![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
51. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. Dezember 1993 i.S. H. und Mitb. gegen Schützengesellschaft Risch, Gemeinderat Risch, Baudirektion und Verwaltungsgericht des Kantons Zug (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Umweltschutz; Sanierung einer Schiessanlage. |
2. Verhältnis der Vorschriften über wesentliche Änderungen einer ortsfesten Anlage (Art. 8 Abs. 2 und 3 LSV), zu den Bestimmungen über die Sanierung (Art. 17 und 18 USG, Art. 13 ff. LSV); im vorliegenden Fall liegt eine Sanierung vor (E. 5d und 7a). |
Schiessübungen, für deren Durchführung im Interesse der Gesamtverteidigung (Art. 14 Abs. 1 lit. b LSV) Sanierungserleichterungen gewährt werden können. Die geltenden Vorschriften des Militärrechts, des Raumplanungsgesetzes und des Umweltschutzrechtes rechtfertigen es nicht, für private Wettkampfschiessen Sanierungserleichterungen im Interesse der Gesamtverteidigung zuzugestehen (E. 5 und 6). |
3. Aufgrund der faktischen Unmöglichkeit, bei der gegebenen Lärmsituation der Schiessanlagen im Kanton die privaten Wettkampfschiessen zu veranstalten, können in Beachtung der Sanierungsgebote grundsätzlich Erleichterungen gewährt werden, um eine unverhältnismässige Betriebseinschränkung zu vermeiden (Art. 17 Abs. 1 USG, Art. 14 Abs. 1 lit. a LSV). Befristung der Erleichterungen; Massnahmen des Kantons, welche vor Ablauf der Sanierungsfrist zu treffen sind (E. 7 und 8a). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
![]() | 2 |
"1. (Festsetzung der Empfindlichkeitsstufen).
| 3 |
2. Die Schiessanlage Risch ist zu sanieren durch
| 4 |
- den Einbau einer elektronischen Trefferanzeige;
| 5 |
- Lägerblenden;
| 6 |
- Schallschutzwände am Schützenhaus.
| 7 |
3. (Zustimmung zum Bau der Schallschutzwände).
| 8 |
4. Es werden Erleichterungen unter folgenden Auflagen und Bedingungen gewährt:
| 9 |
1. Die baulichen Massnahmen am Schützenhaus und die zu erstellenden Lägerblenden sind fachmännisch und nach dem heutigen Stand der Technik auszuführen.
| 10 |
2. Nach dem Einbau der elektronischen Trefferanzeige sind die Schiesszeiten (insbesondere Sonntags-Schiessen) soweit zu reduzieren, dass eine künftige Pegelkorrektur von mindestens K = -18,6 erreicht wird.
| 11 |
3. Die Sanierungsmassnahmen sind bis zum Beginn der Schiess-Saison 1991 zu realisieren.
| 12 |
4. Die Wirksamkeit der Massnahmen ist nach Abschluss der Arbeiten von der Gemeinde mittels Kontrollmessungen zu überprüfen. Die Messdaten sind anschliessend im kantonalen Schiesslärmkataster einzutragen.
| 13 |
5. Die Einhaltung der Schiesszeiten gemäss jeweiligem Schiessprogramm obliegt der Schützengesellschaft Risch.
| 14 |
6. (...)."
