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15. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. Februar 1982 i.S. Joseph Müller AG gegen Bergesen und Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958. |
- Die Parteiautonomie verschafft den Litiganten insbesondere die Möglichkeit, durch Abrede den Zeitpunkt zu bestimmen, in welchem der Schiedsspruch unter ihnen verbindlich werden soll (E. 4c). - Verhältnisse im vorliegenden Fall (E. 4d). |
- Zur Annahme der Verbindlichkeit genügt, dass der Schiedsspruch dem Exequatur zugänglich ist (E. 4e). | |
Sachverhalt | |
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"Das Schiedsverfahren findet in der Stadt New York (Staat) New York, statt; es unterliegt den Gesetzen des Staates New York; der mehrheitlich gefällte Schiedsspruch ist durch jedes zuständige Gericht vollstreckbar und für die Parteien in der ganzen Welt endgültig rechtskräftig und bindend."
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Zwischen den Parteien entstand in der Folge Streit, worauf das Schiedsverfahren eingeleitet wurde. Das Schiedsgericht verurteilte die Joseph Müller AG am 14. Dezember 1978 zur Zahlung von total $ 61'406.09 zuzüglich 8% Zins bis zur Bezahlung der Forderung.
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Mit Verfügung vom 7. November 1979 erklärte der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirks Zürich den Schiedsspruch für vollstreckbar und gewährte definitive Rechtsöffnung im Betrag von Fr. 106'846.60 nebst 8% Zins seit 30. Juni 1979. Auf Rekurs der Joseph Müller AG hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilkammer) die erstinstanzliche Verfügung mit Beschluss vom 8. Dezember 1980.
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Dagegen richtet sich die staatsrechtliche Beschwerde der Joseph Müller AG. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und das Verfahren zur Abweisung des Begehrens und der Vollstreckbarerklärung an das Obergericht zurückzuweisen. Sie beruft sich auf eine Verletzung von Art. V Ziff. 1 lit. e des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (SR 0.277.12; im folgenden New Yorker Übereinkommen). Die Verletzung dieses Staatsvertrages erblickt sie darin, dass das Obergericht zu Unrecht den Schiedsspruch als verbindlich betrachtet habe. Nach dem Recht des Staates New York müsse ein Schiedsspruch innerhalb eines Jahres von einem staatlichen Gericht bestätigt werden (sog. "confirmation of award"). Erst der durch die "confirmation" bekräftigte Schiedsspruch stelle ein verbindliches und vollstreckbares Urteil im Sinne des New Yorker Übereinkommens dar. Der Beschwerdegegner beantragt die Beschwerde abzuweisen. Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht prüft frei, ob der angefochtene Entscheid gegen Bestimmungen eines Staatsvertrages verstösst. Es beschränkt sich dabei nur auf die Prüfung der in der Beschwerde erhobenen Rügen (BGE 101 Ia 524 E. 1 mit Hinweisen). Neue tatsächliche oder rechtliche Vorbringen sind zulässig (BGE 105 Ib 40 E. 2).
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b) Im Falle der Gutheissung der Beschwerde wird der angefochtene Entscheid aufgehoben. Es wird in diesem Fall Sache des Obergerichts sein, im Lichte der bundesgerichtlichen Erwägungen einen neuen Entscheid zu fällen. Weitere Anordnungen des Bundesgerichts sind nicht notwendig. Insofern daher die Beschwerdeführerin mehr als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids verlangt, ist die Beschwerde unzulässig. Im übrigen ist auf die Beschwerde einzutreten.
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"dass die Bildung des Schiedsgerichts oder das schiedsrichterliche Verfahren der Vereinbarung der Parteien oder, mangels einer solchen Vereinbarung, dem Recht des Landes, in dem das schiedsrichterliche Verfahren stattfand, nicht entsprochen hat;" (Ziff. 1 lit. d) oder
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"dass der Schiedsspruch für die Parteien noch nicht verbindlich geworden ist oder dass er von einer zuständigen Behörde des Landes, in dem oder nach dessen Recht er ergangen ist, aufgehoben oder in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt worden ist." (Ziff. 1 lit. e)
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"The court shall confirm an award upon application of a party made within one year after its delivery to him, unless the award is vacated or modified upon a ground specified in section 7511."
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In § 7511 CPLR wird sodann das Rechtsmittelverfahren gegen Schiedssprüche geregelt. Insbesondere sind die Gründe für die Aufhebung (vacating) und Abänderung (modifying) geregelt. Aus welchen Gründen hingegen die "confirmation of award" verweigert werden kann, folgt nicht aus dem Gesetzestext.
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Nach Auffassung des Obergerichts dient die "confirmation" der Feststellung der Vollstreckbarkeit (enforcement) des Schiedsspruches. Ziel des New Yorker Übereinkommens sei jedoch gewesen, das doppelte Exequaturverfahren zu vermeiden, wie es unter dem Geltungsbereich des Genfer Abkommens vom 26. September 1927 (SR 0.277.111) zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, aber in der Praxis notwendig war. Nach dem New Yorker Übereinkommen bedürfe es keiner gerichtlichen Vollstreckbarerklärung des Staates, unter dessen Recht das Schiedsverfahren durchgeführt wurde.
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b) Ob ein Schiedsspruch für die Parteien verbindlich (französisch "obligatoire"; englisch "binding") geworden ist, richtet sich in erster Linie nach dem für das schiedsrichterliche Verfahren massgebenden Recht. Die Wahl des Verfahrensrechts kann im Rahmen der Parteiautonomie frei bestimmt werden (vgl. Art. V Ziff. 1 lit. d New Yorker Übereinkommen). Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass das Schiedsverfahren in erster Linie durch die von den Parteien selbst vereinbarte Ordnung und, beim Fehlen einer Parteivereinbarung, subsidiär durch das Recht des Staates, wo das Schiedsverfahren stattfindet, beherrscht wird (vgl. ![]() | 18 |
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d) Im vorliegenden Fall vereinbarten die Parteien, dass das Schiedsverfahren den Gesetzen des Staates New York unterliegen sollte und der mehrheitlich gefällte Schiedsspruch durch jedes zuständige Gericht vollstreckbar und für die Parteien in der ganzen Welt endgültig rechtskräftig und bindend zu sein habe. Sie schlossen damit jeden Weiterzug des Schiedsspruchs aus. Dessen Verbindlichkeit trat somit nicht erst mit Ablauf der Rechtsmittelfrist von 90 Tagen gemäss § 7511 CPLR, bzw. der "confirmation of award" ein, sondern bereits mit der Fällung des Schiedsspruches. Diese Rechtsfolge sehen denn auch mehrere Schiedsordnungen privater und öffentlichrechtlicher Organisationen vor (z.B. Art. 29 der Vergleichs- und Schiedsordnung der internationalen Handelskammer; Rule 19 The Copenhagen Rules 1950). Dass der vorliegende Schiedsspruch durch ein New Yorker Gericht aufgehoben bzw. in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt worden wäre, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Die Vereinbarung der Parteien hat deshalb zur Folge, dass der Schiedsspruch seit 14. Dezember 1978 im Sinne von Art. V Ziff. 1 lit. e des New Yorker Übereinkommens verbindlich geworden ist.
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e) Die Beschwerdeführerin behauptet freilich, der Schiedsspruch sei ohne "confirmation of award" nach New Yorker Recht nicht verbindlich. Sie erklärt nicht, wie sie diese Behauptung mit der vorstehenden Schiedsklausel vereinbart und unter welchem Titel New Yorker Recht eingreifen sollte, kraft Parteivereinbarung oder als unabdingbares Recht des Staates, in dem der Schiedsspruch erging. Alle diese Fragen können jedoch offen bleiben. Nach Art. V Abs. 1 Einleitungssatz des New Yorker Übereinkommens hat der Beklagte die von ihm behauptete Unverbindlichkeit ![]() | 21 |
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