![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
17. Urteil vom 12. März 1954 i.S. Stämpfli gegen Regierungsrat des Kantons Bern. | |
Regeste |
Bäuerlicher Grundbesitz, Einspruch gegen Liegenschaftsverkäufe (Art. 19, Abs. 1, lit. c EGG). |
a) Verkauf zu gewerblicher Ausnützung des Bodens setzt Eignung des Bodens zu diesem Zwecke voraus. |
b) Verkauf zu Verwendung des Bodens zum Abtausch gegen für den gewerblichen Zweck geeignetes Land zulässig? |
c) Rechtfertigung des Verkaufs durch "andere wichtige Gründe". | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
B.- Mit Entscheid vom 2.6.53 wies der Regierungsrat des Kantons Bern eine Beschwerde Stämpflis hiegegen ab.
| 2 |
Er verneinte mit dem Regierungsstatthalter das Vorliegen der Einspruchsgründe von Art. 19 lit. a und b EGG. Weiter führte er aus, mit dem Verkauf des Kleinheimwesens verliere dieses seine Existenz als landwirtschaftliches Gewerbe; es werde andern, gewerblichen Zwecken zugeführt und damit aufgelöst. Der Schutz des EGG komme auch solchen Kleinheimwesen zu; das Gesetz wolle möglichst vielen Familien ihre landwirtschaftliche Existenz bewahren, auch wenn diese karg sei und der Ergänzung durch Nebenverdienst bedürfe. Nach Art. 19 lit. c könne der Einspruch aber dann nicht geschützt werden, wenn das Land zur gewerblichen Ausnützung des Bodens verkauft werde und sich dafür eigne. Es sei nicht zweifelhaft, dass der Käufer die beiden Parzellen zur Erweiterung seines Gewerbebetriebes erwerben möchte. Die Frage nach ihrer Eignung hiefür sei durch den Forstmeister des Mittellandes abgeklärt worden. Er erkläre das Heimwesen Sagihüsli als nach Lage und Form für die ![]() | 3 |
C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Fritz Stämpfli, diesen Entscheid aufzuheben und den Einspruch gegen den Kaufvertrag abzuweisen.
| 4 |
Er macht geltend, der Entscheid des Regierungsrates verletze Bundesrecht und beruhe auf einer unrichtigen bzw. unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes. Das Gutachten des Forstmeisters des Mittellandes könne nicht vorbehaltlos als neutrales Gutachten angesehen werden, weil der Staat in diesem Verfahren Partei sei und zudem in erheblichem Umfange selber die Zucht von Forstpflanzen betreibe, somit Konkurrent des Beschwerdeführers sei. Der Regierungsrat gehe über die Feststellung seines Forstmeisters hinweg, dass zum mindesten ein Teil des Heimwesens Sagihüsli für die Zwecke des Beschwerdeführers geeignet sei. Dieses Land liege in unmittelbarer Nähe seiner Pflanzschule und würde ihm ausgezeichnete Dienste erweisen. Die Auffassung, der Lindacker sei ungeeignet, weil nicht in Waldesnähe, treffe nicht zu. Auch die indirekte Verwendung von Land durch Abtausch müsse den gesetzlichen Voraussetzungen genügen, da sonst der Landerwerb zu gewerblichen Zwecken ausserordentlich erschwert würde. Der Beschwerdeführer betreibe auch die Aufzucht von Ziersträuchern; dafür sei auch ![]() | 5 |
Nach Art. 19 lit. c EGG sei der Einspruch auch dann abzuweisen, wenn sich die Aufhebung des landwirtschaftlichen Gewerbes durch andere wichtige Gründe rechtfertigen lasse. Im Kaufvertrag habe sich der 1884 geborene Verkäufer ein lebenslängliches Wohnrecht am Bauernhause und die Nutzung der Hausmatte vorbehalten und sich so ein bescheidenes zusätzliche Tätigkeitsfeld für seine alten Tage gewahrt; das wäre nicht möglich, wenn das kleine Heimwesen zur direkten Bewirtschaftung an einen Dritten verkauft würde. Das seien wichtige Gründe im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung.
