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6. Urteil vom 29. Januar 1958 i.S. Bernards gegen Electro-Pol AG und Obergericht des Kantons Luzern. | |
Regeste |
Vollstreckungsabkommen mit Deutschland vom 2. November 1929. |
Art. 2 Ziff 2: Begriff der "ausdrücklichen" Vereinbarung über die Zuständigkeit des Gerichts, das die Entscheidung gefällt hat (Erw. 3, 4). | |
Sachverhalt | |
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Nach einem weiteren Briefwechsel, auf den zurückzukommen sein wird, führte das Emba-Werk die am 25. August 1954 aufgegebene Bestellung aus. Es stellte dafür im Betrag von 6130.-- DM Rechnung. Als die Electro-Pol A.-G. nicht zahlte, belangte sie der Verwalter des in der Zwischenzeit in Konkurs geratenen Emba-Werks, Rechtsanwalt Dr. Max Bernards, vor Landgericht Wuppertal für den Rechnungsbetrag. Die Beklagte bestritt im Verfahren die Zuständigkeit des Landgerichts, anerkannte aber, den Teilbetrag von 1871.55 DM schuldig zu sein. Der Restforderung von 4258.45 DM hielt sie für den Fall der Verwerfung der Unzuständigkeitseinrede eigene Ansprüche entgegen, die sie damit begründete, dass sich ein Teil der gelieferten Motoren als mangelhaft erwiesen habe und ersetzt oder instandgestellt werden müsse.
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Das Landgericht bejahte in einem Zwischenurteil vom 24. April 1956 seine Zuständigkeit. In einem Teil-Anerkenntnisurteil vom 25. September 1956 verpflichtete es sodann die Beklagte, den anerkannten Betrag von 1871.55 DM zu zahlen. In einem zweiten Teilurteil vom gleichen Tage erkannte es, soweit die Beklagte Mängel an Motoren der (bereits bezahlten) ersten und zweiten Bestellung geltend mache, sei ihre Gegenforderung verjährt. Das Gericht verurteilte sie demgemäss, dem Kläger weitere 3093.75 DM nebst 5% Zins seit dem 13. Februar 1956 von 4965.30 DM (entsprechend dem genannten Betrag ![]() | 3 |
B.- Gestützt auf die angeführten Teilurteile, die mangels Weiterziehung in Rechtskraft erwachsen sind, hat der Konkursverwalter des Emba-Werks gegen die Elektro-Pol A.-G. in Luzern Betreibung eingeleitet. Im Rechtsöffnungsverfahren bestritt die Schuldnerin die Zuständigkeit des Sachgerichts. Der II. Vizepräsident des Amtsgerichts Luzern-Stadt fand diese Einrede unbegründet, weil sich die Elektro-Pol A.-G. nach Erlass des Zwischenurteils auf das Hauptverfahren eingelassen habe, ohne die Zuständigkeit des Gerichts erneut zu bestreiten. Dementsprechend öffnete der Richter dem Gläubiger für die gesamte Urteilsschuld von Fr. 5169.37 (= 4965.30 DM) nebst Zinsen definitiv das Recht.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern hat am 5. Juli 1957 einen Rekurs, den die Schuldnerin gegen diese Verfügung erhoben hatte, teilweise gutgeheissen und die definitive Rechtsöffnung nur für den Gegenwert des anerkannten Betrages (Fr. 1948.47, entsprechend 1871.55 DM) zuzüglich 5% Zins seit Zustellung des Zahlungsbefehls (25. Januar 1957) gewährt. Das Gericht hat dabei unter Hinweis aufBGE 64 I 266festgestellt, dass das sich auf die Schuldanerkennung der Elektro-Pol A.-G. stützende Teil-Anerkenntnisurteil in der Schweiz vollstreckbar sei. Da dieses Urteil die Schuldnerin nicht zur Zinszahlung verpflichte und eine anderweitige Inverzugsetzung nicht nachgewiesen sei, könne der Verzugszins erst vom Beginn der Betreibung an berechnet werden. - Gegenüber dem Teilurteil des Landgerichts Wuppertal erweise sich die Einrede, die Entscheidung sei mangels Zuständigkeit des Sachrichters nicht vollstreckbar, als begründet. Wenn die Beklagte nach Erlass des Zwischenurteils ihre Unzuständigkeitseinrede im Hauptprozess nicht wiederholt habe, so habe sie sich ![]() | 5 |
C.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde beantragt der Konkursverwalter des Emba-Werks, das Urteil des Obergerichtes sei, weil gegen Art. 2 Ziff. 2 des Vollstreckungsabkommens verstossend, aufzuheben, und es sei für den Betrag von Fr. 5169.37 nebst 5% Zins seit 13. März 1956 definitive Rechtsöffnung zu gewähren. Die Begründung der Beschwerde ist, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich.
