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Informationen zum Dokument  BGE 106 Ib 231  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
1. Da das Bundesgericht in bundesrechtlichen Enteignungsverfahren ...
2. a) In der Regel kann einzig das Unternehmen, das mit dem Entei ...
3. Die sachliche Zuständigkeit der eidgenössischen Sch& ...
4. (Bemessung der Entschädigung.) ...
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35. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Juli 1980 i.S. Hüsler, Nydegger und Ruf gegen Staat Bern und Eidg. Schätzungskommission, Kreis 6 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 5 EntG; Enteignung von Nachbarrechten, Entzug von Licht und Sonnenschein.  
Neben den Abwehransprüchen gemäss Art. 684 ZGB können auch die Abwehrrechte des Nachbarn, die diesem aufgrund der nach Art. 686 ZGB den Kantonen vorbehaltenen privatrechtlichen Bestimmungen zustehen, Enteignungsobjekt im Sinne von Art. 5 EntG bilden (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3).  
Die sog. negativen Immissionen stellen nach ständiger Rechtsprechung keine Einwirkungen im Sinne von Art. 684 ZGB dar. Frage offengelassen, ob diese Rechtsprechung, der Kritik folgend, zu ändern sei (E. 3 b-aa).  
Art. 130 der bernischen Bauverordnung ist eine gemischt-rechtliche Bestimmung; die sich aus ihr ergebenden Abwehr- und Entschädigungsansprüche sind im Hinblick auf Art. 5 EntG den Nachbarrechten gleichzustellen, die den Grundeigentümern gestützt auf Art. 686 ZGB im kantonalen Privatrecht eingeräumt werden (E. 3 b-cc).  
 
Sachverhalt
 
BGE 106 Ib, 231 (232)Die Nationalstrasse N 1 überquert im Norden der Stadt Bern auf einem 40-50 m hohen Viadukt, der Felsenaubrücke, das Aaretal. Die Brücke wurde am 4. September 1975 dem Verkehr übergeben.
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Unter bzw. unmittelbar nördlich der Felsenaubrücke liegen am Aareabhang die je mit einem Einfamilienhaus überbauten Parzellen Nr. 1692, 1755 und 2132 von Ruth Hüsler (Engerain Nr. 12), Erwin Nydegger (Engerain Nr. 14) und Johanna Ruf (Engerain Nr. 46). Die Eigentümer dieser Grundstücke wandten sich am 30. Juli 1976 an die Schätzungskommission, BGE 106 Ib, 231 (233)Kreis 6, mit dem Begehren, der Staat Bern sei zu verpflichten, ihnen den durch die Brücke entstehenden Schaden zu ersetzen. Der Staat Bern widersetzte sich diesem Antrag an sich nicht und anerkannte, dass das Autobahnamt seit September 1974 mit den Grundeigentümern verhandelt habe und es daher dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspräche, Verwirkung der Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Er erklärte sich auch mit der Beurteilung der Begehren durch die Schätzungskommission ausdrücklich einverstanden und stellte die Festsetzung der Entschädigung für die durch Schattenwurf entstandenen Nachteile in deren Ermessen.
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Die Schätzungskommission sprach den drei Grundeigentümern am 3. November 1977 für den Minderwert ihrer Liegenschaften eine Entschädigung von Fr. 15'000.-- (Ruth Hüsler) bzw. Fr. 17'000.-- (Erwin Nydegger und Johanna Ruf) und für Inkonvenienzen (Störung des Fernsehempfanges) je Fr. 2'000.-- zu. In ihrem Entscheid führt die Kommission im wesentlichen aus, dass den Gesuchstellern für die Beeinträchtigung der Aussicht kein Entschädigungsanspruch zustehe und der von der Autobahn ausgehende Lärm zu bescheiden sei, als dass er eine Entwertung der Liegenschaften bewirken könnte. Dagegen entstünde durch den Schattenwurf eine Beeinträchtigung, die gesamthaft als schwer und übermässig zu bezeichnen sei. Zudem wirke die Felsenaubrücke wie ein Betonkoloss, der völlig aus dem Rahmen der bestehenden Überbauung falle, was für die Bewohner des Engerains zu weiteren schwerwiegenden Nachteilen führe.