| 6 |
D.- Der Regierungsrat des Kantons Bern beantragt Abweisung der Beschwerde.
| 7 |
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
| 8 |
in Erwägung: | |
9 | |
2. Der Beschwerdeführer will die beiden Liegenschaften von A. Ineichen kaufen, um sie für seinen Gewerbebetrieb zu verwenden, teils direkt für die Anlage von Forstbaumschulen, teils indirekt durch Abtausch gegen anderes Land, das sich hiefür besser eignet. Angesichts ![]() | 10 |
Unbestritten ist auch, dass infolge des geplanten Verkaufs das bisherige Heimwesen als solches eingehen und damit ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit verlieren würde. Art. 19 lit. c EGG will nicht nur Betriebe erhalten, die gross genug sind, um für sich allein eine Familie zu ernähren, sondern auch Kleinheimwesen, deren Bewirtschaftung dazu nur mit der Ergänzung durch einen Nebenverdienst ausreicht (vgl. LIVER, Fragen des neuen landwirtschaftlichen Bodenrechtes in ZSR 1949 S. 34). Er lässt die Aufhebung eines solchen Gewerbes nur zu, wenn sie durch wichtige Gründe gerechtfertigt wird, und hebt als solchen Grund hervor den Verkauf der Liegenschaft zur Überbauung oder zur gewerblichen oder industriellen Ausnützung des Bodens, falls sich dieser dafür eignet. Der Charakter als landwirtschaftliches Heimwesen ginge auch verloren, wenn es der Beschwerdeführer als Wohnstelle für einen seiner Arbeiter verwenden würde.
| 11 |
3. Der Beschwerdeführer hatte von Anfang an geltend gemacht, er wolle das Land gewerblich ausnützen, und in der kantonalen Beschwerde eine Expertise über dessen Tauglichkeit zu diesem Zwecke beantragt. Zu Unrecht behauptet er, der Regierungsrat habe diesem Antrag nicht stattgegeben: Die mit der Instruktion der Beschwerde beauftragte Justizdirektion hat ein Gutachten des Forstmeisters des Mittellandes über jene Frage eingeholt, und der Entscheid des Regierungsrates beruht wesentlich auf dessen Feststellung, dass das Land beim Sagihüsli zu ![]() | 12 |
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die Neutralität des genannten Experten in Frage gestellt, weil er Staatsbeamter und der Staat im vorliegenden Verfahren Partei und zudem ein Konkurrent des Beschwerdeführers sei, da er ebenfalls die Aufzucht von Forstpflanzen betreibe. Dadurch, dass der Kanton Bern das Einspruchsverfahren gemäss Art. 18 ff. EGG eingeführt und die Grundbuchverwalter damit betraut hat, bei Vorliegen der gesetzlichen Gründe von Amtes wegen Einspruch zu erheben (Art. 8 und 9 des EG z. EGG vom 23.11.52), wird er indessen nicht zur Partei. Als solche könnte höchstens allenfalls der Grundbuchverwalter erscheinen, der das mit den Interessen der Kaufskontrahenten kollidierende Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes zu wahren hat, nicht aber der Staat selbst; dieser hat vielmehr durch andere Organe, Regierungsstatthalter und Regierungsrat, für die unparteiische Anwendung des Gesetzes zu sorgen. Es ist ohne weiteres gegeben, dass der Regierungsrat hiebei Fachfragen, wie diejenige nach der Eignung bestimmter Liegenschaften für gewisse Gewerbe, durch seine sachverständigen Beamten begutachten lässt; das war hier der Forstmeister. Es liegt nichts vor, was ihn als befangen erscheinen liesse; der Einwand, das sei der Fall, weil der Staat wie der Beschwerdeführer die Aufzucht von Forstpflanzen betreibe und somit dessen Konkurrent sei, verdient nicht ernst genommen zu werden.
| 13 |
Auch sachlich werden die Feststellungen des Forstmeisters des Mittellandes durch nichts entkräftet. Zu einem ähnlichen Ergebnis wie er war schon der in einem früheren Verfahren vom Regierungsstatthalter von Aarberg als Experte zugezogene Landwirt Schneeberger gelangt; insbesondere hatte auch er den Lindacker als für Forstbaumpflanzungen kaum geeignet bezeichnet, da solche nicht ins offene Feld, sondern in oder an den Wald ![]() | 14 |
Vor Bundesgericht macht der Beschwerdeführer neu geltend, er ziehe auch Ziersträucher auf und hiefür eigne sich auch offenes Land ohne weiteres. Damit will er offenbar behaupten, der Lindacker sei entgegen der Annahme der Experten für die gewerbliche Ausnützung geeignet. Indessen geht aus seinen eigenen Angaben hervor, dass er den Lindacker gar nicht zur Anlage von Pflanzschulen, weder für Forstpflanzen noch für Ziersträucher, sondern zum Abtausch gegen anderes Land verwenden will - vermutlich eben wegen seiner mangelnden Eignung für die von ihm hauptsächlich gezogenen Forstpflanzen. Ob eine Verwendung zum Abtausch noch als eine "gewerbliche Ausnützung" des Bodens im Sinne von Art. 19 lit. c EGG angesehen werden kann, erscheint als zweifelhaft. Diese Bestimmung will die Auflösung landwirtschaftlicher Gewerbe durch den Verkauf der dazu gehörenden Liegenschaften verhindern, lässt sie aber ausnahmsweise zu, wo wichtige Gründe das rechtfertigen. Einen solchen Grund erblickt sie namentlich darin, dass die Liegenschaften zur Überbauung oder zur gewerblichen oder industriellen Ausnützung des Bodens verkauft werden und sich hiefür eignen. Daraus könnte geschlossen werden, dass die verkauften Liegenschaften selbst zu einem der genannten Zwecke verwendet werden und dafür geeignet sein müssen; ihre Verwendung als Tauschobjekt genüge dann nicht, um die Ausnahme von der ![]() | 15 |
Übrigens träfe auch die weitere Voraussetzung nicht zu, wonach das Kaufobjekt für die geplante gewerbliche Ausnützung geeignet sein muss. Das landwirtschaftliche Gewerbe, das der Beschwerdeführer kaufen will, umfasst 201 ar. Die Liegenschaft Lindacker von 126 ar ist nach dem Gesagten gar nicht für die gewerbliche Ausnützung des Bodens bestimmt, übrigens nach den Gutachten auch nicht dafür geeignet. Von der 75 ar haltenden Liegenschaft Sagihüsli ist nach dem Gutachten des Forstmeisters des Mittellandes, das in diesem Punkte vom Beschwerdeführer nicht beanstandet wird, höchstens ein Drittel für die Anlage einer Forstpflanzschule geeignet. Es bedarf keiner näheren Ausführungen, dass die Eignung von höchstens einem Achtel der gesamten Fläche für den gewerblichen Zweck die Auflösung des landwirtschaftlichen Gewerbes nicht zu rechtfertigen vermag.
| 16 |
4. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beruft sich ![]() | 17 |
Erst vor Bundesgericht hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, dass die schon im kantonalen Verfahren vorgebrachten Tatsachen einen anderen wichtigen Grund im Sinne des Schlusssatzes von Art. 19 lit. c EGG bildeten. Dieser neue Rechtsstandpunkt ist indessen vom Bundesgericht zu überprüfen, da es das Bundesrecht von Amtes wegen anzuwenden hat. Ob ein bestimmter Tatbestand einen wichtigen Grund im Sinne jener Bestimmung bildet'ist entgegen der Auffassung des Regierungsrates keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage.
| 18 |
Nach den Feststellungen am gerichtlichen Augenschein steht ausser Zweifel, dass Ineichen nicht auf den Verkauf angewiesen ist, sondern lediglich die ihm von Stämpfli gebotene Gelegenheit benützt, den Verkauf mit der Nutzung auf Lebenszeit zu verbinden. Sein Ziel, seine alten Tage mit einer reduzierten landwirtschaftlichen Tätigkeit auf dem Heimwesen zu verbringen, erreicht er auch, wenn er dieses zu Eigentum behält; deshalb legt er keinen grossen Wert auf den Verkauf. Es geht im Grunde nicht um jene Möglichkeit, sondern nur darum, ![]() | 19 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |