BGE 113 Ib 318 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
51. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. Dezember 1987 i.S. Gemeinde Küsnacht gegen B. und R., Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 5 Abs. 2 RPG, materielle Enteignung. Umzonung von Landanlagekonzessionsland von der Landhauszone in Freihaltezone; Überbauungsabsicht (Präzisierung der Rechtsprechung). |
Eine Zuweisung von baureifem Land, das in einer dem Raumplanungsgesetz entsprechenden Bauzone liegt, in eine Freihaltezone erfüllt auch bei fehlender Überbauungsabsicht den Tatbestand der materiellen Enteignung (E. 3c, d). | |
Sachverhalt | |
B. und R. sind Eigentümerinnen der Seeparzelle Nr. 3682 in der Gemeinde Küsnacht. Die Parzelle wurde aufgrund kantonaler Landanlagekonzessionen geschaffen. Eine erste Konzession für eine Uferaufschüttung im Ausmass von 116 m2 wurde im Jahre 1894 erteilt, eine zweite für eine Aufschüttung im Umfange von 547 m2 im Jahre 1929. Die Konzession vom 20. April 1894 enthielt den üblichen Vorbehalt, dass für die Ausführung allfälliger Bauten auf der Landanlage die Bewilligung der Direktion der öffentlichen Arbeiten (heute Baudirektion) einzuholen sei. Der zweiten Konzession liegt ein Abtretungsvertrag vom 11. April 1929 zugrunde, den der Kantonsingenieur als Vertreter der Baudirektion des Kantons Zürich mit dem früheren Liegenschaftseigentümer abschloss. Danach trat dieser eine Fläche von 180 m2 Gartenland ab, wofür er im Tausch 16 m2 Land erhielt; die Mehrfläche wurde gemäss Angabe im Vertrag unentgeltlich abgetreten. Die Abtretung war jedoch mit der Bedingung verbunden, dass die Konzession für eine Landanlage im Ausmass von ca. 530 m2 zugesichert wurde. Die Landanlage (Ufermauer und Auffüllung) war durch die Baubehörde bis zum Sommer 1929 auf Rechnung des Abtreters auszuführen. Im Hinblick auf eine allfällige Überbauung des aufgeschütteten Grundstücks wurde folgende Vertragsbestimmung beigefügt:
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"Dem Abtreter wird die Bewilligung zur Erstellung eines einstöckigen
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Gartenpavillons mit Küche und zwei bis drei Wohnräumen sowie eines Boots-
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und Badhauses auf der Landanlage zugesichert. Die bezüglichen Pläne sind
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der Baudirektion zur Genehmigung vorzulegen."
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Im Jahre 1930 erstellte der damalige Eigentümer auf der Landanlage ein Badehaus. Hingegen zog er das Bewilligungsgesuch für ein Sommerhaus zurück, da dieses Vorhaben den Strassenabstand nicht wahrte. Mit Verfügung vom 18. August 1932 bestätigte die Baudirektion die Bewilligungszusicherung für einen einstöckigen Gartenpavillon mit Küche und zwei bis drei Wohnräumen sowie für ein Bootshaus und ermächtigte gleichzeitig das Grundbuchamt Küsnacht zu einer entsprechenden Anmerkung im Grundbuch.
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Gemäss Bauordnung und Zonenplan der Gemeinde Küsnacht von 1958 war die Seeparzelle Nr. 3682 der Landhauszone längs des Seeufers zugewiesen. Mit Zonenplanänderung vom 1. April 1974 wurde die Parzelle in die Freihaltezone umgeteilt. Der entsprechende Beschluss wurde am 11. September 1976 rechtskräftig. B. und R. liessen am 28. April 1982 das Begehren um Entschädigung wegen materieller Enteignung nach § 183bis des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch (EG ZGB) stellen. Die Gemeinde Küsnacht verneinte eine materielle Enteignung, anerbot jedoch den Eigentümerinnen mit Schreiben vom 24. Dezember 1982, die Liegenschaft zu kaufen. Da sie eine Veräusserung ablehnten, ersuchte die Gemeinde am 12. August 1983 das Statthalteramt Meilen um Anordnung des Schätzungsverfahrens.
