BGE 112 Ib 322 | |||
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52. Urteil der I. Zivilabteilung vom 30. September 1986 i.S. Y. gegen Kanton Basel-Landschaft (Direktprozess) | |
Regeste |
Staatshaftung. Verantwortlichkeitsgesetz des Kantons Basel-Landschaft vom 25. November 1851. |
2. Pflichtwidrige Unterlassung im Zusammenhang mit dem Selbstmord eines aus der kantonalen psychiatrischen Klinik entwichenen Patienten (E. 2-4). |
3. Schadenersatz bei Tötung. Ersatz der Bestattungskosten ohne Anrechnung der Unterhaltsleistungen, welche die Eltern des Getöteten infolge dessen Todes einsparen (E. 5a). |
4. Leistung von Genugtuung ohne ausdrückliche Erwähnung im Verantwortlichkeitsgesetz? Frage offengelassen, da ein Anspruch auf Genugtuung nur bei besonderen, im konkreten Fall nicht vorliegenden Umständen gerechtfertigt wäre (E. 6). | |
Sachverhalt | |
A.- Der am 18. September 1963 geborene A. Y. wurde wegen akuter Suizidgefahr am 4. Mai 1982 in die Kantonale Psychiatrische Klinik Liestal eingewiesen. Am Abend des 2. November 1982 konnte er aus der Klinik entweichen und Selbstmord begehen, indem er sich unter einen Zug warf. Seine Eltern halten die Anstaltsleitung für verantwortlich.
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B.- Am 14. März 1985 erhoben die Eltern des Verstorbenen beim Bundesgericht gegen den Kanton Basel-Landschaft Klage. Sie beantragen, den Beklagten zur Zahlung von Fr. 10'904.-- Schadenersatz und je Fr. 12'000.-- Genugtuung zu verpflichten, beides mit 5% Zins seit 2. November 1982. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, eventuell Schadenersatz und Genugtuung angemessen zu reduzieren. In Replik und Duplik halten die Parteien an ihren Anträgen fest.
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C.- Am 30. Mai 1986 fand in Liestal die Vorbereitungsverhandlung statt. Dabei wurden die Klinik besichtigt und Auskunftspersonen befragt, namentlich Chefarzt Dr. P. Mit Verfügung vom 7. August 1986 schloss der Instruktionsrichter das Vorbereitungsverfahren. Die Parteien verzichteten auf Parteivorträge an der Hauptverhandlung.
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Den Klägern ist mit Beschluss vom 14. Dezember 1984 ein unentgeltlicher Rechtsbeistand, nicht aber eine weitergehende unentgeltliche Rechtspflege bewilligt worden.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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b) Die Kantonale Psychiatrische Klinik Liestal ist eine unselbständige öffentlichrechtliche Anstalt des Kantons Basel-Landschaft (§§ 3 und 7 des kantonalen Spitalgesetzes vom 24. Juni 1976). Die Haftung des Beklagten richtet sich entsprechend nach kantonalem öffentlichem Recht (Art. 61 OR, Art. 59 ZGB; BGE 111 II 151 E. 3). Nach § 29 Abs. 1 der Kantonsverfassung vom 4. April 1892 sind die Behörden, Beamten und Angestellten des Staats für die Amtsführung verantwortlich. Aus dieser Verantwortlichkeit herrührende Zivilansprüche können unmittelbar gegen den Staat geltend gemacht werden, wobei diesem der Rückgriff gegen die Fehlbaren vorbehalten bleibt. Gemäss § 29 Abs. 3 KV bestimmt das Nähere das Verantwortlichkeitsgesetz. Ein neues Gesetz ist in der Folge nicht erlassen worden, indes das "Gesetz für Verantwortlichkeit der Behörden und Beamten" vom 25. November 1851 nicht aufgehoben worden. Dessen Bestimmungen sind daher durch § 29 KV zu ergänzen, wie das auch die kantonale, auf ein Urteil des Obergerichts vom 7. Mai 1918 zurückgehende Praxis annimmt (vgl. die Entscheide in BJM 1958, S. 352, E. 2 u. S. 360, E. 3).
