![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
63. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Dezember 1987 i.S. X. AG gegen Einwohnergemeinde Bürchen und Burgergemeinde Bürchen (beteiligte Parteien) und gegen Eidgenössisches Departement des Innern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 31 Abs. 1 FPolG, Art. 24 und 26 FPolV. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Aufgrund einer Abänderung der Linienführung der Sesselbahn wurde die dafür benötigte Rodungsfläche im Laufe des Verfahrens ![]() | 2 |
Zum Rodungsgesuch haben die kantonale Kommission für Natur-, Landschafts- und Heimatschutz, das kantonale Büro für Tourismus, das kantonale Planungsamt, das Kantonsforstamt und das Kreisforstamt eine positive Vormeinung abgegeben. Mit Verfügung vom 23. Juni 1986 wies das EDI das Rodungsgesuch ab.
| 3 |
Die X. AG hat mit Eingabe vom 24. Juli 1986 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben. Sie rügt eine Verletzung von Art. 26 der Verordnung betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 1. Oktober 1965 (FPolV) und beantragt, die angefochtene Verfügung des EDI vom 23. Juni 1986 aufzuheben und die nachgesuchte Rodungsbewilligung zu erteilen.
| 4 |
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
| 5 |
Aus den Erwägungen: | |
6 | |
a) Gemäss Art. 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei (FPolG) soll das Waldareal der Schweiz nicht vermindert werden. Jede Rodungsbewilligung bedeutet somit eine Ausnahme, weshalb Zurückhaltung geboten ist bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen hiefür vorliegen (vgl. IMBODEN/RHINOW, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 6. Aufl., Band I, Nr. 37 B II/III S. 226 f.; BGE vom 20. Juni 1979 in ZBl 80/1979 S. 591). Gestützt auf die Kompetenzdelegation in Art. 50 FPolG erliess der Bundesrat die Bestimmungen gemäss Art. 24 ff. FPolV, welche die Tragweite des Grundsatzes der Erhaltung des Waldareals der Schweiz und die Richtlinien für die Behandlung von Rodungsgesuchen festlegen. Nach Art. 24 Abs. 1 FPolV ist der Wald im Hinblick auf seine Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtsaufgabe in seinem Bestand und seiner ![]() | 7 |
Rodungen dürfen somit nur mit Bewilligung der zuständigen eidgenössischen oder kantonalen Behörde vorgenommen werden. Art. 26 FPolV, vom Bundesgericht in konstanter Praxis als gesetzeskonform anerkannt (BGE 112 Ib 200 E. 2 mit Hinweisen), definiert die Voraussetzungen, unter denen eine Rodung bewilligt werden darf. Dabei ist zu beachten, dass die Bereitschaft zur Vornahme von Ersatzaufforstungen oder bereits ausgeführte Aufforstungen keinen Anspruch auf Rodung geben (Art. 26bis Abs. 5 FPolV).
| 8 |
aa) Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn sich hiefür ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis nachweisen lässt (Art. 26 Abs. 1 FPolV; BGE 112 Ib 204 ff., 559 ff.; BGE 108 Ib 268 f. E. 3a), was nur zutrifft, wenn das Werk, wofür die Rodung begehrt wird, auf den vorgesehenen Standort angewiesen ist; finanzielle Interessen, wie die möglichst einträgliche Nutzung des Bodens oder die preisgünstige Beschaffung von Land, gelten nicht als gewichtige Bedürfnisse (Art. 26 Abs. 3 FPolV; BGE BGE 108 Ib 174 ff. E. 5b und 6; BGE 104 Ib 224 E. 3). Das Erfordernis der Standortgebundenheit ist dabei nicht absolut aufzufassen, besteht doch fast immer eine gewisse Wahlmöglichkeit; indessen fallen die Gründe der Wahl eines Standortes bei der Interessenabwägung ins Gewicht (BGE 112 Ib 200 E. 2a, 570 E. 6d, mit Hinweisen).
| 9 |
bb) Der Rodung dürfen sodann keine polizeilichen Gründe - wie Gewässerschutz, Lawinen-, Erdrutsch- und Steinschlaggefahr - entgegenstehen (Art. 26 Abs. 2 FPolV; BGE 108 Ib 172 E. 4).
| 10 |
cc) Schliesslich muss die Bewilligungsbehörde dem Gesichtspunkt des Natur- und Heimatschutzes gebührend Rechnung tragen (Art. 26 Abs. 4 FPolV; BGE 113 Ib 344 E. 3; Wasserverbund Region Bern AG c. EDI, zur Veröffentlichung bestimmt; BGE 112 Ib 569 E. 6c; BGE 108 Ib 183 E. 5c).
