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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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11. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 8. März 1991 i.S. Delfin Ugarte Centurion gegen Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich sowie Juge d'instruction du canton de Vaud und Tribunal d'accusation du Tribunal cantonal du canton de Vaud (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Notwendigkeit von Erhebungen in mehreren Kantonen, Art. 80 IRSG; Prüfungsobliegenheiten nach Art. 78 und 79 IRSG, Heilung von allfälligen Mängeln des kantonalen Verfahrens; Voraussetzungen der Rechtshilfeleistung, Art. 2 IRSG. |
2. Der vom BAP gestützt auf Art. 80 IRSG mit der Leitung des Rechtshilfeverfahrens beauftragte Kanton alleine hat den Grundsatzentscheid über die internationale Rechtshilfe für alle Betroffenen in allen durch das ausländische Ersuchen berührten Kantonen zu fällen (E. 3). Somit hat der "Leitkanton" die materielle Zulässigkeit der internationalen Rechtshilfe zu prüfen (Art. 79 Abs. 1 IRSG), während es sich bei der dem BAP nach Art. 78 Abs. 1 IRSG obliegenden Prüfung um eine blosse Vorprüfung handelt, die im wesentlichen auf die Frage beschränkt ist, ob ein Ersuchen den formellen Anforderungen entspricht oder ob seine Ausführung nicht sonstwie offensichtlich unzulässig ist. In casu sind die zuständigen Behörden des "Leitkantons" ihrer Prüfungs- und Begründungspflicht noch hinreichend nachgekommen. Allfällige Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens wären vor Bundesgericht geheilt worden (E. 4). |
3. Die grundsätzlichen Voraussetzungen der Rechtshilfeleistung sind zu bejahen. |
- Die Bestätigung nach Art. 76 lit. c IRSG/Art. 31 Abs. 2 IRSV wie auch die Gegenrechtserklärung nach Art. 8 IRSG liegen vor (E. 2a und 5b). |
- Die Erfordernisse nach Art. 28 IRSG sind erfüllt, wie auch beidseitige Strafbarkeit gegeben ist (Art. 2 des zwischen Paraguay und der Schweiz abgeschlossenen Vertrages, Art. 64 IRSG). Die Gegenstand des Ersuchens bildenden, teilweise durch ehemalige Staatsorgane begangenen Straftaten spielten sich zwar in einem gewissen politischen Umfeld ab, doch handelt es sich dabei um gemeinrechtliche, rechtshilfefähige Delikte (E. 5c). |
- Die Darstellung im Begehren weist zwar darauf hin, dass der ersuchende Richter nicht nur als Untersuchungsrichter amtet, sondern hernach als erstinstanzlicher Strafrichter in derselben Angelegenheit vorgesehen sein soll, was mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 58 Abs. 1 BV nicht zu vereinbaren ist. Dies hat aber nicht die grundsätzliche Verweigerung der Rechtshilfe zur Folge. Vielmehr ist die Forderung nach einem den betreffenden Bestimmungen entsprechenden Richter in einen Vorbehalt aufzunehmen. Die Rechtshilfeleistung ist von der von den zuständigen Behörden Paraguays abzugebenden Zusicherung abhängig zu machen, dass dieser Vorbehalt eingehalten wird (E. 5f/g). | |
Sachverhalt | |
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Das Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) erachtete die Formerfordernisse des IRSG und des zwischen der Republik Paraguay und der Schweiz abgeschlossenen Auslieferungsvertrages vom 30. Juni 1906 (SR 0.353.963.2) als erfüllt und gelangte zum Ergebnis, dass kein Grund bestehe, die Rechtshilfeleistung als ![]() | 2 |
Mit Verfügung vom 5. Januar 1990 zog der Untersuchungsrichter des Kantons Waadt in Betracht, dass das Ersuchen den massgebenden Formvorschriften genüge, dass es sich bei den vom Begehren betroffenen Personen um im paraguayischen Verfahren Beschuldigte bzw. jedenfalls nicht um unbeteiligte Dritte handle, dass Strafbarkeit der in Frage stehenden Delikte auch nach schweizerischem Recht gegeben sei (Art. 140, 148, 159, 251, 288, 315 und 316 StGB) und dass die fraglichen Tatbestände ebenfalls in dem zwischen Paraguay und der Schweiz abgeschlossenen Abkommen aufgeführt seien. Zudem erwog er, dass die verlangte Rechtshilfe weder unverhältnismässig noch aus einem andern Grund (Art. 3 IRSG) unzulässig sei. Gestützt darauf und in Anbetracht der von den paraguayischen Behörden abgegebenen Gegenrechtserklärung ordnete er in Anwendung der Art. 79 und 80 IRSG an, dem Ersuchen sei unter Beifügung des üblichen Spezialitätsvorbehaltes zu entsprechen, und er lud die zuständigen Behörden des eigenen Kantons sowie diejenigen der Kantone Zürich, Basel-Stadt und Genf ein, die verlangten, je ihr Zuständigkeitsgebiet betreffenden Rechtshilfemassnahmen zu treffen und deren Ergebnis ihm, dem Untersuchungsrichter des Kantons Waadt, zu übermitteln.
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Die Bezirksanwaltschaft Zürich nahm diese Einladung als interkantonales Rechtshilfeersuchen entgegen. Sie erachtete alle Rechtshilfevoraussetzungen als erfüllt und entsprach dem Ersuchen mit Verfügung vom 30. Januar 1990. Dabei wies sie zwei Banken in Zürich an, "von sämtlichen bestehenden oder bereits saldierten Kundenverbindungen, welche auf eine der sechs natürlichen oder juristischen Personen lauten oder an welchen diese formell oder zumindest wirtschaftlich berechtigt erscheinen, sämtliche Unterlagen wie im Rechtshilfeersuchen geschildert für den Zeitraum vom Juli 1979 bis heute in gut lesbarer Fotokopie herauszugeben". Zudem fügte sie ihrer Anordnung den üblichen ![]() | 4 |
Am 30. Januar 1990 erhob Delfin Ugarte Centurion Rekurs an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich mit dem Hauptantrag, die Verfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich sei aufzuheben; dem Rechtshilfeersuchen sei nicht stattzugeben. Daneben stellte er mehrere Eventualanträge im Hinblick auf eine Verbesserung des Ersuchens. Am 20. Juli 1990 entschied die Staatsanwaltschaft, auf den Rekurs nicht einzutreten. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, angesichts des Umstandes, dass der Kanton Waadt vom BAP in Anwendung von Art. 80 IRSG zum verfahrensleitenden Kanton bestimmt worden sei und seinerseits den Kanton Zürich rechtshilfeweise um Zustellung der in diesem Kanton zu erhebenden Beweismittel ersucht habe, sei im Kanton Zürich keine eigenständige Prüfung der Anerkennung der Rechtshilfepflicht im Verhältnis der Schweiz zu Paraguay vorzunehmen; für die Rechtshilfeleistung an den Kanton Waadt seien lediglich die Regeln gemäss Art. 352-355 StGB massgebend.
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Nach Vornahme der verlangten Massnahmen in den Kantonen Zürich, Waadt, Genf und Basel-Stadt übermittelte der Untersuchungsrichter des Kantons Waadt dem BAP am 3. April 1990 die erhobenen Beweismittel. Am 14. August 1990 orientierte der Untersuchungsrichter das BAP zudem darüber, dass Delfin Ugarte Centurion gegen die Rechtshilfeverfügung Rekurs an die Anklagekammer des Kantonsgerichts des Kantons Waadt erhoben und in Aussicht gestellt habe, bis vor Bundesgericht zu gehen; mit der Herausgabe der erhobenen Unterlagen sei daher bis zum rechtskräftigen Entscheid über die Rechtshilfeleistung zuzuwarten (Art. 21 Abs. 4 IRSG). Bereits am 4. April 1990 hatte das BAP erklärt, die Rechtshilfeakten bis zur rechtskräftigen Rekurserledigung zurückzubehalten.
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Die Anklagekammer des Kantonsgerichts des Kantons Waadt ihrerseits erwog mit Entscheid vom 8. Oktober 1990, dass das BAP das Rechtshilfeersuchen als zulässig erachtet und der waadtländische Untersuchungsrichter die verlangten Massnahmen gestützt auf die von seiten des BAP erfolgte Delegation lediglich noch zu vollziehen gehabt habe (Art. 16 Abs. 1 IRSG). Der Rekurs könnte somit einzig die Vollzugsmodalitäten betreffen, was indes nicht der Fall sei, da einzig die Zulässigkeit der Rechtshilfe selber bestritten sei. Auf den Rekurs sei daher an sich nicht einzutreten, doch ![]() | 7 |
Gegen den Nichteintretensentscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 20. Juli 1990 erhob Delfin Ugarte Centurion am 22. August 1990 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, mit der er im wesentlichen beantragte, der Entscheid sei aufzuheben; die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, auf seinen Rekurs einzutreten. Am 8. November 1990 erhob er ebenfalls gegen den vom 8. Oktober 1990 datierten Entscheid der Anklagekammer des Kantonsgerichts und gegen die vorangegangene, ihm am 3. April 1990 durch die Bezirksanwaltschaft Zürich zur Kenntnis gebrachte Verfügung des Untersuchungsrichters des Kantons Waadt vom 5. Januar 1990 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, mit der er im wesentlichen beantragte, auch diese Entscheide seien aufzuheben; dem paraguayischen Rechtshilfeersuchen sei nicht stattzugeben.
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Aus den Erwägungen: | |
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Nach Art. 8 Abs. 1 IRSG wird einem Rechtshilfeersuchen in der Regel nur dann entsprochen, wenn der ersuchende Staat Gegenrecht gewährt (s. hiezu BGE 110 Ib 176 E. 3 und BGE 109 Ib 168 E. 5). Dieses Gegenrecht ist durch den genannten Vertrag dem Grundsatze nach gewährleistet und von den paraguayischen Behörden mit dem vorliegenden Ersuchen formell zugesichert worden.
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Allerdings richtet sich die Beschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantonsgerichts des Kantons Waadt auch gegen die erstinstanzliche, dem Beschwerdeführer nach seinen Angaben am 3. April 1990 zur Kenntnis gebrachte Rechtshilfeverfügung des Untersuchungsrichters des Kantons Waadt vom 5. Januar 1990. Diese Verfügung war zwar - trotz der Regelung des Art. 22 IRSG - nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen; indem der Beschwerdeführer sie dennoch rechtzeitig bei der Anklagekammer anfechten konnte, schadete ihm das Fehlen der Rechtsmittelbelehrung nicht, so dass der betreffende Mangel weder Nichtigkeit noch Ungültigkeit der Verfügung zur Folge hatte (s. BGE 113 Ib 267 E. 4a und BGE 102 Ib 92 ff., nicht publ. E. 8 von BGE 115 Ib 68 ff.). Man kann sich fragen, ob im Falle der Aufhebung des oberinstanzlichen Entscheides auch die Verfügung des Untersuchungsrichters hinfällig würde (wobei dann die daraus entstehenden Folgen für die Verfahren in den übrigen Kantonen abzuklären wären) und ob deswegen sowie mangels Letztinstanzlichkeit (s. Art. 25 IRSG) und im übrigen wegen Verspätung (s. Art. 106 OG sowie BGE 102 Ib 92 ff., BGE 98 Ib 125 und BGE 96 I 692) auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten sei (s. BGE 113 Ib 265 E. 3b, BGE 104 Ib 270 E. 1, zudem nicht publ. Urteile des Bundesgerichts vom 8. Oktober 1990 i.S. W., vom 24. Januar 1990 i.S. S.-Anstalt und vom 4. Januar 1988 i.S. A.). In Anbetracht der nachfolgenden Erwägungen kann die Frage indes offenbleiben.
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bb) Der Beschwerdeführer ist Inhaber von Bankkonten, über welche die ersuchenden Behörden Auskünfte verlangen. Er wird durch die auch hinsichtlich seiner Konten angeordnete Aktenedition, welche wegen der damit verbundenen Aufhebung des Bankgeheimnisses einer Zwangsmassnahme gleichkommt, persönlich betroffen und ist daher bereits aus diesem Grunde zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert (Art. 21 Abs. 3 IRSG; s. BGE 116 Ib 108 ff., insb. 110 E. 2a/aa). Wird mit dem BAP und der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich angenommen, dass bei ![]() | 13 |
Somit ist der Beschwerdeführer bereits aus den dargelegten Gründen zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und denjenigen der Anklagekammer des Kantonsgerichts des Kantons Waadt befugt. Weitere Aspekte im Zusammenhang mit der Frage der Legitimation - ob sie mit Bezug auf das zürcherische Verfahren allenfalls ![]() | 14 |
cc) Auch die übrigen Prozessvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die Beschwerden ist daher wie ausgeführt grundsätzlich einzutreten, soweit sich nachfolgend nicht Einschränkungen ergeben.
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c) Das Bundesgericht ist aufgrund von Art. 25 Abs. 6 IRSG, der als Spezialbestimmung der allgemeinen Vorschrift von Art. 114 Abs. 1 OG vorgeht, nicht an die Begehren der Parteien gebunden (BGE 113 Ib 266 E. 3d). Es hat daher die Möglichkeit, den angefochtenen Entscheid gegebenenfalls zugunsten oder auch zuungunsten des Beschwerdeführers zu ändern (BGE 112 Ib 585 f. E. 3). Als Rechtsmittelinstanz überprüft es die bei ihm im Verwaltungsgerichtsverfahren erhobenen Rügen grundsätzlich mit freier Kognition (s. etwa BGE 113 Ib 181 E. 7a, BGE 109 Ib 167 E. 4). Da es aber in Rechtshilfesachen nicht Aufsichtsbehörde ist, darf die Prüfung des angefochtenen Entscheides den Rahmen des Streitgegenstandes nicht sprengen (BGE 112 Ib 585 f. E. 3, nicht publ. E. 1a von BGE 115 Ib 517 ff.).
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3. a) Mit der Beschwerde gegen den Nichteintretensentscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich wird im wesentlichen geltend gemacht, dass der Wortlaut von Art. 80 IRSG und die Gesetzesmaterialien dazu, die vergleichsweise Konsultation des Bundesgesetzes zum Staatsvertrag mit den USA über gegenseitige Rechtshilfe (BG-RVUS, SR 351.93) sowie die Literatur zur genannten Bestimmung und schliesslich die fehlende gesetzliche Grundlage für interkantonale Rechtshilfe in Verwaltungssachen klar zeigten, dass der Gesetzgeber mit Art. 80 IRSG dem BAP lediglich die Möglichkeit habe eröffnen wollen, einen einzelnen Kanton mit der Koordination der eigentlichen Vollzugshandlungen in verschiedenen Kantonen zu betrauen. Indem die Vorinstanz der Bezirksanwaltschaft Zürich im vorliegenden Fall die Kompetenz abspreche, über die grundsätzliche Zulässigkeit der Rechtshilfe zu entscheiden, und indem sie diese Kompetenz ausschliesslich den Behörden des Kantons Waadt zuspreche, verletze sie Art. 80 ![]() ![]() | 17 |
Die Bezirksanwaltschaft Zürich erklärt in ihrer im Verlaufe des bundesgerichtlichen Verfahrens zuhanden der Staatsanwaltschaft erstatteten Vernehmlassung, sie habe bis anhin jeweils einen selbständigen Entscheid über die Zulässigkeit der Rechtshilfe getroffen, auch wenn das BAP einen andern Kanton mit der Leitung gemäss Art. 80 IRSG beauftragt habe. Die Fälle, in denen sich mehrere Kantone mit demselben Rechtshilfeverfahren befassen müssten, seien häufig. Jedoch habe das BAP bisher nur selten von der genannten Bestimmung Gebrauch gemacht. Die Erfahrung habe gezeigt, dass immer wieder widersprüchliche Entscheide gefällt würden, was heisse, dass der eine Kanton die Rechtshilfe umfassend gewähre, während ein anderer Kanton sie einschränke oder gar ablehne. Unbefriedigend sei auch, dass ein Rechtshilfebetroffener, der sich gegen die Gewährung der Rechtshilfe wehren wolle, in mehreren Kantonen das entsprechende Rechtsmittel einlegen müsse. Dies sei nicht nur prozessunökonomisch, sondern führe für den Betroffenen auch zu enormen Kosten.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hält dafür, der Beschwerdeführer versuche auf unzulässige Weise darzulegen, die in Art. 80 IRSG vorgesehene Koordination der Rechtshilfe durch einen vom BAP beauftragten Kanton könne sich nur auf die prozessualen Vollzugshandlungen und nicht auch auf den verwaltungsrechtlichen Teil des Rechtshilfeentscheides beziehen. Die Regelung gemäss Art. 80 IRSG könne wohl nichts anderes als eine Vereinfachung des Rechtshilfeverfahrens bezwecken und damit unterschiedliche oder gar einander widersprechende kantonale Entscheide verhindern helfen. Jedenfalls sei eine andere ratio legis kaum vorstellbar. Die Koordinationsfunktion des "Leitkantons" könne aber nur in den Bereichen zum Tragen kommen, in welchen die Kantone gleiches Recht anzuwenden hätten, nämlich im verwaltungsrechtlichen Bereich und damit bei den Entscheiden über die Zulässigkeit der internationalen Rechtshilfeleistung und die Weiterleitung der gesammelten Erkenntnisse. Hier habe der "Leitkanton" zu entscheiden, während er dies bei der Beweissammlung im strafprozessualen Bereich aufgrund der unterschiedlichen kantonalen Prozessordnungen nicht könne.
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Das BAP erachtet die von der Staatsanwaltschaft vertretene Auffassung im Ergebnis als zutreffend. Art. 80 Satz 2 IRSG (in Verbindung mit Art. 352-355 StGB) verbiete es einem nicht mit der Leitung ![]() | 20 |
b) aa) Das BAP hat gemäss Art. 78 Abs. 1 IRSG zu prüfen, ob ein Rechtshilfeersuchen den formellen Anforderungen dieses Gesetzes entspricht, und leitet es an die zuständige kantonale Behörde weiter, wenn die Rechtshilfe nicht offensichtlich unzulässig erscheint. Nach Art. 79 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 IRSG entscheiden die kantonalen Behörden über die Zulässigkeit der Rechtshilfe sowie über die Fragen des zwischenstaatlichen Verfahrens und über den Vollzug eines Ersuchens um Rechtshilfe im Sinne des dritten Teils des IRSG, soweit dafür nicht ausschliesslich eine Bundesbehörde zuständig ist. Erfordert die Erledigung eines Ersuchens Erhebungen in mehreren Kantonen, so kann das BAP in Anwendung von Art. 80 IRSG die zuständige Behörde eines dieser Kantone mit der Leitung beauftragen; die Art. 352-355 StGB gelten dabei sinngemäss. Wenn das IRSG nichts anderes bestimmt, wenden die Bundesverwaltungsbehörden das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG) und die kantonalen Behörden die für sie geltenden Vorschriften sinngemäss an; für Prozesshandlungen gilt das in Strafsachen massgebende Verfahrensrecht (Art. 12 IRSG).
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Bei der nach Art. 78 Abs. 1 IRSG dem BAP obliegenden Prüfung handelt es sich um eine blosse Vorprüfung. Diese beschränkt sich im wesentlichen auf die Frage, ob ein Ersuchen den formellen Anforderungen entspricht, d.h. insbesondere darauf, ob die Sachverhaltsdarstellung nicht offensichtlich ungenügend ist oder ob die ![]() ![]() | 22 |
Jedenfalls auf die aufgezeigte Regelung des IRSG bezogen steht somit nicht zum vornherein fest, weshalb die "Leitung" gemäss Art. 80 IRSG dem eindeutigen Zweck dieser Bestimmung entsprechend, das Rechtshilfeverfahren zu vereinfachen bzw. zu beschleunigen und zudem widersprüchliche Entscheide der kantonalen Behörden zu verhindern, nicht ebenfalls die Prüfung der materiellen Zulässigkeit der international zu leistenden Rechtshilfe umfassen soll. Der Beschwerdeführer lehnt allerdings eine derartige Auslegung von Art. 80 IRSG unter Hinweis auf die weiteren Materialien ab. Der bereits im Bericht der Expertenkommission für ein Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 4. November 1972 und dann in der bundesrätlichen Botschaft verwendete "Ausführung eines Ersuchens" entspreche demjenigen des Art. 16 Abs. 1 IRSG und lasse eindeutig den Willen des Gesetzgebers erkennen, "nämlich dass eine vom BAP eingesetzte kantonale Behörde lediglich die Koordination der eigentlichen Rechtshilfehandlungen innerhalb mehrerer Kantone soll vornehmen können". Dies werde insbesondere auch durch die praktisch mit Art. 80 IRSG übereinstimmende Regelung gemäss Art. 3 BG-RVUS bestätigt.
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Abgesehen davon, dass die vorstehend wiedergegebene mögliche Auslegung von Art. 80 IRSG keinen Widerspruch zu Art. 16 Abs. 1 IRSG hervorruft, ist festzustellen, dass der vom Beschwerdeführer gezogene Analogieschluss zum Verfahren gemäss BG-RVUS fehl geht. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die ![]() | 24 |
Dies erhellt, dass die für die einzelnen Bestimmungen verwendeten Begriffe der "Erledigung" bzw. der "Ausführung" an sich zwar durchaus vergleichbar sind, aber dennoch nicht durchwegs identisch sein müssen oder sein können, auch wenn sie durch die beiden Gesetze und die Materialien dazu nicht ausdrücklich auseinandergehalten werden; der jeweilige Gehalt der Begriffe im Einzelfall ergibt sich letztlich erst auch in Berücksichtigung der konkreten, zwischen BG-RVUS und IRSG aber - wie ausgeführt - unterschiedlichen Regelung der Befugnisse des Bundesamtes und der kantonalen Behörden. Abgesehen davon ist ganz allgemein festzustellen, dass die Begriffe der "Erledigung" bzw. der "Ausführung" von Rechtshilfeersuchen weit gefasst sind und schon von ihrem Wortsinn her alle Vorkehren umfassen, die (eben je nach der der einzelnen Behörde zustehenden Kompetenz) der Behandlung eines Ersuchens dienen können. Diese beginnt nach der bereits skizzierten Kompetenzordnung für die Rechtshilfe nach dem dritten Teil des IRSG mit der Entgegennahme und der Vorprüfung durch das BAP, führt zum Zulässigkeitsentscheid der angesprochenen kantonalen Behörde, zur Anordnung innerkantonaler ![]() | 25 |
bb) Anderseits ist festzustellen, dass die nach Art. 80 IRSG sinngemäss anwendbare Regelung der Art. 352-355 StGB für die interkantonale Rechtshilfe keine Bestimmungen enthält, nach welchen der interkantonal um Rechtshilfe ersuchte Kanton sich materiell mit dem vom ersuchenden Kanton geführten Verfahren zu befassen hätte. Vielmehr hat er sich (abgesehen von dem hier nicht in Frage stehenden Ausnahmefall von Art. 352 Abs. 2 StGB) darauf zu beschränken, die Prozesshandlungen, um welche er ersucht wird, unter Beachtung der Regeln seines eigenen Verfahrensrechts durchzuführen. Interkantonale Rechtshilfe ist somit zu gewähren, ohne dass - wie dies bei der internationalen Rechtshilfe üblich ist - in einem formellen Verfahren und unter Beteiligung der Betroffenen zuerst die Voraussetzungen für die Rechtshilfeleistung überprüft werden. Selbst eine vorfrageweise Prüfung von Fragen materieller Natur (z.B. ob oder wie der dem Ersuchen zugrundeliegende Sachverhalt strafrechtlich zu qualifizieren sei) ist der um interkantonale Rechtshilfe ersuchten Behörde verwehrt (BGE 79 IV 183, BGE 68 IV 95; STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, N 2 zu Art. 352). Einzig kann gegenüber dieser Behörde die Verletzung des massgebenden örtlichen Strafverfahrensrechts und in diesem Zusammenhang die Verletzung von Verfassungs- bzw. Konventionsrecht gerügt werden (s. etwa BGE 105 Ib 214 ff. und BGE 86 IV 140 E. 2a, zudem nicht publ. Urteile des Bundesgerichts vom 27. April 1989 i.S. U. AG und Mitb., vom 10. April 1989 i.S. D., vom 6. Oktober 1988 i.S. D., vom 22. April 1988 i.S. H., vom 18. November 1987 i.S. U. AG und Mitb. sowie H. und Mitb.).
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Verhält es sich aber so, so ist mit dem BAP zu folgern, dass die auch im Rahmen von Art. 80 IRSG mittels interkantonaler Rechtshilfe ersuchte Behörde das an sie gerichtete Ersuchen des vom BAP bezeichneten "Leitkantons" zu vollziehen hat, ohne sich darum kümmern zu müssen bzw. kümmern zu dürfen, ob das ![]() | 27 |
Nichts anderes ergibt sich für die Regelung des Art. 3 Abs. 2 BG-RVUS: Auch der nach dieser Bestimmung ersuchte Kanton hat nur gerade den Vollzug durchzuführen, da die Prüfung der Rechtshilfevoraussetzungen im Rahmen des Verkehrs mit den USA - wie ausgeführt - ausschliesslich der Zentralstelle obliegt (s. insbesondere Art. 5 und 16 BG-RVUS, Art. 28 ff. RVUS; vorstehende lit. aa). Soweit der Beschwerdeführer die genannte Prüfungskompetenz dem interkantonal ersuchten Kanton zuschreiben will, vermag ihm somit der Vergleich der Regelung gemäss Art. 3 Abs. 2 BG-RVUS mit derjenigen gemäss Art. 80 IRSG wiederum nicht zu helfen.
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cc) Nach dem Gesagten ist aber auch der Einwand der fehlenden gesetzlichen Grundlage für interkantonale Rechtshilfe in Verwaltungssachen nicht stichhaltig: Bei der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen im weitesten Sinne handelt es sich jedenfalls nach bisheriger Auffassung der Sache nach um Verwaltungsrecht (s. Botschaft zum IRSG, BBl 1976 II 456ff., und MARKEES, a.a.O., SJK 421a, S. 16 ff.; BGE 116 Ib 191, BGE 111 Ib 134 E. 3b). Soweit die Bestimmung des Art. 80 IRSG hiefür unter Hinweis auf die "sinngemässe" Anwendung von Art. 352 ff. StGB Regeln für eine interkantonale Zusammenarbeit vorsieht, ist sie als hinreichende Grundlage für die Rechtshilfe für diesen besonderen Bereich des Verwaltungsrechts anzuerkennen.
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c) aa) Demnach ergibt sich zunächst, dass die Behörden eines im Rahmen von Art. 80 IRSG bloss interkantonal um Rechtshilfe ersuchten Kantons zu Entscheidungen, die über die blosse Anwendung des für sie massgebenden Verfahrensrechts hinausgehen, nicht befugt sind (oben lit. b/bb).
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bb) Somit verbleibt die Frage zu beantworten, ob und allenfalls wie die in einem solchen Kanton Betroffenen dennoch ihre schützenswerten Interessen geltend machen können. Folgt man den Argumenten des Beschwerdeführers, so scheint es im Rahmen von Art. 80 IRSG nicht vorgesehen und nach seiner Auffassung damit ausgeschlossen zu sein, dass der mit der Leitung beauftragte Kanton den Grundsatzentscheid auch für die andern Kantone treffen könnte. Wäre dem tatsächlich so, so würde für einen Betroffenen in einem interkantonal ersuchten Kanton hinsichtlich der Frage der materiellen Voraussetzungen der zu leistenden internationalen Rechtshilfe überhaupt keine Beschwerdemöglichkeit bestehen, ![]() | 31 |
Auch wenn die Erarbeitung des IRSG erst vor rund einem Jahrzehnt erfolgte, so hat sich doch in der Zwischenzeit gezeigt, dass der damals als oberste Priorität empfundene Rechtsschutz nicht losgelöst von den übrigen Zielsetzungen des IRSG betrachtet werden kann. Bei der Auslegung ist daher nicht einzig den historischen Aspekten Rechnung zu tragen, sondern ebenso den weiteren Zielsetzungen, wie sie sich heute darstellen. Aus der heutigen Sicht sind diese Zielsetzungen des IRSG vor allem auch darin zu sehen, dem ersuchenden Staat bei erfüllten Voraussetzungen effizient und rasch Rechtshilfe zu gewähren (s. etwa BGE 115 Ib 524 E. 4a), wobei die berechtigten Interessen der Betroffenen dennoch den ihnen zustehenden Schutz geniessen sollen. Dabei gilt es zu bedenken, dass die internationale Rechtshilfe in Strafsachen grundsätzlich Bundessache ist, was sich daraus ergibt, dass der Bund auf diesem Gebiete legiferiert und internationale Verträge und Konventionen eingeht. Es ist deshalb angebracht, bei Mehrdeutigkeit oder Gesetzeslücken eine Interpretation anzustreben, welche den staatsvertraglichen Verpflichtungen nicht zuwiderläuft und die Entscheide in Fällen internationaler Rechtshilfe nicht als widersprüchlich erscheinen lässt.
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In Berücksichtigung all dieser Umstände drängt sich eine ausdehnende Interpretation von Art. 80 IRSG auf, wie sie oben skizziert worden ist (b/aa+cc). Wie ausgeführt, verwehren jedenfalls der Wortlaut dieser Bestimmung in Verbindung mit den Materialien dazu sowie die aufgezeigte Kompetenzordnung des IRSG eine derartige Auslegung nicht. Vielmehr überwiegen die Gründe, die für die Annahme sprechen, dass die "Leitung" gemäss Art. 80 IRSG dem eindeutigen Zweck dieser Bestimmung entsprechend, das Rechtshilfeverfahren zu vereinfachen bzw. zu beschleunigen und zudem widersprüchliche Entscheide der kantonalen Behörden zu verhindern, auch die Prüfung der Voraussetzungen der international zu leistenden Rechtshilfe umfassen soll. Dabei ist festzustellen, dass die Koordinationsfunktion des "Leitkantons" natürlich nur in den Bereichen zum Tragen kommen kann, in welchen die Kantone gleiches Recht anzuwenden haben, eben im verwaltungsrechtlichen Bereich und damit bei den Entscheiden über die grundsätzliche Zulässigkeit der Leistung der internationalen Rechtshilfe und die Weiterleitung der gesammelten Erkenntnisse. Hier hat der "Leitkanton" zu entscheiden; bei der blossen ![]() | 33 |
Der in Art. 80 IRSG verwendete Begriff der "Leitung" eines Rechtshilfeverfahrens ist somit den genannten Zielsetzungen dieser Bestimmung und überhaupt der internationalen Rechtshilfe entsprechend dahingehend zu verstehen, dass dem interkantonal ersuchten Kanton jene (verwaltungsrechtlichen) Entscheide obliegen, die zwar nach Bundesrecht zu ergehen haben, jedoch den kantonalen Behörden vorbehalten sind. Diese Verfahrensleitung kann sich damit nicht lediglich in einer Delegation der sonst vom BAP wahrgenommenen Funktion einer blossen Aktenleitung erschöpfen, weil sonst keine wirkliche Koordination erfolgen würde. Auch kann es nicht der Sinn der Bestimmung des Art. 80 IRSG sein, zusätzlich zum BAP noch einen Kanton als weitere administrative Stufe einzuschalten.
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cc) Die Variante, entgegen der nach Art. 80 IRSG sinngemäss anwendbaren Regelung der interkantonalen Rechtshilfe jeden beteiligten Kanton selbständig über Grundsatzfragen entscheiden zu lassen, hätte die erwähnten Probleme widersprüchlicher Entscheide zur Folge und würde wenn nötig auf eine nachträgliche Koordination mittels Entscheidungen des Bundesgerichts hinauslaufen.
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Anderseits würde sich die weitere Lösungsmöglichkeit, den Grundsatzentscheid auch im Rahmen des IRSG - wie beim Rechtshilfeverkehr mit den USA - bereits durch eine Bundesstelle (am ehesten wohl durch das BAP) fällen zu lassen, zu sehr vom System des heute geltenden IRSG entfernen. Eine solche Lösung wäre allenfalls de lege ferenda näher zu überdenken. Sie hätte allerdings zur Folge, dass den Betroffenen gegenüber der heutigen Regelung hinsichtlich der Anfechtbarkeit des Grundsatzentscheides eine Instanz verlorenginge.
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Einzig die aufgezeigte Lösung, wonach der gestützt auf Art. 80 IRSG mit der Leitung beauftragte Kanton den Grundsatzentscheid über die internationale Rechtshilfe für alle Betroffenen in allen durch das ausländische Ersuchen "berührten" Kantonen fällt, löst nicht nur das Problem widersprüchlicher Entscheide, sondern wahrt zudem vollumfänglich die Rechtsmittelmöglichkeiten der Betroffenen. Diese verfügen mit der skizzierten Lösung insgesamt über die übliche Anzahl von Instanzen. Da es um die Anwendung von Bundesrecht geht, hat der Ort, an dem darüber entschieden wird, auf das Ergebnis keinen Einfluss. Selbst wenn es ![]() ![]() | 37 |
d) Mit der gegen den Nichteintretensentscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhobenen Beschwerde ist einzig die Verletzung von Art. 80 IRSG gerügt worden. Die Rüge erweist sich nach dem Ausgeführten als unbegründet, weshalb die Beschwerde gegen den betreffenden Entscheid abzuweisen ist.
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Insoweit ist dem Beschwerdeführer beizupflichten. Wie ausgeführt, handelt es sich bei der dem BAP nach Art. 78 Abs. 1 IRSG obliegenden Prüfung, wie sie hier in Frage steht, um eine blosse Vorprüfung, dies im Unterschied zur Regelung gemäss BG-RVUS, gemäss der ihm bzw. der Zentralstelle für den Rechtshilfeverkehr mit den USA der Entscheid darüber zusteht, ob die Rechtshilfe grundsätzlich zulässig ist (s. vorstehende E. 3b/aa; BGE 110 Ib 90). Die Vorprüfung nach Art. 78 Abs. 1 IRSG ist im wesentlichen auf die Frage beschränkt, ob ein Ersuchen den formellen Anforderungen entspricht oder ob seine Ausführung nicht sonstwie offensichtlich unzulässig ist. Die Prüfung der materiellen Zulässigkeit eines Ersuchens wird im Rahmen des schlechthin oder subsidiär nach dem dritten Teil des IRSG abzuwickelnden Rechtshilfeverkehrs grundsätzlich den kantonalen Behörden zugewiesen (Art. 79 Abs. 1 IRSG), dies unter Vorbehalt der ausschliesslichen Zuständigkeit einer Bundesbehörde (s. Art. 17 und Art. 78 Abs. 3 IRSG). Als vom BAP in Anwendung von Art. 80 IRSG mit der Leitung der Ausführung des vorliegenden paraguayischen ![]() | 40 |
Nun hat es die Anklagekammer aber nicht bei dieser Feststellung bewenden lassen. Vielmehr hat sie - wenn auch nur mit wenigen Sätzen - erwogen, bei materieller Prüfung seien die Voraussetzungen zur Leistung der von Paraguay verlangten Rechtshilfe erfüllt und daher die dagegen gerichteten Rügen unbegründet. Entsprechend hat sie nicht einen Nichteintretensentscheid gefällt, sondern den Rekurs abgewiesen, soweit auf ihn eingetreten werden konnte.
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Soweit nun der Beschwerdeführer zwar nicht ausdrücklich, aber doch sinngemäss seinen Anspruch auf rechtliches Gehör und allenfalls die sich für eine urteilende Behörde aus Art. 4 BV ergebende Begründungspflicht als verletzt rügt, ist festzustellen, dass diese Pflicht und der genannte Anspruch nicht bereits dadurch verletzt sind, dass sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sich die urteilende Behörde auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es genügt, wenn sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheides Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (s. BGE 112 Ia 110 mit Hinweisen; ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 147 ff., und FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. Bern 1983, S. 321). Diese Voraussetzungen können im vorliegenden Fall gerade noch als erfüllt erachtet werden, auch wenn die Anklagekammer ihre subsidiären Erwägungen zu den materiellen Rügen des Rekurses sehr knapp gehalten hat. Jedenfalls ist in Anbetracht der Ausführungen in der gegen den Entscheid der Anklagekammer gerichteten Verwaltungsgerichtsbeschwerde festzustellen, dass es dem Beschwerdeführer ohne weiteres möglich gewesen ist, seine Argumente vor Bundesgericht in voller Tragweite des Rechtshilfeentscheides nochmals uneingeschränkt vorzutragen. Von einer Verletzung des ![]() | 42 |
Selbst wenn aber eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bzw. der Begründungspflicht bejaht werden müsste, würde dies im vorliegenden Fall nicht zur Gutheissung der Beschwerde führen, können doch in einem Fall wie dem vorliegenden allfällige Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens geheilt werden (s. BGE 116 Ia 95 E. 2, BGE 112 Ib 175 E. 5e mit Hinweisen; GYGI, a.a.O., S. 298). Nachdem dem Beschwerdeführer im bundesgerichtlichen Verfahren die Möglichkeit offenstand, den sich aus seiner Sicht ergebenden Rechtsstandpunkt umfassend vorzutragen, wären Mängel der genannten Art denn auch geheilt worden (s. BGE 114 Ia 242 E. 2d sowie nicht publ. Urteile des Bundesgerichts vom 14. November 1990 i.S. C. und Mitb., vom 30. Januar 1990 i.S. K. und vom 17. Januar 1990 i.S. S.).
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Im übrigen sind die gegen die internationale Rechtshilfeleistung gerichteten Rügen des Beschwerdeführers liquid, wie ihrer Beurteilung im vorliegenden Verfahren auch im Lichte von Art. 25 Abs. 6 IRSG nichts entgegensteht.
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c) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann von den Behörden des ersuchenden Staates nicht verlangt werden, dass sie den Sachverhalt, der Gegenstand ihrer Strafuntersuchung bildet, lückenlos und völlig widerspruchsfrei darstellen. Das wäre mit dem Sinn und Zweck des Rechtshilfeverfahrens unvereinbar, ersucht doch ein Staat einen andern gerade deswegen um Mithilfe, damit er die bisher im dunkeln gebliebenen Punkte aufgrund von Unterlagen, die im Besitze des ersuchten Staates sind, klären kann. Anders, als der Beschwerdeführer dies anzunehmen scheint, hat sich die ersuchte Behörde beim Entscheid über ein Rechtshilfebegehren nicht dazu auszusprechen, ob die darin angeführten Tatsachen zutreffen oder nicht. Sie hat somit weder Tat- noch Schuldfragen zu prüfen und grundsätzlich auch keine Beweiswürdigung vorzunehmen, sondern ist vielmehr an die Darstellung des Sachverhaltes im Ersuchen und dessen allfälligen Ergänzungen gebunden, soweit diese nicht durch offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche sofort entkräftet werden (BGE 115 Ib 78 ff., BGE 114 Ib 59, BGE 112 Ib 585 E. 3c, BGE 110 Ib 180 E. 4d, mit Hinweisen). Unter dem Gesichtspunkt des - insoweit im wesentlichen mit Art. 14 EÜR übereinstimmenden - Art. 28 IRSG reicht es daher aus, wenn die Angaben im Ersuchen den schweizerischen Behörden die Prüfung der Frage ermöglichen, ob und allenfalls in welchem Umfang dem Rechtshilfebegehren entsprochen werden muss, oder ob ein Verweigerungsgrund vorliegt (s. BGE 115 Ib 77 E. 3b/aa, BGE 110 Ib 179 f. E. 4, BGE 106 Ib 263 f. E. 3a, BGE 103 Ia 210 E. 5, zudem nicht publ. Urteil vom 22. September 1989 i.S. D. N.). Diesen Anforderungen genügt das Ersuchen entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers. Die ersuchenden Behörden beschreiben den Sachverhalt, der Gegenstand der von ihnen geführten Strafuntersuchung bildet, hinreichend genau. Offensichtliche Mängel im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die das Ersuchen sofort zu entkräften vermöchten, sind nicht ersichtlich. Der nach BGE 115 Ib 78 (E. 3b/bb) verlangte strengere Massstab, auf den sich der Beschwerdeführer sinngemäss beruft, gilt einzig für die Rechtshilfe bei Abgabebetrug.
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Gründe im Sinne von Art. 2 und 3 IRSG, aus denen die Rechtshilfe zu verweigern wäre, sind nicht ersichtlich. Namentlich handelt es sich bei den in Frage stehenden Straftaten nicht um politische Delikte (s. hiezu BGE 115 Ib 84 ff. E. 5, BGE 113 Ib 175 ff., mit Hinweisen), auch wenn nicht zu verkennen ist, dass sie sich in einem gewissen politischen Umfeld abspielten. Dieses politische Umfeld vermag nichts daran zu ändern, dass es sich bei den untersuchten Straftaten um gemeinrechtliche Delikte handelt (ähnlich BGE 115 Ib 86 E. 5, BGE 113 Ib 178 ff. E. 6, zudem nicht publ. Urteile des Bundesgerichts vom 28. Oktober 1987 i.S. D. und Mitb. sowie vom 4. Juli 1984 i.S. G. und M.); so macht denn auch der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht mehr geltend, die Gegenstand des Rechtshilfebegehrens bildenden Delikte seien politischer Natur. Indem den Beschuldigten und damit auch dem Beschwerdeführer laut Ersuchen angelastet wird, sie hätten in den Jahren 1976-1988 im Zusammenhang mit dem Ausbau einer Zementfabrik (Staatsbetrieb) in ihrer amtlichen Stellung fingierte Rechnungen ausstellen lassen und sich derart Beträge von insgesamt ca. § 11,6 Mio. unrechtmässig angeeignet, ist Strafbarkeit nicht nur nach den im Ersuchen aufgeführten Tatbeständen nach paraguayischem Recht, sondern auch nach schweizerischem Recht gegeben. Denn das genannte Verhalten lässt sich ohne weiteres jedenfalls als Teilnahme bzw. Mittäterschaft an Urkundenfälschung (Art. 251 StGB; vgl. BGE 110 IV 28, BGE 108 IV 27 ff., BGE 106 IV 38 ff. und 41 ff., je mit weiteren Hinweisen, zudem nicht publ. Urteil des Bundesgerichts vom 4. Januar 1988 i.S. A., E. 6) sowie aktive und/oder passive Bestechung (Art. 315 bzw. 316 StGB) qualifizieren. Bereits aus diesem Grunde ist somit Art. 64 IRSG Genüge getan und beidseitige Strafbarkeit als Voraussetzung für die verlangten Zwangsmassnahmen gegeben. Daher kann hier offenbleiben, welche andern der gemäss der Darstellung im Ersuchen in Frage kommenden Tatbestände - Vermögensdelikte (sei es Veruntreuung nach Art. 140 StGB, Betrug nach Art. 148 StGB und/oder ungetreue Geschäftsführung nach Art. 159 StGB) bzw. allenfalls auch ungetreue Amtsführung (Art. 314 StGB) - durch das den Beschuldigten angelastete Verhalten ebenfalls erfüllt werden. Alle diese genannten gemeinrechtlichen Tatbestände sind aber jedenfalls in Art. 2 des zwischen Paraguay und der Schweiz abgeschlossenen Vertrages aufgelistet, der zwar als Auslieferungsübereinkommen ![]() | 49 |
f) Hinsichtlich der auf Art. 2 lit. a und lit. d IRSG beruhenden Einwendungen des Beschwerdeführers ist zunächst zu bedenken, dass zwischen Paraguay und der Schweiz seit dem Jahre 1906 ein Auslieferungsvertrag besteht, der - wie erwähnt - teilweise auch für die "kleine" Rechtshilfe von gewisser Bedeutung ist (oben E. 2a). Im Rahmen dieses Vertrages ist die Schweiz grundsätzlich zur Rechtshilfe verpflichtet. Sollte die Schweiz der Ansicht sein, dass Paraguay grundsätzlich nicht mehr rechtshilfewürdig sei, so ![]() | 50 |
Mit Art. 2 IRSG soll vermieden werden, dass die Schweiz durch Leistung von Rechtshilfe im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit die Durchführung solcher Strafverfahren unterstützt, in welchen den verfolgten Personen die ihnen in einem demokratischen Rechtsstaat zustehenden und insbesondere durch die EMRK umschriebenen Minimalgarantien nicht gewährt werden oder welche den internationalen Ordre public verletzen (s. BGE 115 Ib 87, BGE 112 Ib 273 f. E. 6, mit weiteren Hinweisen). So wird nach den vom Beschwerdeführer vor Bundesgericht angerufenen Bestimmungen von Art. 2 lit. a und lit. d IRSG die Rechtshilfe verweigert, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass das Verfahren im Ausland (a) den Verfahrensgrundsätzen der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK) nicht entspricht oder (d) andere schwere Mängel aufweist. Sodann wird nach Art. 2 lit. b und lit. c IRSG Rechtshilfe auch für die Verfolgung politischer Delikte nicht gewährt. Diese Regel des Art. 2 IRSG kann auch im Falle bilateraler Staatsverträge betreffend die Rechtshilfe zur Anwendung gelangen, so auch hier: In dem zwischen Paraguay und der Schweiz abgeschlossenen Staatsvertrag besteht ein ausdrücklicher Vorbehalt für politische Delikte (Art. 3 Ziff. 2 des Vertrages), und deren Wesen wird immer durch das Recht des ersuchten Staates definiert (s. BGE 106 Ib 299 E. 3 mit Hinweis).
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Der Beschwerdeführer macht nun aber im vorliegenden Verfahren - anders als noch vor der Anklagekammer - zu Recht nicht mehr geltend, bei den Gegenstand des Ersuchens bildenden Straftaten handle es sich um politische Delikte (s. vorstehende lit. c). Und auch was er sonstwie vor allem unter Hinweis auf Presseberichte geltend macht, reicht - abgesehen von der weiter unten zu erörternden Problematik - nicht aus, um darzutun, dass objektiv und ernsthaft zu befürchten wäre, das ihn betreffende Strafverfahren im ersuchenden Staat könnte einen schwerwiegenden Mangel im Sinne von Art. 2 IRSG aufweisen (s. BGE 115 Ib 87). Die behaupteten Verletzungen der Angeschuldigtenrechte und die angeblich dagegen erfolglos eingereichten Rechtsmittel werden einzig mit einem vom Beschwerdeführer selber und von einem paraguayischen Anwalt unterzeichneten, einem Gutachten ähnlichen Bericht, sonst aber in keiner Weise belegt; entsprechend ist insbesondere ![]() | 52 |
Einzig ist aufgrund der Darstellung im Ersuchen selber davon auszugehen, dass der um Rechtshilfe ersuchende paraguayische Richter Carballo im Strafverfahren nicht nur als Untersuchungsrichter amtet, sondern hernach als erstinstanzlicher Strafrichter von Asuncion in derselben Angelegenheit auch urteilender Richter sein soll. Nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung stellt es aber eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 58 Abs. 1 BV dar, wenn derjenige Richter ein Strafurteil fällt, der in derselben Strafsache bereits als Untersuchungsrichter geamtet hat (s. BGE 115 Ia 38 E. 2c/aa mit weiteren Hinweisen).
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Dies kann indes entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht die grundsätzliche Verweigerung der nach den vorstehenden Erwägungen an sich zulässigen Rechtshilfe zur Folge haben. Vielmehr besteht die Möglichkeit, die Forderung nach einem verfassungsmässigen Richter im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 58 Abs. 1 BV in einen Vorbehalt aufzunehmen und diesen zusammen mit dem von den Vollzugsbehörden anzubringenden und denn auch bereits vorgesehenen Spezialitätsvorbehalt (Art. 67 IRSG) ebenfalls ausdrücklich in die Vollzugsverfügung aufzunehmen. Regelmässig wird die Einhaltung solcher Vorbehalte durch Staaten, die - wie Paraguay - mit der Schweiz durch einen Rechtshilfevertrag verbunden sind, nach dem völkerrechtlichen Vertrauensprinzip als selbstverständlich vorausgesetzt, ohne dass die Einholung einer ausdrücklichen Zusicherung notwendig wäre (BGE 107 Ib 271 /272). Es besteht denn auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die Behörden unter der heutigen, seit dem Machtwechsel ![]() | 54 |
g) Da der Beschwerdeführer demnach die Voraussetzungen der Rechtshilfeleistung zu Unrecht als grundsätzlich nicht erfüllt erachtet hat, unterliegt er mit seinen Vorbringen. Die gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons Waadt gerichtete Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. In Anbetracht der genannten, vom BAP noch einzuholenden Zusicherung der zuständigen paraguayischen Behörden und des Umstandes, dass die Rechtshilfeleistung von dieser Zusicherung abhängig zu machen ist, hat die Abweisung dieser Beschwerde indes nicht vorbehaltlos, sondern ausdrücklich im Sinne der vorstehenden Erwägungen zu erfolgen.
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