| 15 |
Diese Verfügung fochten H. und Mitbeteiligte beim Verwaltungsgericht des Kantons Zug an, doch wurde die Beschwerde abgewiesen. Dagegen führen H. und Mitbeteiligte Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gut
| 16 |
![]() | |
17 | |
b) Nach dem genannten Gutachten könnte die Lärmbelastung mit verschiedenen weiteren baulichen Massnahmen erheblich reduziert werden. In Frage kommen die Erstellung von Lärmschutzhügeln im Bereiche des Schützenhauses und des Scheibenstandes, eventuell entlang der gesamten Schusslinie, sowie das Absenken der Schussbahn. In diesen Fällen würden die Immissionsgrenzwerte grundsätzlich eingehalten. Die zusätzlichen Sanierungsmassnahmen wären an sich technisch ohne weiteres möglich. Die Planteam GHS AG schätzt aber die finanziellen Aufwendungen je nach Variante bei einem Preisstand von 1988 vorsichtig auf mindestens ca. 1,1-1,5 Mio. Franken, worin ein allenfalls notwendiger Landerwerb nicht eingeschlossen ist. Wird beachtet, dass es um die Sanierung einer kleinen Schiessanlage mit nur zwölf Scheiben geht, so sind derart hohe Kosten ohne Bundesrechtsverletzung als wirtschaftlich untragbar zu bezeichnen (Art. 11 Abs. 2 USG, Art. 13 Abs. 2 lit. a LSV). Überdies liegt das Areal der Schiessanlage nach dem Richtplan des Kantons Zug im Landschaftsschutzgebiet und bildet Bestandteil des BLN-Objektes "Zugersee" (Ziff. 1308 des Anhanges zur Verordnung über das Bundesinventar der Landschaften und ![]() | 18 |
c) Aus diesen Feststellungen ergibt sich noch nicht, dass die Lärmsituation hinzunehmen wäre, nur weil eine weitergehendere Sanierung mit baulichen Massnahmen unzumutbare Kosten nach sich zöge und weil ihr überwiegende Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes entgegenstünden (Art. 14 Abs. 1 lit. b LSV). Auch die kantonalen Behörden sind nicht zu diesem Schluss gekommen. Sie haben vielmehr richtigerweise Betriebseinschränkungen angeordnet (Art. 12 Abs. 1 lit. c USG). Diese genügen allerdings noch nicht, um die Immissionsgrenzwerte einzuhalten. Doch erachten die Vorinstanzen eine weitergehende Einschränkung des Schliessbetriebs als unverhältnismässig, weshalb sie die gewährten Sanierungserleichterungen als zulässig bezeichnen.
| 19 |
20 | |
b) Weil der Betrieb von Schiessanlagen mit den Anliegen des Lärmschutzes in Konflikt geraten kann, müssen nötigenfalls dem ![]() | 21 |
c) Der bisherigen Rechtsprechung können für die Abwägung der massgebenden Interessen im Rahmen der Gewährung von Sanierungserleichterungen die nachstehenden Folgerungen entnommen werden:
| 22 |
ca) Im nicht publizierten Urteil vom 16. September 1987 i.S. Gemeinde Galgenen war die Zulässigkeit einer formellen Enteignung für eine Gemeindeschiessanlage zu beurteilen, deren Betrieb gegenüber mehreren angrenzenden und mit Wohnhäusern überbauten Liegenschaften zu einer Überschreitung des Alarmwertes führte. Da die Dauer des Enteignungsrechtes für das Überschiessrecht abgelaufen war, ging das Bundesgericht davon aus, für die Neuerteilung des Enteignungsrechts müssten grundsätzlich die für neue Anlagen geltenden Vorschriften berücksichtigt werden. Der weitere Betrieb der Anlage wäre dadurch verunmöglicht worden. In Beachtung ihres bisherigen Bestandes und des Gewichts, das der Erfüllung der ausserdienstlichen Schiesspflicht beizumessen war, gewährte das Bundesgericht das Enteignungsrecht für eine bis Ende 1993 befristete Weiterführung des Schiessbetriebes.
| 23 |
cb) In BGE 117 Ib 20 (Gemeinde Marbach) waren Sanierungserleichterungen für die Durchführung von Schiessübungen an 8 1/2 ![]() | 24 |
Das Bundesgericht bezeichnete diese Folgerung nicht als bundesrechtswidrig, auch wenn es die Frage offenliess, ob zwischen einem öffentlichen und einem privaten Teil der Schiessanlage zu unterscheiden sei. Wesentlich sei, dass bei einer Anlage, bei welcher selbst nach der Sanierung in erheblichem Masse die Immissionsgrenzwerte überschritten würden, Erleichterungen gewährt werden dürften, damit die genannten vom Bund unterstützten Schiessanlässe durchgeführt werden könnten. Nur insoweit könne von einer Berücksichtigung der Interessen der Gesamtverteidigung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. b LSV gesprochen werden.
| 25 |
cc) Im nicht publizierten Entscheid vom 4. Juli 1991 i.S. Commune de Broc hiess das Bundesgericht die Beschwerde gegen die Gewährung von Sanierungserleichterungen mit der Begründung gut, dass diese nur für die vom Bund unterstützten Schiessen gemäss Art. 124 MO gewährt werden dürften, nicht jedoch für "tirs sportifs ordinaires". Die vom Staatsrat des Kantons Freiburg angeordnete Reduktion der Schiesshalbtage von 27 auf 25 genügte nicht, um den Immissionsgrenzwert bei der Liegenschaft des Beschwerdeführers einzuhalten; hiefür wäre eine Herabsetzung auf 16 Schiesshalbtage nötig gewesen.