| 11 |
![]() | 12 |
c) Früher billigte die Rechtsprechung dem öffentlichen Interesse an der touristischen Entwicklung ein beträchtliches Gewicht zu (BGE 98 Ib 499 E. 7), während die heutige Rechtsprechung zurückhaltender ist, vor allem wenn eine Rodung wesentliche bewaldete Flächen betrifft und einen schweren, meist nicht rückgängig zu machenden Eingriff in den Wald und in die Landschaft bewirkt. Damit die Tragweite von Art. 31 FPolG nicht ausgehöhlt wird, muss Zurückhaltung geübt werden bei der Erteilung von Rodungsbewilligungen für dem Tourismus dienende Anlagen, wenn das Interesse an der Erhaltung des Waldes und ein geltend gemachtes wichtiges Interesse des Tourismus einander gegenüberstehen (BGE 112 Ib 201 E. 2c, 558 E. 2b; BGE 108 Ib 175 E. 6, 268 E. 3). Diese strengere Betrachtungsweise, welche seit etlichen Jahren Eingang gefunden hat und insbesondere auch im Kanton Wallis schon öfters angewendet wurde, entspricht dem gewandelten Verständnis für die Umweltschutzprobleme bei Behörden und in der Öffentlichkeit und fand auch Niederschlag in der Gesetzgebung (s. BGE 112 Ib 201 f. E. 2c mit Hinweisen). So hat die Rechtsprechung in jüngerer Zeit Rodungsbewilligungen nur insoweit als zulässig erkannt, als es sich darum handelte, eine bestehende Abfahrt mit einem begrenzten Holzschlag zu verbessern, gefährliche Stellen zu eliminieren, die Zugänglichkeit von Pisten mit entsprechenden Fahrzeugen zu ermöglichen, eine Verbindung zwischen bestehenden Abfahrten herzustellen oder im Rahmen einer generellen Planung mit vernünftigem Kostenaufwand das Betriebskonzept grundsätzlich zu verbessern (s. BGE 112 Ib 202 E. 2d mit Hinweisen; BGE 106 Ib 138 ff. E. 2 und 3). Anderseits hat sich das Bundesgericht in neueren Entscheiden vor allem dagegen ausgesprochen, dass ausgedehnte, bedeutende Waldbestände zerstört werden sollten, um abseits von Ortschaften gänzlich neue Skiabfahrten zu erschliessen. In solchen Fällen erscheint eine Waldrodung weder unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Entwicklung einer Region noch unter dem Gesichtspunkt der Standortgebundenheit der Anlage als gerechtfertigt ![]() | 13 |
14 | |
Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber ein überwiegendes Bedürfnis für die Rodung geltend, wie sie auch die übrigen Voraussetzungen für eine Rodungsbewilligung als gegeben erachtet.
| 15 |
Mit dem Bau einer Sesselbahn und einer neuen Skipiste will die Beschwerdeführerin das Plateau der Moosalpe für Ski- und Nichtskifahrer als Erholungsgebiet besser zugänglich machen und eine neue, schneesichere Abfahrt über ein bisher nicht erschlossenes, östlich der bestehenden Anlagen befindliches Gebiet anlegen. Mit einem Schlepplift parallel zum oberen Teil des bestehenden Ronalpliftes I soll die heutige Anlage entlastet und zur Nutzung des Skipistenangebotes in den oberen Regionen im Frühling beigetragen werden. Gemäss Darstellung der Beschwerdeführerin dient das vorgesehene Projekt der Lösung der in den letzten Jahren festgestellten Unzulänglichkeiten, welche sich in der Hochsaison mit Wartezeiten von bis zu 30 Minuten und in schneearmen Wintern mit zu wenig Schnee im unteren Trasseebereich und einem Engpass in der bestehenden Abfahrt ausgedrückt hätten. Die Beschwerdeführerin hält dafür, dass das Projekt einer auf die Bedürfnisse der Region ausgerichteten touristischen Entwicklung entspreche. Polizeiliche Gründe, aus welchen die Rodungsbewilligung verweigert werden müsste, bestünden nicht; die Transportanlage und die neue Skipiste seien auf den nachgesuchten Standort angewiesen, und die Anliegen des Natur- und Heimatschutzes würden berücksichtigt.
| 16 |
![]() ![]() | 17 |
Das EDI hat unter diesen Umständen ein das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis für die Rodung zugunsten ![]() | 18 |
b) Sowohl das seinerzeitige Rodungsgesuch als auch die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde bringen zum Ausdruck, dass es der Beschwerdeführerin bei den dem Gesuch zugrundeliegenden verschiedenen Anlagen um ein einheitliches Konzept geht. Als ein wesentlicher Zweck der Sesselbahn erscheint danach die Zudienung zur geplanten neuen Skipiste. Kann diese aber nach den vorstehenden Erwägungen nicht realisiert werden, so ist ebenfalls der Sinn für den Bau der Sesselbahn in Frage gestellt, wie das EDI zutreffend ausgeführt hat und was denn auch von seiten der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird. Auch mit Bezug auf den Bau der Sesselbahn hat das EDI dem Rodungsgesuch somit zu Recht nicht stattgegeben.
| 19 |
c) Wie der im angefochtenen Entscheid zitierten Stellungnahme des Bundesamtes für Verkehr zu entnehmen ist, wäre als mögliche Erschliessungsalternative der Bau einer Sesselbahn als Ersatz des bestehenden Skiliftes Ronalp I und der Bau einer zusätzlichen Beschäftigungsanlage oberhalb der Waldgrenze denkbar. Da der Parallel-Skilift Teil des Ausbaukonzeptes bildet und dieses aufgrund der Ablehnung der Rodungen für Skilift und Sesselbahn neu zu überdenken ist, wobei auch die erwähnte Erschliessungsalternative zu prüfen sein dürfte, hat das EDI die Rodungsbewilligung für den Bau des Parallel-Skiliftes zumindest als im jetzigen Zeitpunkt verfrüht bezeichnet und ebenfalls abgelehnt. Gegen die betreffenden vorinstanzlichen Erwägungen werden von der Beschwerdeführerin zu Recht keine Gründe namhaft gemacht, welche eine teilweise Bewilligung des Rodungsgesuches, bezogen nur auf den Parallel-Skilift, zu rechtfertigen vermöchten. Inwieweit die vom Bundesamt für Verkehr ins Spiel gebrachte Erschliessungsalternative den finanziellen Möglichkeiten der Beschwerdeführerin entspricht oder ein mit grösseren Rodungen verbundenes Projekt finanziell günstiger zu stehen käme, braucht vom Bundesgericht hier nicht geprüft zu ![]() | 20 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |