treffenden Abklärungen nicht über das hinausgehen sollen, was vernünftigerweise als geboten zu betrachten ist. Der Umfang der Beweiserhebungen hängt indes stark von den Besonderheiten des Einzelfalles ab. In zahlreichen Fällen genügt es, wenn sich die kantonale Behörde von der Richtigkeit der von den Organen der Gesuchstellerin erteilten Auskünfte überzeugt, um eine ausländische Beherrschung (Art. 3 lit. c BewB) oder das Vorliegen eines Treuhandgeschäftes (Art. 2 lit. e BewB) verneinen zu können. Daneben kommt es jedoch vor, dass das Abstellen auf derartige Erklärungen nicht genügt, um entsprechende Zweifel aus dem Wege zu räumen. Trifft das zu, so hat die kantonale Behörde eingehendere Erhebungen zu machen, und zwar namentlich in bezug auf die Herkunft der Gelder, aufgrund derer eine beherrschende finanzielle Beteiligung erlangt oder der Grundstückerwerb finanziert worden ist. Die in Art. 23 BewV statuierte Untersuchungspflicht ist eben für derartige Fälle vorgesehen. Die kantonale Behörde ist unter solchen Umständen gehalten, alle diejenigen Auskünfte zu verlangen, aufgrund derer über die Bewilligungspflicht aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse entschieden werden kann. Dass dies gegebenenfalls mühsame Abklärungen zur Folge hat und dass selbst derartige Erhebungen nicht immer zu einem gesicherten Ergebnis führen, muss im Interesse der Durchsetzung des Bundesbeschlusses in Kauf genommen werden (BGE 101 Ib 396 E. 6; BGE 100 Ib 359 E. 1; BGE 99 Ib 401 ff, 440 ff).
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a) Im vorliegenden Fall kam es verhältnismässig kurze Zeit nach der Gründung der Aquafood AG und dem ungünstigen Verlauf des ersten Geschäftsjahres zweimal zu einer Änderung des Gesellschaftszwecks und der Geschäftsfirma. Diese Vorgänge, die sich innert eines Zeitraumes von weniger als einem Jahr abspielten, bilden für sich allein zwar noch keinen Grund zur Annahme, dass Personen im Ausland eine beherrschende finanzielle Beteiligung an der Gesellschaft erlangt hätten. Im Zusammenhang mit den Beziehungen der Gesellschaft zum deutschen Staatsangehörigen Dieter K. müssen sie aber als ernsthaftes Anzeichen dafür erachtet werden. Das gilt um so mehr, als zugleich mit der Änderung des Gesellschaftszwecks und der Geschäftsfirma die bis anhin gebundenen Namenaktien in Inhaberaktien umgewandelt, diese in der Folge und nach Vornahme einer Kapitalerhöhung wieder in gebundene Namenaktien konvertiert wurden, und bei alledem nicht ersichtlich ist, welche genauen wirtschaftlichen Gründe Anlass für diese Vorgänge waren. Von besonderer Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang ferner, dass die Gesellschaft am 31. Januar 1978 dem deutschen Staatsangehörigen Dieter K. Rechnung im Betrag von Fr. 67'740.-- stellte, die den im ersten Geschäftsjahr erlittenen Verlust deckte und die ihren Grund nach dem Schreiben der Gesellschaft in den Dienstleistungen zur Unterstützung der Tätigkeit von K. in der Schweiz hatte. Da es sich hierbei um die einzige Einnahme der Gesellschaft handelte, bildet der Vorgang ein gewichtiges Indiz für das Vorhandensein enger Beziehungen zu K. Das wird im übrigen dadurch bestätigt, dass K. an der Besprechung teilgenommen hat, die im Zusammenhang mit der Erteilung eines Kredits für den Grundstückkauf in Luzern zwischen der Indupart und der Luzerner Kantonalbank geführt wurde.
