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34. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. Mai 1980 i.S. Kanton Zürich gegen Anton Bonomo's Erben Immobilien AG, Anton Bonomo's Erben AG und Eidg. Schätzungskommission, Kreis 10 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Teilenteignung einer gewerblich genutzten Liegenschaft. |
Mietern und Pächtern steht ein Entschädigungsanspruch nur insoweit zu, als durch die Expropriation ihre vertraglichen Rechte verletzt worden sind (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2). |
Die Enteignungsentschädigung bemisst sich entweder nach dem Wert, den das enteignete Recht für einen Käufer aufweist, oder nach dem besonderen Interesse des Enteigneten daran, dieses Recht behalten zu können. Die beiden Berechnungsarten dürfen nicht miteinander vermischt werden. Anwendung dieser Grundsätze im konkreten Fall (E. 3). | |
Sachverhalt | |
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Nach der Einigungsverhandlung fanden zwischen dem Kanton Zürich und den Enteigneten Vergleichsverhandlungen statt, welche zum Abschluss verschiedener Teilvergleiche führten. Die Parteien einigten sich unter anderem darauf, dass der Enteigner für das abgetretene Land Fr. 420.--/m2 (insgesamt Fr. 854'280.--) zu bezahlen und der Enteigneten 2 die Abräum- und Transportkosten nach Aufwand zu entschädigen habe. Diese Kosten beliefen sich schliesslich auf Fr. 336'513.--.
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Die Eidg. Schätzungskommission, Kreis 10, entschied am 8. Dezember 1975 über die noch strittigen Forderungen und sprach den beiden Enteigneten gemeinsam eine Inkonvenienzentschädigung von insgesamt Fr. 802'500.--, nämlich Fr. 110'000.-- für die Abbruchkosten der Enteigneten 1 und Fr. 34'000.-- unter dem gleichen Titel für die Enteignete 2, Fr. 38'000.-- für wertlos gewordene Anlagen, Fr. 120'000.-- für Betriebserschwernisse und Fr. 500'000.-- für "Pachtzinsausfall/-differenz" zu. Zu diesem letzten Entschädigungsposten führte die Schätzungskommission aus, dass den Enteigneten infolge der Expropriation ein Schaden durch Pachtzinsausfall einerseits und Pachtzinserhöhung andererseits entstanden sei; ![]() | 3 |
Beide Parteien haben den Entscheid der Schätzungskommission beim Bundesgericht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten. Der Kanton Zürich verlangt, dass die Entschädigung für die "Pachtzinsdifferenz" gestrichen werde. Die Enteigneten stellen den Antrag, dass dieser Entschädigungsposten im Hinblick auf die Investitionskosten für den neuen Werkhof auf Fr. 1'677'742.-- erhöht werde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Das Bundesgericht ist in bundesrechtlichen Enteignungsverfahren an die Anträge der Parteien gebunden, wenn ![]() | 5 |
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Wird ausschliesslich auf die rechtlichen Verhältnisse abgestellt und die Enteignete 2 als Mieterin (nicht Pächterin: vgl. BGE 93 II 456 mit Hinweisen, BGE 97 II 61 E. 1) der Liegenschaft der Enteigneten 1 betrachtet, so steht ihr ein Entschädigungsanspruch nur insoweit zu, als durch die Enteignung in die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Rechte eingegriffen worden ist (Art. 5 und Art. 23 Abs. 2 EntG). Wie das Bundesgericht bereits in BGE 95 I 309 f. entschieden hat, ist der obligatorisch Berechtigte nur für die vorzeitige Auflösung des bestehenden Vertrages zu entschädigen, nicht dagegen für die Nachteile, die ihm aus der Kündigung auf einen vertraglich vorgesehenen ![]() | 7 |
Im vorliegenden Fall ist das Mietverhältnis auf einen im Gesetz vorgesehenen Termin unter Einhaltung der vorgeschriebenen Kündigungsfrist aufgelöst worden (vgl. Art. 259 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 267 Abs. 2 Ziff. 1 OR). Da die vertraglichen Rechte der Enteigneten 2 als Mieterin somit nicht verletzt worden sind, steht ihr nach der angeführten Rechtsprechung grundsätzlich keine Entschädigung zu, und zwar weder für den Abbruch und Transport ihrer Anlagen noch für die wertlos gewordenen Bauten und Einrichtungen oder für die Betriebserschwernisse am neuen Ort. Es kann sich einzig fragen, ob ihr unter den vorliegenden Umständen nicht ein Ersatzanspruch über den Mietvertrag hinaus zuerkannt werden könnte, der seinen Grund darin fände, dass Mieterin und Vermieterin den selben Aktionären mit gleicher Aktienverteilung gehören, ihre Interessen in bezug auf die Nutzung der enteigneten Liegenschaft sich daher decken und eine Auflösung des Mietverhältnisses nicht erfolgt wäre, solange dies nicht im gemeinsamen Interesse der beiden Firmen gelegen hätte. Die Frage kann jedoch im Hinblick auf die gestellten Parteibegehren offen gelassen werden: Selbst wenn es sich nämlich rechtfertigen würde, Eigentümerin und Mieterin ihrer identischen Interessen am enteigneten Grundstück wegen als einzige Person zu behandeln, ![]() | 8 |
