![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
41. Urteil vom 14. Juli 1954 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Aargau. | |
Regeste |
Kompetenzkonflikt nach Art. 223 MStG: Der Angeschuldigte ist legitimiert, den virtuellen Konflikt vor Bundesgericht zu bringen. | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
Das eidg. Militärdepartement nahm an, aus den Akten ergebe sich, dass X. nicht nur der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs nach Art. 169 bis MStG, sondern auch der Widerhandlung gegen das MFG beschuldigt sei. Es übertrug die Beurteilung beider strafbarer Handlungen dem bürgerlichen Richter (Verfügung vom 1. Dezember 1953).
| 2 |
Mit Verfügung vom 3. Dezember 1953 stellte hierauf die aargauische Staatsanwaltschaft die Untersuchung gegen Sch. ein und überwies die Akten dem Bezirksgericht Bremgarten mit dem Antrag, X. "wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs gemäss Art. 169 bis Ziff. 2 MStG (begangen durch Widerhandlung gegen Art. 46 MFV)" disziplinarisch mit drei Tagen scharfen Arrests zu bestrafen. Vor Gericht beantragte der Verteidiger des Angeschuldigten, dieser sei freizusprechen, eventuell nicht mit Arrest zu bestrafen. Am 4. März 1954 verurteilte das Bezirksgericht Bremgarten X. gemäss dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft. Der Angeschuldigte zog das Urteil an das Obergericht des Kantons Aargau weiter mit dem Antrag auf Freisprechung, eventuell Verurteilung bloss wegen Übertretung des MFG zu einer Busse, weiter eventuel Bestrafung nur mit einer Busse oder einem Verweis.
| 3 |
B.- Am 10. Juni 1954 hat X. beim Bundesgericht Kompetenzkonfliktsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, das dem bürgerlichen Richter übertragene Strafverfahren gegen ihn sowie das Urteil des Bezirksgerichts und das vor Obergericht hängige Beschwerdeverfahren aufzuheben und die Zuständigkeit der Militärgerichtsbarkeit festzustellen. Er macht geltend, sowohl die aargauische Staatsanwaltschaft als auch das Bezirksgericht gingen davon aus, dass die Widerhandlung gegen Art. 46 MFV durch das Vergehen nach Art. 169 bis MStG konsumiert sei; sie beschuldigten ihn also nicht mehrerer strafbarer ![]() | 4 |
C.- Der Oberauditor der Armee beantragt Gutheissung der Beschwerde. Für seine Auffassung, dass darauf einzutreten sei, beruft er sich aufBGE 76 I 192.
| 5 |
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau stellt den Antrag, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
| 6 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
7 | |
Zu den Anständen über die Zuständigkeit der militärischen und bürgerlichen Gerichtsbarkeit im Sinne dieser Bestimmung gehört indessen nach ständiger Praxis auch der sog. virtuelle Kompetenzkonflikt, d.h. der Fall, wo zwischen den beidseitigen Behörden kein Streit über die Zuständigkeit besteht, wo aber der Angeschuldigte geltend macht, in Wahrheit sei nicht die gegen ihn vorgehende, sondern die andere Behörde zuständig; deshalb hat das Bundesgericht, wie schon der Bundesrat unter der Herrschaft ![]() | 8 |
Die Erhebung der Kompetenzkonfliktsbeschwerde durch den Angeschuldigten ist aber an zeitliche Schranken gebunden, und er kann das Recht dazu durch sein Verhalten verwirken. Für den Fall, wo er durch die Militärbehörden verfolgt wird, hat das Bundesgericht mit Rücksicht auf die Raschheit des militärgerichtlichen Verfahrens erkannt, dass er den Kompetenzkonflikt nur bis zur Hauptverhandlung erheben kann (BGE 66 I 62). Wird er dagegen von den bürgerlichen Behörden verfolgt, so steht ihm nach der Rechtsprechung das Beschwerderecht solange zu, als er nicht durch sein Verhalten klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er sich der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterwerfe (BGE 63 I 184; ebenso KIRCHHOFER, a.a.O., S. 38/39).
| 9 |
10 | |
![]() | 11 |
12 | |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| 13 |
14 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |