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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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6. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. Januar 1990 i.S. Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft gegen Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen und X. sowie Mitunterzeichner (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Konzessionsverletzung durch eine Unterhaltungssendung am Fernsehen. BB über die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen vom 7. Oktober 1983, Konzession für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft vom 5. Oktober 1987. |
2. Legitimation zur Beanstandung einer Radio- oder Fernesehsendung gemäss Art. 14 lit. a BB (E. 3, 4). Anspruch auf rechtliches Gehör im Verfahren vor der Unabhängigen Beschwerdeinstanz (E. 4). |
3. Sachgerechtigkeit und Ausgewogenheit als Kriterien der Objektivität einer Sendung (E. 5). Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht nach Art. 4 der Konzession, wenn heikle, mit grösstem Takt und geistigem Anspruch zu behandelnde Themen in einer Unterhaltungssendung zur Schau gestellt und der Lächerlichkeit preisgegeben werden (E. 6, 8). | |
Sachverhalt | |
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Gegen diese Sendung reichte Frau X. am 5. Dezember 1988 im Namen von 92 Bürgerinnen und Bürgern, deren Unterschriften sie beilegte, bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (im folgenden: Unabhängige Beschwerdeinstanz) eine Beanstandung ein. Die Unabhängige Beschwerdeinstanz holte zunächst eine Vernehmlassung sowie eine zusätzliche Stellungnahme bezüglich des ebenfalls beanstandeten Zeitpunktes der Ausstrahlung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft ein. Am 9. März 1989 forderte die Unabhängige Beschwerdeinstanz die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft zudem auf, über die organisatorischen Vorkehren für die Vorbereitung und während der Dauer der Sendung Auskunft zu geben.
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Mit Entscheid vom 5. Juli 1989 stellte die Unabhängige Beschwerdeinstanz fest, dass die Sendung "Grell-Pastell" des Fernsehens DRS vom 25. November 1988 Art. 4 der Konzession für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft verletzt habe; die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft wurde aufgefordert, der Beschwerdeinstanz innert zwei Monaten seit Eröffnung dieses Entscheides schriftlichen Bericht über die im Sinne von Art. 22 Abs. 1 des Bundesbeschlusses über die unabhängige Beschwerdeinstanz vom 7. Oktober 1983 (BB; SR 784.45) getroffenen Vorkehren zu erstatten.
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Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, der Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz vom 5. Juli 1989 sei aufzuheben; eventualiter sei der Entscheid aufzuheben und die Programmbeanstandung zur Neubeurteilung an die Unabhängige Beschwerdeinstanz zurückzuweisen; der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu gewähren, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
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Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gut und stellt fest, dass die Sequenz über "Blick" in der Sendung "Grell-Pastell" vom 25. November 1988 keine Konzessionsverletzung darstellt. Im übrigen weist es die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.
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Soweit das Bundesgericht prüft, ob der angefochtene Entscheid Bundesrecht verletzt, stellt sich ihm dieselbe Rechtsfrage, die von der Unabhängigen Beschwerdeinstanz zu entscheiden war, nämlich, ob mit der beanstandeten Sendung die Konzession der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft verletzt worden ist. Dabei haben Bundesgericht und Unabhängige Beschwerdeinstanz in gleicher Weise zu beachten, dass Art. 55bis Abs. 3 BV - im Rahmen der in Abs. 2 aufgestellten Erfordernisse - die Autonomie in der Gestaltung der Programme garantiert.
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Die Beschwerdeinstanzen, die eine Sendung auf Konzessionsverletzungen zu überprüfen haben, können auf zwei verschiedene Arten vorgehen. Sie können die Programmautonomie des Veranstalters bereits berücksichtigen, indem sie ihrerseits einen grosszügigen Massstab anlegen. Sie können aber auch in einem ersten Schritt die Sendung auf allfällige Mängel untersuchen und in einem zweiten Schritt prüfen, ob diese Mängel unter Berücksichtigung der dem Veranstalter und den Medienschaffenden eingeräumten Gestaltungsfreiheit eine Konzessionsverletzung darstellen (Urteil des Bundesgerichts vom 23. Juni 1989 i.S. Einwohnergemeinde Zug, E. 1d). Bei der Grenzziehung zwischen dem, was im Rahmen dieser Gestaltungsfreiheit noch erlaubt ist und was gegen die Konzession verstösst, kann sich für die Unabhängige Beschwerdeinstanz ein Beurteilungsspielraum ergeben, dem das Bundesgericht Rechnung zu tragen hat.
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b) Gerügt werden kann ferner die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhaltes (Art. 104 lit. b OG). Die Feststellung des Sachverhalts bindet das Bundesgericht, wenn Rekurskommissionen oder kantonale Gerichte als Vorinstanzen entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt haben (Art. 105 Abs. 2 OG). Die Unabhängige Beschwerdeinstanz trifft ihre Feststellungen über behauptete Konzessionsverletzungen der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft, entgegen ihrem Namen, nicht auf Beschwerde hin, sondern in erster Instanz. Art. 105 Abs. 2 OG findet folglich nicht Anwendung, ![]() | 9 |
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b) Nach Art. 14 lit. a BB kann jeder mindestens 18 Jahre alte Schweizer Bürger oder Ausländer mit Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung eine Beanstandung einreichen, wenn diese von weiteren 20 mindestens 18 Jahre alten Schweizer Bürgern oder Ausländern mit Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung unterstützt wird.
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Im vorliegenden Fall ergaben sich weder aus den Vorbringen der Verfahrensbeteiligten noch aufgrund der Akten konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchlich erhobene Beanstandung, welche die Unabhängige Beschwerdeinstanz hätten veranlassen müssen, die in Art. 14 lit. a BB verlangten Voraussetzungen näher abzuklären. In einer Eingabe vom 15. Oktober 1989 an die Unabhängige Beschwerdeinstanz haben zwei der Mitunterzeichner, Y. und Z., die Umstände der Unterschriftensammlung dargelegt: Anlässlich eines Urnenganges in der Gemeinde K. seien die Stimmbürger durch ein in der Vorhalle angebrachtes Plakat auf ein dort aufgelegtes Schreiben an die Unabhängige Beschwerdeinstanz betreffend die Sendung "Grell-Pastell" aufmerksam gemacht worden; die Mitunterzeichner des Schreibens vom 29. Oktober 1988, alles stimmberechtigte Schweizer Bürger, hätten die Gelegenheit benutzt, ohne auf irgendwelche Weise beeinflusst oder dazu angehalten worden zu sein, ihren Unwillen über die umstrittene Sendung mit ihrer Unterschrift, auf dafür bereitliegenden Papierbogen, zum Ausdruck zu bringen.
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Was die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang noch weiter vorbringt, insbesondere ihre Berufung auf einen Zeitungsartikel, vermag nichts daran zu ändern, dass die Legitimationserfordernisse ![]() | 13 |
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b) Nach Art. 15 Abs. 2 BB muss die Beanstandung die Sendung genau bezeichnen und mit kurzer Begründung angeben, wodurch Programmbestimmungen der Konzession verletzt worden sind. Gemäss Art. 17 und 21 BB stellt die Beschwerdeinstanz in ihrem Entscheid fest, ob eine oder mehrere beanstandete Sendungen Programmbestimmungen der Konzession verletzt haben (Art. 21 Abs. 1 BB). Sie ist an die Vorbringen der Parteien nicht gebunden (Art. 21 Abs. 2 BB).
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c) Aus der Eingabe von X. geht hervor, dass die Unterzeichner die darin genannte Sendung als mit der Rolle des Fernsehens unvereinbar und damit konzessionswidrig halten. Es kann nicht ernsthaft bestritten werden, dass es sich dabei um eine rechtswirksame Beanstandung im Sinne von Art. 15 Abs. 2 BB handelt, welche geeignet ist, vor der Unabhängigen Beschwerdeinstanz ein Verfahren zu veranlassen. Wohl weist die Eingabe auch Züge einer Strafanzeige auf, zu deren Behandlung die Unabhängige Beschwerdeinstanz nicht zuständig ist (VPB 1986 Nr. 52 S. 345 E. 4). Das ändert jedoch nichts an ihrer Zuständigkeit, die Eingabe als Beanstandung zu behandeln.
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d) Nicht gefolgt werden kann der Beschwerdeführerin sodann darin, dass die Unabhängige Beschwerdeinstanz sich darauf zu beschränken habe, die Frage einer Verletzung der Programmbestimmungen der Konzession einzig aufgrund der Vorbringen der Beschwerdeführer zu prüfen. Diese Auffassung ist mit dem klaren Wortlaut der erwähnten Verfahrensbestimmungen nicht vereinbar. Soweit eine Sendung thematisch, das heisst vom behandelten Gegenstand her, in sich ein geschlossenes Ganzes bildet, ist die ![]() | 17 |
e) Auch wenn gemäss Art. 26 BB in Verbindung mit Art. 3 lit. ebis VwVG das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Verfahren über die Beanstandung von Radio- und Fernsehsendungen vor der Unabhängigen Beschwerdeinstanz nicht anwendbar ist, gelten im Verfahren vor dieser dennoch die aus Art. 4 BV abgeleiteten minimalen Garantien gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Insbesondere besteht ein Anspruch auf rechtliches Gehör. Art. 4 BV gibt den Beteiligten grundsätzlich Anspruch auf Akteneinsicht und auf Anhörung durch die entscheidende Behörde, bevor ein für sie nachteiliger Entscheid gefällt wird. Die Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör bestimmt sich nach der Situation und Interessenlage im Einzelfall. Einerseits dient dieser Anspruch der Sachaufklärung, anderseits stellt er ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht dar (BGE 113 Ia 288 E. 2b). Die Behörde hat das rechtliche Gehör vor allem zu gewähren, wenn sie im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes von Amtes wegen Beweise erhebt (vgl. BGE 112 Ia 5); ebenso besteht der Anspruch besonders dann, wenn sie ihrem Entscheid einen von der betroffenen Partei nicht voraussehbaren Rechtsgrund unterlegt (vgl. BGE 115 Ia 96 E. 1b).
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Aufgrund der eingereichten Beanstandung musste die Beschwerdeführerin als Gegenpartei im vorinstanzlichen Verfahren keinesfalls damit rechnen, die Unabhängige Beschwerdeinstanz würde die mit keinem Wort und auch nicht dem Sinne nach in der Beanstandung erwähnte Sequenz über den "Blick" zum Gegenstand ihrer Beurteilung machen. Die Beschwerdeführerin hatte umso weniger Grund, dies anzunehmen, als die Unabhängige Beschwerdeinstanz selber mit den eingangs erwähnten Instruktionsmassnahmen in der Folge das Verfahren, soweit es für die Verfahrensbeteiligten und damit auch für die Beschwerdeführerin feststellbar war, auf die in der Beanstandung vorgetragenen Punkte beschränkte. Die Beschwerdeführerin hatte im vorinstanzlichen Verfahren nie die Gelegenheit, sich mit dem erst im angefochtenen Entscheid erhobenen Vorwurf auseinanderzusetzen, mit der "Blick"-Sequenz sei die Sendung als werbespotähnliche Plattform ![]() | 19 |
Die Unabhängige Beschwerdeinstanz verletzte somit in dieser Beziehung den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör. Da diese sich aber in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch dazu umfassend - rechtlich und tatsächlich - äussern konnte und das Bundesgericht die Feststellung des Sachverhalts durch die Unabhängige Beschwerdeinstanz frei überprüft (E. 2b), kann die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör praxisgemäss als geheilt gelten (BGE 112 Ib 175 E. 5e, BGE 110 Ia 82 E. 5d, BGE 107 V 249 E. 3, 103 V 131 E. 1, BGE 99 V 60).
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Diese Erfordernisse ergeben sich neuerdings aus Abs. 2 des in der Volksabstimmung vom 2. Dezember 1984 angenommenen Art. 55bis BV, wonach Radio und Fernsehen zur kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung sowie zur Unterhaltung der Zuhörer und Zuschauer beizutragen haben. Radio und Fernsehen berücksichtigen die Eigenheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Sie stellen die Ereignisse sachgerecht dar und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck. Diese Verfassungsvorschrift wurde inhaltlich in Art. 4 der neuen Konzession übernommen, war aber schon unter der alten Konzession wirksam. Massgebend waren und sind die Erfordernisse der Sachgerechtigkeit und Ausgewogenheit als Kriterien der im ![]() | 22 |
Bei dieser Rechtslage bestreitet die Beschwerdeführerin zu Unrecht die Zulässigkeit von Programmbestimmungen in der Konzession und deren Konkretisierung durch die Unabhängige Beschwerdeinstanz. Diese hat vielmehr in ihrer Praxis den Programmauftrag, wie er in Art. 4 der neuen Konzession umschrieben ist, im Sinne der sich aus Art. 55bis Abs. 2 BV ergebenden verfassungsrechtlichen Richtlinien einerseits und im Rahmen der in Abs. 3 der gleichen Bestimmung garantierten Programmautonomie anderseits auszulegen und anzuwenden.
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b) Die Unabhängige Beschwerdeinstanz betrachtete die Sequenz über den "Blick" als werbende Selbstdarstellung der Zeitung. Zur Beurteilung der Zulässigkeit der Werbung sind die Kompetenzen der Unabhängigen Beschwerdeinstanz von jenen des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements zu unterscheiden, wenn es sich um eine Ausstrahlung innerhalb des Programmteils handelt. Steht dabei die Verletzung finanz- und betriebsrechtlicher Vorschriften in Frage, so ist das Departement zum Entscheid zuständig (Urteil des Bundesgerichts vom 10. Juni 1988 i.S. Radio Basilisk, E. 2b). Ist die im Programmteil ausgestrahlte (unbezahlte) Werbung jedoch geeignet, die Programmvorschriften der Konzession zu verletzen, stellt sich die Frage nach der Zuständigkeit der Unabhängigen Beschwerdeinstanz.
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Aus dem Werbeverbot in Art. 15 der Konzession lässt sich für den Programmauftrag in Art. 4 der Konzession ableiten, dass die Programme nicht zu unbezahlter Werbung missbraucht werden dürfen. Das Programm dient der Information und Unterhaltung, nicht aber der Werbung. Es würde die Konzession verletzen, wenn die Programmgestalter zuliessen, dass Programme als Plattform für (unbezahlte) Werbung benützt werden. Ob solches zutrifft, gehört zur Programmbeurteilung. Mit dem Bundesbeschluss sollte die Programmbeurteilung der Verwaltungsbehörde (dem Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement) ![]() | 25 |
6. Ein Verstoss gegen die Programmforderungen, wie sie sich aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 der neuen Konzession ergeben und wie sie die Rechtsprechung schon unter der alten Konzession umschrieben hat (E. 5a), setzt stets eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht seitens der Medienschaffenden voraus, dies zwar nicht im Sinne eines subjektiv vorwerfbaren Verhaltens, jedoch im Sinne eines objektiven Verstosses gegen die Pflicht zu Sorgfalt und Lauterkeit (CORBOZ, Le contrôle populaire des émissions de la radio et de la télévision, in: Mélanges Robert Patry 1988, S. 292). Qualität und Mass dieser journalistischen Sorgfaltspflicht können nicht allgemein formuliert werden, sondern nur unter Berücksichtigung des Charakters und der Eigenheiten des Sendegefässes. Das hat die Rechtsprechung beispielsweise in bezug auf tägliche Nachrichtensendungen anerkannt (BGE 114 Ib 208 E. 3e). Wo es um Informationssendungen geht, gelten bezüglich Objektivität und sachgerechter Darstellung besondere Anforderungen (VPB 1986 Nr. 80 S. 485 E. 2 mit Hinweisen und Nr. 81 S. 489 E. 8; BGE 114 Ib 206 ff. E. 3a-e; ZBl 83/1982 S. 225 ff. E. 4). Die persönlichen Meinungsäusserungen zugezogener Sendungsteilnehmer (Studiogäste) dagegen unterliegen konzessionsrechtlich nicht jenen Massstäben, wie sie für Aussagen des Mediums selber gelten (VPB 1986 Nr. 52 S. 347 E. 6 am Anfang). Hier sind, von der Natur der Sache her, andere Erfordernisse verlangt. Wo nicht die Medienschaffenden die Fachleute und Hauptauskunftquellen sind, sondern eingeladene Sendungsteilnehmer, gebietet die journalistische Sorgfaltspflicht unter anderem eine umsichtige Vorbereitung der Sendung (zum Beispiel genügende Vorarbeiten technischer, personeller und konzeptioneller Art, wenn nötig rechtzeitige und ernsthafte Einladung, in zumutbarem Rahmen Gegenposition zu vertreten) und, sofern notwendig, die Intervention im Laufe der Sendung (VPB 1986 S. 490 f. E. 9a, c). Bei direkt übertragenen Diskussionssendungen bestehen gewisse Risiken, die sich nicht ganz vermeiden lassen; heikle oder brennende Themen sollen deshalb aber nicht vom Fernsehen verbannt werden (VPB 1986 Nr. 81 S. 491 E. 9e). Hat sich indessen ein von aussen beigezogener ![]() | 26 |
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b) Tatsächlich hat der von drei "Blick"-Girls begleitete stellvertretende Chefredaktor den zur Diskussion stehenden Aspekt journalistischer Strategie seines Blattes in einer Weise unter das Publikum gebracht, dass die Sequenz wohl zu einer effektvollen Selbstdarstellung des "Blick" geriet. Ein entschiedeneres und früheres Eingreifen wäre sicherlich wünschbar gewesen. Wie die Erfordernisse der Sachgerechtigkeit und Ausgewogenheit als Kriterien der Objektivität (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 23. Juni 1989 i.S. Einwohnergemeinde Zug, S. 11 f.), darf aber auch die Verpflichtung zur Intervention nicht derart streng gehandhabt werden, dass die Freiheit und Spontaneität der Programmgestalter verloren gehen, zumal es die besonders schwierigen Randbedingungen einer Publikums-Direktsendung zu berücksichtigen gilt. Ob der "Blick" sich in dieser Sendung wirklich werbewirksam darstellen konnte, ist zudem fraglich. Praxisgemäss verbietet es sich jedenfalls, bereits einzugreifen, wenn eine Sendung nicht in jeder Hinsicht zu befriedigen vermag (Urteil i.S. Einwohnergemeinde Zug, S. 12).
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Die in Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 der Konzession festgelegten Programmanforderungen sind somit nicht verletzt. Das angefochtene ![]() | 29 |
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b) Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die Beschwerdeführerin allein mit der Einladung von Frau Ranke-Heinemann in "Grell-Pastell" die Konzession nicht verletzte. Auch ist der Veranstalterin zugute zu halten, dass der angegriffenen Institution, hier der katholischen Kirche, durch einen Vertreter, Pater Trauffer von der Schweizerischen Bischofskonferenz, Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde, welche dieser auch wahrnahm. Insbesondere hatte Pater Trauffer in der umstrittenen Passage das letzte Wort, und nach seinen telefonischen Ausführungen wurden beim anwesenden Publikum doch Stille und eine gewisse Nachdenklichkeit spürbar. Dieser Versuch zu einem Ausgleich reicht indessen unter den vorliegenden Umständen nicht aus, um dem Vorwurf der Konzessionsverletzung zu entgehen.
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Denn es darf nicht - und dies ist entscheidend - die Art und Weise ausser acht gelassen werden, wie sich die beanstandete Sendung, zumindest bis zur Sequenz mit Frau Ranke-Heinemann, abwickelte. Die Sendung verlief von Anfang an so leichtgeschürzt und in einer - am Fernsehen DRS sonst ungewohnten - Atmosphäre banalen Sexamüsements, dass in diesem Rahmen eine sachliche Diskussion über heikle Lebensfragen und ethisch-religiöse Grundwerte nicht möglich war. Aufgrund der Sendungsvorbereitungen war den Programmschaffenden klar, dass sich Frau ![]() | 32 |
c) Vorliegend wäre das mit einem Auftritt der Frau Ranke-Heinemann im zweiten Sendeteil ohne weiteres oder - bei besserer Strukturierung des Showteiles, welcher diesfalls verschiedene, je themengerechte, auffangende Stilebenen der Darstellung und des Gespräches umfasst hätte - auch vorher möglich gewesen. So wie die Sendung aber vorliegend konzipiert war, ist es unerfindlich, warum das heikelste, mit grösstem Takt und geistigem Anspruch zu behandelnde Thema mitten in den Show-Teil plaziert wurde. Das ist konzessionsrechtlich unhaltbar. Das führt zur Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit diese die Sequenz mit Frau Ranke-Heinemann betrifft.
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