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Die drei Grundeigentümer haben gegen den Entscheid der Schätzungskommission Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht und volle Entschädigung verlangt. Das Bundesgericht erhöht die Minderwertsentschädigungen auf einen Drittel des Verkehrswertes der einzelnen Liegenschaften.
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Aus den Erwägungen:
 
1. Da das Bundesgericht in bundesrechtlichen Enteignungsverfahren das Recht von Amtes wegen anzuwenden und zudem seine Aufsichtspflichten wahrzunehmen hat (Art. 63 EntG), ist im vorliegenden Fall zunächst zu prüfen, ob die formellen Voraussetzungen zur Eröffnung eines Enteignungsverfahrens überhaupt erfüllt waren, ob die Entschädigungsansprüche BGE 106 Ib, 231 (234)der Enteigneten nicht bereits verwirkt waren sowie ob und inwieweit die Schätzungskommission in der Sache selbst zum Entscheid zuständig war (BGE 101 Ib 281 E. 1 und 3a, BGE 99 Ib 485 E. 2a, BGE 96 I 192 E. 3; vgl. auch BGE 105 Ib 12 E. 3a, BGE 101 Ib 350).
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2. a) In der Regel kann einzig das Unternehmen, das mit dem Enteignungsrecht ausgestattet oder welchem dieses noch zu verleihen ist, den Präsidenten der Schätzungskommission um Einleitung eines Enteignungsverfahrens ersuchen. Die Privaten können ihre Entschädigungsforderungen erst dann bei der Schätzungskommission anmelden, wenn das formelle Verfahren bereits eröffnet worden ist, d.h. wenn eine öffentliche Planauflage im Sinne von Art. 30 EntG stattgefunden hat oder ihnen im abgekürzten Verfahren nach Art. 33 f. EntG eine persönliche Anzeige zugestellt worden ist (BGE 102 Ib 58 E. 3a, BGE 101 Ib 284 E. 3a mit Verweisungen). Dass der Private auf anderem Wege - durch ein entsprechendes Begehren an den Werkeigentümer selbst oder an die zur Erteilung des Enteignungsrechtes zuständige Behörde - allenfalls eine Verfahrenseröffnung bewirken kann, ändert an dieser Regelung nichts und berechtigt die Schätzungskommission jedenfalls nicht, dem Antrag eines Privaten auf Einleitung eines Enteignungsverfahrens stattzugeben. Eine Ausnahme gilt nur für die Fälle materieller Enteignung, in denen das Gesetz den Privaten ausdrücklich ermächtigt, seine Ersatzansprüche direkt der Schätzungskommission zu unterbreiten (BGE 102 Ib 59 E. 3b, BGE 101 Ib 284 E. 3b, nicht publ. Entscheide vom 21. Februar 1979 i.S. Berger und i.S. Koch; s.a. BGE 105 Ib 11 E. 2b).