| 26 |
cd) In BGE 117 Ib 101 (Commune d'Echarlens) war eine von der Schützengesellschaft verlangte Erweiterung der in einem geschützten Moorgebiet gelegenen Schiessanlage umstritten, deren Betrieb zu einer erheblichen Überschreitung des Immissionsgrenzwertes bei der Liegenschaft des Beschwerdeführers führte. Das Bundesgericht hiess dessen Beschwerde wegen ungenügender Sachverhaltsabklärung gut. Den Einbau einer elektronischen Trefferanzeigeanlage und die Verbesserung der sanitären Einrichtungen betrachtete das Gericht als Modernisierungsarbeiten, die eine wesentliche Änderung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 LSV darstellen würden. Diese Folgerung drängte sich umso mehr auf, als offenbar im Schutzgebiet ohne Bewilligung ein Parkplatz für die Anlagebenützer angelegt worden war, dessen nachträgliche Genehmigung ebenfalls zu prüfen war.
| 27 |
![]() | 28 |
ce) Der in Umweltrecht in der Praxis (URP) 1992 S. 624 ff. publizierte Entscheid vom 9. Juni 1992 i.S. Gemeinde Reinach knüpft an diese Rechtsprechung an. Zu beurteilen war eine im Hinblick auf die Durchführung des kantonalen Schützenfestes beschlossene Änderung einer sanierungsbedürftigen Schiessanlage, deren Betrieb bei nahe gelegenen Wohnliegenschaften zu einer Überschreitung der Alarmwerte führte. Das Bundesgericht bezeichnete den beabsichtigten Einbau einer elektronischen Trefferanzeige als wesentliche Änderung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 LSV und stellte ausserdem fest, dass wohl auch eine Bewilligung nach Art. 24 RPG erteilt werden müsse. In Gutheissung der Beschwerde wurde die Sache an den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft zurückgewiesen.
| 29 |
d) Es ergibt sich aus der dargestellten Praxis, dass das Bundesgericht in Anerkennung des gewichtigen Interesses am ausserdienstlichen Schiesswesen im Regelfall Sanierungserleichterungen gewährt. Doch lässt es eine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte oder allenfalls sogar der Alarmwerte nur zu, damit die obligatorische Schiesspflicht erfüllt werden kann und die weiteren zu den Bundesübungen gemäss Art. 3 SchO zählenden Schiessen einschliesslich der besonderen Schiesskurse (Art. 10-12 SchO) sowie die Schützenmeisterkurse durchgeführt werden können. Insoweit werden Erleichterungen mit Rücksicht auf das Interesse der Gesamtverteidigung als zulässig bezeichnet. Private sportliche Schiessanlässe hingegen dürfen grundsätzlich nur auf Anlagen durchgeführt werden, deren Betrieb nicht zu einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte führt, auch wenn sie - wie an der Instruktionsverhandlung klargestellt wurde - durch Abgabe verbilligter Munition ebenfalls vom Bund unterstützt werden.
| 30 |
Die bisherigen Entscheide sprechen sich nicht zum Verhältnis des Art. 8 Abs. 2 LSV über die wesentlichen Änderungen einer ortsfesten Anlage zu den Vorschriften über die Sanierungen nach den Art. 17 USG und Art. 13 ff. LSV aus (dazu die nachstehende Erw. 7a). Im Urteil vom 9. Juni 1992 i.S. Gemeinde Reinach wurde der Einbau einer elektronischen Trefferanzeigeanlage als wesentliche Änderung ![]() | 31 |
32 | |
b) Auf der Anlage Risch werden zusätzlich mehrere Wettkampfschiessen durchgeführt. Nach den Jahresprogrammen 1991-1993 handelt es sich um folgende Schiessen: Zuger Sturmgewehrschiessen (jährlich 4 Schiesshalbtage), Zugersee-Schiessen (alle drei Jahre mit 2 Schiesshalbtagen), Zug-Luzern-Freundschaftsschiessen (alle vier Jahre mit durchschnittlich je 1 1/2 Schiesshalbtagen). In den früheren Jahren wurden weitere Wettkampfschiessen durchgeführt.
| 33 |
Die Anlage Risch gilt grundsätzlich als öffentliche Anlage (Art. 14 Abs. 2 LSV, Ziff. 1 Abs. 3 des Anhanges 7 LSV), da sie in erster Linie für Schiessübungen nach den Art. 124 und 125 MO benötigt wird.
| 34 |
Hieraus und aus dem Umstand, dass keine Alarmwerte gelten (vgl. Art. 14 Abs. 2 LSV), folgt indessen nach der dargelegten Rechtsprechung nicht, dass bei einer Anlage, deren Benützung auch nach einer Sanierung zur Überschreitung der Immissionsgrenzwerte führt, ohne weiteres mit Berufung auf die Interessen der ![]() | 35 |
c) Die Gebote des Umweltschutzes sind jedenfalls in Friedenszeiten grundsätzlich auch bei der Erfüllung der militärischen Dienstpflicht und bei Massnahmen, die der Förderung der Schiessfertigkeit sowie der Diensttauglichkeit im allgemeinen dienen, zu respektieren, wobei freilich die Anliegen der Gesamtverteidigung zu berücksichtigen sind. Die Vorschriften der Militärgesetzgebung sind in dieser Beziehung eindeutig. Gemäss Art. 32 Abs. 3 MO sind für Lage, Bau und Betrieb von Schiessanlagen für das Schiesswesen ausser Dienst die Bedürfnisse des Umweltschutzes zu berücksichtigen. Art. 1 Abs. 2 lit. c der Verordnung über die Schiessanlagen für das Schiesswesen ausser Dienst vom 27. März 1991 (Schiessanlagen-Verordnung, SchAV; SR 510.512) hält ausdrücklich fest, die Verordnung trage dazu bei, dass "die Umweltbelastung möglichst klein gehalten werden kann". Schiessanlagen müssen sich in die bestehende Raumplanung einfügen und den Vorschriften über den Umweltschutz entsprechen (Art. 5 SchAV). Die Eidgenössischen Schiessoffiziere haben hierauf speziell zu achten und Massnahmen, die dem Lärmschutz ausserhalb des Schützenhauses dienen, festzulegen (Art. 14 Abs. 3 SchAV). Bei der Projektierung einer Anlage ist die Eignung möglicher Standorte unter Berücksichtigung privater und öffentlicher Interessen abzuklären, die Schiesslärmbelastung in der Umgebung der Anlage ist zu ermitteln und zu beurteilen (Art. 16 lit. a und k SchAV; in BGE 119 Ib 439 ff. nicht publizierte, E. 5b und 6).
| 36 |
Diese Vorschriften gelten in erster Linie für Neuanlagen, doch sind sie auch für die Sanierung bestehender Anlagen zu beachten. Gemäss Art. 32 Abs. 1 SchAV müssen nach bisherigem Recht genehmigte Schiessanlagen spätestens bis Ende Dezember 2000 alle Anforderungen der Schiessanlagen-Verordnung erfüllen. Nur kleine Schiessanlagen sind hievon befreit; als solche gelten Schiessanlagen, deren Scheibenstand höchstens sechs Scheiben umfasst und bei denen die durchschnittliche Schusszahl der letzten drei Jahre kleiner ist als 6000. Bei einem Um- oder Erneuerungsbau, der gesamthaft mehr als Fr. 100'000.-- kostet, sind alle Anforderungen der Verordnung zu ![]() | 37 |
Dass die angefochtene Sanierungsverfügung vor Inkrafttreten der Schiessanlagen-Verordnung am 1. Mai 1991 erging, ändert an der Anwendbarkeit dieser Verordnung nichts. Bei den Anforderungen der Sicherheit und des Umweltschutzes handelt es sich um Anliegen von derart erheblichem öffentlichen Interesse, dass entsprechende Vorschriften sofort anzuwenden sind (in BGE 119 Ib 439 ff. nicht publizierte, E. 2c; BGE 117 Ia 147 E. 4b S. 151 mit Hinweisen). Es liegt dies auch im Interesse der Gemeinden und Schützenvereine, wäre es doch unzumutbar, Sanierungsaufwendungen von über Fr. 100'000.-- zu tätigen, wenn die Anforderungen der Verordnung nicht erfüllt werden könnten; es hätte alsdann spätestens bis Ende 2000 eine weitere Sanierung zu erfolgen.
