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38. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. September 1984 i.S. A. & Cie gegen Eidgenössische Steuerverwaltung (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Warenumsatzsteuer auf der Lieferung und dem Eigenverbrauch gewerbsmässig hergestellter Waren (Art. 15 Abs. 2, 16 Abs. 1 lit. b und 10 Abs. 2 WUStB). |
2. Die Warenumsatzsteuer kennt kein Konzernrecht. Wird von einer Konzerngesellschaft eine Maschine einer anderen Konzerngesellschaft repariert, so liegt eine steuerpflichtige Lieferung vor (E. 3 und 4a-c). Präzisierung der in ASA 46, 123 ff. publizierten Rechtsprechung (E. 4d). | |
Sachverhalt | |
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Die A. & Cie betreibt an ihrem Sitz in M. unter anderem eine Werkstätte, in der sie ihre eigenen Baumaschinen, die Maschinen der anderen Gesellschaften der A.-Gruppe sowie gelegentlich auch solche von anderen Dritten unterhält und instand stellt.
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Die A. & Cie verlangt die Rückerstattung derjenigen Warenumsatzsteuerbetreffnisse, die sie seit dem 1. Januar 1974 als Lieferungs- und Eigenverbrauchssteuer auf den Instandstellungsarbeiten an ihren eigenen Baumaschinen sowie an Maschinen der ihr nahestehenden Gesellschaften der A.-Gruppe abgerechnet und entrichtet hatte. Zur Begründung führt sie aus, die Unternehmen der A.-Gruppe seien Schwestergesellschaften von ihr und wie sie ausnahmslos beherrscht von A. selbst. Die A.-Gruppe bilde eine wirtschaftliche Einheit, weshalb die von der A. & Cie ausgeführten Reparaturarbeiten an Baumaschinen von Gesellschaften der A.-Gruppe nicht als Lieferungen im Sinne des Warenumsatzsteuerbeschlusses zu gelten hätten. Die ausgeführten Reparaturarbeiten an Baumaschinen von Dritten, die nicht zur A.-Gruppe gehörten, würden die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung aufgestellten Toleranzwerte für die Begründung der Gewerbsmässigkeit nicht überschreiten, weshalb auch keine Eigenverbrauchssteuer für die Reparaturen an den eigenen Maschinen geschuldet sei. Im übrigen beruft sich die A. & Cie auf das Urteil des Bundesgerichtes vom 13. Februar 1976 i.S. X AG (ASA 46, 123 ff.) und verlangt aus Wettbewerbs- und Konkurrenzgründen gleich behandelt zu ![]() | 3 |
aus den folgenden Erwägungen: | |
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a) Eine Lieferung im Inlande liegt nach Art. 15 Abs. 1 WUStB vor, wenn der Grossist den Abnehmer oder an dessen Stelle einen Dritten instand setzt, im eigenen Namen über eine Ware zu verfügen, die sich im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht im Inlande befindet.
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Als Warenlieferung gilt auch die Ablieferung der auf Grund eines Werkvertrages oder Auftrages hergestellten Ware (Art. 15 Abs. 2 WUStB). Als Herstellung wird jede Verarbeitung, Bearbeitung, Zusammensetzung, Instandstellung, Veredelung oder sonstige Umgestaltung (Art. 10 Abs. 2 zweiter Satz) betrachtet. Als Herstellung gilt somit nicht nur die Anfertigung von neuen Waren, sondern auch die Vornahme von Unterhaltsarbeiten und Reparaturen (ASA 52, 393/4 E. 2a; 49, 499 ff.; KELLER, Die warenumsatzsteuerliche Behandlung von Leistungen zwischen wirtschaftlich eng verbundenen Unternehmen, ASA 51, 230, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; METZGER, Handbuch der Warenumsatzsteuer, N. 296-298). Der Grossist hat die Warenumsatzsteuer auf dem gesamten Entgelt (Material und Arbeit), das er für die Herstellung bezieht, zu entrichten (Art. 20 Abs. 1 lit. a, Art. 22 Abs. 1 WUStB).
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b) Eigenverbrauch liegt unter anderem vor, wenn der Grossist Waren, die er in seinem Geschäftsbetrieb gewerbsmässig hergestellt hat, anders verwendet als zum Wiederverkauf oder als Werkstoff für die gewerbsmässige Herstellung von Waren oder Bauwerken (Art. 16 Abs. 1 lit. b WUStB). Der Grossist hat beim Eigenverbrauch die Steuer auf dem Wert der verwendeten Waren (Art. 20 Abs. 1 lit. b WUStB) zum Satz für Detaillieferungen zu entrichten (Art. 19 Abs. 1 lit. a WUStB).