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b) Aus den Akten ergibt sich nicht, ob seinerzeit die für den Bau der Felsenaubrücke benötigten Rechte in einem formellen Enteignungsverfahren mit öffentlicher Planauflage erworben worden sind. Dieser Punkt bedarf jedoch keiner weiteren Abklärung, da er unter den hier gegebenen Umständen weder für die Frage nach den Voraussetzungen zur Verfahrenseinleitung noch für jene der Verwirkung der Entschädigungsansprüche ausschlaggebend sein kann:
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Ist bisher kein Verfahren mit öffentlicher Planauflage durchgeführt worden, so hätte zwar der Kanton als Werkeigentümer selbst die Schätzungskommission um Eröffnung eines Verfahrens zur Beurteilung der angemeldeten Entschädigungsansprüche ersuchen müssen. Der Staat Bern hat jedoch in seiner BGE 106 Ib, 231 (235)Vernehmlassung zur Forderungseingabe der Grundeigentümer der Verfahrenseinleitung ausdrücklich zugestimmt und sie damit sinngemäss selbst verlangt; der ursprüngliche Mangel darf als geheilt gelten (in gleichem Sinne zit. Entscheide i.S. Berger E. 4c, i.S. Koch E. 4c). Hat keine Planauflage nach Art. 30 EntG stattgefunden und sind die Beschwerdeführer nicht in ein abgekürztes Enteignungsverfahren gemäss Art. 33 f. EntG einbezogen worden - was offensichtlich nur der Fall gewesen wäre, wenn von ihnen Land für den Bau der Brücke verlangt worden wäre -, so fällt auch eine Verwirkung der Entschädigungsansprüche ausser Betracht, da die in Art. 41 EntG vorgesehene Verwirkungsfrist für die Betroffenen nur dann läuft, wenn diese im Rahmen eines vorangegangenen Enteignungsverfahrens ausdrücklich auf die Verwirkungsfolgen hingewiesen worden sind (vgl. Art. 30 Abs. 1 lit. c und Abs. 2, Art. 34 lit. f EntG; BGE 105 Ib 10 f. E. 2b, BGE 100 Ib 202, BGE 92 I 178, BGE 88 I 198).
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Ist demgegenüber eine öffentliche Planauflage durchgeführt worden, so durften die Beschwerdeführer ihre Entschädigungsforderungen direkt bei der Schätzungskommission einreichen und hätte die in Art. 41 Abs. 2 EntG umschriebene Verwirkungsfrist grundsätzlich beachtet werden müssen. Der Anwendung von Art. 41 EntG stünde aber in diesem Falle die Erklärung des Staates Bern entgegen, wonach er durch sein eigenes Verhalten die Grundeigentümer von einer rechtzeitigen Forderungsanmeldung abgehalten habe. Die Verwirkungseinrede müsste daher als rechtsmissbräuchlich (BGE 83 II 98) und die Anwendung von Art. 41 EntG als Verstoss gegen Treu und Glauben betrachtet werden.
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c) Waren demnach die Voraussetzungen zur Eröffnung des Enteignungsverfahrens gegeben und durfte die Verwirkung der Entschädigungsbegehren verneint werden, so stand der Durchführung des Einigungs- und Schätzungsverfahrens unter diesen Gesichtspunkten nichts entgegen. Zu prüfen bleibt, ob die Schätzungskommission zur Beurteilung der einzelnen Entschädigungsansprüche zuständig war.
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3. Die sachliche Zuständigkeit der eidgenössischen Schätzungskommission ist dann gegeben, wenn durch ein mit dem Enteignungsrecht ausgestattetes oder noch auszustattendes Unternehmen Rechte entzogen oder beschränkt werden, die nach Bundesrecht Enteignungsobjekte bilden. Gemäss Art. 5 EntG BGE 106 Ib, 231 (236)können neben anderen dinglichen Rechten, wie ausdrücklich hervorgehoben wird, auch die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte Gegenstand der Enteignung sein. Darunter sind nicht nur die sich aus Art. 684 ZGB ergebenden Ansprüche des Grundeigentümers auf Unterlassung übermässiger Immissionen zu verstehen, sondern auch die Abwehrrechte des Nachbarn, die ihm aufgrund der nach Art. 686 ZGB den Kantonen vorbehaltenen privatrechtlichen Bauvorschriften zustehen (BGE 102 Ib 352 mit Verweisungen, BGE 101 Ib 61 f. E. 3bb; MEIER-HAYOZ, N. 147 zu Art. 685/6 ZGB).