| 38 |
d) Das Raumplanungsgesetz verlangt sowohl die Gewährleistung der Gesamtverteidigung als auch die Schaffung und Erhaltung wohnlicher Siedlungen (Art. 1 Abs. 2 lit. b und e RPG). Zu achten ist namentlich darauf, dass Wohngebiete vor schädlichen und lästigen Einwirkungen wie Lärm möglichst verschont werden. Für die öffentlichen oder im öffentlichen Interesse liegenden Bauten und Anlagen wie Schiessanlagen sind sachgerechte Standorte zu bestimmen; insbesondere sollen nachteilige Auswirkungen auf die Bevölkerung vermieden oder gesamthaft gering gehalten werden (Art. 3 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 lit. c RPG). In Berücksichtigung dieser Ziele und Grundsätze sind die raumwirksamen Aufgaben aufeinander abzustimmen (Art. 2 RPG). Zu den raumwirksamen Tätigkeiten zählt auch die Änderung öffentlicher oder im öffentlichen Interesse liegender Bauten und Anlagen (Art. 1 Abs. 2 lit. b der Verordnung über die Raumplanung vom 2. Oktober 1989 (Raumplanungsverordnung, RPV; SR 700.1)). Dementsprechend sind alle berührten Interessen zu ermitteln, umfassend zu berücksichtigen und abzuwägen (Art. 3 RPV), und zwar auch bei der Sanierung bestehender Anlagen, denen Bestandesgarantie gemäss Art. 24 Abs. 2 RPG zukommt, wie dies für die Anlage Risch zutrifft.
| 39 |
e) In Erfüllung des Verfassungsauftrages, wonach der Bund prioritär insbesondere den Lärm zu bekämpfen hat (Art. 24septies Abs. 1 Satz 2 BV; THOMAS FLEINER, in Kommentar BV, Art. 24septies, Rz. 63), ordnet das Umweltschutzgesetz an, dass der Lärm durch ![]() | 40 |
f) In Beachtung der übereinstimmenden Zielsetzung des Militär-, Raumplanungs- und Umweltschutzrechts, wonach der Schiesslärm wenn immer möglich auf dasjenige Mass zu begrenzen ist, welches ausschliesst, dass die Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden erheblich gestört wird, kann nicht gesagt werden, die bisherige Rechtsprechung habe für Sanierungen eine zu enge Schranke für die Berücksichtigung der Anliegen der Gesamtverteidigung gezogen. Der eidgenössische Schiessanlagenexperte befürchtet die Stillegung von gesamtschweizerisch über 1000 Schiessanlagen, wenn den Schützenvereinen nicht zugestanden werde, auch bei einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte sportliche Wettkampfschiessen durchzuführen. Diese Einwendung ist ernst zu nehmen. Doch müssen in jedem Einzelfall alle Umstände sorgfältig geprüft werden (Art. 17 USG, Erleichterungen "im Einzelfall"). Führt ein Schiessbetrieb zur Überschreitung der Alarmwerte, ist ein strenger Massstab angebracht. Sind Wettkampfschiessen auf einer dritten Anlage, deren Betrieb zu keiner Überschreitung der Immissionsgrenzwerte führt, möglich und zumutbar, so ist nicht einzusehen, warum ein Schützenverein kein Interesse mehr hätte, bloss die Bundesübungen auf der ihm bisher zugewiesenen, den Umweltvorschriften aber nicht entsprechenden Anlage durchzuführen. Aus der im einzelnen nicht belegten Befürchtung des Schiessanlagenexperten kann daher nicht gefolgert werden, die Stillegung von über 1000 Schiessständen sei unvermeidlich.
| 41 |
![]() | 42 |
Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine Überschreitung der Alarmwerte. Es ist daher nicht zu entscheiden, ob Art. 14 Abs. 2 LSV, welcher die Schranke des Alarmwertes nur für private, nicht konzessionierte Anlagen anordnet, mit der Vorschrift von Art. 17 Abs. 2 USG vereinbar ist. Hingegen ist festzustellen, dass "Ausnahmen", die für über 1000 Anlagen gewährt werden müssten, nicht mehr im Sinne des Gesetzes als "Erleichterungen im Einzelfall" gelten könnten. Verhält es sich in der Tat so, dass gesamtschweizerisch über 1000 Anlagen stillgelegt werden müssten, weil die Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden können, so müsste der Gesetzgeber oder jedenfalls der Bundesrat auf dem Verordnungswege generell eine entsprechende Abweichung vom Gebot der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte anordnen, falls dies in Berücksichtigung der angeführten Bestimmungen des Militär-, Raumplanungs- und Umweltschutzrechts wirklich in Betracht gezogen werden sollte.
| 43 |
Bezüglich der Anlage Risch ergibt sich hieraus, dass unter dem Titel der Ausnahme im Interesse der Gesamtverteidigung lediglich 10 Schiesshalbtage für die vorstehend (Erw. 6a) genannten Schiessübungen bewilligt werden können. Wie sich aus dem Bericht der Planteam GHS AG vom 29. Oktober 1993 ergibt, sind auch in diesem Falle bei neun Liegenschaften Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte um 0,6 bis 9,6 db(A) in Kauf zu nehmen.
| 44 |
45 | |
![]() | 46 |
Aus dieser gesetzlichen Ordnung ergibt sich eine Klärung des Verhältnisses der Art. 7 ff. LSV über neue und geänderte ortsfeste Anlagen zu den Sanierungen nach Art. 13 ff. LSV (vgl. die vorstehende Erw. 5d). Führt eine Sanierung zu einer wesentlichen Änderung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 LSV oder erfolgt nach durchgeführter Sanierung eine solche Änderung, so müssen grundsätzlich die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden, wie dies die bisherige Rechtsprechung verlangt. Im vorliegenden Fall geht es, wie der Augenschein bestätigt hat, um eine reine Sanierung, auch wenn eine elektronische Trefferanzeigeanlage eingebaut werden soll bzw. bereits eingebaut wurde. Im Fall Reinach wurde die Installation einer solchen Anlage namentlich deshalb als wesentliche Änderung gemäss Art. 8 Abs. 2 LSV bezeichnet, weil mit der Trefferanzeigeanlage eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Schiessanlage bezweckt wurde. Es war daher im Sinne von Art. 8 Abs. 3 LSV zu erwarten, dass die Schiessanlage "wahrnehmbar stärkere Lärmimmissionen erzeugen" werde (so auch BUWAL, Erläuterungen zur Lärmschutz-Verordnung, Bern 1992, S. 21). In dieser Beziehung unterscheidet sich der vorliegende Fall vom Fall Reinach; mit dem Einbau der Trefferanzeigeanlage wird nicht bezweckt, die Schusszahl zu erhöhen. Es sollen vielmehr mit ihrer Hilfe und bei im wesentlichen gleicher Schusszahl die Schiesszeiten reduziert werden.
| 47 |
b) Gemäss Art. 14 Abs. 1 lit. a LSV in Verbindung mit Art. 17 USG können daher Erleichterungen gewährt werden, wenn die Sanierung unverhältnismässige Betriebseinschränkungen verursacht und keine überwiegenden Interessen im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG entgegenstehen. Diese Erleichterungen sollen im Einzelfall unverhältnismässige Betriebseinschränkungen ausschliessen, ohne dass das Ziel des Umweltschutzrechts, die Bevölkerung vor erheblichen Störungen im Wohlbefinden zu schützen (Art. 15 USG), ausser acht ![]() | 48 |
c) Die Instruktionsverhandlung hat bestätigt, dass die Lärmsituation der 300-m-Schiessanlagen im Kanton Zug zur Zeit prekär ist. Nur zwei Anlagen (Cham/Niederwil und Unterägeri/Boden) geben zu keinen Bedenken Anlass. Bei vier weiteren Anlagen liegen vereinzelte Grenzwertüberschreitungen vor. Vier Anlagen, darunter die Anlage Risch, weisen einen dringenden und grossen Sanierungsbedarf auf. Hievon ausgehend ist der Auffassung des Kantons zuzustimmen, dass eine Benützung der benachbarten Gemeindeanlagen oder gar einzelner ausserkantonaler Anlagen in der Region Sins/Gisikon nicht zuletzt mit Blick auf den unerwünschten "Lärmexport" nicht in Frage kommen kann (vgl. auch in BGE 119 Ib 439 ff. nicht publizierte, E. 6cc). In Berücksichtigung der geographischen Verhältnisse könnte für die Durchführung von Wettkampfschiessen einzig die Anlage Cham/Niederwil in Betracht gezogen werden. Diese weist jedoch, wie die weiteren Abklärungen ergeben haben, keine ins Gewicht fallenden Reserven auf. Für die Durchführung der Wettkampfschiessen müssten etwa 4 1/2 Schiesshalbtage beansprucht werden können; diese stehen nicht zur Verfügung. Hiefür kann in zumutbarer Weise auch nicht eine teilweise Inanspruchnahme der Anlagen Hünenberg/Wart oder Zug/Kollermühle in Betracht kommen. Bei der kleinen Anlage Hünenberg/Wart liegt eine erhebliche Immissionsgrenzwert-Überschreitung beim Restaurant Wartstein vor. Die Anlage Zug/Kollermühle ist ausgelastet; bei zwei Wohnhäusern ist der Immissionsgrenzwert überschritten.
| 49 |
Bei dieser Sachlage ist der Schützengesellschaft Risch vorerst die Durchführung von Wettkampfschiessen im Rahmen ihres reduzierten Schiessprogrammes weiterhin zu ermöglichen, damit im Rahmen der Sanierung der Anlagen im Kanton innert der bundesrechtlichen Fristen für diese Schiessanlässe eine Lösung gefunden werden kann. Aufgrund der faktischen Unmöglichkeit, bei der ![]() | 50 |
d) Dass die geprüften weitergehenden Sanierungsmassnahmen - Aufschüttung eines Dammes und Strassenverlegung - unverhältnismässige Kosten verursachen würden, wurde bereits festgestellt (vorstehende Erw. 4b). Unter den gegebenen Umständen kann auch nicht gesagt werden, dass wichtige Anliegen der Raumplanung den Sanierungserleichterungen entgegenstehen. Art. 24 Abs. 2 RPG lässt die Erneuerung bestehender Anlagen ausdrücklich zu. Der Standort der Anlage ist zwar nicht als günstig zu bezeichnen, doch wäre dies bei einer Neuanlage und bei einer wesentlichen Änderung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 LSV zu beachten. Die Bestandesgarantie, welche bestehenden Anlagen zukommt, hat zur Folge, dass die nachteiligen Auswirkungen der Lärmbelastung nach der hiefür massgebenden Umweltschutzgesetzgebung zu beurteilen sind. Soweit diese Erleichterungen für reine Sanierungen, wie sie hier vorliegen, zulässt, sind sie der Schützengesellschaft grundsätzlich zu gewähren.
| 51 |
e) Hingegen bleiben die Sanierungsgebote zu beachten. Die Schiessanlagen-Verordnung verlangt, dass die nach bisherigem Recht genehmigten Schiessanlagen bis spätestens Ende Dezember 2000 alle Anforderungen der Verordnung erfüllen müssen (vorstehende Erw. 6c). Die Lärmschutzverordnung sieht vor, dass die Sanierungen spätestens bis zum 1. April 2002 durchgeführt sein müssen (Art. 17 Abs. 3 LSV). In Berücksichtigung der prekären Lage der Schiessanlagen im Kanton Zug wird der Kanton nicht darum herumkommen, ein Sanierungsprogramm auszuarbeiten. Dabei wird namentlich das Gebot, im Interesse besserer Lösungen Gemeinschaftsanlagen anzustreben, zu beachten sein (Art. 3 SchAV; in BGE 119 Ib 439 ff. nicht publizierte, E. 6cb und 11a).
| 52 |
Auch wenn es das Umweltschutzrecht nicht ausschliesst, dass bei reinen Sanierungen Erleichterungen unbefristet gewährt werden können und erst im Zeitpunkt eines Umbaues oder einer Erweiterung allenfalls einzuschränken oder aufzuheben sind (Art. 18 USG), drängt sich im vorliegenden Falle in Beachtung aller Umstände und in Respektierung des erheblichen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte eine Befristung der Bewilligung bis zu dem in der Schiessanlagen-Verordnung genannten Zeitpunkt (Ende Dezember 2000) auf. Vor Ablauf dieses Zeitpunktes wird zu ![]() | 53 |
54 | |
Abzulehnen ist hingegen die von den Beschwerdeführern verlangte Verteilung der Schiesshalbtage auch auf das Herbst- und Winterhalbjahr. Die Schiessanlage ist für einen längeren Betrieb in den kälteren Jahreszeiten nicht ausgerüstet. Es ist sodann zu beachten, dass die Bundesübungen und die Jungschützenkurse im Regelfall bis spätestens am 31. August jeden Jahres beendet sein müssen (Art. 22 Abs. 1 SchO).
| 55 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |