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35. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. November 1981 i.S. Ramensperger und Küth gegen Regierungsrat des Kantons Nidwalden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland. |
2. Das Bundesgericht hat das im Zeitpunkt seines Entscheids geltende Recht anzuwenden. Wird im Laufe des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens ein Ort aus Anhang 1 BewVF gestrichen, kann die Bewilligung zum Erwerb des Grundstücks gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB nicht erteilt werden (E. 3a). Dieser Grundsatz verstösst nicht gegen das Rückwirkungsverbot (E. 3b). |
3. Das Bundesgericht prüft nicht, ob die Streichung eines Ortes aus Anhang 1 BewVF zweckmässig ist. Es untersucht nur, ob der Bundesrat sein Ermessen nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit ausgeübt hat (E. 3c). | |
Sachverhalt | |
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Am 22. Juli 1980 beschloss die Güterschatzungskommission, das Bewilligungsgesuch abzuweisen. Am 29. August 1980 erfolgte die Mitteilung an die Gesuchsteller. In der Begründung führte die Güterschatzungskommission aus, die Gemeinde Ennetbürgen habe bis zum 1. Juli 1980 als Fremdenverkehrsort im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Verordnung über den Erwerb von Grundstücken in Fremdenverkehrsorten durch Personen im Ausland (BewVF; SR 211.412.413) gegolten, und sie sei demzufolge in Anhang 1 BewVF aufgeführt gewesen. Am 24. April 1980 habe der Gemeinderat Ennetbürgen dem Regierungsrat des Kantons Nidwalden den Antrag gestellt, die Gemeinde aus Anhang 1 BewVF zu streichen. Mit Wirkung ab 1. Juli 1980 habe das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) diese Massnahme angeordnet. Massgebend sei daher das seit dem 1. Juli 1980 geltende Recht.
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Auf Beschwerde Ramenspergers und Küths hin bestätigte der Regierungsrat des Kantons Nidwalden den Entscheid der Güterschatzungskommission mit Beschluss vom 9. Februar 1981. In seiner Begründung ging der Regierungsrat davon aus, dass die Streichung Ennetbürgens als Fremdenverkehrsort unter den gegebenen Umständen gerechtfertigt war. Zu Recht habe die Güterschatzungskommission das im Zeitpunkt ihres Entscheides geltende Recht angewendet. Besondere Verhältnisse, welche die Anwendung des alten Rechts rechtfertigten, liegen nach Ansicht des Regierungsrates nicht vor.
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Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Ramensperger und Küth beantragen die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Erteilung der nachgesuchten Bewilligung. Landammann und Regierungsrat des ![]() | 4 |
Erwägungen: | |
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1. ...
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2. ...
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3. Die Lage des Grundstückes an einem Orte, dessen Wirtschaft vom Fremdenverkehr abhängt und der Ansiedlung von Gästen bedarf, um den Fremdenverkehr zu fördern, insbesondere in Berggegenden (Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB).
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Als Fremdenverkehrsorte gemäss dieser Bestimmung gelten in der Regel solche im Sinne der Bundesgesetzgebung über die Förderung des Hotel- und Kurortkredites (SR 935.121; Art. 2 Abs. 1 BewVF). Diese Orte werden in Anhang 1 BewVF aufgeführt. Unbestritten ist, dass Ennetbürgen im Zeitpunkt der Einreichung des Bewilligungsgesuches darin aufgeführt war und die Bewilligung gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB bei Vorliegen aller notwendigen Voraussetzungen zu erteilen war. Nach Auffassung der Vorinstanz schliesst die mit Wirkung ab 1. Juli 1980 erfolgte Streichung die Erteilung der Bewilligung aus, weil die Güterschatzungskommission erst nach diesem Datum über das Gesuch befand und daher das neue Recht anzuwenden hatte.
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a) Die BewVF stützt sich auf die dem Bundesrat gemäss Art. 34 Abs. 1 BewB delegierte Kompetenz zum Erlass von Ausführungsvorschriften. Die Anhänge 1 bis 3 bilden integrierende Bestandteile der BewVF. In Anhang 1 BewVF werden alle Fremdenverkehrsorte im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BewVF aufgeführt. Die BewVF ![]() | 11 |
b) Im vorliegenden Fall strich das EJPD am 1. Juli 1980 die Gemeinde Ennetbürgen aus Anhang 1 (AS 1980, 855). Der Bundesrat genehmigte diese Verordnungsänderung jedoch erst am 8. April 1981 und setzte sie auf den 19. Mai 1981 in Kraft (AS 1981, 455). Ennetbürgen ist somit erst seit dem 19. Mai 1981 aus Anhang 1 BewVF gestrichen. Die kantonalen Instanzen verweigerten mithin zu Unrecht die Bewilligung mit der Begründung, Ennetbürgen sei in Anhang 1 BewVF nicht mehr aufgeführt. Der angefochtene Entscheid verletzt Bundesrecht und ist grundsätzlich aufzuheben. Dies besagt jedoch nicht, dass die nachgesuchte Bewilligung zwangsläufig zu erteilen ist. Zu prüfen bleibt, nach welchem Recht das Bundesgericht die Voraussetzungen zur Erteilung der Bewilligung zu beurteilen hat.
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3. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind neue ![]() ![]() | 13 |
Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall das Bundesgericht die am 19. Mai 1981 in Kraft getretene Streichung der Gemeinde Ennetbürgen aus Anhang 1 BewVF zu beachten hat. Der Erteilung der Bewilligung aufgrund von Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB ist die Grundlage entzogen.
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b) Die Beschwerdeführer wenden ein, die Anwendung des neuen Rechts verstosse gegen das Rückwirkungsverbot. Sie verkennen damit den Begriff der Rückwirkung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist ein Erlass rückwirkend, wenn bei der Anwendung des neuen Rechts an ein Ereignis geknüpft wird, das vor seinem Erlass abgeschlossen ist. Keine Rückwirkung im Sinne der Rechtsprechung liegt vor, wenn bei der Anwendung des neuen Rechts lediglich auf Verhältnisse abgestellt wird, die zwar noch unter der Herrschaft des alten Rechts entstanden sind, beim Inkrafttreten des neuen Rechts aber andauern. Diese sogenannte unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig (BGE 106 Ia 258, BGE 104 Ib 219 E. 6, BGE 101 Ia 85 /6 E. 2). Im vorliegenden Fall ist der Zeitpunkt des Erwerbes des Grundstücks massgebend. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer stellt der Abschluss des obligatorischen Kaufvertrages keinen Erwerb im Rechtssinne dar. Nach Art. 656 Abs. 1 ZGB wird ein Grundstück durch Anmeldung ins Grundbuch erworben. Dass diese Anmeldung vorliegt, behaupten die Beschwerdeführer nicht und kann im übrigen auch ausgeschlossen werden, da Rechtsgeschäfte auf bewilligungspflichtigen Erwerb unwirksam bleiben, solange die rechtskräftige Bewilligung nicht vorliegt (Art. 20 Abs. 1 BewB). Daraus folgt, dass das neue Recht anwendbar ist, soweit das Bewilligungsverfahren nicht abgeschlossen ist. Die Grundsätze über die Rückwirkung werden dadurch nicht verletzt.
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c) Die Beschwerdeführer machen eher beiläufig geltend, die Streichung Ennetbürgens sei nicht gerechtfertigt gewesen. Mit diesem Einwand sind sie nicht zu hören. Ob die Wirtschaft eines Ortes vom Fremdenverkehr abhängt und dieser der Ansiedlung von Gästen bedarf, war nach dem Willen des historischen Gesetzgebers ![]() | 16 |
Die Vorinstanz begründete im angefochtenen Entscheid einlässlich, warum sie dem Bundesrat die Streichung Ennetbürgens aus Anhang 1 BewVF beantragte. Sie vertrat die Auffassung, mit dem Zweitwohnungsverkauf an Personen im Ausland werde kein ausschlaggebender Beitrag zur Förderung des Tourismus in Ennetbürgen geleistet. Sie wies ausserdem auf die ihrer Ansicht nach negativen Begleiterscheinungen im Zusammenhang mit dem Grundstückverkauf an Personen im Ausland hin. Die Beschwerdeführer weisen zwar auf die Wichtigkeit des Tourismus hin, setzen sich jedoch mit keinem Wort mit der Auffassung der Vorinstanz auseinander, der Verkauf von Zweitwohnungen an Personen im Ausland sei gerade in Ennetbürgen nicht unabdingbar und notwendig. Unter diesen Umständen besteht kein Anlass, die Streichung Ennetbürgens als rechtswidrig zu betrachten.
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d) Zusammenfassend ergibt sich, dass die mit Wirkung ab 19. Mai 1981 in Kraft getretene Streichung Ennetbürgens aus Anhang 1 BewVF die Erteilung der Bewilligung gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB grundsätzlich ausschliesst. Im folgenden bleibt zu prüfen, ob besondere Verhältnisse vorliegen, welche die Erteilung der Bewilligung gebieten.
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