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Mit Entscheid vom 10. Juli/20. November 1984 verpflichtete die Schätzungskommission II des Kantons Zürich die Gemeinde Küsnacht, den Eigentümerinnen eine Entschädigung zu bezahlen. Die Gemeinde Küsnacht erhob gegen den Entscheid der Schätzungskommission Einsprache und vertrat in dem hierauf eingeleiteten Klageverfahren vor Verwaltungsgericht erfolglos die Meinung, die Zuweisung des Seegrundstückes Nr. 3682 zur Freihaltezone habe keine materielle Enteignung bewirkt.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 17. Oktober 1986 gelangt die Gemeinde Küsnacht gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 20. August 1986 an das Bundesgericht. Sie bestreitet primär, dass eine materielle Enteignung vorliegt, und beanstandet eventualiter die von den Vorinstanzen ermittelte Höhe der Entschädigung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in bezug auf die Entschädigungshöhe gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Vorinstanzen haben einen schweren Eingriff in die Eigentümerbefugnisse angenommen, weil den Beschwerdegegnerinnen mit der Auszonung ihrer Seeparzelle aus der Landhauszone und der Einweisung in die Freihaltezone die gegebene und jederzeit zu realisierende Möglichkeit der Überbauung genommen worden sei. Die Gemeinde bestreitet dies. Es ist daher als erstes zu prüfen, ob ihre Einwendungen begründet sind.
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a) Zunächst macht die Beschwerdeführerin geltend, die in der Landanlagekonzession von 1929 erteilte Zusicherung einer Bewilligung für die Erstellung eines einstöckigen Gartenpavillons mit Küche und zwei bis drei Wohnräumen sowie eines Boots- und Badhauses sei nicht mit der "Baukonzession" gleichzusetzen. Die ausdrücklich vorbehaltene Genehmigung der Baupläne durch die Baudirektion bedeute, dass die Bewilligungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Genehmigung erfüllt sein müssten.
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Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Konzession von 1929 enthielt im Gegensatz zur Konzession von 1894 nicht den Vorbehalt, wie er vom Bundesgericht bei einer Landanlage in Männedorf zu beurteilen war, dass für die Ausführung allfälliger Bauten auf der Landanlage die Bewilligung der Baudirektion einzuholen sei (BGE 102 Ia 122 ff.). Ein solcher Vorbehalt hat zur Folge, dass mit der Konzession nur das Recht zur Schaffung einer Landanlage eingeräumt wird, nicht jedoch auch die Befugnis, auf dem geschaffenen Seeuferland zu bauen (BGE 102 Ia 124 ff. E. 2a-f).
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Die Konzession im Jahre 1929 für eine Landanlage im Ausmass von ca. 530 m2 wurde im Zusammenhang mit einer Landabtretung zur Verbreiterung der Seestrasse erteilt. Die Kosten der Anlage gingen zu Lasten des Abtreters. Es wurde ihm jedoch "die Bewilligung zur Erstellung eines einstöckigen Gartenpavillons mit Küche und zwei bis drei Wohnräumen sowie eines Boots- und Badhauses auf der Landanlage zugesichert". Diese Zusicherung kann nach dem für deren Auslegung massgebenden Vertrauensprinzip nicht anders als definitive Zustimmung zur Ausführung eines entsprechenden Vorhabens aufgefasst werden. Wenn beigefügt wurde, dass die Pläne der Baudirektion zur Genehmigung vorzulegen sind, so dient dies der üblichen Kontrolle der Einhaltung der Konzessionsbestimmungen, kann jedoch nach dem für die Parteien nach Treu und Glauben massgebenden Verständnis nicht so verstanden werden, dass die eine Partei die Zusicherung der Bewilligung für die Erstellung eines Baues zurücknehmen darf; andernfalls wäre die Zusicherung wertlos gewesen.
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Auch der Zeitablauf ändert hieran nichts; die Zusicherung wurde unbefristet erteilt und ausserdem mit der Verfügung der Baudirektion vom 18. August 1932 bestätigt. Es wäre, wie das Verwaltungsgericht darlegt, nicht angegangen, dass die Baudirektion im Jahre 1976 im Zusammenhang mit der Genehmigung der Auszonung und der Zuweisung zur Freihaltezone die Zusicherung hätte entschädigungslos widerrufen dürfen. Diese ist entgegen der Auffassung des Bundesamtes für Raumplanung nicht nur ein behördliches "Bauangebot". Damit wurde vielmehr die Baulandqualität der 1929 geschaffenen Landanlage anerkannt. Die kommunale Zonenordnung von 1958 bestätigte diese Anerkennung. Erst die Zonenplanänderung vom 1. April 1974 entzog der Landanlage die Baulandqualität.
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b) Aufgrund der in der Konzession von 1929 gemachten unbefristeten Zusicherung der Bauberechtigung im umschriebenen Ausmass wurde die Rechtsstellung des Konzessionärs derjenigen von Eigentümern gewöhnlichen Baulandes angenähert, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat. Sein Recht ist nicht nur durch die einschlägigen Bauvorschriften, sondern in erster Linie durch die Konzessionsbestimmung beschränkt. Er darf nicht mehr bauen, als ihm zugesichert wurde. Der Zeitpunkt der Ausführung steht ihm hingegen aufgrund der getroffenen Abmachung frei.
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§ 76 Abs. 1 des kantonalen Wassergesetzes vom 15. Dezember 1901, wonach bei Erteilung einer Bewilligung für eine Landanlage eine Frist für die Ausführung anzusetzen und das Erlöschen der Konzession anzudrohen ist, wenn die Frist nicht eingehalten wird, spricht keineswegs dafür, dass die Bauberechtigung bei langjähriger Nichtausübung dahinfällt. Im Gegenteil, wenn die Parteien diese Konsequenz gewollt hätten, so hätten sie entsprechend der für die Landanlage geltenden Regelung eine Frist für die Bauausführung ansetzen müssen. Weil sie dies nicht getan haben, kann keineswegs aus der langjährigen Nichtausübung des Rechtes gefolgert werden, der Eigentümer des geschaffenen Landes habe stillschweigend darauf verzichtet, von der ihm unbefristet eingeräumten Bauberechtigung Gebrauch zu machen.
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Die Landanlage von ca. 530 m2 ist somit wegen der besonderen Ausgestaltung des Abtretungsvertrages von 1929 Bauland gleichzustellen.
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c) Schliesslich ist die Beschwerdeführerin der Meinung, von einer enteignungsähnlichen Wirkung der Freihaltezone könne deshalb nicht die Rede sein, weil der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerinnen im massgebenden Zeitpunkt (1976) keine Überbauungsabsicht gehabt habe. Die Wahrscheinlichkeit der Realisierung einer besseren Nutzung in naher Zukunft sei nicht nur nach objektiven Voraussetzungen zu prüfen, sondern sie müsse auch in subjektiver Hinsicht gegeben sein.
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aa) Diese Auffassung verkennt die bundesgerichtliche Rechtsprechung. Wenn in BGE 105 Ia 339 E. 4b gesagt wird, von einer enteignungsähnlichen Wirkung der Nichteinzonung einer nicht im Bereich eines generellen Kanalisationsprojektes gelegenen Parzelle könne von vornherein dann keine Rede sein, wenn am massgebenden Stichtag "ein Grundstück nicht hätte überbaut werden können oder - wenn dies möglich gewesen wäre - nicht überbaut worden wäre, weil der Eigentümer keine Überbauungsabsichten hatte", so bezieht sich diese Wendung, wie aus dem Entscheid klar hervorgeht, auf den Fall der Rechtsänderung durch das eidgenössische Gewässerschutzgesetz vom 8. Oktober 1971. Mit diesem Gesetz wurde bekanntlich die Bewilligung von Bauten auf die Bauzonen beziehungsweise den durch das generelle Kanalisationsprojekt abgegrenzten Bereich beschränkt (Art. 19 f. des Gewässerschutzgesetzes; Art. 15 der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung, je in der bis Ende 1979 geltenden Fassung). Das Bundesgericht erwog aufgrund der verfassungsrechtlich gebotenen Nutzungsordnung (Art. 22quater BV), dass diese Regelung den Inhalt des Eigentums grundsätzlich entschädigungslos festlege. Vorbehalten blieben Ausnahmefälle, in denen der Einbezug eines Grundstückes in eine Bauzone geboten gewesen wäre, und der Eigentümer deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft mit einer Überbauung rechnen konnte. Wo kein solcher Ausnahmefall vorlag, war mit Inkrafttreten des Gewässerschutzgesetzes eine zuvor in zahlreichen Kantonen bei Erfüllung der baupolizeilichen Anforderungen auf allen Grundstücken gegebene Bauberechtigung dahingefallen, ohne dass hiefür Entschädigung geschuldet worden wäre.
