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59. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. August 1982 i.S. Z. AG gegen Kantonale Wehrsteuerrekurskommission Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 49 Abs. 1 WStB; Abschreibungen und Rückstellungen für Ersatzbeschaffung von Anlagevermögen. | |
Sachverhalt | |
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Gegen den Entscheid der kantonalen Rekurskommission führt die Z. AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit der sie die Anerkennung der Rückstellung und Verzicht auf die entsprechenden Aufrechnungen beantragt. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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I. Verwaltungsgerichtsbeschwerde
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- der Vermögensgegenstand im gleichen Geschäftsjahr durch einen neuen ersetzt wird, der im gleichen Ausmass sofort abgeschrieben wird, womit die stillen Reserven auf diesen neuen Vermögensgegenstand übertragen werden,
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- oder eine von der Steuerbehörde zu anerkennende Rückstellung für die Wiederbeschaffung gemacht wird, was nach Art. 49 Abs. 1 lit. c WStB nur zulässig ist, soweit solche Abschreibungen oder Rückstellungen geschäftsmässig begründet sind.
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Eine besondere Behandlung in diesem Sinne erfahren in der Praxis der Wehrsteuerveranlagungsbehörden Kapitalgewinne, die zu Ersatzanschaffungen verwendet werden, wenn Vermögensgegenstände, die zum Betrieb einer Unternehmung notwendig sind, u.a. durch ein Naturereignis zerstört werden, und die an ihre Stelle tretenden Versicherungssummen dazu verwendet werden, die verlorengegangenen Vermögensgegenstände zu ersetzen. Das gleiche gilt, wenn Vermögensgegenstände expropriiert oder unter Expropriationsdrohung veräussert werden. Werden die an Stelle der verlorenen Gegenstände tretenden Geldbeträge zur Beschaffung von Ersatzgütern verwendet und entsprechend verbucht, so wird eine steuerfreie Übertragung der stillen Reserven auf die Ersatzanschaffungen anerkannt und damit berücksichtigt, dass wirtschaftlich eine Realisierung stiller Reserven nicht vorliegt, da ein Zwang zur Ersatzbeschaffung besteht und deshalb die Ersatzsumme für die Unternehmung gar nicht frei verfügbar ist (Entscheid des ![]() | 7 |
4. Da die Wehrsteuer vom Reinertrag der Kapitalgesellschaften nach Art. 49 Abs. 1 lit. a WStB (und entsprechend vom Unternehmens-Reingewinn von Selbständigerwerbenden und Personengesellschaften nach Art. 21 WStB) grundsätzlich vom bereinigten (Art. 49 Abs. 1 lit. b und c WStB) Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung zu erheben ist, muss die sog. Ersatzbeschaffungstheorie von den Wehrsteuerbehörden berücksichtigt werden, soweit bei der Ermittlung des Saldos der Gewinn- und Verlustrechnung nach den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung die Übertragung stiller Reserven auf neubeschaffte Gegenstände des Anlagevermögens anerkannt und nicht bloss Ausdruck einer im Handelsrecht zulässigen vorsichtigen Bilanzierung, sondern für die Ermittlung des wahren Ertrags der betreffenden Rechnungsperiode notwendig ist (vgl. Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB). In der Literatur der letzten Jahrzehnte wird durchwegs anerkannt, dass im Rahmen der Reinertrags- bzw. Reingewinnbesteuerung die Beschaffung notwendigen Ersatzes für ausgeschiedene Gegenstände des Anlagevermögens ohne Besteuerung der auf die Ersatzgegenstände übertragenen stillen Reserven möglich sein muss (C. BRELAZ, Imposition des gains en capital dans les cas d'incendie, d'expropriation ou d'autres résiliations nécessitées par des circonstances particulières, RDAF 13, 1957, S. 229 ff.; H. WEIDMANN, StR 16 1961, S. 186 ff.; J.-M. RIVIER, Réinvestissement en franchise d'impôt des bénéfices en capital obtenus par une entreprise astreinte à tenir une comptabilité, RDAF 18, 1962, S. 289 ff.; Gutachten über steuerrechtliche Fragen beim Zusammenschluss von Unternehmungen, Zürich 1970, S. 136 und 157; H. HEROLD, Die Wiederanlage von Liegenschaftsgewinnen des Unternehmers, ASA 39, ![]() | 8 |
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b) Es muss ein Zwang zur Verwendung des zugeflossenen Geldbetrags für die Ersatzbeschaffung bestehen: In dieser Hinsicht werden nicht durchwegs gleich strenge Anforderungen gestellt. Im Entscheid in ASA 46 S. 390 ff. wurde ein äusserer Zwang (Zerstörung durch Naturereignis, Enteignung oder Enteignungsdrohung) vorausgesetzt, wobei der Sinn der Praxis darin gesehen wurde, dass dem Unternehmen der Zeitpunkt, in dem stille Reserven aufgelöst werden, nicht von aussen aufgezwungen werden soll. Es wurde aber dahingestellt, ob die Praxis in allen Teilen zu befriedigen vermöge. Vorwiegend wird auch ein innerbetrieblicher Zwang zur Ersatzbeschaffung als genügend erachtet, der den Unternehmensinhaber veranlasst, aus eigenem Entschluss - aber nicht aus wirklich freiem Willen - einen zu den notwendigen Betriebsaktiven gehörenden Vermögensgegenstand aufzugeben, z.B. auch durch Veräusserung (MASSHARDT, a.a.O., Art. 21 N. 101 S. 112/3 und Art. 49 N. 15 S. 259; KÄNZIG, Kommentar zu Art. 21, 2. Aufl., N. 165 f. S. 385 und N. 197 S. 417 f.; Gutachten über steuerrechtliche Fragen beim Zusammenschluss von Unternehmungen, S. 157; RIVIER, a.a.O., S. 297; CAGIANUT, a.a.O., S. 97; für St. Gallen, trotz der einen Zwang nicht erwähnenden Formulierung in Art. 25 Abs. 1 lit. b StG, H. WEIDMANN, Wegweiser durch das St. Gallische Steuerrecht, 3. Aufl., S. 80/1).- Die Frage braucht hier nicht weiter verfolgt zu werden, da bei der Beschwerdeführerin unbestritten durch den Brand zwangsweise die Betriebsanlagen zerstört wurden.
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c) Der Ersatz muss innert einer angemessenen Frist erfolgen: Andernfalls liesse sich schwerlich von einem Ersatz betriebsnotwendiger Gegenstände sprechen, sondern es müssten in vielen Fällen Zweifel entstehen, ob diese betriebsnotwendig waren. Ein Ersatz innert angemessener Frist ist jedenfalls anzunehmen, wenn er innert derselben Abrechnungsperiode erfolgt, so dass am ![]() | 12 |
d) Der Erlös muss für die Beschaffung eines Ersatzguts verwendet oder zurückgestellt werden, das der Fortsetzung des im wesentlichen unveränderten Betriebs des gleichen Unternehmens dient: Nur unter dieser Voraussetzung können die Veranlagungsbehörden davon ausgehen, das Unternehmen sei nicht in die Lage versetzt worden, über die Ersatzsumme bzw. den Erlös frei zu verfügen, d.h. die den Buchwert übersteigenden Einnahmen stellten keine Realisierung der stillen Reserven dar.
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Wollten die Steuerbehörden darüber hinausgehen und eine steuerfreie Übertragung stiller Reserven auf zerstörten, expropriierten oder veräusserten Gegenständen des Anlagevermögens auch dann zulassen, wenn die dem Unternehmen zugeflossenen Geldmittel in einem andern Betrieb oder gar in einem andern Unternehmen investiert würden, wie das etwa in dem von der Beschwerdeführerin zitierten Aufsatz von Weidmann (StR 16 S. 192 ff.) vorgeschlagen wurde, so müsste sich dies auf eine entsprechende gesetzliche Vorschrift stützen. Eine solche Lösung könnte nicht mehr aus den Grundsätzen der Unternehmensbesteuerung heraus, sondern nur aus gewerbepolitischen Überlegungen getroffen werden (HEROLD, a.a.O., S. 152 ff.), die Sache des Gesetzgebers bleiben müssen.
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Von den für die Buchführung geltenden allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen her ist es schon fraglich, ob es angeht, stille Reserven auf bestimmten Anlagegütern zu übertragen ![]() | 15 |
Selbst wenn man, da eine ausdrückliche Vorschrift dies nicht hindert, bei der Abgrenzung des wehrsteuerpflichtigen Reinertrags eine Ersatzbeschaffung auch anerkennen wollte, wo an Stelle betriebsnotwendigen Anlagevermögens andersartige Gegenstände des Anlagevermögens beschafft werden, liesse sich dies doch jedenfalls nur dann rechtfertigen, wenn die Ersatzgegenstände dem - im wesentlichen unverändert gleichen - Betrieb (vgl. für die sehr weitherzige Auslegung des Gesetzes von Aargau: FELDMEIER, 10 Jahre Erfahrung mit der Ersatzbeschaffung im Kanton Aargau, StR 32, 1977 S. 313 ff. insbes. 316) oder jedenfalls dem gleichen Unternehmen dienen würden. Wenn der Betrieb (oder Betriebszweig), für welchen die untergegangenen, expropriierten oder aus innerbetrieblicher Notwendigkeit veräusserten Gegenstände betriebsnotwendig waren, aufgegeben und der Erlös für einen andern Betriebszweig verwendet wird, lässt sich schwerlich verneinen, dass das Unternehmen über den Erlös frei verfügen konnte (KÄNZIG, a.a.O., Art. 21 N. 197 S. 418). Jedenfalls aber kann die Reinvestition nur notwendig (und der Erlös deshalb nicht frei verfügbar) sein, wenn sie im gleichen Unternehmen erfolgt (ASA 30 S. 98; RIVIER, a.a.O., S. 296, 297; HEROLD, a.a.O., S. 160). Das ergibt sich für Rückstellungen übrigens schon daraus, dass solche nach Art. 49 Abs. 1 lit. c WStB nur dann nicht als Ertrag zu versteuern sind, wenn sie geschäftsmässig begründet sind. Rückstellungen für einen erst in den nächsten Steuerperioden zu erwartenden Aufwand aber können nur geschäftsmässig begründet sein (und von den ![]() | 16 |
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a) Die Beschwerdeführerin vertritt den Standpunkt, der Begriff der von den Steuerbehörden zu anerkennenden Ersatzbeschaffung sei auszuweiten in dem Sinne, wie dies seinerzeit Weidmann vorgeschlagen hatte, wofür sich im Wehrsteuerbeschluss aber keine Grundlage findet. Nach ihrer Auffassung sollte die Reinvestition in der gleichen Unternehmung genügen, wobei sie mit Unternehmung ihre Kapitalgesellschaft (Aktiengesellschaft) meint und darauf hinweist, dass diese die Versicherungssumme nicht an die Aktionärin (Muttergesellschaft) ausschütte, sondern selber für die Neuüberbauung ihrer Grundstücke verwendet.
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aa) Diese Auffassung kann schon deshalb nicht zutreffend sein, weil nach Art. 49 Abs. 1 WStB nicht bloss die ausgeschütteten Teile des Geschäftsergebnisses (soweit vor dem Jahresabschluss ausgeschüttet, vgl. Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB), sondern der gesamte Reinertrag einschliesslich des Saldos der Gewinn- und Verlustrechnung und der nicht geschäftsmässig begründeten Rückstellungen steuerbar ist, auch soweit die Gesellschaft ihn zurückbehält und allenfalls in neuen Anlagen und Gebäuden investiert.
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bb) Sowenig wie bei natürlichen Personen (die neben Privatvermögen gleichzeitig mehrere von einander unabhängige Unternehmungen haben können) und bei Personengesellschaften, ist auch bei Kapitalgesellschaften die Unternehmung, deren Erfolg aus der vorgeschriebenen kaufmännischen Buchführung mit Betriebsrechnung (Art. 662 ff. und Art. 957-960 OR) ersichtlich sein muss, nicht schlechthin identisch mit der Gesellschaft selber als juristischer ![]() | 20 |
cc) Die Beschwerdeführerin gab ihr Ziegeleiunternehmen aus eigenem Entschlusse auf, weil es nicht mehr rentierte und auch eine Erneuerung nicht mehr rentabel gewesen wäre. Dass sie den Zeitpunkt der Stillegung nicht frei wählte, dieser vielmehr durch den Brand der Betriebsanlagen gegeben war, ändert daran grundsätzlich nichts, ebensowenig die Entschädigung an die Beschwerdeführerin, ihre Muttergesellschaft und deren Aktionär, welche die bernischen und solothurnischen Ziegelwerke im Interesse der Stillegung leisteten. Entscheidend ist einzig, dass die Unternehmung nicht mehr fortgeführt wird, sondern die Tätigkeit der Beschwerdeführerin sich seither auf die Liquidation, auf Transporte und auf den Handel mit Immobilien beschränkt, wie sie selber in ihrer Steuererklärung angab. Die neue Tätigkeit des Immobilienhandels (bzw. der Überbauung und des Verkaufs oder der Vermietung ihrer Liegenschaften) wird, wenn die Beschwerdeführerin diese als (neues) kaufmännisches Unternehmen dauernd betreiben will, eine Änderung ihres statutarischen Gesellschaftszwecks erfordern. Die ![]() | 21 |
b) Es braucht daher nicht entschieden zu werden, welche Frist noch als angemessen betrachtet werden kann, wenn für zerstörte, enteignete oder veräusserte Gegenstände des betriebsnotwendigen Anlagevermögens Ersatz in Form neuer Bauwerke beschafft werden soll. Immerhin mag beigefügt werden, dass von einer Reinvestition innert angemessener Frist nicht schon dann gesprochen werden kann, wenn innert solcher Frist erst gewisse vorbereitende Planungen für spätere Bauten ausgeführt werden. Der Vorinstanz kann auch nicht vorgeworfen werden, sie habe die für eine Ersatzbeschaffung vorausgesetzte angemessene Frist zu einschränkend verstanden, wenn sie annahm, diese sei in den sieben Jahren seit dem Brand abgelaufen. Die Beschwerdeführerin konnte sich eine so lange Planungsphase nur deshalb erlauben, weil die Unternehmung nicht fortgesetzt wird, eine Notwendigkeit zur Ersatzbeschaffung eben nicht besteht.
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