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a) Der Entschädigungsanspruch der Beschwerdeführer stützt sich, soweit die Nachteile der Lärmeinwirkungen und weiterer positiver Immissionen abgegolten werden sollen, auf Art. 684 ZGB. Die Schätzungskommission war daher kompetent, in dieser Hinsicht über die Entschädigungsbegehren zu entscheiden, und zwar nicht nur über die Höhe der Entschädigung, sondern auch darüber, ob überhaupt eine Verletzung von Nachbarrechten vorlag, da in solchen Fällen Art. 69 Abs. 1 EntG keine Anwendung findet (BGE 102 Ib 351 mit Verweisungen).
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b) Heikler ist dagegen die Frage, ob die Schätzungskommission zur Behandlung der Begehren der Grundeigentümer auch zuständig war, soweit diese eine Entschädigung für den Entzug von Licht und Sonnenschein und für die Beeinträchtigung der Aussicht verlangten.
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aa) Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung erzeugt die blosse Existenz einer Baute oder baulichen Anlage keine Einwirkungen im Sinne von Art. 684 ZGB; solche können sich nur aus dem Bau und aus der Art der Benutzung oder des Betriebes der Anlage ergeben (BGE 102 Ib 351, BGE 100 Ib 195 E. 7b, BGE 97 I 357 E. 1c, BGE 91 II 341 E. 3; BGE 88 II 264, 334 f., BGE 40 II 344 ff.). Wird durch eine Baute dem Nachbargrundstück Licht und Sonnenschein entzogen oder die Aussicht beeinträchtigt, so kann sich der Betroffene nicht auf Art. 684 ZGB berufen. Die sogenannten negativen Immissionen unterstehen nach der zitierten Rechtsprechung ausschliesslich dem in Art. 686 ZGB vorbehaltenen Privatrecht sowie dem öffentlichen Baurecht der Kantone. In der Lehre findet diese Auffassung vorwiegend Zustimmung (HAAB, N. 12 zu Art. 684 ZGB, LIVER, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1 S. 227 ff., KOLB, Die Haftung des Grundeigentümers, ZSR 71 II/1952 S. 143 f., BGE 106 Ib, 231 (237)STARK, N. 22 zu Art. 928 ZGB, ZIMMERLIN, Baugesetz des Kantons Aargau, § 160/1 N. 4 S. 463), vereinzelt wird sie auch - vor allem im älteren Schrifttum - kritisiert (vgl. BACHMANN, Die nachbarliche Überschreitung des Grundeigentums, Diss. Bern 1937, S. 89 ff. und die in N. 4 S. 91 zit. Literatur; SCHLEGEL, Die Immissionen des Art. 684 ZGB, Diss. Zürich 1949 S. 55 ff.). MEIER-HAYOZ hält ihr entgegen, es ergebe sich sowohl aus dem Text wie auch aus dem Sinn und Zweck von Art. 684 ZGB, dass der Nachbar gegen alle Arten von Immissionen geschützt werden soll. Positive und negative Immissionen seien oft kaum trennbar miteinander verbunden und daher den gleichen Normen zu unterstellen. Nur so werde gesamtschweizerisch ein minimaler Schutz des Menschen auch vor negativen Immissionen gewährleistet. Allerdings würde auch nach Ansicht von MEIER-HAYOZ die uneingeschränkte Subsumtion der durch die Existenz von Bauten hervorgerufenen Immissionen unter Art. 684 ZGB zu unbefriedigenden Resultaten führen. Er stellt wie die bereits genannten Autoren BACHMANN und SCHLEGEL fest, dass es für den Grundeigentümer, der sein Gebäude im Vertrauen auf das kantonale Baurecht erstellt hat, unzumutbar wäre und zu Rechtsunsicherheit führen würde, wenn die Beseitigung der Baute verlangt werden könnte; bei negativen Immissionen wäre daher aufgrund von Art. 684 ZGB nur eine Präventivklage oder, falls die Baute schon erstellt ist, ein Ausgleichsanspruch in Geld zu gewähren (N. 61 zu Art. 684 ZGB).
