BGE 83 I 184 | |||
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24. Urteil vom 10. Juli 1957 i.S. R. gegen Kantone Solothurn und Aargau. | |
Regeste |
Steuerdomizil des Bauunternehmers. | |
Sachverhalt | |
A.- Der Beschwerdeführer R., der im Kanton Aargau wohnt und dort ein Architekturbureau betreibt, und der ebenfalls dort wohnhafte A. erwarben im Dezember 1950 ein Grundstück in Olten zu hälftigem Miteigentum und begannen darauf ein Wohn- und Geschäftshaus zu erstellen. Am 10. November 1951, nach Vollendung des Rohbaus, schlossen sie mit einer Personalfürsorgestiftung in Zürich in einfacher Schriftform eine als "Kauf- und Werkvertrag" bezeichnete Vereinbarung. Gemäss Abschnitt "Kaufvertrag" verkauften sie die Liegenschaft mit darauf errichteter Neubaute zum Preis von Fr. 600'000.-- an die Stiftung; gemäss Abschnitt "Werkvertrag" verpflichteten sie sich, den Neubau auf den 1. Mai 1952 schlüsselfertig und bezugsbereit fertigzustellen.
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Der Vertrag setzt den "Kaufpreis für die Liegenschaft mit schlüsselfertigem und bezugsbereitem Neubau" auf Fr. 1'254,000.-- fest und regelt die Bezahlung in der Weise, dass Fr. 600'000.-- bei der für 15. November 1951 vorgesehenen Fertigung und der Rest in bestimmten Raten, die letzte "nach Abnahme des Neubaus" zu bezahlen seien. Am 20. November 1951 unterzeichneten die Vertragsparteien vor dem Amtsschreiber Olten-Gösgen einen öffentlich beurkundeten Kaufvertrag, in welchem der Kaufpreis der Liegenschaft mit noch nicht geschätztem und noch nicht im Grundbuch eingetragenen Rohbau mit Fr. 562'000.-- angegeben war.
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B.- Die Steuerkommission Olten berechnete den beim Bau und Verkauf erzielten Reingewinn der beiden Unternehmer auf Fr. 127'236.-- und entschied, dass der Beschwerdeführer die Hälfte, d.h. Fr. 63'618.-- im Kanton Solothurn für 1952 (Bemessungsjahr 1951) als Einkommen zu versteuern habe (Einspracheentscheid vom 15. Dezember 1956).
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Die Steuerkommission der aargauischen Wohngemeinde nahm an, dass zwar der Gewinn aus dem Verkauf der Liegenschaft samt Rohbau der Steuerhoheit des Kantons Solothurn unterstehe, nicht dagegen der Unternehmergewinn aus Werkvertrag für die Fertigstellung des Rohbaus. Sie schätzte den Gewinnanteil des Beschwerdeführers bei der Veranlagung für 1955/56 (Bemessungsperiode 1953/54) auf insgesamt Fr. 61'059.--, zog hievon den auf Fr. 21'588.-- berechneten Verkaufsgewinn ab, gelangte so zu einem Unternehmergewinn von Fr. 39'471.-- und rechnete diesen zum übrigen, im Jahre 1954 im Kanton Aargau steuerbaren Einkommen des Beschwerdeführers hinzu (Taxationsverfügung vom 15. Januar 1957).
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C.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV ersucht R. das Bundesgericht, die Taxationsverfügungen der solothurnischen und der aargauischen Steuerbehörden bezüglich des durch den Bau und Verkauf des Hauses in Olten erzielten Kapital- und Unternehmergewinns aufzuheben und festzustellen, in welchem Umfange den beiden Kantonen das Recht zur Besteuerung dieses Gewinns zustehe.
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D.- Der Regierungsrat des Kantons Solothurn beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen diesen Kanton richtet.