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b) Die Parteien haben die Entschädigung für die enteignete Fläche von rund 2 000 m2, die vollständig in der Bauzone D lag, auf Fr. 420.--/m2 festgesetzt. Mit diesem Preis ist, wie folgende Überlegung zeigt, offensichtlich nicht der bisherigen Nutzung des Terrains als Werkhof, sondern dem Wert Rechnung getragen worden, den das abgetretene Land bei besserer Verwendung im Rahmen der geltenden Zonenordnung für einen beliebigen Käufer oder für den bauwilligen Eigentümer selbst aufgewiesen hätte:
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Wird das Restgrundstück, das durch die Enteignung nicht entwertet worden ist, nach den gleichen Massstäben eingestuft, wie sie die Parteien angewendet haben, so ergibt sich nach den unbestritten gebliebenen Schätzungen der bundesgerichtlichen Experten - "Freihaltezone" mitberücksichtigt - ein Wert von rund 2,8 Millionen Franken. Der Gesamtwert der Parzelle belief sich demnach vor der Enteignung auf ca. 3,65 Millionen Franken (rund Fr. 850'000.-- für den enteigneten und rund ![]() | 11 |
Die Vereinbarung der Parteien, die Entschädigung für das abgetretene Land auf Fr. 420.--/m2 festzusetzen, beruht demnach auf der Annahme, dass die ganze Parzelle zu diesem Preis bzw. zum Gesamtpreis von 3,65 Millionen Franken hätte verkauft werden können. Dieser Preis stellt aber den vollen Baulandwert dar und wäre vom Käufer nur für ein Grundstück bezahlt worden, das zur Überbauung bereit steht. Das heisst, dass die Enteigneten, bevor sie diesen Wert hätten realisieren können, auf eigene Kosten die bestehenden Bauten hätten abbrechen (Fr. 145'000.--) und den Betrieb verlegen müssen (Fr. 336'500.--); zudem hätten sie die Abschreibung der wertlos gewordenen Anlagen (Fr. 38'000.--) selbst tragen und für die Betriebsmehrkosten am neuen Ort (Fr. 120'000.--) selbst aufkommen müssen. Um die von der Enteignung betroffene Parzelle von der bisherigen, ertragsarmen Nutzung einer besseren Verwendung als Baugrundstück zuführen zu können, wären den Enteigneten also Auslagen in der Höhe von ca. Fr. 640'000.-- entstanden. Der Netto-Verkehrswert des ganzen Grundstückes vor der Enteignung reduziert sich damit auf rund 3 Millionen Franken (vgl. Entscheid vom 16. Januar 1980 i.S. Kanton Zürich c. Gauger & Co. AG, nicht publ. E. 3a; DUBACH, a.a.O., S. 4).
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Nun ist den Enteigneten für die Teilexpropriation ihrer Parzelle eine Entschädigung von rund Fr. 850'000.-- für das abgetretene Land sowie - ohne die umstrittene "Pachtzinsdifferenz" - eine Inkonvenienzentschädigung von insgesamt Fr. 639'000.-- zuerkannt worden, mit welcher die Abbruchs- ![]() | 13 |
c) Die Entschädigung, die den beschwerdeführenden Firmen - ohne die "Pachtzinsdifferenz" - zuerkannt worden ist, wäre einzig dann zu erhöhen, wenn der subjektive Schaden der Enteigneten grösser wäre, d.h. wenn diese im Falle, dass sie das ganze Werkhofareal hätten behalten können, grösseren Nutzen gehabt hätten als sie ihn aus der Kapitalentschädigung und dem Restgrundstück ziehen können. Einen solchen Nachweis haben die Enteigneten jedoch nicht erbracht, und es besteht auch kein Anlass zu vermuten, dass nicht der ganze Schaden abgegolten worden sei.
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In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Betriebsumzug wegen der Enteignung nur vorverlegt werden musste; er hätte sich früher oder später aus verschiedenen Gründen ohnehin aufgedrängt: Zum einen konnte das in der Wohnzone liegende Grundstück der Enteigneten, solange es als Werkhofareal genutzt wurde, nur einen Bruchteil des Ertrages abwerfen, der seinem objektiven Wert entsprochen hätte; zum anderen war der Werkhof an sich "zonenfremd" und es war zumindest fraglich, ob eine Erweiterung möglich gewesen wäre. Die ganzen Verlegungskosten hätten daher in absehbarer Zeit von den Enteigneten selbst aufgewendet und die vorübergehende Ertragseinbusse während des Umzugs ohnehin einmal in Kauf genommen werden müssen. Den Enteigneten ist daher durch die Enteignung nur insofern ein zusätzlicher Schaden erwachsen, als die Verlegung allenfalls zur Unzeit vorgenommen werden musste. Ein Schaden dieser Art würde jedoch den ![]() | 15 |
Zu Unrecht wollen die Enteigneten die Investitionskosten für den neuen Werkhof in die Entschädigungsberechnung miteinbeziehen. Die Enteignungsentschädigung ist lediglich ein Wertausgleich und bemisst sich nicht nach den Beschaffungskosten für ein Ersatzobjekt. Ausserdem kann die sich anhand des Verkehrswertes zu berechnende Zinslast für das neue Werkhofareal, das zu einem Preis von ca. Fr. 150.--/m2 erworben werden konnte, offensichtlich nicht höher sein als jene für das nun freigewordene Grundstück und können die für die Neubauten aufzubringenden Zinsen nicht mit jenen verglichen werden, die für die vor zwanzig, dreissig und vierzig Jahren erstellten alten Gebäude aufgewendet werden mussten.
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