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9. Urteil vom 6. April 1955 i.S. Vormundschaftsbehörde Steffisburg gegen Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich. | |
Regeste |
Art. 83 lit. e OG, 377 ZGB. | |
Sachverhalt | |
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Mitte Oktober gleichen Jahres ersuchte die Vormundschaftsbehörde von Steffisburg die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich um die Übernahme der Vormundschaft. Das Mündel befinde sich seit über einem Jahr in Zürich und es seien über sein Verhalten bisher keine Klagen laut geworden. Es habe dort regelmässigen Verdienst und könne Stellen versehen, die ihm in Steffisburg nicht geboten werden könnten. Eine Betreuung von dort aus sei nicht möglich und läge auch nicht im Interesse des Mündels.
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Die Vormundschaftsbehörde von Zürich liess sich einen Bericht des städtischen Wohlfahrtsamtes geben. Dieses konnte den gegenwärtigen Aufenthaltsort des Mündels nicht mehr eruieren, erklärte aber auf Grund der gemachten ![]() | 3 |
B.- Mit staatsrechtlicher Klage vom 1. Februar 1955 beantragt die Vormundschaftsbehörde von Steffisburg, den Beschluss der Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich, bestätigt durch Entscheid des Bezirksrates von Zürich, aufzuheben und anzuordnen, dass die Beklagte die Vormundschaft über Werner Hofer zu übernehmen habe. Zur Begründung der Klage wird im wesentlichen ausgeführt: Hofer sei mit Zustimmung des Vormundes nach Zürich gezogen, weil er dort mehr verdiene und regelmässig arbeiten könne. Er beabsichtige, dort zu bleiben. Die Vormundschaftsbehörde habe dem Aufenthaltswechsel stillschweigend zugestimmt. Es liege im Interesse des Mündels, wenn die Vormundschaft in Zürich weitergeführt werde. Das Mündel bedürfe der Betreuung und es sei wichtig, dass es sich an Ort und Stelle an den Vormund wenden könne. Wenn die Auffassung der Vormundschaftsbehörde von Zürich zuträfe, könnte überhaupt kein Mündel den Wohnsitz m die St.adt verlegen. Wenn es trotzdem in der Stadt Arbeit finde und sich dort aufhalte, müsste es von einer auswärtigen Behörde betreut werden, was nicht der Sinn von Art. 377 ZGB sein könne.
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C.- Die Vormundschaftsbehörde von Zürich und der Bezirksrat beantragen die Abweisung der Klage. Jene führt u.a. aus: Die Übersiedlung des haltlosen und wiederholt ![]() | 5 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 377 ZGB geht die Vormundschaft über ein Mündel vom bisherigen Wohnsitz an die Vormundschaftsbehörde eines neuen Aufenthaltsortes über, wenn das Mündel sich mit Zustimmung der bisherigen Vormundschaftsbehörde dort aufhält und dieser Aufenthalt derart ist, dass gemäss Art. 23 ZGB dort sein Wohnsitz wäre, wenn dieser sich nicht nach Art. 25 Abs. 1 ZGB bestimmen würde (BGE 71 I 159, BGE 78 I 223, nicht publiziertes Urteil vom 1. Juli 1953 i.S. Waisenamt St. Gallen Erw. 2). Auch wenn dabei der Wille des urteilsfähigen Mündels - und mit einem solchen hat man es bei Werner Hofer offenbar zu tun - rechtlich nicht ganz unbeachtlich ist, seiner Absicht dauernden Verbleibens an einem bestimmten Orte also eine gewisse Bedeutung nicht abgesprochen werden kann, was auch hier offen bleiben mag, so würde dieser Wille allein zur Begründung eines Wohnsitzes nicht ausreichen. Es muss die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde hinzutreten, die aber nur erteilt werden darf, wenn der Wohnsitzwechsel im wohlverstandenen Interesse des Mündels gelegen ist, der Aufenthaltswechsel dazu bestimmt ist, die mit der Vormundschaft verfolgten Zwecke zu erreichen. Eine Zustimmung, die den wahren Interessen des Mündels widerspricht, ist unbeachtlich, vermag den Wohnsitzwechsel nicht zu rechtfertigen und gibt daher der Behörde ![]() | 6 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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