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3. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. März 1989 i.S. C. AG gegen ATEL/CKW und Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 9 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Enteignung für Starkstromleitungen; Sistierung des Verfahrens; Begehren um Zahlung in der voraussichtlichen Höhe der Verkehrswertentschädigung gemäss Art. 19bis Abs. 2 EntG. |
Blosse Durchleitungsrechte für Hochspannungsleitungen schränken die Baufreiheit des Grundeigentümers nicht ein; will dieser bauen, muss der Leitungseigentümer die Leitung verlegen oder Bauverbots-Servitute erwerben (E. 2 und 5b). |
Auch bei Einleitung eines Enteignungsverfahrens aufgrund der Spezialbestimmungen des Bundesgesetzes betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen ist gemäss den Art. 27-34 und Art. 47 des Bundesgesetzes über die Enteignung zu verfahren (E. 3). Die im vorliegenden Verfahren begangenen prozessualen Fehler können jedoch als behoben gelten (E. 3a-g). |
Das Einigungsverfahren ist mündlich durchzuführen und in der Regel auf eine Verhandlung zu beschränken (E. 4). Beide Parteien haben Anspruch auf eine beförderliche Abwicklung des Enteignungsverfahrens (E. 5a). |
Wird bisher bloss mit Durchleitungsrechten belastetes Bauland nur deshalb ausgezont, weil der Leitungseigentümer auf dem Wege der Enteignung Bauverbots-Servitute erwirbt, so muss die Auszonung bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung unberücksichtigt bleiben (E. 5b). |
Eine Zahlung in Höhe der voraussichtlichen Verkehrswertentschädigung im Sinne von Art. 19bis Abs. 2 EntG kann grundsätzlich auch verlangt werden, wenn nur Dienstbarkeiten enteignet werden (E. 7). | |
Sachverhalt | |
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Im Dezember 1985 stellte die C. AG ein Baugesuch für eine Erschliessungsstrasse, welche die Überbauung der Parzelle Nr. 2221 ermöglichen sollte. Gegen dieses Vorhaben erhoben die Leitungseigentümerinnen beim Bezirksrat Küssnacht Einsprache und verlangten die Auszonung des dienstbarkeitsbelasteten Bodens und der nördlich der Leitungen gelegenen Restfläche, da die Leitungen, wie sich aus Besprechungen mit Nachbarn und Behörden ergeben habe, nicht verlegt werden könnten. Der Bezirksrat wies die Einsprache am 9. April 1986 ab, worauf die Elektrizitätswerke an den Regierungsrat des Kantons Schwyz gelangten. Zudem wandten sie sich am 17. November 1986 auf Begehren der Grundeigentümerin, mit welcher sie erfolglos über den Erwerb des beanspruchten Bodens oder von Bauverbots-Dienstbarkeiten verhandelt hatten, an den Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 9, und ersuchten ihn, "das Enteignungsverfahren über eine Teilfläche von Kat. Nr. 2216 und 2221" einzuleiten.
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Der Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 9, gab dem Gesuch um Eröffnung des Enteignungsverfahrens statt und führte am 19. Dezember 1986 eine Einigungsverhandlung durch. An dieser forderte er die Enteignerinnen auf ![]() | 3 |
Die Enteignerinnen hielten in einer Eingabe vom 19. Januar 1987 fest, dass die von den Leiterseilen überspannte Fläche sowie beidseitig je eine Schutzzone von 5 m Breite beansprucht würden, vernünftigerweise aber auch der zwischen den Leitungen verbleibende Streifen ins Enteignungsverfahren einzubeziehen sei. Im übrigen betonten sie, sie seien am Erwerb des Grundeigentums an diesen Flächen sowie an der nördlich der Leitungen gelegenen Restfläche der Parzelle Nr. 2221 interessiert. Die Enteignete stimmte am 21. April 1987 der Übernahme von insgesamt 10 035 m2 durch die Enteignerinnen zu, erklärte sich dagegen mit der Abtretung des zwischen den Leitungen liegenden Streifens, der nördlichen Restfläche der Parzelle Nr. 2221 sowie des für eine Erschliessungsstrasse benötigten Bodens nicht einverstanden. Sie forderte Enteignungsentschädigungen in Höhe von gesamthaft Fr. 4'779'942.50 nebst Zins ab 19. Dezember 1986.