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Im vorliegenden Fall kann jedoch von einer näheren Prüfung dieser Frage abgesehen werden, da ein Entschädigungsanspruch der Beschwerdeführer - jedenfalls für den Entzug von Licht und Sonnenschein - auch dann zu bejahen ist, wenn in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung und der herrschenden Lehre davon ausgegangen wird, dass negative Immissionen von der Regelung von Art. 684 ZGB nicht erfasst werden und ausschliesslich dem kantonalen Recht unterstehen.
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bb) Wie bereits erwähnt, können auch die Abwehrrechte, die das in Art. 686 ZGB vorbehaltene kantonale Privatrecht dem Nachbarn verleiht, Enteignungsobjekte im Sinne von Art. 5 EntG darstellen. Werden derartige Rechte durch ein öffentliches Werk (Art. 1 Abs. 1 EntG) verletzt oder unterdrückt, so ist über die Entschädigung in einem bundesrechtlichen Enteignungsverfahren zu befinden. Im Entscheid Bläsi hat das Bundesgericht die weitere Frage aufgeworfen, ob ein BGE 106 Ib, 231 (238)formelles Enteignungsverfahren auch dann durchzuführen sei, wenn für die Errichtung eines Werkes von öffentlichrechtlichen Bestimmungen abgewichen werden muss, welche von Kantonen und Gemeinden aufgrund des - unechten - Vorbehaltes von Art. 702 ZGB (BGE 71 I 438 E. 4; BGE 96 I 137 E. 6) erlassen worden sind. Ohne sich festzulegen, hat das Bundesgericht immerhin die Möglichkeit in Betracht gezogen, solche öffentlichrechtlichen Bestimmungen, soweit sie nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch den Privatinteressen der Nachbarn dienen, den gestützt auf Art. 686 ZGB erlassenen Bauvorschriften des kantonalen Zivilrechtes gleichzustellen (BGE 102 Ib 352). Diese Möglichkeit ist hier, wie im folgenden dargestellt, zu bejahen.
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cc) Im bernischen Baurecht findet sich eine besondere Bestimmung über die Zumutbarkeit von Licht- und Sonnenentzug durch Bauten, die aufgrund von Sonderbauvorschriften erstellt werden. Art. 130 der Bauverordnung vom 26. November 1970 (Vollziehungsverordnung zum Baugesetz vom 7. Juni 1970/BauV) sieht für den Schattenwurf folgende Regelung vor:
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"Höhere Häuser, Hochhäuser und Sonderbauformen dürfen bestehende oder nach den geltenden Vorschriften mögliche Wohnbauten nicht durch Schattenwurf übermässig beeinträchtigen.
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Die zulässige Beschattungsdauer beträgt:
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a) bei Tag- und Nachtgleiche (21. März) zwischen 7.30 und 17.30 Uhr 2 Stunden;
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b) bei mittlerem Wintertag (8. Februar) zwischen 8.30 und 16.30 Uhr 2 Stunden.
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Ist die Besonnung einer Liegenschaft infolge topographischer Gegebenheiten oder durch bestehende Bauten bereits erheblich eingeschränkt, so sind die Beschattungstoleranzen angemessen zu reduzieren.
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Diese Regeln gelten auch für die Besonnung innerhalb einer Gesamtüberbauung."
