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21. Auszug aus dem Urteil vom 1. April 1955 i.S. Barth gegen Regierungsrat des Kantons Bern. | |
Regeste |
Bäuerlicher Grundbesitz, Einspruch gegen Liegenschaftsverkauf. | |
Sachverhalt | |
1 | |
Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 10. Oktober 1952 verkaufte Hans Boo, Metzgermeister in Saanen, dem Beschwerdeführer Alfons Barth, der in Schönenwerd ein Architekturbureau betreibt, das Grundstück G. B. Saanen Nr. 1433, umfassend rund 115 a Land (Wiese und Gebäudeplätze), ein für Fr. 5400.-- versichertes Bauernhaus und eine für Fr. 7900.-- versicherte Scheune mit Stallungen. Der Kaufpreis wurde auf Fr. 26'000.-- festgesetzt. Hans Boo hatte das Grundstück im Jahre 1940 von einem Landwirt ![]() | 2 |
Nachdem am 1. Januar 1953 das BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG) in Kraft getreten war, wurde der Kaufvertrag vom 10. Oktober 1952 zur Eintragung im Grundbuch angemeldet. Der Grundbuchverwalter erhob gestützt auf Art. 19 EGG Einspruch. Der Regierungsstatthalter von Saanen schützte den Einspruch, ebenso auf Beschwerde hin der Regierungsrat des Kantons Bern, gegen dessen Entscheid sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet. Streitig ist unter anderm, ob man es mit einem landwirtschaftlichen Heimwesen im Sinne des Art. 19 EGG zu tun habe.
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Aus den Erwägungen: | |
1. Das EGG findet nach der in seinem Art. 2 aufgestellten Regel Anwendung auf Liegenschaften, die ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich genutzt werden. Dem Einspruchsverfahren, zu dessen Einführung Art. 18 die Kantone ermächtigt, sind indes nach Art. 19 nur Kaufverträge über "landwirtschaftliche Heimwesen oder zu einem solchen gehörende Liegenschaften" unterstellt. Was unter einem landwirtschaftlichen Heimwesen zu verstehen ist, sagt diese Bestimmung nicht. Nach allgemeinem schweizerischem Sprachgebrauch setzt es sich zusammen aus Land - im Sinne des Art. 2 EGG - und Gebäulichkeiten; diese Bestandteile müssen eine Einheit bilden, die geeignet ist, einem Bauern oder einer Bauernfamilie als Lebenszentrum und Grundlage für den Betrieb eines landwirtschaftlichen Gewerbes zu dienen. Diese Umschreibung kann der Auslegung des Art. 19 EGG zugrunde gelegt werden. Sie steht im Einklang mit Art. 1 ![]() | 4 |
Beschwerdeführer und Regierungsrat gehen davon aus, dass das Einspruchsverfahren nur Anwendung finden könne, wenn es sich um ein Heimwesen handle, das einer Familie die hauptsächliche Existenzgrundlage biete. Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement schliesst sich ihrem Standpunkte an, unter Hinweis auf Art. 1 der Verordnung des Bundesrates über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen vom 16. November 1945 (LEV), wonach unter solchen Heimwesen eine Gesamtheit von Land und Gebäuden zu verstehen ist, die der Gewinnung und Verwertung organischer Stoffe des Bodens dienen und einen Betrieb von genügendem Umfang bilden, um nach ortsüblicher Auffassung und bei sachgemässer Wirtschaftsführung "einer Familie die wesentliche wirtschaftliche Existenzgrundlage zu bieten". Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Die Umschreibung in Art. 1 LEV mag massgebend sein für die Auslegung des Art. 10 des BG über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen vom 12. Dezember 1940 (LEG), wo die Rede ist von landwirtschaftlichen Heimwesen, die für den Eigentümer und seine Familie die wesentliche Existenzgrundlage bilden, und auch des Art. 38 EGG, der für Eigentümer ebensolcher ![]() ![]() | 5 |
Das Grundstück, um das es sich hier handelt, umfasst etwas mehr als 1 ha Wiesland, ein Wohnhaus und eine Scheune mit Stallungen. Es ist geeignet, einem Landwirt und seiner Familie als Lebenszentrum und Grundlage für einen kleinen Bergbauernbetrieb zu dienen. Tatsächlich ist es vor dem Übergang an Hans Boo für diese Zwecke verwendet worden. Auch seither sind das Land und die Scheune landwirtschaftlich genutzt worden, während das Wohnhaus, wie es scheint, eine Zeitlang leergestanden hat. Das Grundstück ist der Verwendung für die Landwirtschaft bisher nicht entzogen worden. Es könnte auch jetzt noch in gleicher Weise wie vor dem Verkauf an Boo, durch eine an Ort und Stelle wohnende Bauernfamilie, genutzt werden. Unter diesen Umständen ist es als landwirtschaftliches Heimwesen im Sinne des Art. 19 EGG zu betrachten. Der Einspruch war daher zulässig. Es liegt keiner der Fälle vor, in denen nach Art. 21 EGG das Einspruchsverfahren nicht anwendbar ist.
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