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12. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. März 1986 i.S. Schweizer Heimatschutz (SHS) und Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege (SL) gegen Generaldirektion PTT und Regierungsrat des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 103 lit. c OG, Art. 12 NHG; Beschwerdebefugnis gesamtschweizerischer Vereinigungen im Baubewilligungsverfahren nach Art. 24 RPG. | |
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Das Bundesgericht hat wiederholt erklärt, dass die beiden Beschwerdeführer als gesamtschweizerische Vereinigungen im Sinne von Art. 12 NHG anzuerkennen sind. Die Vorinstanz stellt dies auch nicht in Abrede. Der Regierungsrat begründet seinen Entscheid indessen mit dem Hinweis, dass gemäss Art. 22quater BV die Raumplanung grundsätzlich Sache der Kantone sei und demzufolge in deren Zuständigkeit falle. Aus Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG i.V.m. Art. 12 NHG könne nicht geschlossen werden, die gesamtschweizerischen Vereinigungen des Natur- und Heimatschutzes seien nunmehr kraft Raumplanungsgesetz in solchen Verfahren allgemein beschwerdelegitimiert. Dies könne nur insoweit zutreffen, als Bauverfahren als Bundesaufgabe im Sinne von Art. 2 NHG gelten könnten. Das aber sei nach heute herrschender Praxis weder innerhalb noch ausserhalb der Bauzone der Fall (BGE 107 Ib 114; BGE 104 Ib 382 f. E. 3a). Im Bauverfahren betreffend Fernmeldeturm "Höhronen" sei keine Bundesaufgabe zu erblicken. Deshalb sei die Beschwerdelegitimation des SHS und der SL zu verneinen.
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Das Bundesgesetz über Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966, in Kraft seit 1. Januar 1967, umschreibt in seinem Art. 2 näher, was als Erfüllung von Bundesaufgaben zu verstehen ist. In den ![]() | 5 |
Die Entstehungsgeschichte des NHG lässt erkennen, dass der Gesetzgeber nicht nur die Bundesbehörden zur Berücksichtigung von Natur- und Heimatschutz verpflichten, sondern dass er auch einen entsprechenden Rechtsschutz schaffen wollte. In diesen Zusammenhang ist Art. 12 NHG zu stellen, der nach eingehenden Diskussionen den gesamtschweizerischen Vereinigungen das Beschwerderecht einräumt (vgl. hiezu die Botschaft des Bundesrates in BBl 1965 III S. 96/98; ferner ENRICO RIVA, Die Beschwerdebefugnis der Natur- und Heimatschutzvereinigungen im schweizerischen Recht, Bern 1980, S. 46 ff.).
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In seinem Entscheid vom 22. Oktober 1985 betrachtet nun aber der Bundesrat den Baubeschluss der PTT-Organe auch für ein Projekt wie die hier streitige Richtstrahlantenne als rein verwaltungsinterne, "organisatorische" Entscheidung und nicht als (anfechtbare) Verfügung im Sinne von Art. 5 bzw. 44 VwVG, und er behandelt die PTT-Betriebe wie einen privaten Bauherrn, der lediglich den für eine private Baute geltenden baulichen Beschränkungen unterliegt (vgl. Art. 12 PTT-OG, SR 781.0). Entsprechend hat er - wie zuvor das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) - das Vorliegen eines beschwerdefähigen Streitgegenstandes verneint. EVED und Bundesrat verweisen die Beschwerdeführer auf den Weg des kantonalen Baubewilligungsverfahrens.
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Der Regierungsrat anerkennt, dass es sich in der Sache um einen Streit über Bundesrecht handelt. Dabei geht es jedoch nicht primär um Art. 24sexies BV und die Art. 3 und 6 NHG, die nach der Meinung der Beschwerdeführer nicht genügend beachtet worden sind, denn diese Bestimmungen kommen nicht selbständig, sondern stets akzessorisch und einschränkend im Zusammenhang mit den primär massgebenden Normen des Bundesverwaltungsrechts zur Anwendung. Vorliegend hat die kantonale Behörde die Baubewilligung bundesrechtlich auf Art. 24 RPG gestützt. Diese Bestimmung, insbesondere deren Abs. 1 lit. b ist es, um die es im Verfahren vor Regierungsrat der Sache nach primär geht. Im Rahmen der nach dieser Vorschrift vorzunehmenden Interessenabwägung ist freilich dem NHG der ihm gebührende Stellenwert zuzuweisen. Auch wenn dies von den Beschwerdeführern nicht ausdrücklich so geltend gemacht worden ist, so ist doch die zutreffende Norm des Bundesrechtes von Amtes wegen anzuwenden. Es ist somit zu prüfen, ob die Erteilung der Bewilligung gemäss Art. 24 RPG und die ihr vorausgehenden Abklärungen und Erwägungen als Erfüllung einer Bundesaufgabe zu gelten haben.
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b) Der Bundesrat betrachtete schon unter dem Bundesbeschluss über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung die Festlegung der provisorischen Schutzgebiete als Bundesaufgabe und liess die gesamtschweizerischen Vereinigungen zur Beschwerde zu. Die Erläuterungen des EJPD von 1981 zum RPG bestätigen, ![]() | 11 |
Die Raumplanung als solche ist - wie gezeigt - in ihrem Wesen Sache der Kantone und kann daher nicht als Bundesaufgabe im Sinne von Art. 2 NHG betrachtet werden. Gegen Nutzungspläne steht daher den gesamtschweizerischen Vereinigungen des Natur- und Heimatschutzes das Rekursrecht in der Regel nicht zu (BGE 107 Ib 113 f. E. 2a). Eine besondere Betrachtung drängt sich jedoch hinsichtlich der Anwendung von Art. 24 RPG auf. Die Frage, ob darin die Erfüllung einer Bundesaufgabe liegt, ist in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bis anhin offengeblieben. Ob sie generell für jeden - auch für einen aus der Sicht des NHG neutralen - Anwendungsfall von Art. 24 RPG zu bejahen wäre, erscheint zweifelhaft. Doch liegt es nahe, in der Handhabung dieser Bestimmung dann die Erfüllung einer Bundesaufgabe zu erblicken, wenn geltend gemacht wird, eine auf sie gestützte Baubewilligung verstosse gegen die nach Art. 24sexies BV und nach den Vorschriften des NHG notwendige Rücksichtnahme auf Natur und Heimat. Diese Betrachtungsweise drängt sich namentlich dann auf, wenn das streitige Bauvorhaben ausserhalb des Baugebietes in einer Landschaft verwirklicht werden soll, die in einem Inventar des Bundes figuriert und durch die Verordnung des Bundesrates vom 10. August 1977 über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (SR 451.11, Art. 1 Abs. 1) unter dem Schutz von Art. 5 und 6 NHG steht. In derartigen Fällen ![]() | 12 |
In der Tat wäre nicht ersichtlich, warum die Tätigkeit der das Bundesrecht anwendenden kantonalen Behörde anders zu qualifizieren wäre als bei Rodungsbewilligungen (Art. 31 FPolG, Art. 25 FPolV; BGE 107 Ib 355 ff., nicht publ. E. 1b; BGE 96 I 504 E. 2, 691 E. 1c), bei Bewilligungen zur Beseitigung der Ufervegetation (Art. 21 NHG; BGE 98 Ib 16 E. 1b; BGE 96 I 691 f. E. 1c und 2a; ZBl 82/1981 S. 551 E. 1b) oder bei fischereirechtlichen Bewilligungen (Art. 24 ff. FG; ZBl 82/1981 S. 552), bei denen die Erfüllung einer Bundesaufgabe durch die Rechtsprechung anerkannt ist (vgl. ALFRED KUTTLER, Fragen des Rechtsschutzes gemäss dem Bundesgesetz über die Raumplanung, ZBl 83/1982 S. 336; HEINZ AEMISEGGER, 5 Jahre RPG - Die Rechtsprechung zum RPG, in Informationsblatt der RPG-NO, Nr. 4/84, Dezember 1984, und in Nr. 37 der Schriftenfolge der Schweiz. Vereinigung für Landesplanung, S. 30; ROBERT MUNZ, Landschaftsschutz als Gegenstand des Bundesrechts, ZBl 87/1986 S. 20). In Fällen dieser Art liegt die Anerkennung einer Bundesaufgabe und damit der Legitimation der Vereinigungen gemäss Art. 12 NHG im übrigen in der Linie der mit Urteilen vom 8. November 1974 (BGE 100 Ib 452 E. 3d und e) und vom 29. September 1978 (ZBl 80/1979 S. 27 E. 2b) begonnenen Rechtsprechung, welche eine Anerkennung der Beschwerdebefugnis der Vereinigungen dann in Aussicht stellt, wenn die Baubewilligung unmittelbar die Gefahr einer Natur- oder Landschaftsbeeinträchtigung in sich birgt. Dass diese Voraussetzung in bezug auf das streitige Projekt erfüllt ist, kann kaum zweifelhaft sein.
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Auf den Entscheid des Bundesrates vom 22. Oktober 1985 ist bereits hingewiesen worden. Dieser Entscheid ist dem vorliegenden Fall als Rechtstatsache zugrunde zu legen. Sie bedeutet, dass ein Projekt der hier zur Diskussion stehenden Art von den Vereinigungen nicht im Lichte von Art. 2 NHG vor das EVED und den Bundesrat gebracht werden kann zur Überprüfung der Frage, ob das Projekt in technischer sowie in staatspolitischer Hinsicht einem Bedürfnis entspricht und ob die Standortwahl in Abwägung der technischen Erfordernisse und der Belange des Landschaftsschutzes zu bestätigen oder zu ändern ist.
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Ist somit - abgesehen von einer Aufsichtsbeschwerde - kein verwaltungsinterner Rechtsmittelweg offen, so bleibt für eine Überprüfung des überwiegenden öffentlichen Interesses an der ![]() | 17 |
6. Darin, dass der Regierungsrat diese Rechtslage verkannt und den Beschwerdeführern im kantonalen Bewilligungsverfahren gemäss Art. 24 RPG die Beschwerdebefugnis versagt hat, liegt eine Verletzung von Bundesrecht. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung unter Anerkennung der Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführer an den Regierungsrat zurückzuweisen.
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