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D.- Das Obergericht des Kantons Luzern und die Electro-Pol A.-G. schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Beschwerden wegen Verletzung von Staatsverträgen ![]() | 8 |
2. Die Gewährung der definitiven Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 1948.47 ist mit der staatsrechtlichen Beschwerde nicht beanstandet worden. Das Urteil des Obergerichts ist demnach insoweit in Kraft getreten. Gerügt wird dagegen, dass das Obergericht nur für die seit der Zustellung des Zahlungsbefehls laufenden Zinsen das Recht öffnete. Die angefochtene Entscheidung begründet dies damit, dass das Teil-Anerkenntnisurteil die Beschwerdegegnerin nicht zur Zahlung von Zinsen verpflichte. Das trifft zwar zu; in seinem zweiten Teilurteil hat das Landgericht Wuppertal dem Beschwerdeführer jedoch, wie ausgeführt, auch auf dem Betrag von 1871.55 DM (= Fr. 1948.47) Zinsen zugesprochen. Wenn die Beschwerdegegnerin im Verfahren vor Landgericht die Forderung des Beschwerdeführers bis zu diesem Betrage anerkannt hat, so hat sie damit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes zu Art. 2 Ziff. 3 des schweizerisch-deutschen Vollstreckungsabkommens auch die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts zur Regelung der Rechtsfolgen der betreffenden Prozesshandlung bejaht (BGE 64 I 266). Wohl hat die Beschwerdegegnerin nur die Kapitalforderung von 1871.55 DM ausdrücklich als berechtigt erklärt. Da der Beschwerdeführer indes auch Verzugszinsen vom Zeitpunkt der Klageeinleitung an geltend gemacht hatte, und da sich die Beschwerdegegnerin, soweit aus den vorliegenden Urteilen ersichtlich ist, nie gegen die Zinszahlungspflicht an sich, sondern stets nur gegen einen Teil der Hauptforderung aussprach, ist anzunehmen, dass sie mit dem Betrag von 1871.55 DM auch die betreffende Zinsforderung anerkannte. Das Landgericht war somit nach ![]() | 9 |
Das letztgenannte Urteil ist somit im angegebenen Umfang in der Schweiz vollstreckbar. Die definitive Rechtsöffnung ist demgemäss auch für die (im Rechtsöffnungsverfahren erst seit 13. März 1956 verlangten) Verzugszinse auf dem Betrag von Fr. 1948.47 zu gewähren.
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Nach Art. 1 des Abkommens werden die über vermögensrechtliche Ansprüche ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte des einen Staates grundsätzlich im Gebiet des andern Staates anerkannt und vollstreckt (Art. 6), wenn für die Gerichte des ersten Staates eine Zuständigkeit nach Massgabe des Art. 2 begründet war. Dies ist unter anderem der Fall, "wenn sich der Beklagte durch eine ausdrückliche Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts, das die Entscheidung gefällt hat, unterworfen hatte" (Art. 2 Ziff. 2). Der Vorbehalt der "ausdrücklichen Vereinbarung" findet in früheren internationalen Vollstreckungsabkommen kein Vorbild (W. JELLINEK, Zweiseitige Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 166). Dass dieses Erfordernis hier Aufnahme fand, erklärt sich aus den Schwierigkeiten, die sich bis anhin daraus ergeben hatten, dass die Schweiz im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr grundsätzlich an Art. 59 BV festhält, und dass sie deswegen die Vollstreckung zahlreicher deutscher (wie auch anderer ausländischer) Urteile abgelehnt hatte. Das Vollstreckungsabkommen löste diesen Konflikt, indem es die Zuständigkeit ![]() | 12 |
Da Art. 2 Ziff. 2 des Vollstreckungsabkommens auf Art. 59 BV abgestimmt ist, kann zur Auslegung des Erfordernisses der "ausdrücklichen" Vereinbarung die Rechtsprechung zum genannten Verfassungssatz beigezogen werden (BGE 68 I 162). Danach ist der in einer Gerichtsstandsabrede liegende Verzicht auf den Wohnsitzrichter nur wirksam, wenn der Inhalt der Vereinbarung unmissverständlich ist und den Willen, einen anderweitigen Gerichtsstand zu begründen, klar und deutlich zum Ausdruck bringt (BGE 52 I 268,BGE 57 I 11,BGE 59 I 23,BGE 71 I 26,BGE 75 I 34). Bei der Anwendung dieses Grundsatzes auf Art. 2 Ziff. 2 des schweizerisch-deutschen Vollstreckungsabkommens ist zu unterscheiden zwischen Gerichtsstandsklauseln, die schon im Angebot auf Abschluss des zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts enthalten waren, und selbständigen, namentlich nachträglich getroffenen Abreden über die Zuständigkeit. Im ersten Fall ist Ausdrücklichkeit der Vereinbarung anzunehmen, wenn deren Wortlaut unzweideutig besagt, dass sich die Parteien mit Bezug auf ![]() | 13 |
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Der Beschwerdeführer räumt dies ein, macht jedoch ![]() | 15 |
Hinsichtlich der am 25. August aufgegebenen und am 6. September 1954 bestätigten Bestellung fehlt es somit an einer ausdrücklichen Gerichtsstandsvereinbarung, welche die Zuständigkeit des Landgerichts Wuppertal begründen würde. Das Teilurteil vom 25. September 1956 kann daher, von der eingangs umschriebenen Zinsforderung abgesehen, in der Schweiz nicht vollstreckt werden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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