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Die genannte Umschreibung knüpfte im übrigen an die Rechtsprechung über die Konsequenzen mehrerer sich folgenden Eigentumsbeschränkungen an. Wird eine enteignungsähnliche Beschränkung von einer ohne Entschädigung hinzunehmenden Beschränkung überlagert oder abgelöst, so ist eine Entschädigung für die erste Beschränkung nur geschuldet, wenn es dem Eigentümer möglich gewesen wäre, das Grundstück bis zum Inkrafttreten der zweiten Beschränkung der besseren Nutzung zuzuführen und wenn er hievon auch Gebrauch gemacht hätte (BGE 105 Ia 340 E. 4b; BGE 103 Ib 218 E. 3, je mit Verweisungen). Mit diesen Erwägungen werden keine wesensfremden subjektiven Gesichtspunkte in die Beurteilung der Entschädigungsfrage eingeflochten. Es wird vielmehr - wie das Bundesgericht bereits im Entscheid vom 22. September 1982 i.S. Gemeinde Aesch, Luzern, in: ZBl 84/1983 S. 80, E. 3b, verdeutlicht hat - aus der Anwendung des neuen Rechts die Konsequenz gezogen, dass nicht ausgeschöpfte bisherige Nutzungsmöglichkeiten nicht mehr realisiert werden können.
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Liegen Bauzonen im Sinne des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes vor oder geht es um weitgehend überbautes Gebiet gemäss Art. 36 Abs. 3 RPG, so ist nach objektiven Massstäben zu prüfen, ob die Schaffung einer Freihaltezone oder eine sonstige weitgehende Beschränkung der bisher gegebenen Bauberechtigung wie eine Enteignung wirkt. Soweit das Bundesgericht auch in diesen Fällen auf fehlende Bauabsichten des Eigentümers hinwies, wollte es die primär objektiven Kriterien bekräftigen und nicht eine enteignungsähnliche Wirkung nur wegen fehlender Überbauungsabsicht verneinen (BGE 106 Ia 382).
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Freilich ist anzuerkennen, dass aus den nicht immer wörtlich gleich lautenden Wendungen, welche den Entzug einer voraussehbaren künftigen Nutzung betreffen, zum Teil gefolgert werden könnte, die Wahrscheinlichkeit einer solchen Nutzung müsse sich aus einer ernsthaften Bauabsicht ergeben. Wenn der leading case Barret (BGE 91 I 329 in E. 3 auf S. 339) die zu berücksichtigenden künftigen Grundstücksnutzungen wie folgt umschreibt: "Seules méritent protection celles qui, au regard des circonstances, apparaissent comme très probables dans un proche avenir", so könnte diese Wendung, wie das Verwaltungsgericht darlegt, so verstanden werden, dass die Wahrscheinlichkeit der möglichen besseren Nutzung auch aus subjektiver Sicht des Eigentümers gegeben sein müsse. Die weiteren Ausführungen des Entscheides, mit welchen die nach objektiven Kriterien gegebene Schwere des Eingriffs als erste Voraussetzung der Entschädigungspflicht betont wird, zeigen jedoch, dass allein wegen Fehlens einer Bauabsicht eine enteignungsgleiche Wirkung nicht zu verneinen ist.
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Auch der neuere Entscheid i.S. Commune de Commugny ist nicht so zu verstehen, dass im Falle der Auszonung einer Parzelle aus einer den Grundsätzen des Raumplanungsgesetzes entsprechenden Bauzone und der Einweisung in die Schutzzone für Rebbau eine Entschädigung nur geschuldet wäre, wenn der Eigentümer in naher Zukunft seine Bauabsicht zu realisieren beabsichtigt. Entscheidend ist vielmehr, ob eine Überbauung hätte realisiert werden können oder ob ein Baubegehren wegen ungenügender Erschliessung und daher mangels Baureife der Parzelle hätte abgewiesen werden müssen und diese rechtlichen Hindernisse nicht innert naher Zukunft hätten beseitigt werden können (BGE 112 Ib 105, insbesondere 113 f. E. 4a und b). Der Entscheid hält übrigens ausdrücklich fest, dass die subjektiven Gründe, die den Eigentümer zu einem Aufschub seines Bauvorhabens genötigt hatten, an sich nicht entscheidend seien (E. 4c, S. 115). Die angeführten objektiven Faktoren waren primär wesentlich zur Beurteilung der Frage der enteignungsgleichen Wirkung (E. 3). Wenn in E. 4 beigefügt wurde, ausserdem sei auch der subjektive Bauwille des Eigentümers zu berücksichtigen, um die Wahrscheinlichkeit einer Nutzung der Parzelle als Bauland zu bejahen (S. 115), so ist gegenüber dieser wohl zu allgemein gemachten Aussage klarzustellen, dass im Falle der Auszonung einer baureifen Parzelle lediglich aus dem Fehlen einer Bauabsicht nicht eine enteignungsgleiche Wirkung ausgeschlossen werden könnte. Vielmehr müssten weitere Faktoren - etwa das Fehlen der Nachfrage mangels einer baulichen Entwicklung - dazu kommen, um eine enteignungsgleiche Wirkung zu verneinen. Die im Falle Commugny bejahte Bauabsicht bestätigte die aus objektiven Faktoren gegebene enteignungsgleiche Wirkung der Auszonung der Parzelle und deren Einzonung in eine Schutzzone.
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bb) Im Regelfall können daher, wie dies auch in der Literatur gefordert wird, subjektive Kriterien allein nicht entscheidend sein, um eine nach objektiven Massstäben gegebene enteignungsgleiche Wirkung auszuschliessen (GEORG MÜLLER, Kommentar zur Bundesverfassung, 1987, Ziff. 54, S. 27 zu Art. 22ter BV; ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, 1984, II S. 773). Wenn nach LEO SCHÜRMANN, Bau- und Planungsrecht, 2. Aufl., S. 234, auch die Überbauungsabsichten des Betroffenen wesentlich sind, so bezieht sich dieser Hinweis in erster Linie auf den vorne dargelegten Fall der Anwendung des Gewässerschutzgesetzes, dem die erstmalige Schaffung eines Nutzungsplanes im Sinne der Art. 14 ff. RPG gleichzusetzen ist (BGE 112 Ib 398 E. 5 mit Verweisungen). Dies ergibt sich aus dem Hinweis auf den angeführten Entscheid vom 22. September 1982 (Aesch, in: ZBl 84/1983 S. 80 E. 3b). Im Falle der Nichteinzonung, die grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen ist, kann eine Überbauungsabsicht, namentlich wenn sie bereits im Einvernehmen mit dem Gemeinwesen zu Aufwendungen für Erschliessungsmassnahmen geführt hat, darauf hinweisen, dass der Eigentümer im Sinne der vom Bundesgericht vorbehaltenen Ausnahmen mit einer Einzonung und damit der Realisierbarkeit seiner Absicht in naher Zukunft rechnen konnte (BGE 105 Ia 338 E. 3d).
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d) Im vorliegenden Fall anerkennt die Beschwerdeführerin, dass die Seeparzelle der Beschwerdegegnerinnen am Stichtag erschlossen war und in weitgehend überbautem Gebiet lag. Bei dieser Sachlage erfüllt die Auszonung der Parzelle aus der Landhauszone und ihre Einweisung in die Freihaltezone nach objektiven Kriterien den Tatbestand der materiellen Enteignung, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat. Es hat damit keineswegs in unzulässiger Weise an seine frühere Rechtsprechung betreffend Zerstörung eines gefestigten Marktwertes angeknüpft, sondern vielmehr den Grundsatz der vollen Entschädigung im Enteignungsfalle angewandt.
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Dass die Eigentümer keine Überbauungsabsichten hatten, ändert hieran nichts. Wer eingezontes baureifes Land besitzt, ist nur dann zu einer Überbauung innert Frist verpflichtet, wenn das geltende Recht eine eindeutige gesetzliche Grundlage hiefür enthält, wie dies zum Beispiel im Falle von Parzellarordnungsmassnahmen oder Sanierungen überbauter Gebiete vorkommt (Art. 9 des eidgenössischen Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes, WEG, SR 843; Bern, Dekret über die Umlegung von Baugebiet vom 12. Februar 1985, Art. 45; Zürich, Planungs- und Baugesetz vom 7. September 1975, § 201; Basel-Stadt, Gesetz über Bodenordnungsmassnahmen vom 20. November 1969, § 20). Von solchen Fällen abgesehen, besteht im geltenden Recht keine allgemeine Baupflicht. Man kann daher einem Eigentümer nicht verwehren, Bauland unüberbaut zu behalten und entsprechend seinem Belieben erst zu einem späteren Zeitpunkt der Überbauung zuzuführen. Freilich befreit ihn dies nicht davon, die auf Bauland entfallenden Lasten, wie etwa Erschliessungsbeiträge (Art. 6 WEG), zu tragen. Doch hat auch eine langjährige Nichtausübung der Bauberechtigung nicht zur Folge, dass baureifes Land, das einer dem Raumplanungsgesetz entsprechenden Bauzone zugewiesen ist, entschädigungslos in eine Freihaltezone eingewiesen werden darf.
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