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E. - Der Regierungsrat des Kantons Aargau beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die aargauische Veranlagung richtet.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Der Beschwerdeführer hat beim Bau und Verkauf eines Wohn- und Geschäftshauses in Olten einen Gewinn erzielt, den die solothurnischen Steuerbehörden auf Fr. 63'618.-- und die aargauischen auf Fr. 61'059.-- berechnet haben. Da mit den angefochtenen Veranlagungsverfügungen der Kanton Solothurn diesen Gewinn ganz zur Besteuerung beansprucht, während der Kanton Aargau einen Teil davon erfasst, wird der Beschwerdeführer, was übrigens unbestritten ist, in unzulässiger Weise doppelt besteuert. Dass der Kanton Solothurn den Gewinn als in einem andern Zeitpunkt erzielt betrachtet und daher einer andern Bemessungsperiode zuweist als der Kanton Aargau, ist belanglos, so dass auf diese sowohl in der Beschwerdeschrift als auch in den Vernehmlassungen beider Kantone erörterte Frage nicht einzutreten ist. Von Bedeutung erscheint dagegen der nur in der solothurnischen Vernehmlassung erwähnte Umstand, dass das Architektenhonorar des Beschwerdeführers bei der Berechnung des Gewinns bereits ausgeschieden und dem Kanton Aargau zur Besteuerung zugewiesen worden ist. In der Tat ergibt sich aus den Akten, dass die Bauabrechnung, die der Berechnung des streitigen Gewinns zugrunde liegt, mit dem Architektenhonorar des Beschwerdeführers belastet ist; dieses ist also vorweg abgezogen und vom Beschwerdeführer jeweils in den Jahren, in denen er es bezogen hat, im Kanton Aargau versteuert worden. Der streitige Gewinn von Franken 63, 618.-- oder Fr. 61'059.-- ist die auf den Beschwerdeführer entfallende Hälfte des Gewinns, der ihm und seinem Geschäftspartner A. nach Abzug sämtlicher Aufwendungen mit Einschluss der Entschädigungen für ihre eigenen Leistungen verblieben ist als Gewinn ihres gemeinsamen, den Kauf, die Überbauung und den Verkauf der Liegenschaft in Olten umfassenden Unternehmens.
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Von dieser neueren Rechtsprechung gehen denn auch im vorliegenden Fall beide Kantone aus. Während jedoch der Kanton Solothurn den gesamten aus der Überbauung und dem Verkauf der Liegenschaft sich ergebenden Gewinn als einen unter die Steuerhoheit des Liegenschaftskantons fallenden Liegenschaftsgewinn betrachtet, will der Kanton Aargau als solchen Gewinn nur den bis zum 20. November 1951, d.h. bis zur öffentlichen Beurkundung und grundbuchlichen Eintragung des Kaufvertrags entstandenen Gewinn gelten lassen und den mit der Fertigstellung des damals erst im Rohbau befindlichen Hauses erzielten Gewinn als eine der Steuerhoheit des Wohnsitzes des Veräusserers unterstehenden Unternehmergewinn behandeln.
