BGE 117 Ib 270 | |||
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35. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. September 1991 i.S. WWF Schweiz und Schweiz. Bund für Naturschutz gegen X., Gemeinde Steinen und Regierungsrat des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Raumplanerische Ausnahmebewilligung, Natur- und Heimatschutz. |
2. Art. 16, 22, 24 RPG; Zonenkonformität in der Landwirtschaftszone, Ausnahmebewilligung für eine Geflügelmasthalle. Bauten für die bodenunabhängige Geflügelmast sind in einer Landwirtschaftszone grundsätzlich nicht zonenkonform (E. 3). Sie können jedoch zur Aufstockung eines Landwirtschaftsbetriebs standortgebunden sein (Art. 24 Abs. 1 RPG). Standortgebundenheit im vorliegenden Fall bejaht (E. 4). | |
Sachverhalt | |
X. ist Eigentümer eines Landwirtschaftsbetriebs in der Gemeinde Steinen. Er bewirtschaftet etwa 10,2 ha Land; davon sind rund 0,4 ha Pachtland. Zur Liegenschaft gehören zwei ältere Stallgebäude, in welchen zur Zeit 13 Kühe gehalten werden. Haupterwerbszweig des Betriebs ist die Milchwirtschaft mit einem zugeteilten Milchkontingent von 50 000 kg pro Jahr.
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Am 4. April 1989 erteilte das Bundesamt für Landwirtschaft die nach der Landwirtschaftsgesetzgebung erforderliche Bewilligung für den Neubau einer Geflügelmasthalle für 5000 Mastpoulets (Bewilligung gemäss Art. 13 der Stallbauverordnung vom 13. April 1988, SR 916.016). Diese Verfügung wurde vom Bundesamt für Landwirtschaft am 19. Dezember 1989 in eine Bewilligung für 1400 Masttruten geändert. In beiden Verfügungen werden die notwendigen weiteren Bewilligungen vorbehalten.
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Am 29. Mai 1989 reichte X. das Baugesuch für die Errichtung eines SEG-Geflügelmaststalls Typ 87 ein. Dieser auch der Stallbaubewilligung des Bundesamtes für Landwirtschaft zugrunde liegende Hallentyp mit einer Länge von rund 26 m, einer Breite von 12,5 m und einer Firsthöhe von 6 m sieht ausserdem zwei Futtersilos mit einer Höhe von 5,7 bzw. 6,8 m vor. X. legte dar, dass er die Geflügelmasthalle zur Aufstockung seines Betriebs benötige, damit dieser weiterhin eine landwirtschaftliche Existenz bieten könne.
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Die Baute liegt in der Landwirtschaftszone der Gemeinde Steinen in einem Gebiet, das im kantonalen Richtplan als "Streu- und Hofsiedlungsgebiet" bezeichnet ist. In einer Entfernung von rund 350 m befindet sich der Weiler Ecce Homo; ein vom Bund geschütztes Ortsbild (Verordnung vom 9. September 1981 über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz, VISOS, SR 451.12, S. 6).
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Das Baugesuch wurde im Amtsblatt des Kantons Schwyz publiziert, wobei gemäss der vom Kanton Schwyz befolgten Praxis ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass es sich um ein Projekt ausserhalb der Bauzone handle. Gegen das Bauvorhaben gingen innert der Auflagefrist keine Einsprachen ein.
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Am 25. August 1989 lehnte das kantonale Amt für Raumplanung eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) für das Vorhaben ab. X. führte gegen diese Verfügung beim Regierungsrat des Kantons Schwyz Beschwerde und beantragte, es sei ihm die Erstellung der Geflügelmasthalle zu bewilligen. Der Gemeinderat Steinen unterstützte diesen Antrag. Mit Entscheid vom 14. November 1989 hiess der Regierungsrat des Kantons Schwyz die Beschwerde gut, hob die Verfügung des Amts für Raumplanung vom 25. August 1989 auf und erteilte die Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG für den Bau der Geflügelmasthalle. Weitere notwendige Bewilligungen, namentlich die Baubewilligung des Gemeinderats Steinen, wurden vorbehalten. Die Ausnahmebewilligung wurde nicht publiziert.
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Mit Schreiben vom 22. Dezember 1989 an den Regierungsrat verlangte die Sektion Mythen des World Wildlife Fund (WWF) Schweiz, eine allenfalls erteilte Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG sei gemäss Art. 25 Abs. 2 der Verordnung über die Raumplanung vom 2. Oktober 1989 (RPV) im kantonalen Amtsblatt zu veröffentlichen. Das Justizdepartement berief sich in seinem Antwortschreiben vom 29. Dezember 1989 auf die Publikationspraxis des Kantons Schwyz, wonach lediglich das Bauvorhaben publiziert werde. Der WWF, der sich mit dieser Antwort nicht zufriedengab, verlangte die Eröffnung des Entscheids des Regierungsrats über die Gewährung der Ausnahmebewilligung. Nach einem wiederholten Schriftenwechsel stellte das Justizdepartement am 6. März 1990 den umstrittenen Regierungsratsentscheid dem Vertreter der Sektion Mythen des WWF zu.
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Am 7. April 1990 haben der WWF Schweiz und der Schweizerische Bund für Naturschutz (SBN) beim Bundesgericht eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrats vom 14. November 1989 eingereicht. Die Beschwerdeführer rügen in formeller Hinsicht eine Verletzung von Art. 25 Abs. 2 RPV, wonach die Kantone die Ausnahmebewilligungen im kantonalen Publikationsorgan gesondert anzuzeigen haben. In materieller Hinsicht machen sie eine Verletzung von Art. 24 RPG geltend.
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X. teilt in seiner Eingabe vom 25. Mai 1990 mit, er habe einen Monat nach Vorliegen des Regierungsratsentscheids vom 14. November 1989 mit den Bauarbeiten begonnen. Am 12. April 1990 habe er vom Justizdepartement des Kantons Schwyz zufolge der von den Beschwerdeführern eingereichten Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Aufforderung erhalten, die Bauarbeiten einzustellen. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch der Bau bereits erstellt gewesen.
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Das zur Stellungnahme aufgeforderte Bundesamt für Raumplanung beantragt in seiner Vernehmlassung vom 2. Oktober 1990, auf die Beschwerde sei einzutreten. Die Veröffentlichung bloss des Baugesuches sei ungenügend und widerspreche Art. 25 Abs. 2 RPV. Es wäre für die nach Art. 12 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG) zur Beschwerde berechtigten Organisationen ein unzumutbarer Aufwand, wenn sie sich am kantonalen Verfahren beteiligen müssten. Ausserdem widerspräche eine solche Forderung der Regel von Art. 103 lit. c OG.
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Eine Delegation des Bundesgerichts führte am 7. März 1991 einen Augenschein mit Instruktionsverhandlung an Ort und Stelle durch. Die Parteien sowie die Vertreter des Kantons, der Gemeinde und der zuständigen Bundesämter erhielten Gelegenheit, ihren Standpunkt eingehend darzulegen. Der Augenschein bestätigte, dass die Geflügelmasthalle erstellt und die Trutenmast in Betrieb ist.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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a) Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG für ein Vorhaben ausserhalb der Bauzone ist eine Bundesaufgabe im Sinne von Art. 24sexies Abs. 2 BV und Art. 2 NHG (BGE 117 Ib 100, BGE 116 Ib 122). Die Beschwerdeführer sind gemäss Art. 12 Abs. 1 NHG i.V.m. Art. 103 lit. c OG grundsätzlich zur Beschwerdeführung berechtigt (BGE 116 Ib 121, BGE 114 Ib 84 E. 1b, BGE 110 Ib 161 f. E. 2).
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Das Bundesgericht verlangt in seiner neueren Rechtsprechung, dass sich die nach Art. 12 Abs. 1 NHG oder Art. 55 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG) beschwerdeberechtigten Organisationen bereits am kantonalen Verfahren als Partei beteiligen (BGE 116 Ib 122 f.). Ein Verzicht auf das Ergreifen desjenigen Rechtsmittels, das zum letztinstanzlichen kantonalen Entscheid führt, schliesst die grundsätzlich beschwerdeberechtigten Organisationen in der Regel von der Beschwerdeführung im Bund aus (BGE 116 Ib 122, 418 ff., 466 E. 2a). Bisher konnte die Frage offengelassen werden, ob eine entsprechende Beteiligungspflicht der ideellen Vereinigungen überdies in bezug auf die Einspracheerhebung oder Beschwerdeführung vor den unteren kantonalen Instanzen bestehe. Eine solche Pflicht kann sich jedenfalls insoweit, als sie den Ausschluss von den in Art. 12 NHG und Art. 55 USG enthaltenen Beschwerdemöglichkeiten vor den Rechtsmittelinstanzen des Bundes bewirken soll und damit dieses Beschwerderecht der ideellen Organisationen näher umschreibt, nur aus dem Bundesrecht ergeben. Das kantonale Recht kann zwar trotzdem Beteiligungspflichten vorsehen; diese können jedoch nicht zum Ausschluss von Rechtsmittelmöglichkeiten führen, welche gestützt auf die Art. 12 NHG und Art. 55 USG bestehen. Gegen eine freiwillige Beteiligung der gesamtschweizerischen Organisationen an kantonalen Rechtsmittelverfahren ist hingegen nichts einzuwenden. Sie sind dazu gemäss Art. 55 Abs. 3 USG sogar ausdrücklich berechtigt; dies gilt wegen des engen Zusammenhangs zwischen Art. 55 USG und Art. 12 NHG für den Anwendungsbereich beider Vorschriften (BGE 116 Ib 431 f. E. 3e = ZBl 92/1991, S. 378). Dabei ist zu beachten, dass das kantonale Recht den beschwerdeberechtigten Organisationen dieselben Parteirechte zu gewähren hat wie das Bundesrecht (BGE 116 Ib 122, 112 Ib 71 mit zahlreichen Hinweisen), was der Einheit des Verfahrens entspricht und sich für den Anwendungsbereich des Raumplanungsgesetzes des Bundes auch ausdrücklich aus Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG ergibt (BGE 112 Ib 173 E. 5a mit Hinweisen).
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b) Zur teilweisen Neuregelung des Beschwerderechts der ideellen Verbände schlägt der Bundesrat in seiner Botschaft vom 26. Juni 1991 über die Änderung des NHG (BBl 1991 III 1121 ff.) einen neuen Art. 12a NHG mit folgendem Wortlaut vor:
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"Publikation und Verfahrenseintritt
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1 Besteht in einem Verfahren ein Beschwerderecht nach Art. 12 Abs. 1 NHG,
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so zeigt die Behörde das Gesuch oder die beabsichtigte Verfügung den
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Gemeinden und Organisationen durch schriftliche Mitteilung oder durch
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Veröffentlichung im Bundesblatt oder im kantonalen Publikationsorgan an.
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Ausgenommen sind die in Art. 30 Abs. 2 aufgeführten Fälle.
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2 Die Behörde setzt eine angemessene Frist für Einwendungen. Gemeinden
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und Organisationen, die innert dieser Frist keine Einwendungen erheben,
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können sich am weiteren Verfahren zum gleichen Gegenstand nicht mehr als
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Partei beteiligen."
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Mit dieser neuen Bestimmung sollen die Gemeinden und Organisationen verpflichtet werden, bereits im erstinstanzlichen Verfahren aktiv zu werden. Nach Auffassung des Bundesrats liegt es im Interesse aller Parteien, dass sämtliche für ein Vorhaben relevanten Aspekte möglichst frühzeitig eingebracht werden. Deshalb sei die Mitwirkungspflicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren anderen Lösungen vorzuziehen (BBl 1991 III 1140). Es wird Sache des Bundesgesetzgebers sein zu entscheiden, ob die Bestimmungen über das Beschwerderecht der gesamtschweizerischen Organisationen im Sinne der bundesrätlichen Botschaft geändert werden sollen oder nicht. Das Bundesgericht hat sich auf die Anwendung des heute geltenden Rechts zu beschränken (Art. 114bis Abs. 3 BV). Beachtung verdient allerdings die Tatsache, dass der Bundesrat eine Gesetzesrevision vorschlägt. Er bringt damit zum Ausdruck, dass die Einspracheerhebung durch die beschwerdeberechtigten Organisationen (Art. 12 NHG, Art. 55 USG) als Voraussetzung für die Ergreifung weiterer Rechtsmittel nur verlangt werden kann, wenn das geltende Bundesrecht entsprechend geändert wird. Dieses sieht eine solche Pflicht nicht vor, und es ist bei der gegebenen Rechtslage sowohl dem Bundesgericht als auch den Kantonen verwehrt, die Einspracheerhebung als Voraussetzung für die Ergreifung der bundesrechtlichen Rechtsmittel gemäss Art. 12 Abs. 1 NHG anzuordnen.
