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11. Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. März 1959 i.S. W. gegen Eidgenössisches Amt für geistiges Eigentum. | |
Regeste |
Wiedereinsetzung in den früheren Stand, Art. 47 Abs. 1 PatG. | |
Sachverhalt | |
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Zum Hauptpatentgesuch Nr. 13 804 hatte W. am 30. August 1955 ein Zusatzpatentgesuch angemeldet, dem die Nr. 23 708 zugeordnet wurde. Das Amt beanstandete auch dieses Gesuch, indem es dem Patentbewerber am 13. Januar 1958 mitteilte, wenn die verfügte Zurückweisung des Hauptpatentgesuchs Nr. 13 804 nicht rückgängig ![]() | 2 |
W. liess die ihm angesetzte Frist unbenützt verstreichen. Das Amt wies daher das Zusatzpatentgesuch Nr. 23 708 mit Verfügung vom 22. April 1958 zurück. Gleichzeitig machte es den Vertreter des Patentbewerbers auf die Möglichkeit aufmerksam, dass bis zum 22. Juni 1958 die Zurückweisung gemäss Art. 32 Abs. 1 VVO I zum PatG rückgängig gemacht werden könne.
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Auch von dieser Möglichkeit machte W. keinen Gebrauch.
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B.- Am 18. Oktober 1958 stellte W. beim Patentamt gestützt auf Art. 47 PatG das Gesuch um "Wiedereinsetzung in die am 13. April 1958 abgelaufene Frist zur Erledigung der Beanstandung vom 13. Januar 1958, eventuell in die am 22. Juni 1958 abgelaufene Frist zur Wiederherstellung des Gesuchs nach Art. 32 VVO I".
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In seiner Begründung wies der Gesuchsteller darauf hin, dass er am 14. Mai 1954 schon ein anderes Hauptpatentgesuch (Nr. 5766) eingereicht hatte, das dann zur Erteilung des Patents Nr. 324 488 führte. Zum Hauptpatentgesuch Nr. 5766 habe er am 4. Oktober 1954 das Zusatzpatentgesuch Nr. 10 939 eingereicht. Diese beiden Patentgesuche hätten, gleich wie das Patentgesuch Nr. 13 804 und das Zusatzpatentgesuch Nr. 23 708, Erfindungen auf dem Gebiete der Herstellung und Montage von Rohrleitungen in Gebäudeteilen betroffen.
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Nach der Einreichung dieser zwei Hauptpatentgesuche und der zwei Zusatzpatentgesuche habe sich der Gesuchsteller wegen der Vergebung von Lizenzen für seine Erfindungen mit der F. AG in Verbindung gesetzt. Diese ![]() | 7 |
C.- Das eidgenössische Amt für geistiges Eigentum wies das Wiedereinsetzungsgesuch durch Entscheid vom 24. Dezember 1958 mit der Begründung zurück, der Gesuchsteller habe diejenige Sorgfalt ausser acht gelassen, die ein Verschulden auszuschliessen vermöchte.
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D.- Gegen diese Verfügung hat W. beim Bundesgericht verwaltungsgerichtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, die Verfügung sei aufzuheben und das Amt anzuweisen, dem Wiedereinsetzungsgesuch zu entsprechen.
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Das beschwerdebeklagte Amt beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Der Beschwerdeführer vertritt demgegenüber die Auffassung, der Begriff des Verschuldens im Sinne des Art. 47 PatG könne nicht ein für allemal feststehen; vielmehr habe er sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu richten. Es müsse genügen, dass der Patentbewerber das vorgekehrt habe, was nach seiner ernsthaften Beurteilung eine unbeabsichtigte Zurückweisung des Gesuches vermeiden würde, und nicht das, was solche Zurückweisungen normalerweise ausschliessen würde. Demzufolge fehle ein ![]() | 13 |
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers muss jedoch grundsätzlich von einer objektiven Grundlage ausgegangen, d.h. in allgemeingültiger Weise geprüft werden, welcher Grad von Sorgfalt erforderlich ist, um ein Verschulden auszuschliessen. Das erheischt schon das Gebot der rechtsgleichen Behandlung aller Rechtssubjekte. Wer Wiederherstellung anbegehrt, hat dann allerdings Anspruch darauf, dass auch die Umstände seines Falles gebührend mitberücksichtigt werden; das billigt denn auch das Amt dem Beschwerdeführer zu. Aber auch in diesem Rahmen ist schliesslich wiederum entscheidend, was unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände allgemein, d.h. objektiviert, an Sorgfaltspflichten von einem sorgsamen Geschäftsmann verlangt werden darf. Wollte man gemäss der Auffassung des Beschwerdeführers von der subjektiven Beurteilung der Sachlage durch denjenigen ausgehen, dem ein Versäumnis unterlaufen ist, so würde der Boden der Rechtsgleichheit verlassen und willkürrlicher Beurteilung Tür und Tor geöffnet. Der Beschwerdeführer anerkennt übrigens in Wirklichkeit selber die Notwendigkeit eines objektiven Massstabes, wenn er ausführt, natürrlich müsse jene subjektive Beurteilung als "ernsthaft" angesprochen werden können. Denn ob eine solche "Ernsthaftigkeit" gegeben sei, lässt sich nur unabhängig von der subjektiven Beurteilung durch den Säumigen nach objektiven Gesichtspunkten beurteilen. Damit kommt man aber wiederum zu einer Objektivierung in dem Sinne, dass bei gleicher Sachlage für jeden Handelnden die gleichen Anforderungen an die Sorgfalt gestellt werden müssen; das Mass dieser Sorgfalt bestimmt sich aber eben danach, was jedem sorgfältigen Geschäftsmann in gleicher Lage zumutbar ist.
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3. a) Das beschwerdebeklagte Amt erhebt gegenüber ![]() | 15 |
b) Es ist klar, dass einem Patentanmelder oder Patentinhaber, wenn es um die Verwirkung einer Anmeldung oder eines Patentes geht, eine weitgehende Sorgfaltspflicht überbunden werden muss. Denn eine Wiedereinsetzung in den früheren Stand stellt einen ganz ausnahmsweisen Rechtsbehelf dar und darf nur dem zur Verfügung gestellt werden, der den ordnungsgemässen Ablauf der Dinge aus wirklich entschuldbaren Gründen gestört hat. Dem entspricht auch der Wortlaut des Art. 47 Abs. 1 PatG, wonach den Patentbewerber bzw. Patentinhaber kein Verschulden treffen darf. Schuldlosigkeit im Sinne dieser Bestimmung lässt sich zur Not allenfalls noch annehmen, wenn der Erfinder die Besorgung seiner Patentangelegenheiten einem Patentanwalt übertragen hat und dieser die Fristenkontrolle durch einen zuverlässig und gewissenhaft befundenen Angestellten vornehmen lässt, dem dann ein Versehen unterläuft. Im vorliegenden Falle hatte aber die F. AG vom Beschwerdeführer nicht die Aufgabe übernommen, gleich einem Patentanwalt die Kontrolle über die Fristeinhaltungen der Patentanmeldungen und Patente zu führen. Der Beschwerdeführer hat vielmehr - etwas leichthin - angenommen, dass er sich in der Frage, welche Patente bzw. Patentanmeldungen noch aufrecht zu erhalten seien, auf das verlassen dürfe, was jene Firma in den ![]() | 16 |
Hat somit der Beschwerdeführer zumutbare Sorgfaltspflichten missachtet, so kann ihm nicht Schuldlosigkeit im Sinne des Art. 47 Abs. 1 PatG zugebilligt werden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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