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Am 19. Mai 1987 hiess der Regierungsrat des Kantons Schwyz im Baueinspracheverfahren die Beschwerde der ATEL und der CKW gegen den Beschluss des Bezirksrates Küssnacht teilweise gut und erliess für den nördlichen Teil der Parzellen Nrn. 2216 und 2221 eine Planungszone im Sinne von Art. 27 des Bundesgesetzes über die Raumplanung. Dieser Beschluss blieb unangefochten.
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Die Enteignerinnen ersuchten hierauf den Präsidenten der Schätzungskommission um Sistierung des Enteignungsverfahrens bis zum Abschluss der Zonenplanänderung. Die Enteignete widersetzte sich der Einstellung des Verfahrens und reichte gestützt auf Art. 19bis Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Enteignung (EntG) ein Begehren um sofortige Zahlung der voraussichtlichen Entschädigung ein, welche, falls das in der Planungszone liegende Gebiet tatsächlich ausgezont würde, noch um Fr. 710'000.-- zu erhöhen sei.
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Mit Entscheid vom 20. Januar 1988 sistierte der Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 9, das Enteignungsverfahren und wies das Begehren der Enteigneten um Vorauszahlung der voraussichtlichen Entschädigung ab. Der Präsident vertrat die Auffassung, dass der Gegenstand der Enteignung nicht bestimmt und das Einigungsverfahren nicht abgeschlossen werden könne, bevor das Ergebnis der laufenden Überprüfung des ![]() | 7 |
Erwägungen: | |
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Gemäss Zonenplan des Bezirkes Küssnacht, der als Nutzungsplan im Sinne von Art. 15 RPG am 6. Juni 1983 vom Volk ![]() | 10 |
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin daher die Elektrizitätswerke, die eine Verlegung der Leitung in Gebiet ausserhalb der Bauzonen für unmöglich erklärten, zu Recht um Einleitung eines Enteignungsverfahrens ersucht. Hätten sich diese geweigert, beim Präsidenten der Schätzungskommission ein entsprechendes Begehren zu stellen, so hätten sie auf Beschwerde hin von der Aufsichtsbehörde hiezu angehalten werden müssen, um der Grundeigentümerin den Zugang zum Richter zu ermöglichen (BGE 114 Ib 146, BGE 112 Ib 125 f. E. 2, 177 ff. mit Hinweisen).
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Wie im angefochtenen Entscheid richtig ausgeführt wird, ist aufgrund der Spezialbestimmungen des Bundesgesetzes betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen vom 24. Juni ![]() | 13 |
Diese Sonderregelung befreit indessen das Unternehmen nicht von den ihm nach Enteignungsgesetz bei Eröffnung des Verfahrens obliegenden Aufgaben, noch entbindet sie den Schätzungskommissions-Präsidenten von seiner Kontrollpflicht. So hat das Unternehmen auch für elektrische Anlagen einen Enteignungsplan und eine Grunderwerbstabelle vorzulegen (Art. 27 Abs. 2 EntG), Aussteckungen vorzunehmen (Art. 28 EntG), die persönliche Anzeige zu verfassen (Art. 31 und 34 EntG) sowie, falls bloss ein abgekürztes Verfahren durchgeführt werden soll, ein entsprechendes Gesuch einzureichen (Art. 33 EntG). Der Präsident der Schätzungskommission hat seinerseits die eingereichten Dokumente und die Aussteckung zu überprüfen und allenfalls notwendige Ergänzungen zu verlangen (Art. 29 EntG; BGE 111 Ib 19 E. 4a, BGE 109 Ib 138 E. 4d). Er entscheidet darüber, ob die Voraussetzungen zur Durchführung eines abgekürzten Verfahrens gegeben seien (Art. 33 EntG). Das gilt ebenfalls, wenn nichts Neues gebaut, sondern nur der Fortbestand einer bereits vorhandenen Anlage auf dem Enteignungswege gesichert werden soll. Wohl kommt den Vorkehren zur Bekanntmachung und Veranschaulichung eines bereits bestehenden Werkes nur wenig Bedeutung zu, doch steht auch in diesem Falle der Umfang der Enteignung nicht zum vornherein fest. Auch für eine schon vorhandene elektrische Leitung sind daher dem Präsidenten Unterlagen einzureichen, aus denen sich Natur und Inhalt der zu enteignenden Rechte ergibt, und sollten die zugunsten der Werkeigentümerin zu belastenden Bodenflächen abgesteckt werden. Zudem sind allfällige Grundpfand-, Grundlast- oder Nutzniessungsberechtigte zu benachrichtigen (Art. 27 EntG, Art. 23 Abs. 3 der Verordnung für die eidgenössischen Schätzungskommissionen vom 24. April 1972).
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a) Was die öffentliche Planauflage anbelangt, so darf davon ausgegangen werden, die Werkeigentümerinnen hätten sinngemäss um Durchführung eines abgekürzten Verfahrens ersucht und der Präsident der Schätzungskommission habe dieses durch die Vorladung zur Einigungsverhandlung bewilligt. Die in Art. 33 lit. a und b EntG umschriebenen Voraussetzungen sind jedenfalls erfüllt. Eine öffentliche Planauflage braucht daher nicht mehr durchgeführt zu werden.
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b) Bei Eröffnung des Verfahrens ist weder ein Enteignungsplan noch eine Grunderwerbstabelle eingereicht worden, doch haben die Enteignerinnen auf Aufforderung des Schätzungskommissions-Präsidenten am 19. Januar 1987 einen Plan vorgelegt, aus dem sich die Grösse der beanspruchten und der Rest-Flächen ergibt. Was den Inhalt der zu enteignenden Rechte betrifft, so ist davon auszugehen, dass die Enteignerinnen die Einräumung von Bauverbots-Servituten und allenfalls von Baurechten für die Leitungsmasten verlangen. Das von den Elektrizitätswerken bekundete Interesse am Grundeigentum selbst kann nicht in dem Sinne verstanden werden, dass sich die Expropriation auf das Eigentum erstrecken solle. Ein solches Begehren liesse sich mit Art. 1 Abs. 2 EntG, der in Konkretisierung des Verhältnismässigkeitsgebots Enteignungen nur erlaubt, wenn und soweit sie zur Erreichung des Zweckes notwendig sind, offensichtlich nicht vereinbaren (BGE 105 Ib 191 E. 4b, BGE 104 Ib 31 E. 3a, 346 f. E. 6). Die Enteignerinnen bemerken denn auch in der Beschwerdeantwort, sie "beanspruchten" das Eigentum an den fraglichen Flächen nicht, hätten aber zur Kenntnis genommen, dass die Beschwerdeführerin bereit sei, dieses abzutreten.
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Beizufügen ist, dass auch Art. 13 EntG den Enteignerinnen nicht zum Erwerb von Eigentum verhelfen könnte. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung steht dem Enteigner das Ausdehnungsrecht weder in zeitlicher noch in rechtlicher, sondern nur in räumlicher Hinsicht zu, während der Enteignete unter den ![]() | 18 |
c) Eine Aussteckung im Sinne von Art. 28 EntG war im vorliegenden Fall nicht unbedingt erforderlich, wenn auch die Kennzeichnung der servitutsbelasteten Landstreifen im Gelände hätte nützlich sein können.
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d) Dass der Enteigneten keine persönliche Anzeige zugestellt worden ist, ist ein schwerer Mangel, ersetzt diese doch im abgekürzten Verfahren die öffentliche Planauflage und beginnt die Frist zur Anmeldung der Einsprachen und Forderungen mit dem Empfang der Anzeige zu laufen (Art. 33 und Art. 34 Abs. 1 lit. e und f EntG). Die Enteignete hat allerdings im Laufe des Verfahrens Gelegenheit erhalten, ihre Begehren zu stellen, die als rechtzeitig gelten müssen, und konnte daher ihre Interessen in genügender Weise verteidigen.
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e) Da die Parteien bisher keine Vereinbarungen getroffen haben, konnten die Interessen allfälliger Grundpfand- oder Grundlastberechtigter nicht beeinträchtigt werden (vgl. Art. 24 Abs. 1, Art. 47 EntG).
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f) Von der Vorladung des Starkstrominspektorates zur Einigungsverhandlung (Art. 26 Abs. 1 der Verordnung für die eidgenössischen Schätzungskommissionen) durfte im vorliegenden Fall, da die Leitungen bereits bestehen und nicht geändert werden sollen, abgesehen werden.
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g) Es ergibt sich somit, dass die begangenen prozessualen Fehler weitgehend korrigiert worden sind und eine Fortsetzung des Verfahrens möglich erscheint. Allerdings müssen die von der Enteigneten an der Einigungsverhandlung und im Rahmen des anschliessenden Schriftenwechsels gestellten Begehren als rechtzeitig angemeldete Entschädigungsforderungen bzw. als gültige Gesuche um Ausdehnung der Enteignung anerkannt werden (vgl. BGE 103 Ib 95 E. 2c). Als Ausdehnungsbegehren fällt sowohl der Antrag um Übernahme der sogenannten Leitungskorridore und der zwischen den Leitungen liegenden Fläche in Betracht, der für den Fall der Nichtauszonung der Grundstücke vorgebracht worden ist, wie auch das sinngemäss gestellte Gesuch um Ausdehnung der Enteignung ![]() | 23 |
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a) Die Einstellungsverfügung des Präsidenten steht in offensichtlichem Widerspruch zum Bemühen des Gesetzgebers - das sich in der Gesetzesnovelle vom 18. März 1971 äusserte -, die Durchführung von Enteignungen zu beschleunigen und namentlich den Versuchen der Enteigneten, durch Einsprachen und Planänderungsbegehren Druck auf den Enteigner auszuüben, einen Riegel zu schieben (Botschaft des Bundesrates vom 20. Mai 1970, ![]() | 26 |
Im vorliegenden Fall war eine Aussetzung der Einigungsverhandlung im Sinne von Art. 51 EntG schon deshalb ausgeschlossen, weil die Enteignete weder Einsprache erhoben noch Planänderungsbegehren gestellt hat. Im übrigen sind hier die umstrittenen Grundstücke nicht nur durch den Enteignungsbann belastet worden (Art. 42 EntG), sondern haben die Enteignerinnen die Bauverbots-Servitute - da die Leitungen bereits bestehen - faktisch schon in Anspruch genommen (vgl. sinngemäss BGE 106 Ib 249). Es geht daher nicht an, den eigentlichen Erwerb der Dienstbarkeitsrechte, das heisst die Bezahlung der Entschädigung oder des nach Art. 19bis Abs. 2 EntG festgesetzten Betrages (Art. 91 Abs. 1 EntG), durch Sistierung des Verfahrens noch weiter hinauszuschieben.
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b) Entgegen der Meinung der Enteignerinnen bietet auch die vom Regierungsrat des Kantons Schwyz verfügte, den nördlichen Teil der Parzellen Nrn. 2216 und 221 erfassende Planungszone keinen Anlass für eine einstweilige Einstellung des Enteignungsverfahrens.
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Die zunächst bis 21. August 1988 dauernde und hierauf um zwei Jahre verlängerte Planungszone ist von der Beschwerdeführerin mit Grund nicht angefochten worden, selbst wenn davon abgesehen wird, dass ihre Wirkung für die belasteten Flächen ohnehin ![]() | 29 |
Der Erlass einer Planungszone erscheint somit als begründet, doch kann dem Regierungsrat des Kantons Schwyz insofern nicht zugestimmt werden, als er in seinem Entscheid vom 19. Mai 1987 die Meinung der Enteignerinnen übernommen hat, der unter den elektrischen Leitungen liegende Boden sei schon aufgrund der Starkstromverordnung nicht überbaubar. Wie bereits dargelegt (E. 2), hindern blosse Durchleitungsrechte die Überbauung des belasteten Bodens nicht und muss sich der Leitungseigentümer, der die Leitung nicht verlegen kann oder will, auf privatrechtlichem oder Enteignungs-Wege zusätzliche Dienstbarkeitsrechte verschaffen, falls eine der Starkstromverordnung widersprechende bauliche Nutzung vorgesehen wird. Die von der ATEL und der CKW vertretene Auffassung, der Einbezug des nördlichen Teils der Parzellen Nrn. 2216 und 2221 in die Bauzone beruhe auf einer Fehlplanung und sei "ex tunc" zu korrigieren, ist daher falsch. Sie wäre nur richtig, wenn bereits bei der Schaffung der geltenden Nutzungsordnung Bauverbots-Servitute auf den fraglichen Flächen ![]() | 30 |
Aufgrund dieser Rechtslage spielt das Ergebnis der Zonenplan-Überprüfung und der allfälligen Anpassung für das Enteignungsverfahren, insbesondere für die Festsetzung der Entschädigung, keine Rolle. Ob als Stichtag die Einigungsverhandlung vom 19. Oktober 1986, also ein Zeitpunkt vor Einleitung der Zonenplanrevision, oder angesichts der langen Verfahrensdauer ein späteres Datum gewählt wird, ist hier nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Nach Art. 19bis Abs. 1 EntG ist zwar für die Frage, welche rechtliche und welche tatsächliche Situation der Bewertung des enteigneten Bodens zugrundezulegen sei, in der Regel auf das ![]() | 31 |
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7. Zu prüfen bleibt, ob das Gesuch der Enteigneten um eine Zahlung in der voraussichtlichen Höhe der Verkehrswertentschädigung (Art. 19bis Abs. 2 EntG) zu Recht abgewiesen worden sei. Das trifft klarerweise zu, soweit das Begehren als verfrüht bezeichnet worden ist, weil die Elektrizitätswerke zur Zeit noch nicht über das Enteignungsrecht verfügen. Da der Enteigner mit der Bezahlung des nach Art. 19bis Abs. 2 EntG festgesetzten Betrages gleich wie bei der Leistung der Enteignungsentschädigung das Eigentum oder das beschränkte dingliche Recht am enteigneten Grundstück erwirbt (Art. 91 Abs. 1 EntG), kann eine solche nur angeordnet werden, wenn dem Erwerber die für den zwangsweisen Eingriff erforderlichen hoheitlichen Machtbefugnisse zukommen, das heisst, wenn ihm das Enteignungsrecht schon von Gesetzes wegen ![]() | 33 |
Im angefochtenen Entscheid wird allerdings auch ausgeführt, die Vorauszahlung gemäss Art. 19bis Abs. 2 EntG sei nur für eine Verkehrswertentschädigung im Sinne von Art. 19 lit. a EntG möglich und falle für Minderwertsentschädigungen gemäss Art. 19 lit. b EntG, wie sie bei Einräumung von Dienstbarkeiten zugesprochen werden, nicht in Betracht. Eine solche Auslegung entspricht weder dem Wortlaut des Gesetzes noch dem Willen des Gesetzgebers.
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a) Dass eine sofortige Zahlung im Sinne von Art. 19bis Abs. 2 EntG auch bei zwangsweiser Auferlegung von Dienstbarkeiten angeordnet werden kann, ergibt sich schon aus dem Text von Art. 91 Abs. 1 EntG, wonach der Enteigner - wie soeben erwähnt - mit dieser Zahlung "das Eigentum am enteigneten Grundstück oder das auf dem Enteignungswege eingeräumte Recht an einem Grundstück" erwirbt. Die Anwendbarkeit von Art. 19bis Abs. 2 EntG hängt demnach nicht vom Gegenstand der Enteignung ab.
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b) Das gleiche ergibt sich aus dem Zweck der fraglichen Bestimmung. Mit der Einführung von Art. 19bis EntG wurde der Stichtag für die Bemessung der Enteignungsentschädigung vom Tage des Entscheides der Schätzungskommission, der nach bundesgerichtlicher Praxis massgebend war (BGE 89 I 343), gesetzlich auf das Datum der Einigungsverhandlung vorverlegt, da sonst der Enteignete bei steigenden Landpreisen versucht sein könnte, das Enteignungsverfahren mit allen Mitteln in die Länge zu ziehen, um zu einer höheren Entschädigung zu gelangen (vgl. HESS/WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes, N. 4 und 7 zu Art. 19bis EntG). Als Ausgleich für diese Verschiebung des Schätzungszeitpunktes musste aber dem Enteigneten - um ihn zumindest theoretisch in die Lage zu versetzen, ein Ersatzgrundstück erwerben zu können - die Möglichkeit gegeben werden, sofort eine Zahlung in Höhe der voraussichtlichen Entschädigung zu verlangen (BGE 101 Ib 272). Nun tritt ein Verkehrswertverlust nicht nur bei vollständiger Enteignung einer Parzelle ein. Ein Baugrundstück kann auch bei Belastung mit Bauverboten erheblich an Verkehrswert einbüssen. Hier von vornherein eine Zahlung im Sinne von Art. 19bis Abs. 2 EntG verweigern hiesse, den verfassungsmässigen Anspruch des Eigentümers auf volle Entschädigung gefährden. Das an sich richtige Argument, dass für Dienstbarkeiten kein Markt bestehe und ![]() | 36 |
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