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c) In bezug auf das mehrstufige Ausnahmebewilligungsverfahren für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone gemäss Art. 24 RPG hat das Bundesgericht erklärt, ein Ausschluss der nach Art. 12 NHG beschwerdeberechtigten Vereinigungen vom kantonalen Beschwerdeverfahren dürfe nicht angedroht werden oder Platz greifen, bevor die Verfügung gemäss Art. 25 Abs. 2 RPV im kantonalen Amtsblatt veröffentlicht worden sei (BGE 116 Ib 433 E. 3g, 467 E. 2b).
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Im vorliegenden Fall wurde die angefochtene Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 RPG erst im Beschwerdeverfahren durch die letzte kantonale Instanz, den Regierungsrat, erteilt, nachdem das kantonale Amt für Raumplanung eine solche Bewilligung zuvor abgelehnt hatte. Der angefochtene Entscheid wurde dem WWF erst auf ausdrücklichen Wunsch hin eröffnet und entgegen Art. 25 Abs. 2 RPV nicht publiziert. Bei dieser Sachlage waren weder der WWF Schweiz noch der SBN veranlasst, sich am kantonalen Verfahren zu beteiligen. Die vorstehenden Erwägungen zeigen überdies, dass im vorliegenden Fall für diese Organisationen weder nach dem kantonalen noch dem geltenden Bundesrecht eine Pflicht zur Beteiligung am kantonalen Verfahren bestand.
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d) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gemäss Art. 106 OG innert 30 Tagen seit Eröffnung der Verfügung einzureichen.
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Nach der Meinung des Regierungsrats ist die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde - trotz unterlassener Publikation der Ausnahmebewilligung - verspätet ergriffen worden, da die Beschwerdeführer bereits im Dezember 1989 von der Ausnahmebewilligung Kenntnis gehabt hätten. Die erst am 7. April 1990 eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei daher ohnehin verspätet.
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Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Der Entscheid vom 14. November 1989, mit welchem der Regierungsrat die ablehnende Verfügung des kantonalen Raumplanungsamts aufhob und die Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG erteilte, wurde weder publiziert noch den Beschwerdeführern individuell eröffnet. Es kann ihnen nicht vorgehalten werden, sie hätten sich verspätet um klare Information bemüht, als sie sich am 22. Dezember 1990 an das Justizdepartement um Auskunft wandten. Dass ihnen der Entscheid nicht sofort zugestellt wurde, sondern erst nach wiederholtem Schriftenwechsel am 6. März 1990, haben nicht die beschwerdeführenden Organisationen zu verantworten. Ihre innert 30 Tagen nach Erhalt des angefochtenen Entscheids eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit rechtzeitig erhoben worden.
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e) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde können die Beschwerdeführer eine Verletzung von Bundesrecht sowie eine unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts geltend machen (Art. 104 lit. a und b OG). Das Bundesgericht kann die Feststellung des Sachverhalts von Amtes wegen überprüfen. An die vorinstanzlichen Feststellungen ist es nicht gebunden, da keine Rekurskommission und kein kantonales Gericht als Vorinstanz entschieden hat (Art. 105 OG).
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Die Beschwerdeführer machen in erster Linie die Verletzung von Bundesrecht geltend. Sie sind der Meinung, der unbestrittenermassen bodenunabhängige Geflügelmastbetrieb des Beschwerdegegners gehöre in eine Gewerbezone und könne nicht in der Landwirtschaftszone aufgrund einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG zugelassen werden. Sie bestreiten die Standortgebundenheit des Betriebs und berufen sich auf entgegenstehende überwiegende Interessen. Das Vorhaben beeinträchtigt nach ihrer Auffassung das empfindliche Landschaftsbild und den geschützten Weiler Ecce Homo. Insoweit werfen sie der Regierung eine unzutreffende Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts vor. Das Bundesgericht prüft diese Einwendungen umfassend ohne Beschränkung seiner Kognition. Im vorliegenden Fall hat es auch keinen Anlass, in bezug auf die Würdigung der örtlichen Verhältnisse Zurückhaltung walten zu lassen, nachdem eine bundesgerichtliche Delegation eine eingehende Ortsbesichtigung durchgeführt hat (BGE 115 Ib 316, BGE 109 Ib 300 E. 3).
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f) Es ergibt sich, dass im vorliegenden Verfahren sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit einzutreten.
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Es ist zunächst zu prüfen, ob die umstrittene Baute der in der Landwirtschaftszone geltenden Nutzungsordnung tatsächlich nicht entspricht und somit eine ordentliche Baubewilligung für zonenkonforme Bauten und Anlagen im Sinne von Art. 22 RPG nicht in Frage kommt, wie dies der Regierungsrat und die Beschwerdeführer annehmen. Wenn sich diese Auffassung als zutreffend erweist, stellt sich weiter die Frage, ob die Masthalle wegen ihres Ausmasses und ihrer Auswirkungen auf die Umwelt nur in einem Planungsverfahren angemessen erfasst werden kann und deshalb der bundesrechtlichen Planungspflicht unterliegt (vgl. BGE 116 Ib 53 f. E. 3a, 139 E. 4, BGE 115 Ib 513 E. 6a, BGE 114 Ib 315 ff., je mit Hinweisen). Ist dies nicht der Fall, bleibt zu untersuchen, ob die Halle als Ausnahme nach Art. 24 RPG bewilligt werden darf (BGE 116 Ib 229 f. E. 2, BGE 115 Ib 297 E. 2, je mit weiteren Hinweisen). Dabei muss abgeklärt werden, ob gestützt auf kantonales Recht, das nach Art. 24 Abs. 2 RPG zur Anwendung gelangt, eine Ausnahmebewilligung in Frage kommt. Trifft dies nicht zu, so ist zu prüfen, ob das Vorhaben nach der abschliessenden bundesrechtlichen Regelung von Art. 24 Abs. 1 RPG zulässig ist (BGE 108 Ib 132 E. 1a mit Hinweisen).
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3. a) Die Landwirtschaftszone umfasst gemäss Art. 16 RPG Land, das sich für die landwirtschaftliche Nutzung bzw. den Gartenbau eignet oder im Gesamtinteresse landwirtschaftlich genutzt werden soll. Dem Zweck der Landwirtschaftszone entsprechen Bauten und Anlagen dann, wenn für die Nutzung, der sie dienen, der Boden als Produktionsfaktor unentbehrlich ist; wo landwirtschaftliche Erzeugnisse bodenunabhängig gewonnen werden, liegt keine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne von Art. 16 RPG vor (BGE 116 Ib 134 E. 3a, BGE 115 Ib 297 E. 3a, je mit Hinweisen).
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Bauten und Anlagen für die Tierhaltung in der Landwirtschaftszone können somit nur dann als zonenkonform im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG bewilligt werden, wenn der Landwirtschaftsbetrieb über eine ausreichende eigene Futterbasis verfügt und die Tiere nicht überwiegend mit zugekauften Futtermitteln ernährt werden. Je nach Art der Nutzung muss ein angemessener, jedenfalls überwiegender Anteil betriebseigener Futtermittel verfügbar sein (LEO SCHÜRMANN, Zulässigkeit von Aufstockungsbetrieben in der Landwirtschaftszone, Rechtsgutachten, Bundesamt für Raumplanung, Bern 1990, S. 4). Nur von untergeordneter Bedeutung für die Anerkennung der Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung im Sinne der Raumplanung ist das Merkmal der Jaucheverwertung. Aus dem Umstand, dass die Jauche als Dünger auf landwirtschaftlichem Boden ausgebracht werden kann, ergibt sich noch keine landwirtschaftliche Nutzung (BGE 115 Ib 298 E. 2c).
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Ein überwiegend bodenabhängiger Betrieb kann zudem über Bauten verfügen, denen eine direkte betriebliche Hilfsfunktion zukommt (z.B. Einstell- bzw. Lagerräume für Bewirtschaftungsgeräte oder landwirtschaftliche Hilfsstoffe etc.). Bei der Beurteilung der Zonenkonformität ist nach der Praxis entscheidend, ob der Betrieb bei einer gesamthaften Betrachtung seines langfristigen Bewirtschaftungskonzepts und der zu dessen Realisierung eingesetzten Mittel grundsätzlich als bodenabhängiger Betrieb bezeichnet werden kann (vgl. BGE 116 Ib 137 E. 3d mit Hinweisen).
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b) Nach Auffassung einer Arbeitsgruppe der Bundesämter für Raumplanung und für Landwirtschaft sollte im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter gewissen Umständen auch eine Masthalle ohne eigene Futterbasis in der Landwirtschaftszone als zonenkonform betrachtet werden, wenn das mit ihr erzielte zusätzliche Einkommen die Existenz des Landwirtschaftsbetriebs sichere (so auch M. HUSER, Die Bodenabhängigkeit der Tierhaltung nach Landwirtschafts- und Raumplanungsrecht, in Blätter für Agrarrecht 1991, S. 41 ff.). In einem Zwischenbericht vom 29. Mai 1991 vertritt die genannte Arbeitsgruppe die Meinung, dass die Zonenkonformität bejaht werden solle, wenn ein bestimmter Anteil des Gesamteinkommens des Betriebsinhabers durch eine bodenunabhängige Produktion erzielt werde, etwa ein Anteil von 30, evtl. bis 40%, während der hauptsächliche Einkommensanteil von 60 bis 70% aus bodenabhängiger Produktion erwirtschaftet werden müsse.
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c) Am bundesgerichtlichen Augenschein hat sich gezeigt, dass X. auf seinem Hof vorwiegend bodenabhängige Milchwirtschaft betreibt und dass er kein eigenes Futter für die Trutenmast produziert. Sämtliche Nahrung für die Truten wird zugekauft. Es liegt somit, wie der Regierungsrat richtig gefolgert hat, eine innere Aufstockung durch einen bodenunabhängigen Mastbetrieb von erheblichem Ausmass vor, welche nach der bundesgerichtlichen Praxis in der Landwirtschaftszone nicht zonenkonform ist, weil es sich bei diesem neuen Betriebsteil nicht um eine konventionelle bodenabhängige landwirtschaftliche Nutzung handelt (vgl. Urteil vom 14. März 1990 in ZBl 92/1991, S. 174 ff.).
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In raumplanerischer Hinsicht ist massgebend, dass die Masthalle keine direkte Hilfsfunktion für die bisherige zonenkonforme landwirtschaftliche Nutzung erfüllt und auch keinen funktionellen Zusammenhang mit den über 100 m entfernten landwirtschaftlichen Gebäuden des Beschwerdegegners aufweist. Es handelt sich bei der Trutenmast vielmehr um einen zusätzlichen, eigenständigen Produktionsteil, der die landwirtschaftliche Tätigkeit ergänzt. Somit kann auch im Hinblick auf die raumplanerische Gesamtbetrachtung (vgl. BGE 116 Ib 137 E. 3d mit Hinweisen) nicht gesagt werden, eine derart eigenständige, bodenunabhängig bewirtschaftete Trutenmasthalle sei allein deshalb zonenkonform, weil sie die Existenzsicherung des herkömmlichen Landwirtschaftsbetriebs des Beschwerdegegners ermögliche. Entgegen der oben (E. 3b) wiedergegebenen Meinung einer Arbeitsgruppe der Bundesämter für Raumplanung und für Landwirtschaft kann es für die Beantwortung der Frage der Zonenkonformität im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG nicht darauf ankommen, ob ein Landwirt aus wirtschaftlichen Gründen auf einen zonenfremden Erwerbszweig angewiesen ist. Ebensowenig geht es an, zur Ermittlung der Zonenkonformität auf blosse Prozentzahlen für den Anteil der bodenabhängigen bzw. bodenunabhängigen Bewirtschaftung abzustellen (vgl. BGE 116 Ib 136). Entscheidend ist vielmehr, ob die umstrittene Baute unter Berücksichtigung des auf dem Landwirtschaftsbetrieb verfolgten Bewirtschaftungskonzepts dem Zweck der Landwirtschaftszone entspricht. Dies ist bei einer völlig bodenunabhängig bewirtschafteten Masthalle - auch wenn sie der Existenzerhaltung des gesamten Landwirtschaftsbetriebs dient - zweifelsfrei nicht der Fall.
