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1. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. April 1987 i.S. X. gegen X. und Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Einbeziehung eines Kindes in die Anerkennung seiner Mutter als Schweizer Bürgerin (Art. 57 Abs. 8 BüG). |
2. Voraussetzungen, unter denen das Kind auf Antrag der Mutter und ohne Zustimmung des ausländischen Vaters zusammen mit jener in das Schweizer Bürgerrecht aufgenommen werden kann (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
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Auf ein entsprechendes Gesuch von C.Y. hin beschloss das Amtsgericht Stuttgart am 20. Dezember 1985, dass die elterliche Sorge für den Sohn A.X. auf sie als Mutter übertragen werde. Eine von B.X., dem Vater, hiergegen erhobene Beschwerde schützte der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart durch Beschluss vom 10. März 1986 in dem Sinne, dass er in Anwendung des ägyptisch-islamischen Rechts (hanefitischer Schule) feststellte, dem Vater stehe die elterliche bzw. väterliche Gewalt ("wilâya") und der Mutter die tatsächliche Personensorge ("hadâna") zu. Dieser Entscheid erwuchs in Rechtskraft.
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C.Y. hatte als Tochter eines Ägypters seit ihrer Geburt die ägyptische Staatsangehörigkeit. Da ihre Mutter eine in Liestal heimatberechtigte Schweizerin ist, suchte sie gestützt auf Art. 57 Abs. 8 des Bürgerrechtsgesetzes (BüG; SR 141.0) am 17. Juli 1985 beim Schweizerischen Generalkonsulat in Stuttgart um Anerkennung als Schweizer Bürgerin nach. Mit Verfügung der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion Basel-Landschaft vom 18. März 1986 wurde dem Gesuch stattgegeben, wobei der Sohn A.X. in die Anerkennung einbezogen wurde. Diese Verfügung focht B.X. mit Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft in dem Umfange an, als sie den Sohn betraf. Die Beschwerde wurde am 30. September 1986 abgewiesen.
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Hiergegen hat B.X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben mit dem Antrag, die Entscheide der beiden kantonalen Instanzen seien aufzuheben.
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C.Y., die heute mit einem deutschen Staatsangehörigen namens Z. verheiratet ist und nach wie vor in der Bundesrepublik Deutschland wohnt, beantragt in ihrer Vernehmlassung dem Sinne nach Abweisung der Beschwerde.
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Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft schliesst ebenfalls auf Abweisung der Beschwerde, und das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement stellt sich hinter den angefochtenen Entscheid.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Gemäss Art. 103 lit. a OG, der hier hinsichtlich der Beschwerdebefugnis als einzige Bestimmung in Betracht fällt, ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt, wer durch den ![]() | 7 |
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b) Der Regierungsrat gelangte zum Schluss, C.Z. ... sei legitimiert gewesen, für den Sohn ... das Gesuch um Aufnahme in das Schweizer Bürgerrecht einzureichen. Er hat nicht übersehen, dass das Oberlandesgericht Stuttgart in Anwendung des hanefitischen ![]() | 9 |
c) Gegen die regierungsrätliche Betrachtungsweise wendet der Beschwerdeführer unter Hinweis auf Art. 3 des Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (MSA; SR 0.211.231.01) einzig ein, dass der Entscheid des Oberlandesgerichts Stuttgart auch für die schweizerischen Instanzen verbindlich sei. Diesem Vorbringen ist vorab entgegenzuhalten, dass das vom Beschwerdeführer angerufene Abkommen hier, wo es darum geht, ob einem Kind ohne Zustimmung des Vaters das Bürgerrecht der Mutter zuerkannt werden könne, nicht zum Tragen kommt. Die schweizerischen Instanzen hätten allenfalls aufgrund des Abkommens vom 2. November 1929 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen (SR 0.276.191.361) an den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart gebunden sein können. Gemäss Art. 3 dieses Abkommens werden in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten die Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte des andern Vertragsstaates jedoch nur anerkannt, wenn sie Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen eines der beiden Staaten oder beider Staaten zum Gegenstand haben, was hier ![]() | 10 |
d) Die Beschwerde wäre auch dann unbegründet, wenn davon auszugehen wäre, dass die Anwendung des einschlägigen deutschen Rechts zum gleichen Ergebnis führe wie die Beurteilung nach dem vom Oberlandesgericht herangezogenen ägyptischen (hanefitischen) Recht, d.h. dass der Beschwerdeführer Inhaber der elterlichen Gewalt sei. Das heute geltende Bürgerrechtsgesetz zielt darauf ab, dem Kind einer gebürtigen Schweizerin, die mit dem Vater ausländischer Staatsangehörigkeit verheiratet ist, das Schweizer Bürgerrecht von Geburt an einzuräumen (in diesem Sinne der am 1. Juli 1985 in Kraft getretene Art. 1 Abs. 1 lit. a BüG; vgl. dazu Botschaft des Bundesrates vom 18. April 1984 zur Änderung des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts, BBl 1984 II S. 218). Dem ausländischen Vater (der Mitinhaber der elterlichen Gewalt ist) steht kein Einspruchsrecht zu, da nach Auffassung des Gesetzgebers der Erwerb des Schweizer Bürgerrechts im Interesse des Kindes liegt. Für den Sachverhalt, wie er hier vorliegt, wird in der erwähnten bundesrätlichen Botschaft unter Hinweis auf HEGNAUER (Die Vertretung Unmündiger durch die Eltern beim Erwerb des Schweizer Bürgerrechts, in: ZBl 80/1979, S. 64 ff.) ausgeführt, dass der Einspruch des ausländischen Vaters unbeachtlich bleibe, falls dieser bloss seine eigenen Interessen wahrnehme; verfolge er die Interessen des Kindes, sei diesem ein Beistand zu bestellen (BBl 1984 II S. 224, Fussnote). Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement begründet diesen Hinweis in seiner Vernehmlassung mit den praktischen Erfahrungen, die bei der Revision des Kindesrechts im Jahre 1978 und der damit verbundenen Möglichkeit für gewisse Kinder einer Schweizerin und eines Ausländers, das Schweizer Bürgerrecht durch Anerkennung als Schweizer zu erwerben (Art. 57 Abs. 6 und 7 BüG), gemacht worden seien. In seinem Kreisschreiben vom 30. Mai 1985 an die Kantone habe es betreffend Art. 57 Abs. 8 BüG in analoger Weise festgehalten, dass Unmündige ein Anerkennungsgesuch nur durch ihren gesetzlichen Vertreter stellen lassen könnten und dass im Falle der Einreichung des Gesuchs ![]() | 11 |
Ob diese Verwaltungspraxis sich bei ungetrennter Ehe der Eltern eines Kindes ohne weiteres anwenden lässt, braucht nicht abschliessend erörtert zu werden. Von der Zustimmung des Vaters darf jedenfalls dann abgesehen werden, wenn - wie hier - vor Einreichung des Gesuchs um Anerkennung als Schweizer Bürger die Ehe der Eltern geschieden worden ist und wenn ferner das Kind aller Voraussicht nach weiterhin mit der Mutter zusammenleben wird und der Vater keine einleuchtenden Tatsachen namhaft zu machen vermag, die aus der Sicht der Interessen des Kindes einer Einbeziehung in das Schweizer Bürgerrecht entgegenstehen. Unter solchen Umständen ist letztlich unerheblich, welchem Elternteil die elterliche Gewalt zusteht.
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Inwiefern das Wohl von A.X. gebieten würde, von der Erteilung des Schweizer Bürgerrechts abzusehen, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Mit dem Regierungsrat ist davon auszugehen, dass die Doppelbürgerschaft keine Nachteile zur Folge haben wird. Dass der (heute erst fünfjährige) Knabe sich dereinst möglicherweise vor den Entscheid gestellt sehen wird, wo er seiner Militärdienstpflicht nachkommen wolle, vermag daran nichts zu ändern. Das Schweizer Bürgerrecht bringt ihm dagegen vor allem den Vorteil, dass er ohne weiteres in die Schweiz, den Heimatstaat seiner Mutter, mit welcher er (in einem Nachbarland) zusammenlebt, wird einreisen können. Dass das Kind nach den Vorbringen des Beschwerdeführers auch zu ihm enge Beziehungen hat, ist insofern unerheblich, als - wovon auch der Beschwerdeführer ausgeht - A.X. die ägyptische Staatsbürgerschaft nicht verlieren wird. Die mit dem Hinweis auf die engen persönlichen Beziehungen verbundene Rüge des Beschwerdeführers, er sei zum Bericht des Jugendamtes Stuttgart nie ordentlich angehört worden, stösst daher von vornherein ins Leere. Abgesehen davon, ist sie schon deshalb nicht zu hören, weil sie das in Stuttgart durchgeführte Verfahren betrifft.
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