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39. Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. November 1956 i.S. Schweizerische Rundspruchgesellschaft gegen Schiedskommission betreffend die Verwertung von Urheberrechten und Schweiz. Gesellschaft der Urheber und Verleger. | |
Regeste |
Art. 4 Abs.2UVerwG. |
2. Die Schiedskommission hat nur zu prüfen, ob der Tarif offensichtlich übersetzt sei (Erw. 2). Das trifft im vorliegenden Falle nicht zu (Erw. 3 Abs. 2). | |
Sachverhalt | |
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"Tarif für die Sendungen von Aufführungen nichttheatralischer Werke der Tonkunst mit oder ohne Text, gleichgültig, ob die Aufführungen direkt oder unter Verwendung rechtmässig hergestellter mechanischer Instrumente und die Sendungen per Draht oder drahtlos erfolgen, eingeschlossen die Mitteilung der Sendungen der SRG durch ein anderes Sendeunternehmen in der Schweiz (Art. 11bis Abs. 1 Ziff. 2 RBUe Brüssel 1948 und Art. 12 Ziff. 6 des RURG 1955); Fernsehsendungen sind nicht eingeschlossen.
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Jahrespauschalentschädigung von 3,8% des Betrages, der von der PTT der Schweizerischen Rundspruchgesellschaft für ihre Sendungen ausgerichtet wird. (Massgebend für das Vertragsjahr 1956 ist der von der PTT im Jahre 1956 ausgerichtete Betrag, für die folgenden Jahre jeweils jener des Vorjahres.)
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II. Zahlungsbedingungen.
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Die Jahrespauschalentschädigung ist zahlbar in zwei gleichen Raten jeweils am 20. Januar und 1. Juli jedes Vertragsjahres.
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III. Bedingungen für die Ablieferung der Verzeichnisse der aufgeführten Werke.
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a) Die SUISA stellt den Radio-Studios die notwendigen Meldeformulare zur Verfügung, und zwar weisse und blaue Formulare.
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b) Die Meldeformulare sind jeweils spätestens am 20. jeden Monats für die Sendungen des Vormonats direkt durch die Studios unaufgefordert der SUISA einzusenden.
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c) Auf den weissen Formularen sind sämtliche Sendungen nichttheatralischer Werke der Tonkunst aufzuführen, die nicht mittels mechanischer Instrumente gesandt wurden. Auf den blauen Formularen sind sämtliche Sendungen nichttheatralischer Werke der Tonkunst aufzuführen, die mittels mechanischer Instrumente erfolgten, inklusive die ersten Sendungen mittels mechanischer Instrumente, auf die das Radio selbst die Werke übertragen hat (émissions différées). Letztere sind durch ein Kreuz in der äussersten Kolonne rechts besonders zu bezeichnen.
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Gemäss Vordruck haben diese Formulare folgende Angaben zu enthalten: Komponist, Titel des Werkes, Textdichter, Bearbeiter, Verleger, Spieldauer.
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IV. Gültigkeitsdauer des Tarifs.
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Dieser Tarif gilt für die Dauer von 5 Jahren ab 1. Januar 1956, unter Vorbehalt der Möglichkeit einer Revision bei wesentlicher Veränderung der Verhältnisse."
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B.- Trotz des ablehnenden Antrages der SRG genehmigte die Schiedskommission am 29. September 1955 diesen Tarif, und zwar im wesentlichen mit folgender Begründung:
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Da der Urheber das ausschliessliche und absolute Recht zur Nutzung seines Werkes habe, könne er bestimmen, ob und zu welchen Bedingungen er die Sendung im Rundfunk gestatten wolle. Eine Schranke setze ihm nur das Verbot des Rechtsmissbrauchs, das für die Ausübung jeden privaten ![]() | 15 |
