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16. Urteil vom 26. Februar 1958 i.S. Ege gegen Stadtrat von Schaffhausen und Regierungsrat des Kantons Schaffhausen. | |
Regeste |
1. Art. 31 Abs. 2 BV. Kantonale Bestimmungen über die Ausübung von Handel und Gewerben. Grundsatz der Verhältnismässigkeit der polizeilichen Eingriffe und der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen. Kann der Betrieb von Warenautomaten den Ladenschlussbestimmungen unterstellt werden? (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
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B.- Die Veromat AG in Zürich, die sich mit dem Vertrieb von Warenverkaufsautomaten befasst, beantragte dem Stadtrat von Schaffhausen, ihrem Kunden Eugen Ege in Schaffhausen den Betrieb eines Warenautomaten zu bewilligen. Der Stadtrat erkannte am 9. Oktober 1957 sinngemäss, das Gesuch habe als abgewiesen zu gelten, sofern sich der Gesuchsteller nicht an Art. 11. und 18 des Ruhetagsgesetzes zu halten gedenke.
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Eine Beschwerde, die Ege dagegen erhob, hat der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen am 17. Dezember 1957 abgewiesen. Er hat dazu ausgeführt, Art. 52 WHG stelle die Erteilung der Bewilligung nicht ins Belieben der Behörde, sondern gestatte dieser lediglich, zu prüfen, ob der Ausübung der an sich erlaubten Tätigkeit keine polizeilichen Gründe entgegenstünden. Im vorliegenden Fall habe der Stadtrat den Betrieb des Warenautomaten einzig in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt, indem er den Gesuchsteller verpflichtet habe, sich an die Ladenschlussvorschriften zu halten. Die betreffenden Bestimmungen des Ruhetagsgesetzes dienten in erster Linie dem Schutz der öffentlichen Gesundheit. Dieser Schutz lasse sich nur verwirklichen, wenn der in seiner Berufsausübung eingeschränkte Geschäftsmann vor ungerechtfertigter Konkurrenz geschützt werde. Wie das Bundesgericht erkannt habe, erfordere der durch Art. 31 BV gewährrleistete Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gewerbegenossen, dass die Ladenschlussbestimmungen nicht nur auf Geschäfte mit Hilfspersonal angewendet würden, sondern auch auf solche, die vom Geschäftsinhaber und seiner Familie betrieben werden. Aus den selben Gründen müssten auch die Automaten der Ruhetagsregelung unterstellt werden. Entgegen der Auffassung des Rekurrenten lasse sich der Betrieb ![]() | 3 |
C.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Art. 31 BV beantragt Ege, der Regierungsrat sei in Aufhebung des Rekursentscheids einzuladen, die nachgesuchte Bewilligung zum Betrieb eines Automaten ohne zeitliche Einschränkung zu erteilen. Die Begründung der Beschwerde ist, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich.
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D.- Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Der Stadtrat von Schaffhausen hat sich nicht vernehmen lassen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Mit der staatsrechtlichen Beschwerde wird nur noch geltend gemacht, wenn Art. 54 WHG diese Bedeutung habe, so verletze er selbst Art. 31 BV. Das ist vom Staatsgerichtshof ![]() | 7 |
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Vorschriften über den abendlichen Ladenschluss und über Ruhetage mit dem Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit vereinbar. Es handelt sich um eine polizeiliche Massnahme, welche die öffentliche Ordnung schützt und dem Ladenpersonal eine angemessene Freizeit verschafft, also der öffentlichen Gesundheit dient (BGE 70 I 3, BGE 73 I 99 und dort angeführte Urteile). Soweit sich Art. 11 und 18 des schaffhausischen Ruhetagsgesetzes auf das Offenhalten von Ladengeschäften und die Belieferung von Kunden ![]() | 9 |
Zu prüfen ist dagegen, ob es diesem Verfassungssatz entspreche, wenn Art. 54 WHG auch den eigentlichen Betrieb der Warenautomaten der Ladenschlussregelung unterstellt. Von den genannten, durch Art. 11 und 18 des Ruhetagsgesetzes erfassten Ausnahmen abgesehen, bedürfen Automaten keiner Wartung; ihr Betrieb ist insofern unabhängig vom Arbeitseinsatz des Halters und seiner Angestellten. Wird die Betriebsdauer eingeschränkt, so lässt sich damit für niemanden eine Verkürzung der Arbeitszeit erreichen. Art. 54 W.HG gewährt daher an und für sich der öffentlichen Gesundheit keinen Schutz. Nach Auffassung der kantonalen Instanzen dient er indes in Verbindung mit den Bestimmungen des Ruhetagsgesetzes doch mittelbar diesem Zwecke. Dass sich die Einhaltung der Ladenschlussvorschriften dieses Gesetzes nur dann erzwingen oder wirksam überwachen lasse (BGE 49 I 231, BGE 70 I 4), wenn auch die Automaten lediglich während der Ladenöffnungszeiten in Betrieb stehen, behauptet der Regierungsrat allerdings nicht. Seiner Ansicht nach geht es vielmehr darum, die Kaufleute, die sich an die Ladenschlussvorschriften zu halten haben, vor "ungerechtfertigter Konkurrenz" seitens der Halter von Automaten zu schützen und so den Gewerbegenossen die Gleichberechtigung zu gewährleisten.
