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29. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13. Juni 1985 i.S. G. und M. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Rechtshilfevertrag mit den USA. | |
Sachverhalt | |
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G. und M. hatten am 21. November 1984 bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Rekurs erhoben und unter anderem verlangt, es sei ihrem Vertreter zu gestatten, bei den Einvernahmen anwesend zu sein. Mit Verfügung vom 30. November 1984 wies die Staatsanwaltschaft den Rekurs im Sinne der Erwägungen ab, soweit sie darauf eintrat. Gegen diesen Entscheid haben G. und M. beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht.
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Die Staatsanwaltschaft hatte in der angefochtenen Verfügung vom 30. November 1984 ausgeführt, bei den Einvernahmen gehe es ausschliesslich um die Beglaubigung der den ersuchenden Behörden überwiesenen Bankunterlagen entsprechend Art. 18 des Staatsvertrages zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen vom 25. Mai 1973 (abgekürzt: RVUS). Diese Vorschrift räume lediglich dem Angeklagten das Recht ein, bei der Beglaubigung von Schriftstücken anwesend zu sein, nicht aber einem Dritten. Die Beschwerdeführer seien nicht Angeklagte im amerikanischen Strafverfahren. Es stehe ihnen daher kein Recht zu, vom Beglaubigungsverfahren Kenntnis zu erhalten, daran teilzunehmen oder sich vertreten zu lassen. Der gleichen Auffassung ist das BAP. Die Beschwerdeführer sind dagegen der Meinung, die Zeugenverhöre seien über den Rahmen von Art. 18 RVUS hinausgegangen, und insoweit hätte ihnen aufgrund der Bestimmungen, die bei einer gewöhnlichen Beweisverhandlung zur Anwendung gelangen (Art. 12 RVUS in Verbindung mit Art. 26 des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 1975 zum Rechtshilfevertrag mit den USA, im folgenden: BG-RVUS), ein Teilnahmerecht zugestanden. Sie machen ferner geltend, selbst im Rahmen eines blossen Beglaubigungsverfahrens wären sie berechtigt gewesen, an den Einvernahmen anwesend zu sein.
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a) Bei den Einvernahmen handelte es sich nicht ausschliesslich um ein Beglaubigungsverfahren im Sinne von Art. 18 RVUS, d.h. den Zeugen wurden nicht nur Fragen gestellt, die sich auf die Echtheit der vom ersuchenden Staat herausverlangten Urkunden und deren Zulässigkeit als Beweismittel bezogen. Das amerikanische Justizdepartement hatte in seinem Rechtshilfebegehren vom 9. August 1982 unter anderem ersucht "um die Zeugenaussagen verschiedener Bankbeamter, die Erklärungen abgeben können über die mit den Banktratten verbundenen Transaktionen, und insbesondere um Aussagen jener Bankbeamter, die den Herren M., G. und Z. und anderen Herren geholfen haben". Die hier in Frage ![]() | 5 |
b) Die Beschwerdeführer machen geltend, zumindest an jenem Teil des Zeugenverhörs, der über den Rahmen von Art. 18 RVUS hinausgegangen sei, hätte man sie teilnehmen lassen müssen. Sie stützen sich dabei vor allem auf die Art. 12 RVUS und 26 BG-RVUS, ferner auch auf die Art. 18 VwVG, 4 BV und 6 Ziff. 3 lit. d EMRK. Die Berufung auf die letztgenannte Vorschrift ist unbehelflich. Der Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK bezieht sich ausschliesslich auf das Strafverfahren. Er kann daher im Rechtshilfeverfahren, das ein Verwaltungsverfahren ist, nicht zur Anwendung kommen.
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Das BAP führt in der Beschwerdeantwort aus, auch wenn es sich um eine gewöhnliche Zeugenbefragung bzw. Beweisverhandlung gehandelt hätte, wären die Beschwerdeführer nicht teilnahmeberechtigt gewesen. Nach Art. 26 BG-RVUS könne sich zwar der Einspracheberechtigte dagegen zur Wehr setzen, dass amerikanische Behördevertreter der Beweisverhandlung beiwohnen. Daraus lasse sich jedoch nicht ableiten, dass er an der Verhandlung anwesend sein dürfe. Die Beschwerdeführer seien im übrigen gar nicht einspracheberechtigt gewesen, da nicht behauptet werden könne, sie seien durch die Einvernahmen berührt gewesen.
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Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Art. 26 BG-RVUS verweist für den Begriff des Einspracheberechtigten auf Art. 16 BG-RVUS. Danach kann Einsprache erheben, wer durch eine Rechtshilfehandlung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse hat. Diese Voraussetzung ist dann gegeben, wenn eine Person durch eine solche Handlung unmittelbar in ihren rechtlichen oder tatsächlichen Interessen betroffen ist. Bei den Einvernahmen hatten Bankangestellte über die Bankkonten und Banktransaktionen der Beschwerdeführer Auskunft zu geben. Es ist klar, dass diese ![]() | 8 |
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine wesentliche Verfahrensvorschrift. Wird er verletzt, so hat das in der Regel die Ungültigkeit des betreffenden Verwaltungsaktes zur Folge. Im hier zu beurteilenden Fall ist daher das Protokoll über die Zeugeneinvernahmen als ungültig zu erklären, soweit diese über die blosse Beglaubigung der im amerikanischen Rechtshilfebegehren vom 9. August 1982 verlangten Urkunden hinausgehen. Es ist Sache des BAP, die Abgrenzung vorzunehmen und zuhanden der amerikanischen ![]() | 9 |
c) An sich wären die Beschwerdeführer auch teilnahmeberechtigt gewesen, soweit es bei den Zeugeneinvernahmen um ein Beglaubigungsverfahren im Sinne von Art. 18 RVUS ging. Auch durch diese Rechtshilfehandlung wurde unmittelbar in die Interessensphäre der Beschwerdeführer eingegriffen, bezogen sich doch die Urkunden, über deren Echtheit und Zulässigkeit als Beweismittel die Zeugen befragt wurden, auf Bankkonten und Banktransaktionen der Beschwerdeführer. Diesen stand somit - aus den gleichen Überlegungen wie bei der gewöhnlichen Beweisverhandlung - ein Recht auf Teilnahme zu; Art. 18 RVUS schliesst die Anwesenheit des Dritten bei der Beglaubigung von Schriftstücken nicht ausdrücklich aus. Indessen ist festzustellen, dass die Beschwerdeführer in der Angelegenheit betreffend das amerikanische Rechtshilfebegehren vom 9. August 1982 schon zweimal an das Bundesgericht gelangt sind, nämlich im Oktober 1983 mit einer Beschwerde gegen den Entscheid des BAP über die Gewährung der Rechtshilfe und im Februar 1984 mit einer solchen gegen den Ausführungsentscheid der Staatsanwaltschaft. Es war ihnen schon damals genau bekannt, welche Dokumente das amerikanische Justizdepartement herausverlangte. Sie haben in jenen Verfahren vor Bundesgericht nie behauptet, diese Urkunden seien nicht echt oder als Beweismittel unzulässig. Es erscheint unter diesen Umständen als rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich jetzt, nachdem das Beglaubigungsverfahren stattgefunden hat, auf ihren Gehörsanspruch berufen und verlangen, die Zeugeneinvernahmen seien auch insoweit als ungültig zu erklären, als es bloss um die Echtheit der Urkunden und deren Zulässigkeit als Beweismittel ging. Soweit die Rechtshilfe ein Beglaubigungsverfahren darstellte, kann deshalb die Rüge der Gehörsverweigerung nicht geschützt und das Protokoll über die Zeugeneinvernahmen nicht als ungültig erklärt werden.
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