BGE 112 Ib 128 - Wechsel der Milchsammelstelle | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
20. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13. Juni 1986 i.S. Verband aargauischer Käserei- und Milchgenossenschaften und Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten gegen Molki AG und Bundesamt für Landwirtschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Milchwirtschaft; Rohmilchzuteilung zur Herstellung und zum Vertrieb von Pastmilch. |
2. Ein Anspruch auf Belieferung mit Rohmilch gemäss Art. 4 Abs. 2 Verkehrsmilchverordnung besteht nur insoweit, als dies zur Versorgung des angestammten Vertriebsgebietes erforderlich ist (E. 3). | |
Sachverhalt | |
Die Molki AG in Niedererlinsbach ist seit 1981 im Besitze einer Bewilligung, nach welcher sie berechtigt ist, die von ihren angestammten Milchproduzenten gelieferte Milch zu Pastmilch zu verarbeiten und im Geschäftsgebiet des Verbandes aargauischer Käserei- und Milchgenossenschaften sowie der Molki-Filiale Schönenwerd zu vertreiben.
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Am 8. November 1984 gelangte die vom Grossverteiler Denner beherrschte Molki AG an den Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten mit dem Ersuchen, ihr ab dem 1. Mai 1985 eine Million Liter Rohmilch pro Jahr zur Erweiterung der Produktion von Pastmilch und Yoghurt zuzuteilen. Der Zentralverband wies das Begehren im wesentlichen mit der Begründung ab, die geforderte Zuteilung finde in der Verkehrsmilchverordnung (VmV; SR 916.353.1) keine Grundlage und sei mit einer kostensparenden, geordneten Milchversorgung sowie einer zweckmässigen Milchverarbeitung im Sinne von Art. 10 und 11 des Milchbeschlusses (MB; SR 916.350) unvereinbar.
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Gegen diesen Entscheid rekurrierte die Molki AG an das Bundesamt für Landwirtschaft, welches die Beschwerde guthiess und den Zentralverband verpflichtete, dafür zu sorgen, dass die verlangte Milchmenge geliefert werde.
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Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde des Zentralverbandes nicht ein und heisst die Beschwerde des aargauischen Milchverbandes gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Der Zentralverband versieht öffentliche Aufgaben auf dem Gebiet der Konsummilchversorgung (Art. 10 MB; Art. 1 und 2 VmV). Das Gesuch der Molki AG um Lieferung von Rohmilch, welches er erstinstanzlich zu behandeln hatte, ging ihm nicht als private Organisation zu, sondern in seiner Eigenschaft als Träger mittelbarer Staatsverwaltung. Wenn ihn das Bundesamt als Beschwerdeinstanz in der Folge anwies, dafür zu sorgen, dass die Molki AG die zugesprochene Milchmenge erhalte, so berührte ihn dies wiederum in seiner öffentlichrechtlichen Stellung als Exekutivorgan des Bundes. Der Zentralverband kann deshalb nur geltend machen, an der richtigen Durchsetzung und einheitlichen Anwendung des Bundesrechts interessiert zu sein, was indessen zur Beschwerdeführung nicht ausreicht (BGE 107 Ib 174 oben, BGE 105 Ib 359 E. 5a). Da er ohnehin über keine eigene Milch verfügt, kann ihn die angeordnete Lieferpflicht nicht direkt berühren und auch insoweit nicht wie eine Privatperson treffen. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten.
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b) Zwar hat auch der aargauische Milchverband öffentlichrechtliche Aufgaben zu erfüllen. Sollte er jedoch die der Molki AG zugesprochene Milchmenge liefern müssen, so würde das ihm für die eigene Produktion zur Verfügung stehende Quantum entsprechend reduziert, womit seine privaten kommerziellen Interessen berührt wären. Ob er als zuständige regionale Sektion des Zentralverbandes im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VmV zur Lieferung verpflichtet ist, hängt weitgehend von der materiellen Frage ab, worauf sich der Anspruch auf Milchlieferung bezieht. Nach der im folgenden darzustellenden Unterscheidung wird sich zeigen, dass sich das richtig verstandene Bezugsrecht für Rohmilch nur gegen den aargauischen Milchverband richten kann, weshalb ihm die Beschwerdebefugnis gemäss Art. 103 lit. a OG zukommt. Seine Beschwerde ist deshalb an die Hand zu nehmen.
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Einerseits wird die Konsummilch nach Möglichkeit durch die angestammten Sammelstellen und Produzenten im natürlichen Einzugsgebiet der Verbrauchsorte vertrieben. Zu dieser Kategorie sind wohl auch die Inhaber von Verkaufsbewilligungen gemäss Art. 21 MB zu zählen.
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Anderseits wurden mit der Änderung des Milchbeschlusses vom 2. Oktober 1964, d.h. elf Jahre nach Verabschiedung der ursprünglichen Fassung und sieben Jahre nach Inkrafttreten der Verkehrsmilchverordnung, die Kategorie der Pastmilchverkäufer geschaffen (Art. 21bis MB). Diese sind berechtigt, in ihren Läden ohne Bewilligung pasteurisierte aber auch uperisierte und sterilisierte Milch, Vorzugsmilch und weitere, nach ähnlichen Verfahren bearbeitete Konsummilch in Wegwerfpackungen und Flaschen abzugeben. Aufgrund der offenen Umschreibung dieser Bestimmung dürfte wohl auch Yoghurt zur Pastmilch im hier verstandenen Sinne zu zählen sein.
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b) Die Frage des Anspruchs auf Zuteilung von Konsummilch gemäss Art. 4 Abs. 2 VmV ist je nach Kategoriezugehörigkeit verschieden zu beantworten:
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Gemäss Art. 4 Abs. 1 VmV ist die Konsummilch nach Möglichkeit durch die angestammten Sammelstellen und Produzenten im natürlichen Einzugsgebiet der Verbrauchsorte zu liefern bzw. bei diesen zu beziehen. Dies stimmt überein mit Art. 11 lit. a MB und bezieht sich auf die erste Kategorie. Sofern die Milch des natürlichen Einzugsgebiets nicht ausreicht, ist gemäss Abs. 2 den organisierten und nicht organisierten Verkäufern die erforderliche Konsummilch von der zuständigen regionalen Sektion des Zentralverbandes zur Verfügung zu halten. Soweit es sich dabei um eine Sammelstelle oder um einen Verarbeitungsbetrieb handelt, erstreckt sich dieser Anspruch zweifellos auch auf Rohmilch, aus der die für das natürliche Versorgungsgebiet benötigte Pastmilch hergestellt werden soll.
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Wenn schon die Läden, d.h. die Milchverkäufer der zweiten Kategorie, berechtigt sind, ohne Bewilligung "Pastmilch" zu vertreiben, so müssen sie auch einen Anspruch haben, diese zu beziehen. Insofern können sie sich durchaus auf Art. 4 Abs. 2 VmV stützen. Ihr Bezugsanspruch geht aber aufgrund des Sinnes und der Reihenfolge des Inkrafttretens von Art. 4 Abs. 2 VmV und Art. 21bis MB nur auf die von ihnen zu verkaufenden Endprodukte, denn im Unterschied zu den Verkäufern der ersten Kategorie können sie nicht gleichzeitig Verarbeitungsbetriebe sein, weshalb sie auch nicht berechtigt sind, Rohmilch zum Zwecke der Herstellung von Pastmilch und Frischmilchprodukten wie Yoghurt zu beziehen.
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Wie es sich damit verhält, wurde aber bislang nicht untersucht. Da die Vorinstanz die hievor dargestellte Unterscheidung nicht machte und offenbar davon ausging, der Bedarf richte sich auch nach den Absatzmöglichkeiten in den Läden des Grossverteilers Denner, mochten vage Annahmen für den Bedarfsnachweis noch genügen. Hinsichtlich der hier entscheidenden Frage des Bedarfs an Rohmilch zur Versorgung des angestammten Vertriebsgebiets der Molki AG - das wesentlich kleiner ist als das Verkaufsgebiet der bedienten Läden - liegen indessen keine hinreichenden Erhebungen vor. Der angefochtene Entscheid ist deshalb wegen unvollständiger Feststellung des Sachverhalts im Sinne von Art. 104 lit. b OG aufzuheben und zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Aufgrund dieses Urteils wird die Vorinstanz den aargauischen Milchverband, der gemäss Art. 4 Abs. 2 VmV verpflichtet wäre, einen allfälligen Mehrbedarf der Molki AG an Rohmilch zu decken, als Partei im Sinne von Art. 6 VwVG in das Verfahren einbeziehen müssen und ihm ihren Entscheid gemäss Art. 34 Abs. 1 VwVG zu eröffnen haben.
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