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49. Urteil vom 1. Dezember 1954 i.S. K. gegen Justizkommission des Kantons Schwyz. | |
Regeste |
Schutz der ehelichen Gemeinschaft. |
2. Der Eheschutzrichter begeht Willkür, wenn er die Ehefrau, um sie zur Aufnahme des grundlos verweigerten ehelichen Zusammenlebens zu zwingen, zum Ersatz der Mehrauslagen verpflichtet, die dem Ehemann infolge ihrer Pflichtvergessenheit entstehen. | |
Sachverhalt | |
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Die Justizkommission des Kantons Schwyz hiess am 14. April 1954 eine Beschwerde der Frau K. teilweise gut, indem sie den vom Bezirksgerichtspräsidenten festgesetzten monatlichen Beitrag auf Fr. 60.- ermässigte, mit der Begründung: Die Weigerung der Beschwerdeführerin, das Zusammenleben mit dem Ehemann wieder aufzunehmen, sei eine Art. 161 ZGB verletzende Pflichtwidrigkeit, so dass der Gerichtspräsident nach Art. 169 ZGB befugt gewesen sei, nach fruchtloser Mahnung die zum Schutze der ehelichen Gemeinschaft erforderlichen, vom Gesetz vorgesehenen Massnahmen zu treffen. Dazu gehörten nicht bloss die in Art. 170 und 171 ZGB ausdrücklich vorgesehenen Massregeln, sondern auch alle weiteren Anordnungen, welche die Lage erfordere, sofern sie in der Gesetzgebung überhaupt vorgesehen seien. Da die nach Art. 169 Abs. 2 ausgesprochene Mahnung, die häusliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen, wegen der höchst persönlichen Natur der geschuldeten Leistung nicht vollstreckt werden könne, ![]() | 2 |
B.- Gegen diesen Entscheid führt Frau K. staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, ihn und den zugrunde liegenden Entscheid des Bezirksgerichtspräsidenten wegen Verletzung des Art. 4 BV aufzuheben. Sie macht geltend, sie sei nach Art. 170 Abs. 1 ZGB berechtigt, das Zusammenleben mit dem Ehemann zu verweigern. Sie habe im kantonalen Verfahren die Gründe hiefür genannt, doch seien sie nicht geprüft worden, worin formelle Willkür und eine Missachtung klaren Rechtes liege. Willkürlich sei auch der Standpunkt, die angefochtene Massnahme sei im Sinne von Art. 169 Abs. 2 ZGB im Gesetz vorgesehen. Er verstosse gegen den allgemein anerkannten Grundsatz, dass die Befolgung der Mahnung, das eheliche Zusammenleben aufzunehmen oder weiterzuführen, nicht erzwungen werden könne, auch nicht durch Verurteilung zu einer Ersatzleistung. Die beanstandete Massregel diene zudem nicht dem Schutz der ehelichen Gemeinschaft, sondern schade ihr, was willkürlich ausser acht gelassen worden sei. Die Justizkommission habe den Einwand der Beschwerdeführerin, dass sie ausserstande sei, den Unterhaltsbeitrag aufzubringen, und dass der Ehemann ihn auch nicht benötige, nicht gewürdigt und dadurch eine formelle Rechtsverweigerung begangen. Die verfügte Rückwirkung auf das Datum der fruchtlosen Mahnung sei nicht vereinbar mit dem Wesen der Eheschutzmassnahmen, ![]() | 3 |
C.- Die Justizkommission und der Ehemann beantragen die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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3. Im Urteil des Kantonsgerichtes Schwyz vom 21. Januar 1952 ist festgestellt, dass die Beschwerdeführerin keinen Scheidungs- oder Trennungsgrund habe und ihr die Fortsetzung der Ehe zugemutet werden könne. Damit ist auch gesagt, dass keine Gründe vorhanden seien, welche die Beschwerdeführerin nach Art. 170 Abs. 1 ZGB zur Verweigerung des Zusammenlebens mit dem Ehemann berechtigen würden. Im Eheschutzverfahren, das vom Ehemann kurz nach diesem Urteil eingeleitet worden ist, ![]() | 7 |
4. Die Massregel, um die es geht, wird zwar in den Erwägungen der Justizkommission - wie auch des Bezirksgerichtspräsidenten - als Festsetzung eines "Unterhaltsbeitrages" bezeichnet. Dass es sich aber in Wirklichkeit nicht um einen solchen handelt, ergibt sich aus der ganzen übrigen Begründung. Von einem Unterhaltsbeitrag der Ehefrau an den Ehemann kann nach der gesetzlichen Ordnung (Art. 159 Abs. 3, Art. 160 Abs. 2, Art. 161 Abs. 2 ZGB und Bestimmungen des ehelichen Güterrechts) nur die Rede sein, wenn der Mann einen solchen benötigt und die Frau in der Lage ist, die erforderlichen Mittel aus ihrem Einkommen oder Vermögen aufzubringen. Obschon die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren das Vorhandensein dieser Voraussetzungen bestritt, wurden dort die finanziellen Verhältnisse der Ehegatten nicht näher geprüft, offensichtlich deswegen, weil gar kein Unterhaltsbeitrag, sondern Schadenersatz zugesprochen wurde. In der Tat wird im Entscheid der Justizkommission die Zahlungspflicht der Beschwerdeführerin damit begründet, ![]() | 8 |
Der Justizkommission ist zuzugeben, dass der Eheschutzrichter nicht auf die in Art. 170 und 171 ZGB ausdrücklich genannten Massnahmen beschränkt ist, sondern alle weiteren Anordnungen treffen kann, welche die Lage erfordert, vorausgesetzt, dass sie in der Gesetzgebung überhaupt vorgesehen sind (EGGER, N. 7, LEMP, N. 17 f. zu Art. 169 ZGB). Die Justizkommission nennt aber keine gesetzliche Vorschrift, wonach der Richter befugt wäre, im Eheschutzverfahren den Ehegatten, der die Wiederaufnahme des ehelichen Zusammenlebens grundlos verweigert, zum Ersatz der dem anderen Ehegatten daraus erwachsenden Mehrauslagen zu verpflichten. Eine solche Bestimmung gibt es auch nicht. Ob überhaupt ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung familienrechtlicher Pflichten bestehe (vgl. VON TUHR-SIEGWART, Allg. Teil des Schweiz. Obligationenrechtes, S. 12 N. 26), kann offen gelassen werden. Es genügt, hier festzustellen, dass das Gesetz die von der kantonalen Behörde ergriffene Eheschutzmassnahme nicht vorsieht. Insbesondere lässt sich der vom Bezirksgerichtspräsidenten zitierte Art. 170 Abs. 3 ZGB nicht anrufen. Abgesehen davon, dass er den Fall betrifft, wo die Voraussetzungen zur Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes gegeben sind, ermächtigt er den Richter einzig zur Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen, nicht auch zur Zusprechung von Schadenersatz.
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Wie die Justizkommission selbst feststellt, ist die Verpflichtung zur Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft wegen der höchst persönlichen Natur der geschuldeten ![]() | 10 |
Der Eheschutzrichter darf sich über Art. 169 Abs. 2 ZGB, der ihn - im Interesse der persönlichen Freiheit und damit auch der Aufrechterhaltung der Ehe - in der Wahl der Mittel zur Durchführung seiner Aufgabe beschränkt (BGE 72 II 296 Erw. 5), nicht hinwegsetzen, wie es die Justizkommission getan hat. Ihr Entscheid ist mit der gesetzlichen Ordnung schlechterdings unvereinbar und daher willkürlich.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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