BGE 118 Ib 11 | |||
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2. Auszug aus dem Beschluss der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. Februar 1992 i.S. Schweizerischer Bund für Naturschutz gegen Einwohnergemeinden Saanen und Zweisimmen sowie Regierungsrat des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde). | |
Regeste |
Art. 97 ff. und insbesondere Art. 99 lit. c OG, Art. 5 VwVG und Art. 34 RPG; Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Nutzungspläne, die einer Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG gleichkommen. |
2. Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise Nutzungspläne mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden können (E. 2). | |
Sachverhalt | |
In den Gemeinden Saanen und Zweisimmen lag die Überbauungsordnung Nr. 32 "Golf Saanenland" vom 27. September bis 26. Oktober 1989 öffentlich auf. Die Planauflage wurde im Amtsblatt des Kantons Bern vom 27. September 1989 publiziert. Mit dieser Überbauungsordnung sollen die planungsrechtlichen Grundlagen für die Erweiterung des heute bestehenden Neun-Loch-Golfplatzes (23,25 ha) zu einer 18-Loch-Anlage (46,62 ha) geschaffen werden. Gemäss dem aufgelegten Projekt tangieren die Golfbahnen 4 bis 9 ein Flachmoorgebiet, welches in dem vom Bund erarbeiteten, aber noch nicht in Kraft gesetzten Bundesinventar der Flachmoore von nationaler Bedeutung als Objekt Nr. 374 bezeichnet wird. Insbesondere die Spielfelder 4 und 5 sollen stark in den wertvollsten Bereich des Flachmoorgebiets hineinragen.
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Gegen die Überbauungsordnung Nr. 32 ging eine einzige, hier nicht interessierende Einsprache ein. Mit Gemeindebeschlüssen vom 3. November bzw. 7. Dezember 1989 wurde die Überbauungsordnung in den betreffenden Gemeinden angenommen. Mit Beschluss vom 30. Mai 1990 genehmigte die Baudirektion des Kantons Bern die Überbauungsordnung unter Abweisung der Einsprache.
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Gegen diesen Beschluss führten der Schweizerische Bund für Naturschutz (SBN) und der Naturschutzverband des Kantons Bern (NVB) gemeinsam Beschwerde beim Regierungsrat mit dem Rechtsbegehren, der Genehmigungsbeschluss sei aufzuheben und der Überbauungsordnung sei die Genehmigung zu verweigern.
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Die das Beschwerdeverfahren zuhanden des Regierungsrates instruierende Justizdirektion beschränkte das Verfahren auf die Frage der Beschwerdelegitimation. Der Regierungsrat entschied am 9. Januar 1991, dass der SBN und der NVB nicht beschwerdeberechtigt seien und trat auf deren Beschwerde nicht ein.
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Gegen diesen Nichteintretensentscheid des Regierungsrates des Kantons Bern erhebt der SBN am 8. Februar 1991 Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Justizdirektion führte in ihren namens des Regierungsrates abgegebenen Stellungnahmen unter anderem aus, sofern gegen einen letztinstanzlichen Entscheid, wie er im vorliegenden Verfahren vor Bundesgericht angefochten sei, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offenstehe, sei kantonsintern das Verwaltungsgericht die letzte kantonale Instanz. Der angefochtene Entscheid des Regierungsrates stelle somit keinen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid dar, weshalb das Bundesgericht auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eintreten könne. Mit Schreiben vom 26. November 1991 hat der Instruktionsrichter das Verwaltungsgericht des Kantons Bern angefragt, ob es diese Auffassung teile. In seiner Antwort vom 4. Dezember 1991 hält das Verwaltungsgericht fest, für den Fall, dass die Überbauungsordnung "Golf Saanenland" mit eidgenössischer Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden könne, erweise sich der angefochtene Regierungsratsbeschluss vom 9. Januar 1991 insoweit nicht als kantonal letztinstanzlicher Entscheid.
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Aus den Erwägungen: | |
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Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind auch auf unselbständiges kantonales Ausführungsrecht zum Bundesrecht gestützte Anordnungen zu überprüfen sowie auf übrigem kantonalem Recht beruhende Anordnungen, die einen hinreichend engen Sachzusammenhang mit der im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilenden Frage des Bundesverwaltungsrechts aufweisen. Soweit dem angefochtenen Entscheid hingegen selbständiges kantonales Recht ohne den genannten engen Sachzusammenhang zum Bundesrecht zugrunde liegt, steht ausschliesslich die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung (BGE 117 Ib 10 ff., BGE 116 Ib 10, BGE 103 Ib 146 E. 2a, 314 E. 2b, BGE 99 Ib 326 E. 1b; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1984, S. 269 f.; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 92 ff.; PETER SALADIN, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Basel und Stuttgart 1979, S. 78 ff.; vgl. BGE 116 Ib 180 E. 1c, BGE 115 Ib 461 E. 1d, BGE 114 Ib 217 E. 1d, je mit Hinweisen).
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b) Gemäss Art. 98 lit. g OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen der Kantone nur gegeben, soweit ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid angefochten wird. Im vorliegenden Fall fehlt es nach übereinstimmender Auffassung von Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Bern am Erfordernis der Letztinstanzlichkeit, sofern und soweit die Überbauungsordnung Nr. 32 "Golf Saanenland" der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterliegt. Das Bundesgericht hat keinen Anlass, an diesen Darlegungen zu zweifeln. Es ist daher für das weitere Vorgehen in diesem Verfahren entscheidend, ob und gegebenenfalls inwieweit die umstrittene Überbauungsordnung mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden kann.
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b) Die Überbauungsordnung Nr. 32 "Golf Saanenland" der Gemeinden Saanen und Zweisimmen gilt nach der Rechtsprechung als Sondernutzungsplan im Sinne von Art. 14 ff. RPG. Er unterliegt als solcher gemäss Art. 34 Abs. 1 und 3 RPG grundsätzlich der staatsrechtlichen Beschwerde.
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c) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts können ausnahmsweise auch Nutzungspläne mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden. Dies ist dann der Fall, wenn ein solcher Plan Anordnungen enthält, die sich auf Bundesverwaltungsrecht stützen und Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG darstellen, soweit kein Ausschlussgrund nach Art. 99 ff. OG oder der Spezialgesetzgebung des Bundes vorliegt (BGE 117 Ib 11 f. E. 2b, BGE 116 Ib 60 f. E. 4e, 162 f. E. 1a, 425 E. 1a, BGE 115 Ib 350 f. E. 1b, 507).
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Der Ausschlussgrund von Art. 99 lit. c OG kommt hinsichtlich der in einem solchen Plan enthaltenen Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG zum Zug, wenn er die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausschliesst, würden diese Anordnungen separat, ausserhalb des Nutzungsplans getroffen. Der planungsrechtliche Teil des Nutzungsplans, dem kantonalrechtliche Natur beigemessen wird (vgl. namentlich Art. 22quater Abs. 1 BV und Art. 34 Abs. 3 RPG), stellt keine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG dar, weshalb insoweit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von vornherein nicht in Betracht kommt. Art. 34 Abs. 3 RPG sieht dafür denn auch ausschliesslich die staatsrechtliche Beschwerde vor.
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Die im vorliegenden Sondernutzungsplan enthaltenen Standortbestimmungen für die Golfbahnen 4 bis 9, welche sich unter dem Gesichtspunkt des Moorschutzes auf Bundesverwaltungs- und -verfassungsrecht (Art. 24sexies Abs. 5 BV und Art. 29 Abs. 1 lit. a NHV; SR 451.1) stützen (Art. 5 VwVG) bzw. hätten stützen sollen, stellen Vorentscheide über die erwähnten Golfbahnen dar. Diese - gleich wie etwa Rodungsbewilligungen - würden der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen, wären sie als separate Verfügung erlassen worden, und der Ausschlussgrund von Art. 99 lit. c OG käme für sie nicht zur Anwendung. Der Umstand, dass diese Anordnungen in der Überbauungsordnung "Golf Saanenland" enthalten sind, macht sie nicht zu "Verfügungen über Pläne" im Sinne von Art. 99 lit. c OG.
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d) Im vorliegenden Verfahren geht es auch nicht um eine Bau- oder Betriebsbewilligung für eine technische Anlage im Sinne von Art. 99 lit. e OG. Diese Bestimmung betrifft das technische Funktionieren einer Anlage und nicht deren Auswirkungen in bezug auf das Umweltschutzrecht, das Natur- und Heimatschutzrecht, das Forstrecht oder Art. 24 RPG (vgl. BGE 117 Ib 12, 115 Ib 352, 460, BGE 114 Ib 216 f. E. 1b, BGE 100 Ib 223 ff. E. 2).
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e) Es ergibt sich somit, dass die Rüge der Verletzung des bundesrechtlichen Moorschutzes durch Anordnungen im umstrittenen Sondernutzungsplan grundsätzlich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht werden kann. Die Tragweite der bundesrechtlichen Bestimmungen über den Moorschutz und des noch nicht in Kraft gesetzten Bundesinventars der Flachmoore von nationaler Bedeutung bildet Gegenstand der materiellen Prüfung und ist somit im vorliegenden Verfahren nicht weiter zu untersuchen. Von Bedeutung ist jedoch, dass es sich bei den in Art. 24sexies Abs. 5 BV enthaltenen Vorschriften um direkt anwendbare bundesrechtliche Bestimmungen handelt (BGE 117 Ib 246 E. 3; THOMAS FLEINER-GERSTER, Kommentar BV, Art. 24sexies, Rz. 47).
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Sodann ist zu beachten, dass die Bewilligung für Bauten und Anlagen in Mooren und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung als Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne von Art. 2 NHG zu betrachten ist.
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Wie das Bundesgericht in konstanter Rechtsprechung entschieden hat, sind die gesamtschweizerischen ideellen Vereinigungen des Natur- und Heimatschutzes gestützt auf Art. 12 NHG berechtigt, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht zu rügen, eine in Anwendung von Art. 24 RPG erteilte Baubewilligung verstosse gegen die nach Art. 24sexies BV und nach den Vorschriften des NHG notwendige Rücksichtnahme auf Natur und Heimat (BGE 116 Ib 121 f. E. 2b und 207 E. 3a, 115 Ib 479 E. 1d, bb, 114 Ib 271 E. 2b, BGE 112 Ib 77). Dabei ist weder Voraussetzung, dass es um ein öffentliches Bauvorhaben des Bundes geht, noch dass ein vom Bund nach Art. 5 NHG inventarisiertes Schutzobjekt betroffen wird. Schon in BGE 112 Ib 75 erklärte das Bundesgericht ganz allgemein, in der Handhabung der Bestimmung von Art. 24 RPG im oben beschriebenen Sinne liege die Erfüllung einer Bundesaufgabe. Sein Hinweis auf Bauvorhaben, die "namentlich" in einer Landschaft verwirklicht werden sollen, die in einem Inventar des Bundes verzeichnet sind, erfolgte nur beispielhaft (ebenso in BGE 115 Ib 479 f. E. 1d, bb, und BGE 114 Ib 271 E. 2b, wo die Feststellung, es könnte ein BLN-Objekt betroffen sein, jeweils nicht im Sinne einer Voraussetzung der Legitimation gemacht wurde). Im Falle von BGE 116 Ib 121 ff. war überhaupt nicht mehr von einem Inventar die Rede. Der Wirkungsbereich des NHG beschränkt sich denn auch nicht nur auf Objekte von nationaler Bedeutung, wie zum Beispiel aus Art. 3 Abs. 3 und Art. 4 sowie Art. 18b und Art. 21 NHG hervorgeht. Ebensowenig ist erforderlich, dass es um ein Bauvorhaben des Bundes oder einer Bundesanstalt geht. So ging es zum Beispiel im Falle BGE 114 Ib 268 ff. um eine von der Korporation Walchwil projektierte Walderschliessungsstrasse, im Falle BGE 115 Ib 472 ff. um ein Flusssanierungsprojekt des Kantons Zürich und in den Fällen BGE 116 Ib 8 ff. und 119 ff. um eine von einem Privaten projektierte Geflügelmasthalle (BGE 117 Ib 99 E. 3a; vgl. auch BGE 115 Ib 335 ff., wo eine private Chaletsiedlung zur Diskussion stand, und BGE 116 Ib 207 ff. E. 3, wo es um ein kommunales Bauvorhaben ging). Diese Grundsätze gelten sinngemäss auch für Bewilligungen, die in Anwendung von Art. 24sexies Abs. 5 BV erteilt werden oder hätten erteilt werden sollen.
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