Die Schiedskommission könnte demnach die Genehmigung des vorgeschlagenen Tarifsystems nur verweigern, wenn es gegen das Gesetz verstiesse oder willkürlich und darum rechtsmissbräuchlich und mit dem öffentlichen Interesse unvereinbar wäre. Das treffe nicht zu. Es sei vernünftig und billig, die Vergütung nach Prozenten der Einnahmen der SRG zu berechnen und sie so in ein direktes Verhältnis zum finanziellen Ergebnis der Sendetätigkeit zu setzen. Dieses System sei ausser in den Tarifen der Klasse A von 1941 und 1946 auch in den Tarifen für andere Klassen angewendet und von der Schiedskommission genehmigt worden. Dass die SUISA sich ab 1952 mit einer nach der Zahl der Hörerkonzessionen berechneten Vergütung begnügt habe, sei einer zwischen den Parteien unter ganz besonderen Umständen zustandegekommenen Einigung, nicht der Ablehnung des Tantième-Systems durch die Schiedskommission zuzuschreiben. Die SRG habe übrigens nicht ernstlich daran festgehalten, dass dieses System an sich willkürlich sei; sie erachte es nur als ungeeignet, weil es ihr die Aufstellung des Voranschlages erschwere. Diese Schwierigkeit bestehe aber nur für das erste Tarifjahr und sei nicht gross genug, um das Tantième-System gänzlich ungeeignet zu machen. Es sei ![]() | 16 |
Der Tarifsatz von 3,8% sodann sei nicht offensichtlich übersetzt. Nach den Tarifen von 1941 und 1946 habe ein Satz von 4% gegolten, und die Vergütung ab 1952 habe einem Satz von 3,57% entsprochen. Die heute geforderte Erhöhung betrage somit 0,23% der Einnahmen der SRG. 1951 habe die SUISA auf Vorschlag der Schiedskommission in eine Herabsetzung der Vergütung eingewilligt, um so vorübergehend an die Finanzierung der Fernsehversuche beizutragen. Damals habe man gerechnet, dass diese Versuche drei Jahre dauern würden. Die SUISA könne daher heute bei ihrem damaligen Entgegenkommen nicht mehr behaftet werden. Die Erhöhung rechtfertige sich namentlich, weil die SRG 1956 ein zweites Programm einführen und von da an die geschützten Werke vermehrt senden werde. Zudem hätten die Musiksendungen schon seit 1952 zugenommen, 1951 seien 73178, 1954 rund 80 000 Werke, also rund 9% mehr, gesendet worden. Zu bedenken sei anderseits, dass ab 1956 die Leistungen der PTT an die SRG wegen der Erhöhung der Hörgebühren steigen würden. Bei gleichbleibender Hörerzahl und einem Anteil der SUISA von 3,8% werde daher die Vergütung an die SUISA in den Jahren 1956 und 1957 von Fr. 600'000.-- auf je Fr. 747, 840.--, d.h. um 24,6% zunehmen, und die Vergütung für 1958 werde mit Fr. 775'200.-- um 29,2% und für 1959 mit Fr. 802'560.-- um 33,7% höher sein als 1955. Diese Zahlen seien aber angesichts der Mehrleistungen der Urheber nicht missbräuchlich hoch, umsoweniger als die dem Einzelnen zukommenden Beträge im allgemeinen sehr bescheiden seien. Die SRG habe nicht wegen ihrer kulturellen Aufgabe und ihrer im öffentlichen Interesse ausgeübten Tätigkeit Anspruch, von der SUISA billiger bedient ![]() | 17 |
C.- Mit Eingabe vom 12. Dezember 1955 beantragt die SRG dem Bundesgericht, der Beschluss der Schiedskommission sei aufzuheben, der Tarif der SUISA nicht zu genehmigen und für die Vorlegung eines neuen Tarifs seien folgende Bedingungen aufzustellen: Die jährliche Vergütung sei auf 55 Rappen, eventuell auf einen vom Gericht zu bestimmenden anderen Betrag je Hörerkonzession, ![]() | 18 |
D.- Die SUISA beantragt, die Beschwerde sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der SRG abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Dieses Rechtsmittel war im Gesetzesentwurf nicht vorgesehen.
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Nach Auffassung der Beschwerdeführerin muss die Vergütung den Interessen beider Parteien angemessen sein und hat die Schiedskommission dadurch, dass sie den Tarif nicht daraufhin, sondern nur unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauches überprüft hat, im Sinne des Art. 104 OG Bundesrecht verletzt. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Gebot der Festsetzung einer pauschalen Vergütung und die Möglichkeit der Weiterziehung liessen sich gar nicht anders erklären als damit, dass auf die Stellung der Beschwerdeführerin, die mit der öffentlichrechtlichen Aufgabe ausschliesslicher Verbreitung von Rundfunkprogrammen betraut sei, Rücksicht genommen werden müsse.
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Das Bundesgesetz betreffend die Verwertung von Urheberrechten schränkt indessen die Freiheit der Urheber musikalischer Werke in der Verwertung ihrer Rechte lediglich insofern ein, als sie sich einer einzigen, vom Bundesrate anerkannten Verwertungsgesellschaft zu bedienen und sich für die Aufführung ihrer Werke im schweizerischen Rundfunk mit einer pauschalen Vergütung zufrieden zu geben haben. Wie sich aus der Botschaft des Bundesrates zum Gesetzesentwurf ergibt (BBl 1940 313 ff.), soll durch diese Regelung den Veranstaltern, insbesondere der Beschwerdeführerin, ein einziger Verband gegenübergestellt und der Erwerb der Aufführungsrechte samt dem sich daraus ergebenden Geschäftsverkehr vereinfacht werden. Mehr als das bezweckt das Gesetz nicht. Es liegt ihm fern, in das materielle Urheberrecht einzugreifen (BBl 1940 320), insbesondere die Urheber oder die für sie handelnde Gesellschaft zur Verwertung ihrer Rechte zu zwingen oder den Veranstaltern, namentlich dem schweizerischen Rundspruchdienst, die Aufführungsrechte zu Vorzugspreisen zu gewährleisten. Das kommt auch im Gesetz selbst zum Ausdruck, indem Art. 1 Abs. 1 von der Verwertung der durch Art. 12 Ziff. 3 URG gewährten "ausschliesslichen Rechte auf öffentliche Aufführung" spricht. Es bleibt demnach dabei, dass auch die dem Verwertungsgesetz unterstehenden Urheber das ausschliessliche Recht haben, ihre ![]() | 26 |
Art. 4 Abs. 1 UVerwG und Art. 9 VollzVo. zu diesem Gesetz gehen denn auch davon aus, dass der Tarif von der Verwertungsgesellschaft aufzustellen sei. Dass die Verordnung bestimmt, die Gesellschaft habe die Vorschläge der hauptsächlichsten Organisationen der Veranstalter von Aufführungen einzuholen und nach Möglichkeit zu berücksichtigen, ändert nichts. Die Veranstalter kommen zum Worte, weil sie der Verwertungsgesellschaft bei der Verhandlung über den Erwerb der Aufführungsrechte als gleichberechtigte Parteien gegenüberstehen, die frei sind, auf die Aufführung zu verzichten, wenn sie den Tarif für übersetzt halten. Durch die Anhörung der Veranstalter soll lediglich erreicht werden, dass der Tarif womöglich auch sie befriedige. Ein Zwang, ihren Wünschen Rechnung zu tragen, besteht für die Beschwerdegegnerin nicht. Dass sie Tarife aufzustellen hat, heisst nur, sie dürfe für die Aufführungsrechte nicht andere Gegenleistungen verlangen als die in den Tarifen vorgesehenen, nicht auch, sie sei verpflichtet, die Aufführung der Werke zu gestatten. Ob sie die statutarischen Verpflichtungen gegenüber den Urhebern verletzt, wenn sie sich der Aufführung widersetzt, ist eine Frage, welche die Veranstalter nicht berührt; diese können aus den Verpflichtungen, welche die Beschwerdegegnerin gegenüber den Urhebern hat, weder einen Anspruch auf Aufführung der Werke zu einem bestimmten Tarif, noch einen Anspruch auf Aufführung überhaupt ableiten.
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Für die Beschwerdeführerin besteht keine Ausnahme. Ihre "Stellung und Bedürfnisse" schränken die grundsätzliche Freiheit der Beschwerdegegnerin in der Gestaltung ![]() | 28 |
Die Schiedskommission hat somit den Tarif nicht daraufhin zu prüfen, ob er angemessen sei, insbesondere den Wünschen der Beschwerdeführerin in billiger Weise Rechnung trage, sondern nur, ob er sich durch sachliche Gründe stützen lasse oder offensichtlich übersetzt, in Ausnützung der Monopolstellung der Beschwerdegegnerin zustande gekommen sei. Das ist auch der Sinn des Art. 6 Abs. 3 der vom eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement aufgestellten Geschäftsordnung für die Schiedskommission vom 26. Dezember 1950, wonach diese in der Begründung des Entscheides bekanntzugeben hat, in welchen Bestimmungen der zur Genehmigung vorgelegte Tarif "den öffentlichen Interessen zuwiderläuft und welche Ansätze ![]() | 29 |
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Die Ausführungen der Beschwerdeführerin erschöpfen sich nun darin, den Tarif als unangemessen hinzustellen. Dass er geradezu missbräuchlich sei, behauptet die Beschwerdeführerin mit Recht nicht. Die Gründe, aus denen die Beschwerdegegnerin zum früheren Tarifsystem (Berechnung der Vergütung in Prozenten des von der PTT an die Beschwerdeführerin entrichteten Betrages) zurückzukehren und den Tarifansatz auf 3,8% festzusetzen wünscht, sind durchaus sachlicher Natur und daher von der Schiedskommission zutreffend als nicht willkürlich erachtet worden. Lassen sich auch die Aussetzungen der Beschwerdeführerin an der einen oder anderen Überlegung in guten Treuen machen, so kann doch nicht gesagt werden, dass die Beschwerdegegnerin mit dem Tarif ihre Monopolstellung ausnütze, um eine offensichtlich übersetzte Vergütung zu erhalten. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.- Die Beschwerde wird abgewiesen.
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