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d) Somit ergibt sich, dass für die umstrittene Masthalle mangels Zonenkonformität keine Baubewilligung nach Art. 22 RPG erteilt werden kann. Es handelt sich im übrigen auch nicht um ein Vorhaben, das nur in einem Planungsverfahren angemessen erfasst werden könnte, da dessen räumliche Auswirkungen verhältnismässig eng begrenzt sind (vgl. BGE 116 Ib 53 f. E. 3a, 139 E. 4, BGE 115 Ib 513 E. 6a, je mit Hinweisen), so dass im Rahmen der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde weiter zu untersuchen ist, ob die Baute als Ausnahme im Sinne von Art. 24 RPG bewilligt werden kann.
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a) Die Standortgebundenheit wird nach der bundesgerichtlichen Praxis nur dann bejaht, wenn eine Baute aus technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen oder wegen der Bodenbeschaffenheit auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen ist. Dabei beurteilen sich die Voraussetzungen nach objektiven Massstäben, und es kann weder auf die subjektiven Vorstellungen und Wünsche des Einzelnen noch auf die persönliche Zweckmässigkeit oder Bequemlichkeit ankommen. Zudem sind an die Erfordernisse der Standortgebundenheit strenge Anforderungen zu stellen (BGE 116 Ib 230 E. 3a, BGE 115 Ib 299 E. 3a, BGE 113 Ib 141 E. 5a, je mit Hinweisen). In diesem Sinne können, wie aus den nachfolgenden Erwägungen hervorgeht, nicht zonenkonforme Bauten, die einem Landwirtschaftsbetrieb dienen und zu dessen Sicherung notwendig sind, unter gewissen Voraussetzungen ausserhalb der Bauzonen als standortgebunden anerkannt werden.
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b) Wie in E. 3 hiervor dargelegt wurde, kann die bodenunabhängig bewirtschaftete Masthalle in der Landwirtschaftszone nicht als zonenkonform betrachtet werden. Nach Ansicht des Beschwerdegegners und des Regierungsrats ist jedoch die Standortgebundenheit aus betriebswirtschaftlichen Gründen zu bejahen, weil nur mit der Aufstockung die Existenz des gesamten Landwirtschaftsbetriebs gesichert sei. Diese Frage kann nicht generell beantwortet werden. Die Standortgebundenheit ist vielmehr im Einzelfall, je nach Art und Grösse des herkömmlichen Landwirtschaftsbetriebs und des in Frage stehenden bodenunabhängigen Betriebszweigs sowie nach Massgabe der jeweiligen örtlichen Verhältnisse zu beurteilen.
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aa) Im vorliegenden Fall steht ein kleinerer Landwirtschaftsbetrieb mit einer Fläche von 10,2 ha zur Diskussion, der, mit Ausnahme der Trutenmast, in der Landwirtschaftszone zonenkonform bewirtschaftet wird. Das zusätzliche Einkommen aus der bodenunabhängigen Trutenmast beträgt nach der Aufstockung etwa 30 bis höchstens 35% des gesamten Betriebseinkommens von ca. Fr. 50'000.--. Dieses Einkommen ist zur Existenzsicherung des gesamten, im übrigen zonenkonformen Landwirtschaftsbetriebs erforderlich.
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bb) An der Erhaltung solcher Betriebe, die im Kanton Schwyz weit verbreitet sind, besteht ein erhebliches öffentliches Interesse. Dies lässt sich u.a. schon daran erkennen, dass gemäss Art. 31bis Abs. 3 lit. b BV zur Erhaltung eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen Landwirtschaft sowie zur Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes sogar Abweichungen von der Handels- und Gewerbefreiheit ausdrücklich zulässig sind. Die genannte Zielsetzung entspricht auch dem Gebot von Art. 22quater BV, mit Massnahmen der Raumplanung die zweckmässige Nutzung des Bodens und eine geordnete Besiedlung des Landes zu fördern. Mit raumplanerischen Massnahmen sollen u.a. die natürlichen Lebensgrundlagen geschützt, das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben in den einzelnen Landesteilen gefördert und die ausreichende Versorgungsbasis des Landes gesichert werden (Art. 1 Abs. 2 lit. a, c und d RPG). Dabei ist darauf zu achten, dass die Landschaft geschont wird, die Landwirtschaft über genügende Flächen geeigneten Kulturlandes verfügt und naturnahe Landschaften und Erholungsräume erhalten bleiben (Art. 3 Abs. 2 RPG). Die Sicherung der Existenzfähigkeit kleinerer Landwirtschaftsbetriebe dient diesen Zielen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass auch Teile des vom Beschwerdegegner genutzten Ackerlandes zu den geschützten Fruchtfolgeflächen gemäss Art. 16 ff. RPV gehören. Auch kommt der Pflege der in Frage stehenden Kulturlandschaft, in welcher sich der geschützte Weiler Ecce Homo befindet, erhebliche Bedeutung zu, geht es dabei doch um Flächen, die im Sinne von Art. 16 Abs. 1 lit. b RPG ebenfalls im Gesamtinteresse landwirtschaftlich genutzt werden sollen.
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cc) Zudem ist zu beachten, dass Art. 13 der Stallbauverordnung des Bundes die Bewilligung von Aufstockungen grundsätzlich nur zulässt, wenn nach der Aufstockung eine bestimmte Einkommensgrenze (z.Zt. Fr. 85'000.--) nicht überschritten wird (lit. a), der Landwirtschaftsbetrieb einen wesentlichen Anteil offener Ackerfläche aufweist (lit. b) und mindestens 50% des Betriebseinkommens aus rein landwirtschaftlichen Produktionszweigen erzielt werden kann (lit. c). Diese Bestimmungen, die im Rahmen der Prüfung der Standortgebundenheit des Aufstockungsteils mitzuberücksichtigen sind, sprechen ebenfalls dafür, dass massvolle Aufstockungen dann bewilligt werden sollten, wenn sie sich aus betriebswirtschaftlichen Gründen zur Erhaltung einer landwirtschaftlichen Existenzgrundlage aufdrängen.
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dd) Die zur Existenzsicherung notwendige Trutenmast könnte nicht in grösserer Entfernung vom Landwirtschaftsbetrieb durchgeführt werden, weil die Betreuung der Truten die Anwesenheit von Betreuungspersonen rund um die Uhr, also auch nachts, erfordert. Es kann dem Beschwerdegegner somit nicht zugemutet werden, einen weiter entfernten Standort zu wählen.
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ee) Es ergibt sich somit dass die im vorliegenden Fall zu beurteilende Trutenmasthalle im Sinne von Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG standortgebunden ist.
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c) Weiter ist abzuklären, ob dem Vorhaben keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG). Die Beschwerdeführer weisen zu Recht auf die besondere Sorgfalt hin, welche aufgewendet werden muss, um Bauten und Anlagen gut in die empfindliche Landschaft einzufügen (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. a, Art. 3 Abs. 2 lit. b und d RPG). In einer Entfernung von rund 350 m befindet sich der Weiler Ecce Homo, welcher, wie vorne erwähnt, ein vom Bund geschütztes Ortsbild darstellt. Bauten und Anlagen müssen in der empfindlichen Kulturlandschaft überdies gemäss der Anordnung des kantonalen Richtplans vom 22. Januar 1986 auf ihre Landschaftsverträglichkeit hin geprüft werden.
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Der bundesgerichtliche Augenschein hat gezeigt, dass der Beschwerdegegner auf seinem Land einen günstigen Standort gewählt hat, da sich die Geflügelmasthalle in einer leichten Geländemulde befindet und nicht besonders exponiert ist. Auch ist der Normbau mit Holz verkleidet und das Dach mit dunklem Eternit bedeckt. Der Regierungsrat durfte bei dieser Sachlage das Vorhaben bewilligen, ohne dass ihm eine Verletzung des ihm zustehenden Ermessens vorgeworfen werden könnte. Problematisch sind freilich die beiden Silos, die ausserhalb des Gebäudes bewilligt wurden. Hier hat der Regierungsrat indessen eine geeignete Bepflanzung angeordnet, welche die Silos in angemessener Zeit jedenfalls teilweise verdecken wird. Die Silos ragen im übrigen kaum über den First der Masthalle hinaus. Von einer Beeinträchtigung des rund 350 m entfernten Weilers Ecce Homo kann unter diesen Umständen nicht gesprochen werden.
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Andere Interessen, die der Masthalle entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Die vom Regierungsrat erteilte Ausnahmebewilligung ist somit auch im Lichte von Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG nicht zu beanstanden.
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