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27. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 29. Februar 1984 i.S. Kantonaler Fischereiverein Graubünden sowie Aqua Viva und Mitbeteiligte gegen Kraftwerke Ilanz AG und Regierung des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 103 lit. c. OG i.V.m. Art. 12 NHG. |
2. Die Legitimation zur Anfechtung einer Verfügung gibt den zur Beschwerde berechtigten Vereinigungen keinen Anspruch auf den Erlass neuer erstinstanzlicher Verfügungen (E. 2a bis c). |
Art. 43 WRG; Art. 24 bis 26 FG. Schutz wohlerworbener Rechte bei der Erteilung fischereirechtlicher Bewilligungen. |
1. Grundsatz (Zusammenfassung des Urteils vom 17. Juni 1981, BGE 107 Ib 148 ff.; E. 5a). |
2. Auseinandersetzung mit der Kritik (E. 5b). |
3. Inhalt von Art. 26 FG (E. 6). | |
Sachverhalt | |
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Aus den Erwägungen: | |
2. Mit der Legitimation der Beschwerdeführer hatte sich das Bundesgericht schon in den Urteilen vom 17. Juni 1981 über die Beschwerden gegen die erste fischereirechtliche Bewilligung für die Kraftwerkanlage Ilanz I und II zu befassen. Dabei anerkannte es die Beschwerdebefugnis des Kantonalen Fischereivereins Graubünden sowie jene der betroffenen Grundeigentümer nach Art. 103 lit. a OG (Urteil i.S. A 35/80, E. 1b, S. 8/9 und A 38/80, E. 2a, S. 8 ff.). Die Legitimation der Aqua Viva, des Rheinaubundes, des Schweizerischen Bundes für Naturschutz, der Schweizerischen Gesellschaft für Umweltschutz und der Schweizerischen Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege anerkannte das Gericht nach Art. 103 lit. c OG in Verbindung mit Art. 12 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG; Urteil i.S. A 38/80, E. 2b, S. 10 ff. veröffentlicht in: ZBl 82/1981, S. 551/552). Es liess einzig die Frage offen, ob die Stiftung World ![]() | 2 |
a) Nicht einzutreten ist auf die Rüge der Aqua Viva und der Mitbeteiligten, die Regierung habe es zu Unrecht unterlassen, die Kraftwerke Vorderrhein AG in das Verfahren einzubeziehen und zur Lieferung einer höheren Restwassermenge zu verpflichten.
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Die gestützt auf Art. 12 NHG beschwerdeführenden Vereinigungen sind zwar befugt, im kantonalen Verfahren schon Verfügungen unterer Instanzen anzufechten. Das Beschwerderecht setzt jedoch eine Verfügung als Anfechtungsobjekt voraus (ROBERT IMHOLZ, Die Zuständigkeiten des Bundes auf dem Gebiete des Natur- und Heimatschutzes, Diss. Zürich 1975, S. 76/77). Art. 12 NHG gibt den Vereinigungen keinen auf dem Rechtsweg durchsetzbaren Anspruch auf den Erlass erstinstanzlicher kantonaler Verfügungen. Hätte der Gesetzgeber den gesamtschweizerischen Vereinigungen des Natur- und Heimatschutzes ein allgemeines Aufsichts- und Interventionsrecht einräumen wollen, so hätte er das ausdrücklich anordnen müssen.
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Ebensowenig steht den beschwerdeführenden Grundeigentümern das Recht zu, eine an die Kraftwerke Vorderrhein AG gerichtete Verfügung zu verlangen, die dieses Unternehmen entgegen der ihr erteilten Konzession zu einer erhöhten Restwasserabgabe verpflichten würde. Dessen Wassernutzung ändert am bestehenden Abfluss des Vorderrheins zwischen Tavanasa und Ilanz nichts.
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Soweit die Aqua Viva und die Mitbeteiligten jedoch geltend machen, die von der Regierung festgelegten Restwassermengen ![]() | 6 |
b) Nicht einzutreten ist auf den Antrag der Aqua Viva und der Mitbeteiligten, die der Kraftwerke Ilanz AG erteilte Konzession gegen angemessene Entschädigung zu schmälern oder zurückzuziehen.
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Mit dem angefochtenen Entscheid hat die Regierung der Kraftwerke Ilanz AG nur die fischereirechtliche Bewilligung sowie die Ausnahmebewilligung zur Beseitigung der Ufervegetation erteilt. Für die Einschränkung oder den Rückzug der Konzession wäre ein selbständiges Verfahren erforderlich, in das die Konzessionsgemeinden einbezogen werden müssten. Der Entscheid über die Einleitung eines solchen Verfahrens steht allein den Konzessionsgemeinden beziehungsweise der Regierung zu.
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c) Die Legitimation der Beschwerdeführer, die mit der Ausnahmebewilligung zur Beseitigung der Ufervegetation verbundene fischereirechtliche Bewilligung anzufechten, hat nicht zur Folge, dass auf die weitergehenden Forderungen einzugehen ist.
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Soweit das Eidgenössische Departement des Innern geltend macht, die Regierung habe auch einen entschädigungspflichtigen Eingriff in die Konzession zu prüfen, um einem allenfalls überwiegenden öffentlichen Interesse der Fischerei ausreichend Rechnung zu tragen, kann hierauf schon deshalb nicht eingetreten werden, weil das Departement keine Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergriffen hat, wozu es nach Art. 103 lit. b OG befugt gewesen wäre.
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5. a) Bei der fischereirechtlichen Beurteilung der Beschwerden ist von den Grundsätzen auszugehen, die das Bundesgericht in seinen Urteilen vom 17. Juni 1981 aufgestellt hat. Danach sind die Wassernutzungsrechte, die der Beschwerdegegnerin in den Jahren 1962 bis 1964 erteilt wurden, von Gesetzes wegen wohlerworbene Rechte (Art. 43 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916, WRG). Durch spätere Gesetze kann ein solches Recht grundsätzlich nicht aufgehoben oder eingeschränkt werden. Rechte, die durch Konzessionen verliehen wurden, können somit durch die künftige Gesetzgebung nicht entschädigungslos aufgehoben oder sonstwie in ihrer Substanz beeinträchtigt werden. Dagegen ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, Gesetze anzuwenden, die ![]() | 11 |
b) Die erwähnten Entscheide des Bundesgerichts sind auf Kritik gestossen. So bemerkt Alfred Kölz, sie führten dazu, dass für die Anwendung des neuen Rechts der Grundsatz der Gesetzmässigkeit verletzt und das öffentliche Interesse erheblich zurückgedrängt werde (ZSR 1983 II 180/181). Dem ist entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber die Gesetzesbeständigkeit des verliehenen Rechts selbst gewollt hat (Art. 43 Abs. 2 WRG). Zudem kann der Konzessionärin auch im Licht des Vertrauensgrundsatzes die ausserordentlich lange Dauer kaum vorgehalten werden, während der sie die Konzession nicht ausgeübt hat; die Konzessionsgemeinden und die Regierung haben die Dauer auf Gesuch der Konzessionärin hin aus freiem Entschluss wiederholt verlängert, ohne neue Vorbehalte anzubringen. In diesem Zusammenhang fallen sodann die bereits getätigten Aufwendungen für Projektierung und Baubeginn sowie die Waldrodung (Urteil des Bundesgerichts vom 2. August 1982) ins Gewicht. Dem geradezu routinemässig angebrachten Vorbehalt künftiger Gesetze konnte daher bei Berücksichtigung aller Umstände nicht eine Bedeutung beigemessen werden, die das eingeräumte Nutzungsrecht in Frage gestellt hätte. Es widerspricht daher weder dem Vertrauensgrundsatz noch dem Prinzip der Gesetzmässigkeit, im vorliegenden Fall die für bestehende Anlagen geschaffene Regel von Art. 26 FG analog anzuwenden.
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Für bestehende Anlagen sind ebenfalls Massnahmen zum Schutze oder zur Wiederherstellung von Fischgewässern vorzuschreiben, sofern die damit verbundenen Schwierigkeiten und die entstehende wirtschaftliche oder finanzielle Belastung nicht übermässig gross sind."
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Diesen Anforderungen genügen die von der Regierung angeordneten Massnahmen, sofern sie vom technischen, wirtschaftlichen und finanziellen Standpunkt aus für den Werkeigentümer zumutbar sind und der Fischerei in materieller und ideeller Hinsicht nachweisbar einen entsprechenden Gewinn bringen (BGE 107 Ib 150 E. 6b). Die Schwierigkeiten und die Belastung gelten dann nicht als übermässig gross, wenn die angeordneten Massnahmen im Hinblick auf den Nutzen für die Fischerei als angemessen zu beurteilen sind.
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