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Gewerbsmässig hergestellt ist eine Ware, wenn der Geschäftsbetrieb des Herstellers die Herstellung für fremde Rechnung, die Veräusserung, Vermietung oder Verpachtung solcher Waren zum Zwecke hat (Art. 10 Abs. 2 dritter Satz WUStB). Der Grossist hat somit den Eigenverbrauch von selbst hergestellten (reparierten ![]() | 8 |
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a) Führt ein Grossist ausschliesslich Reparaturen an eigenen Maschinen durch, so hat er nur das nötige Material steuerbelastet zu beziehen (Art. 14 Abs. 1 lit. a, Art. 15 Abs. 3 WUStB) oder ausnahmsweise die Warenumsatzsteuer auf dem Eigenverbrauch des verwendeten, steuerfrei eingekauften Materials zu entrichten (Art. 16 Abs. 1 lit. a WUStB; METZGER, a.a.O., N. 399). Denn in diesem Fall führt er die als Herstellung geltenden Reparaturen nicht gewerbsmässig durch.
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b) Hält der Grossist aber regelmässig auch Maschinen von Dritten instand, so tut er dies gewerbsmässig, und in diesem Falle schuldet er die Lieferungssteuer auf dem Entgelt für die auf fremde Rechnung ausgeführten Reparaturen und die Eigenverbrauchssteuer auf dem Wert der Instandstellungsarbeiten für eigene Rechnung (METZGER, a.a.O., N. 400; KELLER, a.a.O., S. 231/2; AMONN, Der Eigenverbrauch in der eidgenössischen Warenumsatzsteuer, Diss. Bern 1957, S. 57).
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c) In der Praxis wird die Gewerbsmässigkeit und damit die Pflicht, den Eigenverbrauch von Material und Arbeit auch hinsichtlich der für den eigenen Bedarf ausgeführten Arbeiten gleicher Art abzurechnen und zu versteuern (METZGER, a.a.O., N. 400, 402), allerdings erst dann angenommen, wenn die für Dritte ausgeführten Reparaturen mehr als 5% des Gesamtaufwandes für Instandstellungen erreichen. Noch keine Gewerbsmässigkeit liegt nach der Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung hinsichtlich der für den eigenen Bedarf vorgenommenen Reparaturarbeiten aber auch vor, wenn nicht mehr als 33 1/3% der gleichartigen Bearbeitungsvorgänge auf Lieferungen an Abnehmer entfallen, die zum Hersteller in naher Beziehung (Tochtergesellschaft, Muttergesellschaft, Schwestergesellschaft) stehen; vorausgesetzt wird dabei von der Eidgenössischen Steuerverwaltung eine Beteiligung von mehr als 50% des Aktienkapitals (ASA 49, 497 E. 5a). Das Bundesgericht hat diese in der Praxis angewandten Toleranzgrenzen nicht in Zweifel gezogen (ASA 49, 495/6 E. 3c; 38, 514 E. 1; 37, 54).
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a) Das Schweizerische Steuerrecht trägt im allgemeinen der wirtschaftlichen Einheit eines Konzerns keine Rechnung (BGE 108 Ib 37 E. 4c; PESTALOZZI, Einige Fragen aus der Praxis des Konzernrechtes, SJZ 75 (1979) S. 254 ff.; DRUEY, Aufgaben eines Konzernrechts, ZSR 99 (1980) II 332 f.; ANNE PETITPIERRE, Droit des sociétés et groupes de sociétés, S. 19 ff.; TINNER, Konzernstruktur und Steuerplanung, Diss. St. Gallen 1984, S. 11 ff., mit Nachweisen). Eine Ausnahme bildet im wesentlichen nur das bei den direkten Steuern vielfach vorgesehene Holdingprivileg (vgl. für die direkte Bundessteuer Art. 59 BdBSt).
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b) Auch die Warenumsatzsteuer kennt kein Konzernrecht. Steuersubjekt in der Warenumsatzsteuer ist gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. a WUStB der Grossist, der im Inland Waren liefert oder im Eigenverbrauch verwendet. Als Grossist gilt dabei jedermann, der bei der Abwicklung von Umsatzgeschäften nach aussen in eigenem Namen auftritt (ASA 49, 500 E. 2; METZGER, a.a.O., N. 145; WELLAUER, Warenumsatzsteuer, N. 75) und die weiteren Voraussetzungen von Art. 9 ff. WUStB erfüllt. Als Grossisten kommen demnach nicht nur natürliche und juristische Personen, sondern auch Handelsgesellschaften ohne juristische Persönlichkeit (Kollektivgesellschaften, Kommanditgesellschaften), Erbengemeinschaften und Personengesamtheiten ohne Rechtsfähigkeit, die unter gemeinsamer Firma Warenumsätze tätigen (einfache Gesellschaften; vgl. ASA 49, 501 E. 2), in Frage (vgl. METZGER, a.a.O., ![]() | 16 |
c) Das Entgelt, das die Beschwerdeführerin für die Instandhaltung des Maschinenparkes der anderen Unternehmungen der A.-Gruppe erhält, bezieht sie für Lieferungen im Sinne des Warenumsatzsteuerrechts. Denn die einzelnen Gesellschaften der Gruppe sind rechtlich selbständige juristische Personen oder Handelsgesellschaften.
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a) In diesem Urteil betrachtete das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der Gewerbsmässigkeit der Reparaturarbeiten (Herstellung) an eigenen Maschinen gemäss Art. 10 Abs. 2 WUStB Schwestergesellschaften im gleichen Konzern nicht als Dritte (ASA 46, 130 E. 3b). Jene Gesellschaft hatte ihren Schwestergesellschaften Baumaschinen auf Anordnung des Konzernleiters gegen eine von diesem festgesetzte "Belastung" zum Gebrauch überlassen. Das Bundesgericht erblickte darin keinen Mietvertrag. Es schloss dementsprechend aus, dass die Reparaturarbeiten gewerbsmässig ausgeführt würden und Gegenstand der Eigenverbrauchssteuer (Art. 16 Abs. 1 lit. b WUStB) bilden könnten (ASA 46, 130 E. 3c).
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b) Der Sachverhalt des vorliegenden Falles unterscheidet sich wesentlich von demjenigen im Falle der X AG. Bei der A.-Gruppe ist das Eigentum an den Baumaschinen nicht bei der Beschwerdeführerin ![]() | 20 |
c) Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, ihr Fall sei anders gelagert als diese beiden vom Bundesgericht zuletzt beurteilten Fälle. Beide damaligen Beschwerdeführerinnen seien unterlegen, weil sich die juristischen Personen in ihrer wirtschaftlichen Zwecksetzung unterschieden hätten und nach aussen nicht als einheitliches Gebilde, sondern als selbständige, voneinander getrennte Gesellschaften aufgetreten seien. Die A.-Gruppe dagegen habe sich juristisch aufsplittern müssen, um in mehreren Kantonen arbeiten zu können. Sinngemäss bringt die Beschwerdeführerin damit vor, als im Baugewerbe tätige Unternehmung sei ihre Gruppe im Gegensatz zu jenen Unternehmungen (ASA 49, 489 ff. und ASA 49, 499 ff.) zu einer Aufsplitterung gezwungen gewesen. Daraus kann sie jedoch nichts zu ihren Gunsten ableiten. Es steht jedem Unternehmer frei, seine Unternehmung so zu organisieren, dass ihm steuerlich und in anderer Hinsicht - etwa in bezug auf Submissionen der öffentlichen Hand - Vorteile erwachsen; die daraus allenfalls erwachsenden Steuernachteile sind aber ebenfalls in Kauf zu nehmen. Die Beschwerdeführerin befindet sich daher in derselben warenumsatzsteuerrechtlichen Situation wie die Unternehmungen in den beiden erwähnten Fällen.
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d) Im übrigen ist es fraglich, ob am Entscheid vom 13. Februar 1976 i.S. X AG (ASA 46, 123 ff.) bei erneuter Beurteilung festgehalten werden könnte. Bereits in ASA 49, 501/2 E. 3b hat das Bundesgericht ausgeführt, dass aus diesem Urteil nicht generell abgeleitet werden dürfe, zwischen Schwestergesellschaften mit personell identischen Organen bestehe grundsätzlich keine Drittbeziehung. Insbesondere wurde festgehalten, dass die Feststellung, Konzernverträge hätten nicht Vertragscharakter, in dieser Allgemeinheit nicht zutreffe. Ob der Schluss, zu dem das Bundesgericht 1976 in jenem Sonderfall kam, einer erneuten Überprüfung ![]() | 22 |
5. Im vorliegenden Fall ist zwar nicht bestritten, dass der Anteil der Reparaturen, die die Beschwerdeführerin für aussenstehende Dritte ausführt, unter 5% des Gesamtaufwandes liegt. Ebenso unbestritten ist jedoch, dass der Anteil der Instandstellungsarbeiten an Maschinen der anderen Gesellschaften der A.-Gruppe allein mehr als einen Drittel des gesamten Reparaturaufwandes der Beschwerdeführerin ausmacht. Damit ist die in der Verwaltungspraxis eingeräumte Toleranz jedenfalls klar überschritten. Die A. & Cie erfüllt hinsichtlich der Reparatur- und Instandstellungsarbeiten an Baumaschinen das Kriterium der Gewerbsmässigkeit. Sie hat daher neben der Lieferungssteuer auf dem Entgelt, welches sie als Gegenleistung für diese Arbeiten von den aussenstehenden Dritten und von den Gesellschaften der A.-Gruppe bezieht, auch die Eigenverbrauchssteuer auf dem Wert der an den eigenen Maschinen ausgeführten Reparatur- und Instandstellungsarbeiten zu entrichten.
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