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Nach § 24 des Verantwortlichkeitsgesetzes setzt die Zivilklage gegen Behörden, Beamte und Angestellte wegen Amtshandlungen oder Unterlassungen einen aus der Verletzung der Amtspflichten erwachsenen Schaden voraus. Aus dem Hinweis auf die Verletzung der Amtspflichten leiten Rechtsprechung und Lehre ab, es handle sich dabei um eine Verschuldenshaftung (BJM 1958, S. 351, E. 2 u. S. 360, E. 4; GRISEL, Traité de droit administratif, Bd. II, S. 820; vgl. auch ZEHNTNER, Die Haftung des Staates für seine Funktionäre nach der Gesetzgebung der schweizerischen Kantone, Diss. Zürich 1952, S. 73). Nach § 25 des Verantwortlichkeitsgesetzes hat sodann der Staat für den aus einer Amtshandlung oder Unterlassung entstandenen Schaden, "ohne dass dabei eine Pflichtverletzung begangen wurde", einzustehen, wenn nicht besondere Gesetze etwas anderes verfügen. Die kantonale Praxis erblickte darin zunächst eine Rechtsgrundlage für eine Kausalhaftung des Staats, mithin für eine Ersatzpflicht bei bloss rechtswidrigen, nicht notwendigerweise auch schuldhaften Handlungen oder Unterlassungen eines Beamten (vgl. die Urteile in BJM 1958, S. 356 ff.). In einem Urteil vom 7. März 1961 (abgedruckt in IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. II, Nr. 107, teilweise publiziert auch in BJM 1961, S. 160 ff.) hat das Obergericht diese Auslegung in Frage gestellt und demgegenüber angenommen, die Bestimmung bilde die Rechtsgrundlage für die staatliche Schadenersatzpflicht bei rechtmässigen Staatseingriffen, soweit diese Einzelne schwer und unzumutbar schädigen (vgl. auch GRISEL a.a.O., S. 824 f.; KÄMPFER, Schwerpunkte des solothurnischen Staatshaftungsrechtes, in Festschrift 500 Jahre Solothurn im Bund, 1981, S. 296 mit N. 25). Ausschlaggebend scheint ihm dabei, dass es rechtswidrige Amtshandlungen, bei denen keine Pflichtverletzungen begangen worden sind, wie das der Gesetzestext verlangt, nicht gebe (BJM 1961, S. 161). Demgegenüber hat die frühere Praxis hervorgehoben, dass der Staat nach dem Wortlaut der Bestimmung auch für rechtmässige Unterlassungen haften würde, worunter man sich schwerlich etwas vorstellen könne (vgl. BJM 1958, S. 361). Beide Auffassungen berufen sich demnach auf den Gesetzestext. Das bestätigt zunächst, dass dieser verschieden ausgelegt werden kann. Im übrigen sieht die Bestimmung grundsätzlich eine Staatshaftung vor und ist die Haftung inhaltlich im Vergleich zu § 24 erweitert, indem auf das Erfordernis einer Amtspflichtverletzung ausdrücklich verzichtet wird. Auch wenn weder eine Kausalhaftung noch eine Entschädigungspflicht für rechtmässig zugefügten Schaden in die Entstehungszeit der Norm passen (BJM 1958, S. 352, E. 3, S. 361; ZEHNTNER, a.a.O., S. 74 f.), ändert das somit nichts daran, dass die Bestimmung über eine Verschuldenshaftung hinausgeht. Die Staatshaftung hat sich sodann in den 25 Jahren seit dem erwähnten Entscheid des Obergerichts beträchtlich entwickelt; die Kausalhaftung wie - in bestimmten Grenzfällen - die Ersatzpflicht für rechtmässig verursachten Schaden entsprechen inzwischen gefestigter Betrachtungsweise (KÄMPFER, a.a.O., S. 290 u. 296; GRISEL, a.a.O., S. 787 ff.; GYGI, Verwaltungsrecht, Eine Einführung (1986), S. 248 f., 255 f.; vgl. auch Bericht der Expertenkommission für die Vorbereitung einer Totalrevision der Bundesverfassung, S. 28 zu Art. 6 Abs. 1 und 2 des Verfassungsentwurfs). Die Bedenken, die sich früher auch der zeitgemässen Auslegung entgegenstellten, sind durch diese Entwicklung hinfällig geworden. Es steht deshalb heute nichts entgegen, § 25 des Verantwortlichkeitsgesetzes als Rechtsgrundlage sowohl für die Kausalhaftung wie für die Schadenersatzpflicht bei rechtmässigen Staatseingriffen zu betrachten. Wie letztere allenfalls einzugrenzen ist, kann dahingestellt bleiben, da es im vorliegenden Fall nur um die Kausalhaftung geht. Mit Bezug auf diese wird die dargelegte zeitgemässe Auslegung noch dadurch bestärkt, dass der Beklagte selber davon ausgeht, für eine allfällige Unterlassung bestehe eine Kausalhaftung des Kantons.
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Der Beklagte hält dem entgegen, oberstes Ziel ärztlichen Wirkens sei der Behandlungserfolg durch eine zweckmässige Therapie. Deshalb beruhe das vom Kantonsparlament am 17. Oktober 1983 sanktionierte Psychiatriekonzept auch für suizidale Patienten auf der Erkenntnis, dass sichernde, freiheitsbeschränkende Massnahmen sich auf die Dauer antitherapeutisch auswirkten und dass das Sicherheitsregime auf die Dauer zu lockern sei, wenn man überhaupt den therapeutischen Zugang zum Patienten behalten wolle. Heute komme der absoluten Sicherheit nicht erste Priorität zu und sei daher der Begriff der genügenden Überwachung neu zu definieren.
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Auch die Kläger anerkennen die Bedeutung der Therapie zur Überwindung der Suizidalität, doch müsse in akuten Krisensituationen die unmittelbar wirksame Prävention Priorität haben. Damit wird zu Recht das Psychiatriekonzept 1983 nicht als solches in Zweifel gezogen. Anderseits bestreitet auch der Beklagte nicht, dass in Krisensituationen Sicherungsmassnahmen zu treffen sind. Die Einweisung in die geschlossene Abteilung der Klinik sollte denn auch einen Suizid nach Möglichkeit verhindern, solange die Therapie nicht zur Behebung der Suizidgefahr geführt hatte. Da das nicht gelungen war, fragt es sich, ob die getroffenen Massnahmen ausreichten. Dabei ist der Einfluss auf den Therapieverlauf mitzuberücksichtigen, wobei in diesem Zielkonflikt dem verantwortlichen Klinikpersonal ein erheblicher Ermessensspielraum zuzugestehen ist.
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a) Es ist anerkannt, dass bei A. Y. eine latente Suizidgefahr bestanden hat und dass er auch in der Klinik, so namentlich im Juli 1982, verschiedene Selbstmordversuche unternommen hatte, die in zwei Fällen zu ernsthaften Verletzungen geführt hatten; die Krankengeschichte enthält denn auch mehrfach ärztliche Hinweise auf starke Suizidalität. Nach Darstellung des Beklagten war der Zustand des Patienten nicht stabil und zu keiner Zeit das konkrete Ausmass der Gefährdung feststellbar oder voraussehbar. Die Situation erlaubte immerhin am 18. Oktober 1982, A. Y. aus der Intensivpflegestation (Wachsaal) in ein Einzelzimmer der gleichen geschlossenen Abteilung zu verlegen; wegen Spannungszuständen musste er aber am 24., 26. und 28. Oktober 1982 kurzfristig wieder in den Wachsaal verbracht werden.
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b) Am 2. November 1982, anlässlich der Medikamentenabgabe, äusserte A. Y. den Wunsch, die Abteilung zu verlassen. Der Pfleger verlangte von ihm darauf das Versprechen, keine Dummheiten zu machen. Da der Patient erklärte, ein solches Versprechen nicht geben zu können, wurde er wieder in sein Zimmer geschickt. Der Beklagte anerkennt, dass damals in Verbindung mit dem Verhalten am Vortag Krisenzeichen registriert wurden, welche als neuer Suizidschub hätten gedeutet werden können. Er bestreitet jedoch eine so hochgradige Suizidgefährdung, dass mit dem eingetretenen Ablauf hätte gerechnet werden müssen. Angesichts der unklaren Suizidalität entschied der zuständige Pfleger sich für ein vorzeitiges Schliessen der Abteilungstüre (gegen aussen) als einzige zusätzliche Massnahme. Die Türe des Einzelzimmers wird aus therapeutischen Gründen nicht abgeschlossen.
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a) Die Kläger meinen, ihr Sohn hätte damals im Wachsaal untergebracht und überwacht werden sollen. Der Beklagte rechtfertigt den Verzicht auf diese äusserste Massnahme mit dem Hinweis auf die Menschenwürde des Patienten und auf das erwähnte Psychiatriekonzept. Bei früheren Verlegungen in den Wachsaal sei der Patient jeweils auf die Stufe eines völlig hilflosen Kleinkindes zurückgeworfen worden; nachdem er selbst versucht habe, sich aus dem behüteten Milieu des Wachsaals zu lösen, habe man diesen bescheidenen Teilerfolg der sorgsam abgestimmten Therapie nicht preisgeben wollen. Diese Begründung überzeugt nicht ohne weiteres, nachdem A. Y. wenige Tage vorher dreimal kurzfristig in den Wachsaal verbracht worden war. Richtig ist dagegen, dass es sich bei diesem Entscheid um eine therapeutisch heikle Frage handelte, deren Beantwortung wohl im Ermessensbereich der verantwortlichen Betreuer gelegen hat. Es fragt sich daher, ob entgegen der Ansicht des Beklagten nicht eine andere, geeignetere Möglichkeit bestanden hätte, den tragischen Ablauf zu verhindern.
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b) Es ist anerkannt, dass A. Y. aus der geschlossenen Abteilung entweichen konnte, indem er den Personenlift benützte. Während der danebenliegende Bettenlift nur mit einem Schlüssel bedient werden kann, ist der Personenlift zwar von der Abteilung her ebenfalls nur mit Schlüssel zugänglich, kann aber auf allen Geschossen von innen her ohne weiteres geöffnet werden. Das erlaubt sowohl Besuchern wie Patienten den Zugang auch zur geschlossenen Abteilung. A. Y. muss das Eintreffen eines solchen Liftbenützers ausgenützt haben und dann mit dem Lift in die Eingangshalle gefahren sein. Die Problematik dieser Einrichtung war in der Klinik bekannt; doch wurde von einer Änderung abgesehen, um den Besucherzutritt nicht zu erschweren. Diese Überlegung ist verständlich, jedoch fragt es sich, ob dem bekannten Risiko nicht durch personelle Massnahmen hätte Rechnung getragen werden müssen.
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c) Der Beklagte führt das Geschehen auf ein unglückliches und unvorhersehbares Zusammentreffen mehrerer Umstände zurück: Der Korridor mit dem Lifteingang sei vom Zimmer des beaufsichtigenden Pflegers überblickbar. Das Stationszimmer sei in jenem Zeitpunkt allerdings unbesetzt gewesen, weil der Pfleger unvorhergesehen für kurze Zeit weggerufen worden sei. Es sei höchst zufällig, dass gerade in diesem Augenblick jemand die Lifttüre von innen geöffnet habe, und gänzlich unvorhergesehen, dass A. Y. ausgerechnet dann vor der Lifttüre gestanden sei, da er aufgefallen wäre, wenn er sich länger im Korridor aufgehalten hätte. Angesichts dieses schicksalhaften Zusammentreffens fehle es auch am adäquaten Kausalzusammenhang der Unterlassung mit dem entstandenen Schaden.
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Diese Darstellung trifft im entscheidenden Punkt nicht zu. Anlässlich des Augenscheins hat sich nämlich ergeben, dass das Stationsbüro keineswegs ständig besetzt ist; in der kritischen Zeit um 20 Uhr ist der Pfleger, der hier Dienst hat, für 15-30 Minuten in der Abteilung unterwegs, um die Medikamente zu verteilen. Der andere Pfleger befindet sich im Wachsaal. Ein Patient braucht deshalb nicht besonders raffiniert vorzugehen, um zu entweichen. Es ist auch nicht entscheidend, wie gross die Wahrscheinlichkeit von Besuchern um oder unmittelbar nach 20 Uhr ist; es kann sich auch um Patienten handeln, die aus dem Ausgang zurückkommen oder aus Versehen das falsche Geschoss wählen. Jedenfalls handelt es sich um einen Ablauf, der nicht derart ausserhalb des gewöhnlichen Laufs der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung liegt, dass deswegen der adäquate Kausalzusammenhang unterbrochen wäre.
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Der Augenschein hat ergeben, dass es nicht einer ständigen Besetzung des Stationszimmers bedarf, um eine solche Entweichung zu verhindern. Es zeigte sich nämlich, dass der Lift in die Eingangshalle der Klinik führt, die bis 21.30 Uhr geöffnet ist, in der aber nach 20 Uhr die Eingangsloge nicht mehr besetzt ist und daher jede Kontrolle fehlt. Das überrascht bei einer Klinik mit 300 Patienten.
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d) Es ergibt sich somit, dass zwar die am Abend des 2. November 1982 konkret getroffenen Anordnungen weder einem Beamten der Klinik zum Verschulden gereichen noch als objektiv pflichtwidrig und damit widerrechtlich zu betrachten sind. Dass A. Y. gleichwohl hat entweichen können, ist auf die Liftanlage zurückzuführen, bei der in Kenntnis der Problematik aus verständlichen Gründen auf konstruktive Abhilfe verzichtet worden ist. Angesichts des bekannten Risikos hätte aber in personeller Hinsicht Gewähr dafür geboten werden müssen, dass die Sicherheit einer geschlossenen Abteilung nicht auf diesem Weg unterlaufen werden konnte. Das wäre ohne weiteres möglich gewesen, sei es in der Abteilung durch Sicherstellung der ständigen Besetzung des Stationszimmers, sei es durch Kontrolle der Eingangshalle bis zur Schliessung der Eingangstüre. Der damit verbundene personelle Aufwand erscheint für eine Klinik mit einem Pflegpersonal von 120-130 Personen als zumutbar.
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Der Beklagte hat deshalb aufgrund von § 25 des Verantwortlichkeitsgesetzes für den Schaden der Kläger aufzukommen; die Klage ist daher im Grundsatz gutzuheissen.
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a) Der Beklagte macht geltend, es seien von diesem Betrag die weggefallenen Aufwendungen namentlich aus Erziehung und Unterhalt sowie die durch den Tod bewirkten Erbschaften, Versicherungsleistungen und dergleichen in Abzug zu bringen. Die Kläger wollen eine Anrechnung ersparter Unterhalts- und Erziehungsaufwendungen nur im Zusammenhang mit einem Versorgerschaden gelten lassen, nicht jedoch bei Bestattungskosten; die Unterhaltspflicht gegenüber ihrem bereits 19jährigen Sohn wäre nach ihrer Meinung ohnehin bald entfallen. Eine Erbschaft oder Versicherungsleistungen sei ihnen nicht zugefallen. Dass letzteres zutrifft, hat der Beklagte in der Duplik stillschweigend anerkannt. Dagegen hält er an der Berücksichtigung eingesparter Unterhaltsleistungen fest, weil diese wegen der Krankheit des Sohnes von den Klägern weit über seine Volljährigkeit hinaus hätten erbracht werden müssen.
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Lehre und Rechtsprechung bejahen bei der Schadensermittlung die Vorteilsanrechnung, soweit die Vorteile mit dem schädigenden Ereignis in einem inneren Zusammenhang stehen, ähnlich der adäquaten Kausalität (OFTINGER, Haftpflichtrecht, Bd. I, S. 180 ff., VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil OR, Bd. I, S. 101 ff., DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, 2. Aufl., S. 220; BGE 85 IV 107, BGE 71 II 89 f.). Freilich genügt das nicht ohne weiteres (VON TUHR/PETER, S. 103); vielmehr stellt sich auch ein Wertungsproblem (OFTINGER, S. 180). Im übrigen haben Lehre und Rechtsprechung jeweils weniger grundsätzliche als vielmehr dem Einzelfall entsprechende Lösungen gesucht. Dabei ist anerkannt, dass Eltern oder Ehegatten, die einen Versorgerschaden geltend machen, sich die wegen des Todes ersparten Aufwendungen anrechnen lassen müssen (BGE 108 II 437 E. 2b, BGE 95 II 416 f. E. 1b teils auch für Erbanfall; OFTINGER, S. 183, MERZ, Obligationenrecht, Allg. Teil, in Schweiz. Privatrecht, Bd. VI/1, S. 208 ff.).
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Das lässt sich nicht in gleichem Mass auf den Fall übertragen, in welchem kein Versorgerschaden, sondern nur Ersatz der Bestattungskosten geltend gemacht wird. Zwar wäre für sie wie für einen eingesparten Unterhalt der adäquate Zusammenhang mit dem Todesfall zu bejahen. Wenn aber im Sinn einer Wertung auch gewisse Billigkeitsüberlegungen einbezogen werden dürfen, gestatten diese von der Anrechnung eines allfällig eingesparten Unterhalts abzusehen, wenn nur die Bestattungskosten im Streit liegen. Dafür sprechen auch praktische Gründe, würde damit doch eine an sich liquide Forderung zum Anlass schwieriger Abklärungen und Schätzungen. Das liegt namentlich auch nicht im Sinn eines Staatshaftungsgesetzes, selbst wenn die zivilrechtlichen Regeln des Schadenersatzrechts in diesem Bereich ergänzend herangezogen werden können (BGE 107 Ib 162 E. 2 mit Hinweis). Es kann deshalb offengelassen werden, ob und in welchem Ausmass die Kläger durch den Tod ihres Sohnes von Unterhaltslasten befreit worden sind.
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b) Nach Ansicht des Beklagten drängt sich eine Herabsetzung oder gar Aufhebung der Ersatzpflicht auch unter dem Gesichtspunkt eines Selbstverschuldens des Verstorbenen auf; trotz Depressionen und labilem Gemütszustand sei dieser zur massgeblichen Zeit keineswegs urteilsunfähig gewesen. Weil er den Tod absichtlich herbeigeführt habe, wäre es unbillig, den schuldlos haftenden Beklagten den ganzen Schaden tragen zu lassen. Die Kläger nehmen demgegenüber an, ihr Sohn sei, als er sich unter den Zug geworfen habe, voll urteilsunfähig gewesen; auch wenn das nicht bei jedem Selbstmord gelten müsse, sei dieser vorliegend eindeutig auf eine krankheitsbedingte Willensbildung zurückzuführen.
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Nach ärztlicher Diagnose litt A. Y. an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, bzw. an einer Schizophrenie mit vornehmlich katatonem Gepräge. Wie stark dieser Krankheitszustand im entscheidenen Zeitpunkt die Urteilsfähigkeit des Patienten beeinträchtigt hat, braucht nicht entschieden zu werden. Er wurde wegen seiner Neigung zur Selbsttötung in die Klinik eingewiesen; er sollte wie früher dargelegt nach Möglichkeit geheilt, aber auch vor einem Selbstmord bewahrt werden. Dass die Klinik in letzterer Hinsicht versagt hat, schliesst es auf jeden Fall aus, ein rechtlich relevantes Selbstverschulden von A. Y. anzunehmen.
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c) Die Klage erweist sich daher hinsichtlich der Schadenersatzforderung als begründet; der Zinsanspruch ist unbestritten.
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Das Gesetz sieht nur den Ersatz des Schadens vor (§§ 24 und 25). Eine kantonale Rechtsprechung zu dieser Frage besteht offenbar nicht; doch ist vergleichsweise auf dieser Grundlage auch schon Genugtuung geleistet worden. Die Kläger machen geltend, in der Entstehungszeit des Gesetzes von 1851, also vor dem Obligationenrecht von 1881, habe der Begriff des Schadenersatzes auch den immateriellen Schaden umfasst (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 1 zu Art. 61 OR), und in diesem Sinn sei auch Artikel 7 des eidgenössischen Verantwortlichkeitsgesetzes vom 9. Dezember 1850 verstanden worden (BS 1, 462; O.K. KAUFMANN, Die Verantwortlichkeit des Beamten und die Schadenersatzpflicht des Staates in Bund und Kantonen, ZSR 72/1953, S. 344a, vgl. auch BGE 34 II 621 E. 5). Wieweit darauf noch heute zurückzugreifen wäre, kann offenbleiben, entspricht es doch auch heutiger Anschauung, im Zweifel in die Schadenersatzpflicht den Ersatz immateriellen Schadens durch Genugtuung einzubeziehen (OFTINGER, a.a.O., S. 287, STARK, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Skriptum, N. 179).
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Auch wenn danach einem Genugtuungsanspruch nicht entgegenstehen muss, dass das Gesetz nur von Schadenersatz spricht, ist zu berücksichtigen, dass nach neueren gesetzlichen Regelungen Genugtuung selbst bei Tötung oder Körperverletzung nur unter besonderen Voraussetzungen geschuldet ist. Der Anspruch wird von besonderen Umständen (Art. 47 OR), teils auch vom Verschulden des Beamten abhängig gemacht (vgl. Art. 6 des eidgenössischen Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1958 [VG] und aus dem kantonalen Recht die gesetzlichen Bestimmungen insbesondere in den Kantonen Waadt, Zürich, Schwyz, Zug, Solothurn, Thurgau und Wallis [dazu die Hinweise bei GRISEL, Traité de droit administratif, Bd. II, S. 281 ff.]; s. auch BGE 93 I 593 E. 5 zur Auslegung von Art. 27 MO in der damaligen Fassung unter Einbezug von Art. 6 Abs. 1 VG). Dass nur besondere - nicht aber unbedingt verschuldete - Umstände Genugtuungsleistungen des Staats rechtfertigen, wird auch in der neuesten Lehre betont (GRISEL, a.a.O., S. 788).
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Von einem eigentlichen Verschulden des Klinikpersonals kann vorliegend nicht gesprochen werden. Was die Verantwortlichkeit des Beklagten rechtfertigt, ist vielmehr ein organisatorischer Mangel, der nicht schwer wiegt, weil er nur in besonderen Ausnahmesituationen Folgen haben kann. Das ruft jedenfalls nicht nach einer Genugtuung. Auf Seiten der Kläger ist zu berücksichtigen, dass der Verlust ihres einzigen Sohnes sie sicher schwer trifft, doppelt schwer der Selbstmord. Dieser ist indes auf die kranke Persönlichkeit des Verstorbenen zurückzuführen und kann nicht dem Beklagten angelastet werden. Dessen Verantwortlichkeit beruht darauf, dass in der Klinik nicht alles vorgekehrt worden ist, um eine solche Tragödie zu verhindern. Das ändert nichts daran, dass das Klinikpersonal sich - der gestellten Aufgabe gemäss - während den Monaten seines Aufenthalts um den Patienten bemühte, letztlich leider ohne Erfolg. Ob in seinem Fall überhaupt Heilungschancen bestanden hätten, die auch von den Klägern nur auf 15 bis 25% geschätzt werden, braucht dabei nicht entschieden zu werden. Ein Genugtuungsanspruch ist unter den gegebenen Umständen zu verneinen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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