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38. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. September 1989 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen D. AG und Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 49 Abs. 1 lit. a und b, 58 Abs. 1 und 2 BdBSt; steuerliche Qualifikation von Forderungsverzichten durch Aktionäre im Zusammenhang mit Sanierungen von Aktiengesellschaften. | |
Sachverhalt | |
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Für die direkte Bundessteuer 1985/86 wurde die H. AG mit einem steuerbaren Ertrag von Fr. 93'000.-- und mit einem steuerbaren Kapital von Fr. 1'016'000.-- veranlagt. Die Einschätzung wurde auch der D. AG eröffnet. Diese erhob Einsprache mit der Begründung, der durchschnittliche Reinertrag der Bemessungsperiode 1983/84, massgebend für die direkte Bundessteuer 1985/86, sei um den noch nicht zur Verrechnung gebrachten und noch ![]() | 2 |
Gegen das Urteil der Verwaltungsrekurskommission reicht die Eidgenössische Steuerverwaltung beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Sie vertritt die Auffassung, dass der im Rahmen der Sanierung der H. AG erfolgte Forderungsverzicht der Alleinaktionärin S. AG in der Höhe von Fr. 945'461.65 steuerlich als echter, erfolgswirksamer Sanierungsgewinn zu qualifizieren sei und nicht als erfolgsneutraler Vermögenszugang, wie dies die Vorinstanz getan habe. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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"der Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung unter Berücksichtigung des Saldovortrages aus dem Vorjahre" (lit. a) und
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"alle vor Berechnung des Saldos der Gewinn- und Verlustrechnung ausgeschiedenen Teile des Geschäftsergebnisses, die nicht zur Deckung geschäftsmässig begründeter Kosten verwendet werden (z.B. Aufwendungen für Anschaffung und Verbesserung von Vermögensobjekten, Einzahlungen auf das Gesellschaftskapital, freiwillige Zuwendungen an Dritte, vorbehältlich Abs. 2) (lit. b)."
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b) Nach Art. 58 Abs. 1 BdBSt bilden die der Veranlagungsperiode vorangegangenen zwei Jahre die Berechnungsperiode. Als steuerbarer Reinertrag gilt der Durchschnitt der Ergebnisse der in die Berechnungsperiode fallenden Jahre. Weist eines dieser Jahre einen Verlust auf, so kann dieser vom Reinertrag des anderen Jahres abgezogen werden. Vom durchschnittlichen Reinertrag der Berechnungsperiode kann die Summe der durchschnittlichen Verluste ![]() | 8 |
c) Einzige Streitfrage bildet im vorliegenden Fall die steuerliche Qualifikation des im Rahmen der Sanierung der H. AG erfolgten Forderungsverzichts der Alleinaktionärin S. AG in der Höhe von Fr. 945'461.65. Liegt darin ein echter, erfolgswirksamer Sanierungsgewinn, so wurden alle in den Vorjahren erlittenen Verluste der H. AG, soweit sie im Hinblick auf die Art. 58 Abs. 2 BdBSt getroffene zeitliche Beschränkung verrechenbar waren, zur Verrechnung gebracht; stellt der Forderungsverzicht hingegen einen erfolgsneutralen Vermögenszugang dar, so kann - wie dies die Vorinstanz festgestellt hat - noch ein Verlust von durchschnittlich Fr. 249'287.-- bei der Veranlagung der direkten Bundessteuer 1985/86 berücksichtigt werden.
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b) Forderungsverzichte seitens der Gläubiger erhöhen den Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung (Art. 49 Abs. 1 lit. a BdBSt). Sie werden auch nach Steuerlehre und Praxis als erfolgswirksam betrachtet, wenn es sich um Leistungen unbeteiligter Dritter handelt. Sie sind dem steuerbaren Ertrag zuzurechnen (KÄNZIG, Wehrsteuer, 1. A., N. 94 zu Art. 49 Abs. 1 lit. b; MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. A., 1985, N. 11 zu Art. 49 Abs. Ia; H. SOMMER, Die steuerliche Behandlung von Sanierungen, ASA 36 460 f.; CAGIANUT/HÖHN, Unternehmungssteuerrecht, N. 26 zu § 12, S. 381; REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, N. 373 zu § 19 lit. b StG sowie N. 161 zu § 45 StG).
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Sanierungsleistungen von Aktionären hingegen, insbesondere auch Forderungsverzichte, sollen nach der in der Lehre ![]() | 12 |
Dem steht die Auffassung der Eidgenössischen Steuerverwaltung gegenüber, die auch der langjährigen Praxis zur Wehrsteuer entspricht, wonach Forderungsverzichte, gleichgültig ob der Verzicht von einem Aktionär oder einem nichtbeteiligten Gläubiger ausgesprochen wurde, in der Regel erfolgswirksam sind. An dieser Auffassung hat die Eidgenössische Steuerverwaltung auch im Kreisschreiben Nr. 14 vom 1. Juli 1981 (ASA 50 63) dem Grundsatze nach festgehalten. Im Sinne einer Ausnahme werden Forderungsverzichte von Beteiligten nur dann dem Ertrag nicht zugerechnet, wenn und soweit es sich entweder um eine Darlehensforderung handelt, die vor der Sanierung steuerlich als verdecktes Eigenkapital behandelt wurde, oder um Aktionärsdarlehen, die erstmalig oder zusätzlich im Hinblick auf den schlechten Geschäftsgang gewährt wurden und die unter den gleichen Umständen von unabhängigen Dritten nicht zugestanden worden wären (Kreisschreiben, Ziff. 3 lit. b).
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c) Davon ausgehend, dass auf Sanierungsleistungen zurückgehende Buchgewinne zum steuerbaren Ertrag gehören, sind Ausnahmen von diesem Prinzip nur zurückhaltend zuzulassen. Die in der Steuerlehre vorherrschend vertretene Auffassung, es sei jede Sanierungsleistung eines Beteiligten ohne Rücksicht auf die Form (Kapitaleinzahlung oder Forderungsverzicht) als erfolgsneutraler Wertzugang zu behandeln, ausschlaggebend sei einzig, dass die Sanierungsleistung vom Anteilsinhaber in seiner Eigenschaft als Beteiligter erbracht worden sei (für viele: CAGIANUT/HÖHN, a.a.O., § 12 N. 28, S. 382), kann nicht geteilt werden. Sie schiesst übers Ziel hinaus, sowohl hinsichtlich der Regelung des Verlustabzugs in Art. 58 Abs. 2 BdBSt, wie auch im Blick auf eine Ertragsbesteuerung nach den wirklichen wirtschaftlichen Verhältnissen bei der Sanierung der Gesellschaft durch Beteiligte. Sie grenzt zu ![]() | 14 |
d) Die Forderung, auf welche die S. AG in der im Jahre 1978 erfolgten Sanierung verzichtet hat, ist nur zum Teil auf die Gewährung eines Darlehens zurückzuführen. Abgesehen davon hat die H. AG bzw. die D. AG in keiner Weise dargetan, dass das Darlehen einem Dritten nicht zugestanden worden wäre und wirtschaftlich betrachtet eine Kapitaleinlage gewesen sei. Aufgrund dieser Tatsachen steht fest, dass der strittige Forderungsverzicht der S. AG eine erfolgswirksame Sanierungsleistung darstellt, und der entstandene (echte) Sanierungsgewinn dementsprechend steuerlich erfolgswirksam zu behandeln ist. Mit dieser Qualifikation ist auch die Frage der Verrechnung in dem Sinne entschieden, dass bei der Veranlagung der Bundessteuer 1985/86 die geltend gemachten früheren Verluste von Fr. 249'287.-- nicht zur Verrechnung gebracht werden können. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist damit gutzuheissen.
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