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Wird ein Grundstück ungewöhnlich stark durch Schattenwurf beeinträchtigt, so kann der betroffene Grundeigentümer im sogenannten Lastenausgleichsverfahren nach Art. 51 f. des Berner Baugesetzes (BauG) eine Entschädigung fordern. Die Entschädigung dient als Ausgleich dafür, dass der eine der Grundeigentümer aus der Bewilligung zur zonenfremden Nutzung seines Grundstückes einen Sondervorteil ziehen kann, während der andere durch eben diese Bauweise benachteiligt wird (vgl. ZAUGG, Kommentar zum Baugesetz, N. 1 zu Art. 51, LUDWIG, Der Lastenausgleich nach Art. 51 f. Baugesetz, BGE 106 Ib, 231 (239)BVR/JAB 1977 S. 314 ff., GYGI, Expropriation, materielle Enteignung und Lastenausgleich, in: Rechtliche Probleme des Bauens, S. 104; Urteil des Berner Verwaltungsgerichts vom 23. August 1976 i.S. Schweiz. Eidgenossenschaft gegen Deuber und Schild, publ. in BVR/JAB 1977 S. 74 ff.). Wie das Entschädigungsverfahren ausgestaltet ist, ist hier nicht von Bedeutung. Massgebend ist, dass im bernischen Recht ausdrücklich festgelegt wird, bis zu welcher Höchstdauer der Grundeigentümer eine Beschattung durch Nachbarbauten zu dulden hat.
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Nun ist zwar diese Bestimmung, die den Grundeigentümer vor übermässigem Schattenwurf schützt, nicht ins Einführungsgesetz zum ZGB, sondern ins kantonale Baugesetz aufgenommen worden. Es scheint daher zunächst, sie sei aufgrund des Vorbehaltes von Art. 702 und nicht von Art. 686 ZGB erlassen worden. In welchem Erlass eine Rechtsnorm aufgeführt wird, kann indessen nicht entscheidend sein für ihre - privat- oder öffentlichrechtliche - Natur (BGE 56 II 22; MEIER-HAYOZ, N. 30 zu Art. 680 ZGB, HAAB, N. 6 zu Art. 680 ZGB); diese ergibt sich vielmehr aus dem positiven Recht, insbesondere aus der betreffenden Rechtsnorm selbst. Aus der Bestimmung von Art. 130 BauV geht klar hervor, dass sie nicht nur dem Interesse der Öffentlichkeit an der Wohnhygiene dient, sondern vorwiegend zum Schutze der besonderen Interessen der Nachbarn erlassen worden ist. Dies ergibt sich denn auch daraus, dass die Feststellung, eine Baute verursache übermässigen Schattenwurf, nicht etwa deren Abbruch oder ein Verbot zur Folge hat, das beeinträchtigte Gebäude weiterhin zu bewohnen; sie löst einzig eine Entschädigungspflicht aus. Der kantonale Gesetzgeber hat somit die gleiche Regelung getroffen, wie sie im Zivilgesetzbuch in analoger Anwendung der Bestimmungen über den Überbau (Art. 674 ZGB) für Bauten vorgesehen ist, die den Vorschriften des privaten nachbarlichen Baurechts des Bundes oder der Kantone zuwiderlaufen (Art. 685 in Verbindung mit Art. 686 ZGB): dem Bauenden kann, wenn es die Umstände rechtfertigen, gegen angemessene Entschädigung eine Duldungsdienstbarkeit zu Gunsten seines Grundstückes und zu Lasten der Nachbarparzelle eingeräumt werden (vgl. BGE 101 II 364 E. 3b, 82 II 399, BGE 41 II 219 f.; MEIER-HAYOZ, N. 123 zu Art. 685/686 ZGB). Art. 130 BauV stellt demnach nicht eine rein öffentlichrechtliche, sondern eine sogenannte gemischt-rechtliche oder Doppelnorm dar BGE 106 Ib, 231 (240)(vgl. BGE 91 I 415, BGE 90 I 208; s. etwa ZWAHLEN, Du droit des voisins à l'observation des règles de police des constructions, in: Mélanges François Guisan, S. 325 ff., insbesondere S. 336 ff., MEIER-HAYOZ, N. 34 ff. zu Art. 680 ZGB; kritisch: KUTTLER, Zur Problematik der gemischt-rechtlichen Normen in Baurecht, ZBl 67/1966 S. 265 ff., BÄUMLIN, Privatrechtlicher und Öffentlichrechtlicher Immissionenschutz, in: Rechtliche Probleme des Bauens, S. 128).