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b) Unter diesen Umständen bestehen begründete Zweifel daran, ob die als Aktionäre der Indupart bezeichneten Schweizer über die vollen Aktionärsrechte verfügen, oder ob sie nur Treuhänder sind und an der Gesellschaft eine beherrschende ![]() | 16 |
Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz die ihr obliegende Untersuchungspflicht nicht befolgt, wenn sie die Bewilligungspflicht gemäss Art. 3 lit. c BewB und Art. 5 BewV verneinte, ![]() | 17 |
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a) Gemäss Art. 4 BewV gilt als bewilligungspflichtiges Geschäft auch der Erwerb von Rechten an Grundstücken durch Personen mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz, wenn die Finanzierung nach der Höhe der Kredite, den Vermögensverhältnissen des Erwerbers oder den vertraglichen Abreden den Rahmen des gewöhnlichen oder kaufmännischen Geschäftsverkehrs sprengt. Erteilt eine Person im Ausland unter derartigen Umständen Kredit, so besteht hinreichender Grund zur Annahme, dass sie damit den gleichen wirtschaftlichen Zweck erreicht, wie wenn sie selber inländisches Grundeigentum erwerben würde.
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b) Im vorliegenden Fall beabsichtigte die Indupart, ein Grundstück zum Preis von 4,2 Millionen Franken zu erwerben. Der Kaufpreis sollte durch Übernahme der auf Fr. 2'375'000.-- lautenden grundpfändlichen Belastung, durch Anzahlung von Fr. 50'000.-- bei der Beurkundung sowie durch Barzahlung von Fr. 1'775'000.-- bei der Eintragung ins Grundbuch bezahlt werden. In Tat und Wahrheit war die Indupart jedoch nicht in der Lage, die sich aus dem Kaufvertrag ergebenden Leistungen zu erbringen. Sie verfügte nicht einmal über den bei der Beurkundung zu erbringenden Betrag von Fr. 50'000.--, da auf ihrem Bank- und Postcheckkonto lediglich ca. Fr. 44'000.-- vorhanden waren. Sofern angenommen wird, die Anzahlung von Fr. 50'000.-- sei wirklich erfolgt, so ist demnach unklar, woher die fehlende Summe stammte. Was den Betrag von Fr. 1'775'000.-- betrifft, so geht aus zwei bei den Akten liegenden Schreiben hervor, dass die Luzerner Kantonalbank und die V. AG - deren einziger Verwaltungsrat B. war - entsprechende Kreditzusagen erteilt hatten. Die Zusage der Kantonalbank belief sich auf 4 Millionen Franken und war mit der ![]() | 20 |
c) Bei dieser Sachlage ist nicht verständlich, wie die Vorinstanz annehmen konnte, die Indupart sei nicht gezwungen, für die Finanzierung des Kaufes in nennenswertem Umfang Mittel "anderer Dritter" heranzuziehen. Im Gegenteil ergibt sich aus den Akten in klarer Weise, dass die Gesellschaft den Grundstückkauf nicht hätte finanzieren können, wenn sie nicht über eine gewichtige finanzielle Unterstützung durch eine Drittperson verfügt hätte. Es ist bekannt, dass Hypothekarkredite von den Banken in der Regel auf ca. zwei Drittel des Verkehrswertes der belasteten Liegenschaft begrenzt werden. Daraus ist zu schliessen, dass die Luzerner Kantonalbank den schon bestehenden Hypothekarkredit nicht von ungefähr 3 auf 4 Millionen Franken erhöht hätte, wenn sie nicht von einer dritten Person entweder die entsprechenden Mittel zur treuhänderischen Gewährung des Kredits oder jedenfalls solide Garantien erhalten hätte.
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Bei dieser Sachlage besteht Grund zur Annahme, dass die Finanzierung des Grundstückserwerbs nach der Höhe der Kredite und den Vermögensverhältnissen der Erwerberin den Rahmen des gewöhnlichen oder kaufmännischen Geschäftsverkehrs sprengte. Damit wäre die Bewilligungspflicht aufgrund von Art. 4 BewV gegeben.
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d) Im vorliegenden Fall besteht um so mehr Anlass zur Vermutung, dass die Finanzierung des Grundstückerwerbs durch eine Person im Ausland sichergestellt wurde, als der deutsche Staatsangehörige Dieter K. an der Besprechung teilnahm, ![]() | 23 |
Die Vorinstanz ist der obliegenden Untersuchungspflicht daher auch insoweit nicht nachgekommen, als sie die Anwendbarkeit von Art. 2 lit. e BewB und Art. 4 BewV ohne die erwähnten Beweiserhebungen verneinte. Dass sie den Vertreter der Indupart als Zeugen einvernahm, genügte unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an den Regierungsrat zurückzuweisen.
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