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Diese Betrachtungsweise, die vom zivilrechtlichen Eigentumsübergang ausgehend den Gewinn in Verkaufsgewinn und Unternehmergewinn auseinanderreisst und die übrigen rechtlichen und namentlich auch wirtschaftlichen Gegebenheiten ausser acht lässt, wird jedoch den besondern Verhältnissen des vorliegenden Falles nicht gerecht. Grundlage des gesamten Geschäfts ist der im "Kauf- und Werkvertrag" vom 10. November 1951 niedergelegte Vertragswille. Nur weil dieser Vertrag, obwohl es an sich möglich gewesen wäre, nicht öffentlich beurkundet worden war, wurde hierauf am 20. November 1951 noch ein besonderer, der Formvorschrift der Art. 657 ZGB/216 OR genügender Kaufvertrag unterzeichnet. Geht man aber vom "Kauf- und Werkvertrag" aus, so kann es nicht zweifelhaft sein, dass Kaufvertrag und Werkvertrag so von einander abhangen, dass der eine nicht ohne den andern gewollt sein kann. Die Käuferin wollte die Liegenschaft mit dem Haus käuflich erwerben; da dieses jedoch erst im Rohbau vorhanden war, galt es, dessen Fertigstellung noch durch den Abschluss des Werkvertrages zu sichern. Dass die Parteien das Grundstück mit dem darauf erstellten fertigen Haus verkaufen wollten und dieses der eigentliche Gegenstand des Vertrages war, ergibt sich auch daraus, dass dafür ein genau bestimmter Gesamtpreis (Fr. 1'254,000.--) vereinbart, als Preis des Landes mit dem Rohbau dagegen nur ein runder Betrag (Fr. 600'000.--) genannt wurde, der auf den Fertigungstag als Anzahlung zu leisten war und übrigens mit dem im öffentlich beurkundeten Kaufvertrag genannten Preis (Fr. 562'000.--) nicht übereinstimmt, ferner daraus, dass der Übergang der Liegenschaft mit Nutzen und Gefahr auf den Tag der voraussischtlichen Fertigstellung (1. Mai 1952) verschoben und die Verzinsung der Anzahlungen durch die Verkäufer bis zu diesem Tag vereinbart wurde. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise, die im Steuerrecht zulässig ist und hier als geboten erscheint, kommt das Geschäft als ganzes dem Verkauf eines fertigen Hauses gleich. Es rechtfertigt sich daher, es auch im Hinblick auf die Besteuerung des dabei erzielten Gewinns gleich zu behandeln wie den Fall, in welchem der Vertrag erst abgeschlossen wird oder doch das Eigentum erst übergeht, wenn das Haus fertigerstellt ist. In Fällen wie dem vorliegenden ist eine Aufteilung des Gewinns in Verkaufs- und Unternehmergewinn auch deshalb nicht angezeigt, weil ihre praktische Durchführung, d.h. die genaue Bestimmung der Kosten des Rohbaus bis zum Fertigungstag, mit beträchtlichen Schwierigkeiten verbunden wäre. Das zeigt die in der aargauischen Veranlagung vorgenommene Berechnung, die weitgehend einfach auf die an die Bauhandwerker und Unternehmer geleisteten Anzahlungen abstellt und z.B. von einem Architektenhonorar des Beschwerdeführers von Fr. 40'000.-- ausgeht, ohne zu prüfen, ob er bis zum Fertigungstag genau diesen Betrag oder, was wahrscheinlicher ist, mehr oder weniger verdient hat.
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Die Berufung des Kantons Aargau auf das nicht veröffentlichte Urteil vom 17. Mai 1955 i.S. Bau-AG Sonnenberg ist unbehelflich. Einmal war dort nur der eigentliche Verkaufsgewinn streitig, da der Kanton Solothurn nur diesen besteuert und die Besteuerung des Unternehmergewinns dem Kanton Aargau überlassen hatte. Sodann handelte es sich dort nicht um den Verkauf einer Liegenschaft mit einem Rohbau; vielmehr hatte dort die Beschwerdeführerin durch einen Kaufvertrag zwei überbaute Grundstücke veräussert und sich durch einen Werkvertrag verpflichtet, die bestehenden Gebäude abzureissen und auf dem Grundstück neue Wohn- und Geschäftshäuser zu erstellen. Wenn auch in jenem Fall der eine Vertrag wohl nicht ohne den andern abgeschlossen worden wäre, so war doch der Zusammenhang zwischen Kauf- und Werkvertrag nicht so eng wie im vorliegenden Fall, wo der Rohbau im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits erstellt war. Wenn daher dort die Trennung von Verkaufs- und Unternehmergewinn als gerechtfertigt betrachtet wurde, so kann daraus angesichts der Verschiedenheit der Verhältnisse nichts abgeleitet werden für den vorliegenden Fall, in dem es aus den genannten Gründen als richtig erscheint, den gesamten Gewinn dem Kanton der gelegenen Sache, d.h. dem Kanton Solothurn zur Besteuerung zuzuweisen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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