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Insofern die in Art. 130 BauV enthaltene Vorschrift über den Schattenwurf auch privatrechtlichen Charakter aufweist, darf sie bei der Anwendung von Art. 5 EntG jenen kantonalen Vorschriften gleichgestellt werden, die ausschliesslich aufgrund des Vorbehaltes von Art. 686 ZGB erlassen worden sind. Diese Gleichstellung rechtfertigt sich aus verschiedenen Gründen: Einerseits wird damit der bestehenden Tendenz Rechnung getragen, das öffentliche Recht auf alle Bereiche des Bauens, insbesondere auf das ganze Gebiet des Immissionsschutzes auszudehnen und ihm auch die Aufgaben zu übertragen, die ursprünglich vom Zivilrecht wahrgenommen worden sind. Andererseits trifft es, wie MEIER-HAYOZ hervorhebt (N. 6 zu Art. 684 ZGB) und sich im vorliegenden Falle bestätigt hat, tatsächlich zu, dass positive und negative Immissionen oft eng miteinander verbunden sind und nur eine Gesamtbetrachtung ein Urteil über die Auswirkungen auf den Betroffenen zulässt. Und schliesslich liesse es sich aus prozessökonomischen Gründen kaum vertreten, den Grundeigentümer im formellen Enteignungsverfahren nur für die positiven Einwirkungen zu entschädigen und ihn für die negativen Immissionen auf ein Verfahren wegen materieller Enteignung zu verweisen. Übrigens hat auch der Bundesrat schon im Jahre 1944 entschieden, dass öffentlichrechtliche Bestimmungen kantonaler Baugesetze gleichzeitig privatrechtliche Bauvorschriften im Sinne von Art. 686 ZGB bilden können und die durch diese Vorschriften geschaffenen Abwehrrechte auf dem Wege einer formellen Enteignung, durch zwangsweise Auferlegung einer Dienstbarkeit, aufgehoben oder unterdrückt werden können (VEB 17 Nr. 143).
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Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die aus Art. 130 BauV ergebenden Abwehr- und Entschädigungsansprüche den Nachbarrechten, die den Grundeigentümern in den kraft des Vorbehaltes von Art. 686 ZGB erlassenen privatrechtlichen BGE 106 Ib, 231 (241)Vorschriften eingeräumt werden, gleichzustellen sind; sie können Enteignungsobjekte im Sinne von Art. 5 EntG bilden. Die Schätzungskommission hat sich daher zu Recht für zuständig erachtet, über die Entschädigungsbegehren der Beschwerdeführer für den Entzug von Licht und Sonnenschein zu befinden.
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Der Klarheit halber ist beizufügen, dass sich der Anspruch auf Durchführung eines formellen Enteignungsverfahrens nur aufgrund der hier herangezogenen, besonderen Bestimmungen des kantonal-bernischen Rechts ergibt und nicht schon in jedem Fall entsteht, in welchem beim Bau eines Werkes von einer Vorschrift des kantonalen Baugesetzes abgewichen werden muss. Nicht zu prüfen ist die Frage, wie hier zu entscheiden wäre, wenn die Bestimmung von Art. 130 BauV nicht existierte.
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dd) Im Gegensatz zu den Bestimmungen über den Entzug von Licht und Sonne enthält das private Baurecht des Kantons Bern offenbar keine speziellen Vorschriften über den Schutz der Aussicht; jedenfalls wird in der Beschwerde keine derartige Bestimmung erwähnt. Die Schätzungskommission hätte daher auf das Gesuch um Entschädigung für die Beeinträchtigung der Aussicht, welches sie als unbegründet bezeichnet hat, überhaupt nicht eintreten sollen.
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Für die Frage der Minderwerts-Bemessung fällt dieser Punkt jedoch ohnehin kaum ins Gewicht.
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