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In dem vom Regierungsrat in diesem Zusammenhang angerufenen Urteil BGE 73 I 99 ff. wurde die Frage, ob allen Ladeninhabern einer Gemeinde vorgeschrieben werden dürfe, am selben Wochennachmittag zu schliessen, um dem Personal einen freien Halbtag zu verschaffen, mit der Begründung bejaht, viele kleine Geschäfte könnten ihren Angestellten nicht frei geben, ohne den Laden zu schliessen, während die grossen Unternehmen nicht dazu gezwungen ![]() | 11 |
Ob diese Weiterentwicklung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit der polizeilichen Eingriffe den dagegen erhobenen Einwendungen (ZbJV 85 S. 54) standhalte, kann offen bleiben, da sich die in BGE 73 I 99 ff. beantworteten Fragen hier nicht stellen. Während es dem Inhaber eines kleinen Ladengeschäfts nicht ohne weiteres möglich ist, zusätzliches Personal einzustellen, um die Angestellten zu ersetzen, denen der staatlich vorgeschriebene freie Halbtag gewährt werden muss (BGE 73 I 100), steht die Übernahme eines Automaten in den hiefür in Betracht fallenden Geschäftszweigen (Lebensmittel-, Kurzwaren-, Rauchwaren, Ansichtskartenhandel usw.) praktisch jedem Unternehmer und vor allem auch den Inhabern kleiner Ladengeschäfte offen; wird die Ladenöffnungszeit kürzer angesetzt als die Betriebsdauer der Automaten, so wirkt sich das mithin, zum mindesten virtuell, auf alle in gleicher Weise aus. Im Gegensatz zu dem in BGE 73 I 99 ff. beurteilten Falle braucht hier demgemäss nicht dafür gesorgt zu werden, dass eine gewerbepolizeiliche Einschränkung nicht einen Teil der Gewerbegenossen infolge besonderer wirtschaftlicher Voraussetzungen in einseitiger Weise benachteilige. Die Berufung auf das angeführte Urteil und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen geht daher fehl.
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Die in Art. 54 WHG angeordnete Ausdehnung der Ladenschlussvorschriften auf den Betrieb von Automaten wird somit auch in Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen nicht durch polizeiliche Gründe gerechtfertigt. Sie beeinträchtigt daher die in Art. 31 BV gewährleistete Handels- und Gewerbefreiheit.
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3. Da der angefochtene Entscheid in Anwendung einer verfassungswidrigen Bestimmung ergangen ist, verstösst er selbst gegen die Verfassung; er ist deshalb aufzuheben. Darin erschöpft sich indes der Schutz der Beschwerde nicht. Gemäss ständiger Rechtsprechung kann vielmehr das Bundesgericht die kantonale Behörde anweisen, eine zu Unrecht verweigerte Polizeierlaubnis zu erteilen (BGE 82 I 111 Erw. 6). Das rechtfertigt sich auch hier. Wie der Regierungsrat festgestellt hat, hat der Bürger ein Recht auf die Bewilligung des Betriebs eines Automaten, wenn der Ausübung dieser Tätigkeit kein polizeiliches Hindernis im Wege steht. Die kantonalen Instanzen haben in bau- und strassenpolizeilicher Beziehung nichts gegen die Erstellung des Automaten eingewendet; sie haben die Auswahl der feilgebotenen Waren nicht beanstandet. Der Betrieb des Automaten ist denn auch grundsätzlich erlaubt ![]() | 15 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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